Titel: Neuheiten in der Explosivstoff- Industrie und Sprengtechnik.
Fundstelle: Band 267, Jahrgang 1888, S. 370
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Neuheiten in der Explosivstoff- Industrie und Sprengtechnik. (Patentklasse 18. Fortsetzung des Berichtes Bd. 265 S. 331.) Mit Abbildungen. Neuheiten in der Explosivstoff-Industrie und Sprengtechnik. Es ist keineswegs unerfreulich, daſs in der jüngsten Zeit einiger Stillstand in der „Erfindung“ von Explosivstoffen eingetreten ist; man wird darin vielmehr die Erkenntniſs finden, daſs der heutige Stand unserer Chemie die Herstellung eines kräftigeren oder nach jeder Richtung besseren Sprengstoffes nicht sehr wahrscheinlich macht. Die gröſsere Sicherheit in Schlagwetter-Gruben hat jedoch eine so hohe menschliche und wirthschaftliche Bedeutung, die gasführenden Gruben sind so zahlreich, daſs die im letzten Jahre mächtig angewachsene Bewegung zur Schaffung einer womöglich gefahrlosen Sprengung wohl berechtigt ist. Daſs damit leider auch wieder der Anstoſs zu den abenteuerlichsten Erfindungen gegeben ist, mag wohl Mancher beklagen, der zu Versuchen genöthigt ist, allein selbst derlei verneinende Erfolge haben das Gute, daſs sie schlieſslich die Grenzen feststellen lassen, innerhalb welcher Verbesserungen von Werth möglich sind. In eingehender Weise beschäftigt sich die Grube „König“ bei Neunkirchen (Saarbrücken) mit der Erprobung von Sprengstoffen auf ihr Verhalten in Schlagwettern, und benutzt hierzu eine besondere Versuchsstrecke, in welcher sie nach Belieben Gasgemische herstellen, Kohlenstaub aufwirbeln, Bohrlöcher anlegen, Patronen frei aufhängen u.s.w. kann. Zu gleicher Zeit tagen wieder in Deutschland und Oesterreich Schlagwetter-Commissionen, nachdem schon früher solche in Belgien und Frankreich beriethen. Schlieſslich hatten einige Besitzer von Kohlengruben im Ostrau-Karwiner Bergreviere Oesterreichs einen Preis von 1000 Dukaten für die Erfindung eines die Schieſsarbeit in Schlagwetter-Gruben ersetzenden oder dieselbe ungefährlich machenden Mittels ausgeschrieben; derselbe wurde zwar nicht gewonnen., aber die verhältniſsmäſsig besten (später zu erwähnenden) Vorschläge von Lauer und Walcher (vgl. 1887 263 * 227) erhielten einen Ehrensold. Ueberblicken wir diese ganze Bewegung, so finden wir, daſs Neues überhaupt noch nicht zu Tage gefördert wurde. Von allen in Neunkirchen erprobten Explosivstoffen, sofern sie brisante sind, läſst sich behaupten, daſs sie den dermalen erreichbaren Grad von Sicherheit bieten. Wenn die Neunkirchener Versuche schlieſslich darauf hinauszugehen scheinen, daſs man ein Sprengmittel sucht, welches freihängend ein 10procentiges Schlagwetter-Gemisch bei gleichzeitiger Anwesenheit von Kohlenstaub nicht zündet, so kann nur behauptet werden, daſs ein solches Sprengmittel kaum zu erreichen ist. Alles, was man anstreben kann, ist, daſs ein Bohrschuſs, wenn er richtig angelegt und geladen ist, das Gasgemisch auſserhalb nicht entzünde, und da läſst sich nur wiederholen, was wir mit Trauzl schon früher (1886 261 26) sagten und gegenwärtig auch Oberingenieur Joh. MayerLauer's Frictionszündmethode. Sonderabdruck aus der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1887. bestätigt, daſs brisante Sprengstoffe wegen der in äuſserst kurzer Zeit