Titel: | Die deutschen Erdöle; von Prof. Dr. C. Engler. |
Autor: | C. Engler |
Fundstelle: | Band 267, Jahrgang 1888, S. 592 |
Download: | XML |
Die deutschen Erdöle; von Prof. Dr. C.
Engler.
(Fortsetzung des Berichtes S. 555 d.
Bd.)
Engler, über die deutschen Erdöle.
Die Erdölgase von Pechelbronn.
An verschiedenen Stellen in unmittelbarer Nähe der Erdölraffinerie des Herrn Le Bel entströmen dem Boden Gase, welche brennbar sind
(Herr Le Bel benutzt die Gase für Heizzwecke in seinem
Laboratorium), und welche meistens gleichzeitig mit Salzwasser hervortreten. Der
Gasstrom ist meist kein kräftiger, mit ganz geringen Schwankungen treten jedoch die Gasblasen mit
dem salzigen Wasser continuirlich zu Tage. Man kann das austretende Gas über dem
Wasser entzünden, wobei es mit nicht stark leuchtender Flamme brennt. Die Gase
zweier solcher Quellen wurden analysirt (mittels der Apparate von Hempel und von Bunte) und
ergaben die folgenden Resultate in Volumen-Procenten:
Salzwassergas Nr. 1.
I
II
III
im Mittel
Sumpfgas
73,6
74,2
73,4
73,9
Oel bildendes Gas und Olefine
4,0
4,1
4,0
4,0
Kohlensäure
2,2
2,0
2,2
2,2
Kohlenoxyd
3,0
3,0
3,2
3,0
Stickstoff (Rest)
17,2
16,7
17,2
16,9
Sauerstoff und Wasserstoff, auf welche beide Gase besonders geprüft wurden, waren
nicht anwesend. Engler nimmt an, daſs der Stickstoff
aus Luft herrührt, die ursprünglich mit dem Bitumen (Erdöl) in Berührung war und
ihren Sauerstoff allmählich an dieses abgab, so daſs nur noch Stickstoff
zurückblieb. Bringt man diesen Stickstoff in Abzug und rechnet den Rest auf 100 um,
so ergeben sich die folgenden Volumen-Procente:
Sumpfgas
88,9
Oel bildendes Gas und Olefine
4,8
Kohlensäure
2,7
Kohlenoxyd
3,6
Salzwassergas Nr. 2.
excl. Stickstoff und Sauerstoff
Sumpfgas
68,2
Vol.-Proc.
87,2
Vol.-Proc.
Oel bildendes Gas und Olefine
3,4
„
4,4
„
Kohlensäure
2,9
„
3,7
„
Kohlenoxyd
3,7
„
4,7
„
Sauerstoff
4,3
„
Stickstoff
16,9
„
In diesem Gas ist sonach neben Stickstoff auch noch ein kleiner Rest Sauerstoff,
wahrscheinlich von der ursprünglich vorhandenen Luft, dem Gase beigemischt.
Abgesehen von diesen accessorischen Bestandtheilen (Stickstoff und Sauerstoff)
stimmt die Zusammensetzung dieses Gases mit derjenigen des ersten Gases ziemlich
vollständig überein.
Auſser diesen Salzwassergasen tritt nun aber bei Pechelbronn noch eine zweite Sorte
Gas zu Tag. Sie besteht aus den Gasen, die mit dem Springquellenöl herausquellen,
und zwar in solcher Menge, daſs das Oel oft vollkommen schaumig wird und daſs man
diesem Gas einen besonderen Ausweg schaffen muſs. Die Analyse dieses Gases ergab die
folgenden Resultate in Volumen-Procenten:
Erdölgas Nr. 3.