erfolgenden Vergasung ihrer Bestandtheile bei solchen Bohrschüssen sicher sind. Dem mit der Frage nicht so sehr Vertrauten muſs deshalb eine irrige Vorstellung erwachsen, wenn er bei den Berichten über die Neunkirchener Versuche die Bezeichnungen „gefährlich“ und „höchst gefährlich“ unter Umständen findet, welche eine solche Steigerung wohl nicht rechtfertigen. Wir sind damit noch weit davon entfernt, den Werth solcher Versuche, wie sie in Neunkirchen und im Wilhelmsschachte von Polnisch-Ostrau ausgeführt werden, zu unterschätzen, allein wir möchten doch davon abrathen, ohne allseitige Berücksichtigung der in Gruben herrschenden Verhältnisse sich durch einzelne Ergebnisse zu raschem Urtheile verleiten zu lassen. Nach unbefangener Beurtheilung aller dieser Versuche wird man die vorerwähnte Ansicht bestätigt finden, daſs, je brisanter ein Explosivstoff ist, er desto gröſsere Sicherheit bietet. In dieser Richtung müſste Schieſsbaumwolle am meisten leisten, welche gegenwärtig der brisanteste praktisch verwendete Explosivstoff ist; natürlich darf man damit nicht die sogen. Bergwerkspatronen (Tonite) verwechseln, ein Gemisch von 50 Proc. Schieſsbaumwolle und 50 Proc. salpetersaurem Baryt, welche ebenso wenig mehr Schieſsbaumwolle sind, als ein 50 Proc. haltendes Dynamit Nitroglycerin ist. Einzelne Versuche in Neunkirchen haben auch gezeigt, daſs Schieſswolle in 5 bis 10 procentigen Schlagwettern nicht zündet, und es ist zu bedauern, daſs die Versuche nicht fortgesetzt wurden; freilich ist Schieſswolle für Sprengungen in der Kohle wenig vortheilhaft. So wird man sich schlieſslich in einem Kreise bewegen; ist das Sprengmittel zu brisant, so zertrümmert es die Kohle, liefert es viel Stückkohle, so ist es nicht sicher. Sehen wir also vorläufig von einem umständlichen Berichte über derartige Versuche ab und erwähnen wir kurz, daſs Zündschnüre und elektrische Funken, wie zu erwarten stand, Gasgemische entzünden, Knallquecksilber, einer der brisantesten Stoffe, dies aber nicht thut, so bleiben nur noch wenige Vorschläge, welche wirklich den Uebelständen einigermaſsen abhelfen. Vorerst die von Abel und Smethurst schon vor sehr langer Zeit vorgeschlagenen Wasserpatronen, richtiger Wassermäntel (vgl. 1887 266 69 und 263 354). Es werden Papierhülsen von z.B. 30mm Durchmesser und 400mm Länge hergestellt, auf den Boden ein Holzpflöckchen gegeben und darauf eine Patrone von z.B. 20mm Durchmesser und 210mm Länge gesteckt. Die so zugerichtete Hülse wird mit Wasser gefüllt und mit einem Lettenpfropfen verschlossen. Die neueren Versuche haben die älteren Bedenken gegen diese Sprengungsweise nicht behoben. So viele Versuche auch keine Entzündung der Gasgemische ergaben, so sind doch andere Fälle bekannt geworden, in denen das unerwünschte Gegentheil stattfand. Wenn hierbei entschuldigend bemerkt wird, daſs das Wasser ausgelaufen sein müsse, so ist damit unbewuſst auch der wahrscheinliche Grund angegeben; denn es ist leicht möglich, daſs der in gewöhnlicher Hülse verarbeitete, Salpeter enthaltende und im Wasser liegende Explosivstoff an einer Stelle Feuchtigkeit anzieht, die Fortpflanzung der Explosion an dieser Stelle verlangsamt wird, und so die Wasserhülle schon verschleudert ist, ehe die Patrone vollständig zur Explosion gelangte. Das würde nun, schon im Interesse des Zündhütchens, zu wasserdichter Verschlieſsung des Explosivstoffes führen. Rechnet man aber hinzu, daſs man z.B. in dem oben angegebenen Falle unter Aufwand von Zeit und Kosten dem Bohrloche eine mehr als doppelt so groſse Oberfläche geben muſs, daſs die Zurichtung solcher Patronen an Ort und Stelle sehr mühselig und zeitraubend ist, so wird man sich mit diesem Vorschlage nicht zu befreunden vermögen. Man könnte allerdings behaupten, daſs ein einfacher Wasserbesatz auf im Bohrloche nicht zerdrückte Patronen praktisch das Gleiche, aber weniger umständlich ist, besonders da – ausgenommen bei den noch viel dickeren Settle'schen Wasserpatronen – die Patrone im Wassermantel ja auch nicht vollständig centrirt und gegen das Zusammendrücken beim Besetzen geschützt ist. Allein der Einfluſs des Wassers auf den Explosivstoff verbleibt, und immer entsteht der Nachtheil, daſs wegen der Unnachgiebigkeit des Wassers die Wirkung zu brisant ist, was gerade in Kohlengruben durch Verminderung des Stückkohlenfalles unangenehm wird; auch sollen dabei sogar Pfeifen sitzen bleiben, und so werden schlieſslich die Kosten des Betriebes sehr gesteigert. Ein Aehnliches ist von der Ersetzung des Wassers durch nasses Sägemehl zu sagen, wenn auch dabei manche Uebelstände ausbleiben. Günstigeres läſst sich über die sogen. Soda-Patronen berichten. Man ging dabei von der Idee aus, daſs an Stelle des schädlich wirkenden Wassermantels eine Hülle von Salzen mit hohem Krystallwasser-Gehalte durch Bildung eines Mantels von Wasserdampf im Augenblicke der Explosion gleich nützlich sein werde, und als ein solches, billig zu beschaffendes Salz nahm man die Krystallsoda. Die Versuche fielen günstig aus, allein in dieser Form ist ja auch der Uebelstand weiterer Bohrlöcher und der Notwendigkeit des Centrirens vorhanden. Direktor Müller in Köln vermischt nun 10 Th. 77procentigen Guhrdynamites mit 7 Th. Soda und formt daraus Patronen, Wetter-Dynamit benannt, welche sich gleichfalls als sicher erwiesen. In dieser Form entfallen die früheren Bedenken, dagegen ist nicht ausgeschlossen, daſs besonders bei mangelhafter Mischung, stellenweise doch Flammen durchschlagen. Wirthschaftlich wird ein solcher Sprengstoff gewiſs nicht sein, denn derselbe enthält bei 45,29 Proc. Nitroglycerin 25,90 Proc. Krystallwasser, zu dessen Verdampfung ein sehr groſser Theil der bei der Explosion frei gewordenen Wärme nöthig ist, welche für die Sprengwirkung abgeht; der Sprengstoff wird demnach schwächer sein, als seinem Nitroglyceringehalte entspricht, die Arbeit damit also theurer. Wir kommen nun zu den von der Ostrauer Preis-Commission ausgezeichneten zwei Vorschlägen. In erster Linie wurde die Reibungszündung des um die Sprengtechnik hochverdienten Oberstlieutenants Joh. Lauer gestellt, und es gibt darüber bereits eine Anzahl von Veröffentlichungen.Anleitung zum Zünden von Bohrlochladungen durch Friction u.s.w. von Johann Lauer. Wien 1887. Anleitung zur Bestimmung der Bohrloch-Labungen für Sprengungen in Schlagwetter führenden Gruben; von Johann Lauer. Wien 1887. Lauer's Vorschläge zur Verhinderung von Explosionen u.s.w.; von Ed. F. Csánk. Wien 1887. J. Lauer's Frictionszündmethode: von J. Mayer (s. Seite 371). Lauer geht gleichfalls von dem Gedanken aus, daſs die brisanten Explosivstoffe bei richtiger Ladung sicher seien, und findet mit Recht, daſs die meisten Schlagwetter-Explosionen durch Zündschnur und Lunte, sowie durch das ungleich zeitige Abschieſsen nahe an einander gelegener Bohrlöcher erfolgen. Zur Vermeidung dieser Fälle schlägt Lauer eine Reibungszündung zusammen mit einer Abziehschnur vor. Der Reibungszünder besteht aus einer Metallröhre A (Textfig. 