I
II
im Mittel
excl. Stick-stoff undSauerstoff
Sumpfgas
77,3
77,3
77,3
86,8
Oel bildendes Gas und Olefine
4,8
4,8
4,8
5,4
Kohlensäure
3,6
3,6
3,6
4,0
Kohlenoxyd
3,5
3,4
3,45
3,8
Sauerstoff
1,8
2,0
1,9
Stickstoff (Rest)
8,9
9,0
8,95
Die Resultate der Analyse dieses letzteren Gases differiren zwar etwas mehr von
denjenigen der beiden ersteren, immerhin jedoch scheinen die Gase gleichen
Ursprunges zu sein. Wasserstoff, auf welchen auch in diesem Gase ausdrücklich
geprüft wurde, war nicht zugegen. Was als auffallend für alle diese Erd- und
Erdölgase bezeichnet werden muſs, ist der hohe Gehalt an Kohlenoxyd. In allen
neueren Analysen der nordamerikanischen Erdölgase findet sich entweder gar kein oder
nur ganz wenig (höchstens 1 Proc.) KohlenoxydVgl. bei Sadtler
(Jahresbericht für Chemie, 1876 S. 1168),
welcher nur Spuren bis 0,26 Proc. findet. Auch bei Redwood (1886 262 465) (Maximum 1 Proc.
CO)., und nur in früheren Analysen von Bunsen und Schmidt finden sich in einem Falle
4,4 Proc. verzeichnet.
Die Thatsache der Anwesenheit so bedeutender Mengen Kohlenoxyd ist für die Theorie
der Bildungsweise des Erdöles nicht unwichtige Sie bildet ein Argument gegen die
Hypothese der Bildung durch eine Art von Gährungsprozeſs und stützt diejenige der
Entstehung durch trockene Destillation, vielleicht noch mehr die von Mendelejeff.
Das Erdöl von Hannover.
Mit groſsen Erwartungen hat man zu Anfang des jetzigen Decenniums der Entfaltung der
Erdölproduction in Hannover entgegengesehen. Leider haben jedoch trotz der
ausgedehntesten Bohrversuche die praktischen Ergebnisse jenen Erwartungen nicht
entsprochen, ja in den letzten Jahren ist theils durch Nichterfüllung von
Versprechungen seitens einer groſsen Bohrunternehmung, theils auch durch sehr
erschwerende Auflagen für Beseitigung der Bohrquellenwasser seitens der Behörden
eine Krisis bei der in vielleicht zu raschen Aufschwung gerathen gewesenen neuen
Industrie eingetreten.
Zur Zeit sind hauptsächlich zwei Punkte zu nennen, an denen Erdöl in nennenswerther
Menge gewonnen wird: Oelheim bei Peine mit einer Jahresproduction von ungefähr 2½
Millionen Kilogramm Rohöl (50 Barrel in 1 Tag) und Wietze bei Celle, woselbst in
vorigem Jahre eine Quelle erbohrt wurde, die zu Anfang 30 Barrel in 1 Tag ergab. Es
sollen jedoch häufigere Verschlammungen vorgekommen sein und die Production zur Zeit
nur noch etwa 10 Barrel in 1 Tag, also rund eine halbe Million Kilogramm Rohöl in 1
Jahr betragen.
Das specifische Gewicht des Erdöles aus den Oelheimer Bohrlöchern, aus denen das Oel
zugleich mit Kochsalz haltigem Wasser gepumpt wird, betrug früher 0,895 bis 0,900,
ist aber in neuerer Zeit auf 0,905 bis 0,910, ausnahmsweise sogar auf 0,915
gestiegen. Eine Probe des Erdöles aus der neuen Bohrquelle bei Wietze, entnommen
Ende November v. J., zeigte das specifische Gewicht 0,944. Krämer fand früher 0,940. Jedenfalls ist also das Wietzer Oel nächst dem Pechelbronner
Grubenöl das schwerste der in Deutschland geförderten Erdöle.
Die Menge der Einzelfractionen ergibt, daſs wir es sowohl in dem Oelheimer als auch
dem Wietzer Oel mit Rohpetroleum von ausnahmsweise geringem Gehalt an
leichtsiedenden Bestandtheilen zu thun haben. Sogen. Essenzen (unter 150° siedende
Theile) sind so viel wie gar nicht vorhanden, und auch noch die unter 200° siedende
Fraction ist ihrer Menge nach so gering, daſs schon daraus auf die geringe Eignung
des Oeles für Leuchtölfabrikation geschlossen werden muſs. Um so höheren Werth
besitzt das Oel dagegen für die Schmierölfabrikation.
Chemische Natur des Oelheimer Erdöles. Daſs die
gesättigten Kohlenwasserstoffe und die Hydrüre der aromatischen Kohlenwasserstoffe
einen wesentlichen Bestandtheil auch des honnoverschen Erdöles ausmachen, geht aus
den im Limpricht'schen Laboratorium durchgeführten, von
UelsmannAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. 114 8.