1), in welcher ein beliebiger Reibsatz a, der gezahnte Reibdraht b, ein Holzzapfen d zum Schütze des Drahtes, das Zündhütchen e und der plastische Verschluſs f sich befinden. Reibzünder und Zündhütchen befinden sich in einer Hülse h aus Pappe oder Holz, und die Füllmasse (oder Holzpfropf) h dient zur Führung. Ein Ring s, sonst umgebogen und an die Hülse gebunden, wird vorsichtig aufgerichtet und daran die Abziehschnur befestigt; der Draht b ist im Zündsatze zu einem Haken gebogen, welcher sich an das Röhrchen legt und so gegen zufälligen Zug einigen Widerstand bietet. Fig. 1., Bd. 267, S. 374 Fig. 2., Bd. 267, S. 374 Fig. 3., Bd. 267, S. 374 Fig. 4., Bd. 267, S. 374 Die Abziehschnur ist eine gewöhnliche feste Schnur a (Textfig. 2), die durch Ringe in Zweigschnüre b und c getheilt ist, deren jede einen Haken oder Karabiner 1, 2, 3, 4 zum Einhängen in den Ring s des Reibdrahtes trägt. Textfig. 3 bis 6 zeigen die Anordnung in einer Strecke mit Hilfe einer Seilrolle, und zugleich, wie das Abziehen der Schnur um die Ecke aus dem Fliehorte F eingerichtet ist. Versagt ein Schuſs, so muſs der Ring des Reibdrahtes abgezwickt und der ganze Zünder durch vorsichtiges Ziehen entfernt werden, worauf ein neuer einzusetzen ist. Fig. 5., Bd. 267, S. 375Fig. 6., Bd. 267, S. 375 Da in Schlagwetter-Gruben ein Ueberladen des Schusses gefährlich sein kann, entwickelt Lauer seine schon früher angegebenen Ladungstabellen nach der Formel L = cw3 und stellt Ladungsmeſsbänder her welche, für einen bestimmten Coefficienten eingetheilt, unmittelbar die Anzahl der Dynamit-Patronen abzulesen gestatten, wenn man sie vom Bohrlochsmunde zur freien Seite in der Richtung der Vorgabe spannt. Was die Neuheit der Reibungszündung betrifft, so hat, abgesehen von deren Verwendung für artilleristische Zwecke, der französische Feuerwerksmeister Ruggieri dieselbe schon im J. 1880 und eine Veränderung vor etwa einem Jahre für Bergwerkszwecke vorgeschlagen. Die Abziehschnur, wenn auch noch nicht so ausgebildet, finden wir ebenso bei Kanonen, wie beim Landtorpedo von Zubovics. Dies thut jedoch dem keinen Eintrag, daſs die gesammte Anordnung und Verwendung als durchgebildeter, praktisch verwerthbarer Vorgang zum erstenmale auftaucht. Ob die Reibungszündung wirklich den ihr beigemessenen hohen Werth hat, möchten wir bezweifeln. Derlei Zünder sind nicht ohne Gefahr, weil das Aufbiegen des Ringes, eine unvorsichtige Handhabung beim Mitnehmen in die Grube und beim Laden eine vorzeitige Explosion hervorrufen kann. Es ist uns auch nicht recht klar, wie der Eisenbahnverkehr solcher Zünder möglich sein wird, da ja alle bezüglichen Gesetze Zündungen ausschlieſsen, welche sprengkräftig sind, d.h. in sich die Mittel zur Entzündung bergen. Auch mag noch zu erproben sein, ob bei festem Besätze die Papphülse nicht gequetscht wird und durch Verbiegen des Drahtes entweder Explosion hervorruft oder das Abziehen verhindert. Schlieſslich wird auch bei mehr als 2 Schüssen die Handhabung etwas umständlich, wenn die Bohrlöcher nicht gleich weit von einander entfernt sind, weil dann zur Herstellung gleichmäſsiger Spannung die Schnüre verlängert oder verkürzt werden müssen. Keineswegs aber sind wir einverstanden, wenn die Reibungszündung als besonders vortheilhaft gegenüber der elektrischen Zündung hingestellt wird, wie es Lauer und Mayer thun. Lauer sagt, letztere sei für den sprengenden Arbeiter „schwer verständlich, zu complicirt und auch viel zu theuer.“ Mayer hält es nicht immer für thunlich, die Leitungsdrähte derart zu isoliren und von einander entfernt zu halten, daſs ein Ueberspringen des Funkens unmöglich wäre, und auch am Conductor der Zündmaschine könne ein Funke entstehen. Diese Einwände sind wenig stichhaltig. Selbst einfache Arbeiter begreifen nach ganz kurzer Zeit die Anordnung der elektrischen Sprengung, und, so viel wir wissen, ist ja gerade in den Ostrauer Gruben stets eine verständigere Person mit dem Abfeuern der Schüsse betraut. Die Umständlichkeit ist nicht gröſser, denn auch bei der Reibungszündung muſs durch verschiedene Zwischenvorrichtungen – die bei weniger geweckten Personen oft miſslingen werden – dafür gesorgt sein, daſs die Schnüre stets gleichmäſsig gespannt seien, wenn man keine Versager haben will, und das Aufbiegen der Ringe, Einhängen und Richten der Schnüre und Legen der Hauptschnur werden kaum weniger Zeit beanspruchen, als die Verbindung von Drähten und deren Anhängen an die Hauptleitung. Der Reibungszünder ist nicht billiger, da seine Herstellung umständlicher und gefährlicher bei fast gleicher Materialverwendung ist. Daſs es so schwer halten solle, die Drähte bei der elektrischen Sprengung von einander entfernt zu halten, hat unsere Erfahrung nie gezeigt, und es müſsten z.B. die Verbindungsstellen der Drähte schon sehr schlecht gemacht sein, wenn daselbst ein Funke überspringen soll. Gegen die auch nur bei Nachlässigkeit möglichen Funken am Conductor gibt es den einfachen Schutz, eine beständige Hauptleitung von einem sicheren Punkte aus einzurichten. Wir können, das Ganze zusammenfassend, nur die Ansicht Trauzl's bestätigen, daſs die elektrische Zündung am besten entspricht und, nimmt man Alles in Allem, nicht umständlicher, nicht kostspieliger und weniger gefährlich ist; trotzdem sind wir sicher, daſs die Lauer'sche Reibungszündung sich viele Freunde schaffen wird. Schlieſslich auch noch einige Worte über die Ladungsmeſsbänder, die eine Verbesserung des früheren Lauer'schen Apparates zur Bestimmung der Ladungen sind. Es ist zweifellos, daſs diese Meſsbänder sehr nützlich sind, wenn man in der That die Formel L = cw3 bei Sprengungen im Bergbaue verwenden könnte. Wir haben schon früher (1884 254 117) gesagt, daſs wir es für richtiger halten, die Ladung im Verhältnisse zur Bohrlochstiefe zu bestimmen, da ja eine gestreckte Ladung einen Kegel gegen eine freie Fläche auswerfen soll. Wir wollen nur hinzufügen, daſs es irrig ist, anzunehmen, es könne dieselbe Ladungsmenge bei zwei Bohrlöchern gleich gut wirken, wenn in dem einen Falle die Bohrlochstiefe gleich und im anderen um die Hälfte gröſser ist als die Vorgabe. Bestimmten Ladungsmengen entsprechen bestimmte Trichter, und