279. Daselbst Bd. 113 S. 196. ergänzten Untersuchungen von Eisenstuck zur Genüge hervor. Dasselbe ergeben Engler's schon oben mitgetheilte Versuche des
Durchschütteins zweier Fractionen des Oelheimer Oeles mit starker Schwefelsäure.
Fraction 150 bis 200° ergab dabei 84 Vol.-Proc., Fraction 200 bis 250° 81 Vol.-Proc.
von durch Schwefelsäure nicht absorbirbaren Kohlenwasserstoffen. Daſs in der That
die Hexahydrüre bezieh. die Naphtene in dem hannoverschen Erdöl enthalten sind, wird
von Markownikoff und OgloblinBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft
1879 Bd. 16. angenommen (die Uebereinstimmung der specifischen
Gewichte gleichsiedender Fractionen des Oelheimer und Bakuer Erdöles bildet für
diese Annahme eine Stütze), und auch Krämer und BöttcherBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
Bd. 20 S. 597. kommen auf Grund ihrer Analysen einzelner
Fractionen des Oeles zu der gleichen Annahme.
Die aromatischen Kohlenwasserstoffe bieten auch für das hannoversche Oel in ihrem
Nachweis deshalb ein besonderes Interesse, weil die Anwesenheit derselben für die
Entstehungsweise des Erdöles einen Fingerzeig darbietet. In der That gelingt auch in
dem Oelheimer Erdöl der Nachweis von Mesitylen und von Pseudoeumol sowohl in Gestalt
der Trinitro- als auch einer Tribromverbindung. Bei Darstellung der
Trinitroverbindung nimmt man die ganze unter 185° siedende Fraction des Oeles zur
Behandlung mit Schwefel-Salpetersäure. Das Trinitroproduct scheidet sich jedoch
nicht gleich in dem Grade der Reinheit aus wie aus dem Pechelbronner Oel und muſs
oft umkrystallisirt werden, bis es den constanten Schmelzpunkt der Doppelverbindung
(167°) zeigt. Man arbeitet hier bequemer mittels Brom auf Tribromcumol.Engler (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. 18 S. 2234). 1
Th. der unter 185° siedenden Fraction des rohen Oelheimer Erdöles wird mit 1 Th.
Alkohol vermischt und dann tropfenweise mit 2 Th. Brom versetzt, worauf sich nach
mehrtägigem Stehen zwei Schichten bilden, in deren oberer die gesuchte
Bromverbindung sich befindet. Man schüttelt mit Aether aus, wäscht die ätherische
Lösung mit Wasser und destillirt einen Theil des Aethers ab, worauf man bei
richtiger Arbeit nach dem Erkalten direkt die sehr charakteristischen langen, bei
226° schmelzenden Nadeln des Tribromcumols erhält. Bei den naheliegenden
Schmelzpunkten des Tribrompseudocumols (225 bis 226°) und des Tribrommesitylens
(224°) lieſse sich nur unter Anwendung sehr groſser Mengen der Bromverbindung
entscheiden, ob nur die eine oder die andere der beiden Bromverbindungen, oder aber
ein Gemisch beider vorliegt. Nach der durch Umkrystallisiren aus Benzol leicht zu
bewerkstelligenden Trennung des bei 167° schmelzenden Gemisches der beiden
Trinitroderivate des Mesitylens und Pseudocumols ist die letztere Annahme
wahrscheinlich die richtigere. Jedenfalls ist auch in dem Oelheimer Erdöle sowohl
Pseudocumol als Mesitylen enthalten.
„Paraffin“ ist in dem Oelheimer Erdöle nur sehr wenig vorhanden, und auch die
destillirten Schweröle sind sehr paraffinarm. Wie in Bezug auf specifisches Gewicht
und Lichtbrechungsvermögen der Einzelfractionen besitzt das Oelheimer Oel auch in
dieser Beziehung mit dem Bakuöl die gröſste Aehnlichkeit. Dasselbe gilt bezüglich
des Wietzer Oeles.