ist das Bohrloch bei einer geringsten Ladung zu lang, so bleibt eben vorn ein Stück stehen. Es wird wohl keine Ladungsformel überall richtig sein, weil die Verhältnisse zu sehr wechseln; aber das ist ohne Weiteres klar, daſs z.B. in Kohle, wo die Ladung von 100g Dynamit auf ein metertiefes Bohrloch bei 1m Vorgabe häufig genügt, 13g, wie es die Lauer'sche Tabelle verlangt, bei 0m,50 Bohrlochstiefe und der gleichen Vorgabe nichts wirken werden. Wir hoffen noch immer, daſs ein eingehendes Studium der Vorgänge beim Sprengen in Bergbauen veranstaltet werde, welches ein endgültiges Urtheil gestatten darf. Der Kohlensprengapparat von Rudolf Ritter von Walcher-Uysdal in TeschenSonderabdruck aus der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1887; von Eugen Ritter von Wurzian in Peterswald (vgl. 1887 263 * 227). stellt sich die Aufgabe, das Sprengen mit Explosivstoffen ganz entbehrlich zu machen, und setzt an dessen Stelle den hydraulischen Druck. Maschinen dieser Art haben schon Grafton Jones, Chubb, sowie Bidder und John Jones hergestellt, auch ist der Levet'sche Keil (vgl. 1882 246 * 18) ähnlich wirkend. Während aber mit den früheren Maschinen Löcher bis über einen Meter Durchmesser gebohrt wurden, und die Maschine dann vom Bohrlochsgrunde aus das Volle abzusprengen suchte, oder, wie bei Levet's Keil, der verhältniſsmäſsig kurze Apparat nach dem Sprengen wieder herausgezogen und zum Vorschübe neu hergerichtet werden muſste, läſst Walcher die Kohlenbank vor Allem unterschrämen und beiderseits schlitzen und setzt erst dann in ein mit der Lisbeth'schen Bohrmaschine hergestelltes Bohrloch von 127mm Durchmesser seinen Apparat; derselbe hängt am Gestelle der Bohrmaschine, wird eingeschoben, so weit es die Conicität der Brechbacken gestattet, und sobald ein entsprechendes Stück abgebrochen ist, läſst man die Backen zusammenklappen und schiebt den Apparat weiter vor. Die Einrichtung des Apparates ist in D. p. J. 1887 263 * 227 ausführlich beschrieben, hat aber seitdem einige Verbesserungen erfahren, so daſs der aus Guſsstahl und Phosphorbronze hergestellte Apparat nur 68k wiegt und sammt Lisbeth'scher Bohrmaschine etwa 650 M. kostet, also auch sehr billig ist. Nach den mitgetheilten Ergebnissen siebenmonatlicher Versuche erzielt man mit dem Walcher'schen Apparate um 15 Procent mehr Stückkohle; die Arbeit mit demselben kostet zwar um 2,94 Kreuzer für 100k Kohle mehr, durch deren Mehrwerth aber entsteht ein Gewinn von 1,42 Kreuzer. Die Dauer des Bohrens von 1m Bohrloch beträgt etwa 40 Minuten, die des Absprengens durchschnittlich etwas weniger. Der Walcher'sche Apparat ist eine wohldurchdachte, entschieden praktische Verbesserung im Grubenbetriebe. Wie bei allen hydraulischen Maschinen, werden sich auch hier häufig Undichtigkeiten und Reparaturen ergeben und am ehesten dürfte die selbstthätige Auslösung stocken. Daſs derselbe die Sprengarbeit verdrängen könnte, ist schon deshalb nicht anzunehmen, weil er weder im tauben Gesteine, noch in weicher Kohle verwendbar ist, seine Nutzleistung sehr von der Beschaffenheit der Kohle abhängen wird, und trotz seiner Billigkeit die Ausstattung einer ganzen Grube mit solchen Maschinen eine bedeutende Kapitals-Anlage erfordert. Immerhin aber wird er seinen Weg machen. (Fortsetzung folgt.)