In Bezug auf Säuregehalt nimmt nach Krämer's
Untersuchungen (a. a. O.) das Oelheimer Oel unter den deutschen Erdölen die höchste
Stelle ein, wohingegen es hinsichtlich seines Gehaltes an Asphalt hinter demjenigen
des Elsaſs ganz erheblich zurücksteht. Der Rohrückstand betrug bei ersterem nur 3,92
Proc., bei letzterem dagegen 16,28 Proc. Nur das Tegernseer Oel ergab noch etwas
weniger Koks (3,07) als das Oelheimer. Die relative Reinheit des Oelheimer Oeles
ergibt sich auch aus dem äuſseren Aussehen der Residuen von der Brennöldestillation;
die Elsässer Rückstände sind schwarz und undurchsichtig, die Oelheimer bloſs braun
und in dünner Schicht durchscheinend bis durchsichtig. Sie lassen sich deshalb auch
direkt schon als recht gutes Maschinenschmieröl verwerthen.
Das Erdöl von Tegernsee.
Das specifische Gewicht des Oeles beträgt nach Krämer
(a. a. O.) 0,812, nach Engler 0,815. Da letzteres Oel
vor der Untersuchung in einem Reservoir schon längere Zeit aufbewahrt war, liegt die
Annahme nahe, daſs es etwas der leichter flüchtigen Theile dabei abgegeben hatte, so
daſs die Krämer'sche Angabe in Bezug auf das direkt von
der Quelle kommende Oel wohl die richtigere ist.
Bezüglich des specifischen Gewichtes und der Lichtbrechung der Einzelfractionen
ergibt sich auffallende Uebereinstimmung mit dem pennsylvanischen und dem Elsässer
Springquellenöl (auch dem leichten galizischen Oel).
In der That stimmt das Tegernseer Oel auch in seiner ganzen Beschaffenheit mit dem
pennsylvanischen und Pechelbronner Springquellenöl sehr nahe überein. Es enthält
mehr als alle übrigen Erdöle an unter 300° siedenden Theilen (67 Vol.-Proc.) und ist
sehr reich an unter 150° siedenden Essenzen. Des Weiteren ähnelt es auch darin den
beiden genannten Oelen, daſs seine Residuen von der Leuchtöldestillation schon bei
gewöhnlicher Temperatur unter Ausscheidung von „Paraffin“ butterartige
Consistenz annehmen. Destillirt man dieselben, so scheiden die Destillate fast
insgesammt deutlich krystallisirtes Paraffin aus. Schon bei einmaligem Abpressen und
Umschmelzen erhält man dasselbe in nur noch gelb gefärbtem Zustande vom Schmelzpunkt
54°. Auch in Bezug auf geringe Verunreinigung durch Säuren und durch Asphalt nimmt,
nach den Untersuchungen Krämer's, das Erdöl von
Tegernsee unter den deutschen Oelen die erste Stelle ein.
Der Nachweis der gesättigten Kohlenwasserstoffe der Fettreihe konnte bei der geringen
Menge vorhandenen Materiales durch Isolirung einzelner Kohlenwasserstoffe nicht
sicher geführt werden, dagegen gelang der Nachweis aromatischer Kohlenwasserstoffe
in Form der Doppelverbindung des Trinitromesitylens und Trinitropseudocumols
äuſserst leicht, gerade so, wie beim amerikanischen Erdöl. Das Oel scheint relativ
reich an aromatischen Stoffen zu sein; 50g der
Fraction 160 bis 185° ergaben 0g,56 der
Trinitroverbindung. Damit wäre also nachgewiesen, daſs alle zur Untersuchung
gezogenen deutschen Erdöle Mesitylen und Pseudocumol und somit also auch aromatische
Kohlenwasserstoffe im Allgemeinen enthalten.Herr Professor Engler ersucht mich, bei dieser
Gelegenheit zu berichtigen, daſs er in dem Capitel „Verarbeitung der Rückstände durch
Ueberdruckdestillation auf gleiche Oele“. S. 60 der
Originalarbeit, zu erwähnen übersah, daſs schon im J. 1871 Thorpe und Young (Annalen der Chemie. Bd. 165 S. 1) durch gleichzeitige Einwirkung
von Hitze und Druck auf festes Paraffin leichte Kohlenwasserstoffe der Reihe
CnH2n +
2 (Pentan bis Nonan) und der Reihe CnH2n (Amylen und höhere Homologe)
erhalten haben.Kast.
(Fortsetzung folgt.)