Titel: Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
Fundstelle: Band 268, Jahrgang 1888, S. 91
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Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. (Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes Bd. 267 S. 593.) Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. IV. Destillation und Rectification. Verfahren der Reinigung von Rohspiritus mittels Fehling'scher Kupferlösung oder ähnlicher alkalischer Kupferlösungen; von Ernst Holtz in Berlin (D.R.P. Nr. 39146 vom 9. September 1886). Die Alkoholdämpfe werden durch die siedend heiſs gehaltene Kupferlösung, welche zwischen dem Destillirapparat und dem Kühler eingeschaltet ist, geleitet. Hierbei werden die beigemengten Fuselöle unter Bildung von Kupferoxydul zu den zugehörigen Fettsäuren (Valeriansäure, Buttersäure und Propionsäure), unter Bildung der Kupfersalze derselben oxydirt, während die Alkalinität der Lösung allmählich bis zur völligen Neutralität abnimmt und ihre Farbe aus Dunkelblau ins Grünliche übergeht. Vor anderen bekannten Oxydationsmitteln für den gleichen Zweck sollen die alkalischen Kupferlösungen den Vortheil haben, den Aethylalkohol selbst nicht anzugreifen. Die abfallenden Chemikalien werden wieder aufgearbeitet. V. Schlämpe. Heber einen Schlämpefütterungsversuch mit Milchkühen berichtet Andrae in Limbach in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 10 S. 321. Die unter sehr sorgfältiger Berücksichtigung aller bei solchen Versuchen in Frage kommenden Punkte durchgeführten Versuche ergaben für die Schlampe ein sehr günstiges Resultat, indem eine Steigerung des Milchertrages eintrat, ohne daſs eine Verminderung des Fettgehaltes, vielmehr in der einen Versuchsperiode sogar eine kleine Erhöhung im Fettgehalt beobachtet wurde. VI. Analyse. Zur Bestimmung des Stärkemehles in den Rohmaterialien werden in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 10, von verschiedenen Autoren theils neue Methoden, theils Modificationen bekannter Verfahren in Vorschlag gebracht, auf welche wir hier näher eingehen müssen. O. Reinke weist in der genannten Zeitschrift S. 117 daraufhin, daſs die Verarbeitung der Rohmaterialien in den verschiedenen Industriezweigen theils unter Anwendung von Hochdruck (Spiritusfabrikation), theils ohne Hochdruck (Brauerei, Stärkefabrikation) erfolgt, und ist der Ansicht, daſs die Art der Verarbeitung der Rohmaterialien, für die Auswahl der zur Bestimmung des Stärkemehles anzuwendenden Methode maſsgebend sein muſs. Er unterscheidet unter den vielen in Vorschlag gebrachten Methoden solche mit Hochdruck und solche ohne Hochdruck, und empfiehlt erstere zur Untersuchung von Materialien, welche auch in der Praxis bei Hochdruck gedämpft werden (Rohmaterialien der Spiritusfabrikation), während er für die Untersuchung auf Stärke bezieh. Stärkewerth von Materialien zur Stärkefabrikation, zur Brauerei, und für Untersuchungen von Stärkemehlen, von Schlammstärke, zur Prüfung von Preſshefe und von Nahrungs- und Genuſsmitteln den Untersuchungsmethoden ohne Anwendung von Hochdruck den Vorzug gibt. Als bestes Verfahren zur Bestimmung des Stärkemehles ohne Anwendung von Hochdruck schlägt Verfasser das Folgende vor: 3g,0 der höchst fein gepulverten Substanz werden mit 50cc Wasser zum Kochen erhitzt, auf 62,5° abgekühlt und mit 0g,05 nach Lintner bereiteter Diastase (vgl. 1887 265 462) 1 Stunde hindurch bei 62,5° der Zuckerbildung überlassen. Dann erkaltet man nach dem Verdünnen mit Wasser, füllt auf 250cc auf, filtrirt, invertirt 200cc mit 15cc Salzsäure (1,125 spec. Gew.) 2½ Stunden lang bei Siedhitze im Erlenmeyer'schen Kolben mit aufgesetztem Steigrohr, neutralisirt fast völlig mit Natronlauge, füllt auf 500cc auf und verwendet 25cc zur Reduction mit Fehling'scher Lösung. In Ermangelung von Diastase verwendet man 10cc Malzauszug (100g Grünmalz auf 500g Wasser, 6 Stunden in der Kälte extrahirt), in welchem Falle die in dem Malzauszug enthaltene Kohlehydratmenge natürlich zu bestimmen und in Abzug zu bringen ist. Falls die Substanz bei mikroskopischer Prüfung noch unaufgeschlossene Stärke zeigen sollte, so ist ein Controlversuch zu machen, indem man nach der 1 stündigen Zuckerbildung 5cc 1procentige Milchsäure zusetzt, im Dampftopf bis auf 3at erhitzt, auf 62,5° abkühlt, nochmals mit 0g,05 Diastase versetzt und wie oben verfährt. Für die Bestimmung der Stärke mit Hochdruck gibt der Verfasser folgende Vorschrift: 3g der feinen Substanz werden im Metallbecher mit 25cc 1procentiger Milchsäure und 30cc Wasser angerührt, mit einem Deckel bedeckt im Soxhlet'schen Dampftopf (oder in Lintner'schen Druckflaschen) 2½ Stunden auf 3at,5 erhitzt, mit 50cc heiſsem Wasser versetzt, nach dem Erkalten auf 250cc aufgefüllt und filtrirt; 200cc des Filtrates werden, wie oben angegeben, mit Salzsäure invertirt. Der Verfasser hat diese beiden Methoden mit der alten von Franke ausgearbeiteten (Dämpfen mit 1 procentiger Milchsäure bei 3at,5, heiſses Filtriren durch Glaswolle, Invertiren des Filtrates mit 20cc 25procentiger Salzsäure), ferner mit der Märcker'schen Methode (vgl. 1887 265 282) und endlich mit einem Verfahren, welches eine Combination der alten Fränke'schen mit der Märcker'schen Methode darstellt, bei Untersuchung verschiedener Rohmaterialien verglichen. Bei diesen Versuchen ergab das alte Verfahren stets die höchsten Zahlen, jedenfalls weil bei dem Filtriren durch Glaswolle Zellmassen in das Filtrat gelangen, welche dann beim Invertiren in reducirende Substanzen übergeführt werden. Die zweithöchsten Werthe gab die combinirte Methode, bei welcher dieser Fehler ausgeschlossen war, indem die Masse nach der Behandlung mit Malz durch Papier filtrirt wurde. Mit diesem Verfahren zeigte sehr gute Uebereinstimmung das neue, vom Verfasser angegebene, oben beschriebene Hochdruckverfahren. Die Methode von Märcker endlich ergab unter den 4 Hochdruckverfahren die niedrigsten Zahlen. Leider hat der Verfasser bei keinem Rohmaterial sämmtliche 4 Hochdruckverfahren mit einander verglichen, sondern es erstreckt sich der Vergleich immer nur auf zwei oder drei derselben. Sehen wir von dem alten Verfahren, von welchem es bekannt ist, daſs dasselbe zu hohe Werthe liefert, hier ab, so zeigen, wie schon erwähnt, die combinirte Methode und die neue des Verfassers eine sehr gute Uebereinstimmung (unter 6 Analysen war die höchste Differenz 0,27 Proc). Direkte Vergleichszahlen zwischen der Märcker'schen Methode und derjenigen des Verfassers sind nicht aufgeführt; es ist vielmehr das Märcker'sche Verfahren nur mit der combinirten Methode verglichen, und es zeigt sich hierbei, daſs die Differenzen sehr verschiedene sind bei den verschiedenen Rohmaterialien, wie aus folgenden Zahlen hervorgeht: Märcker's Methode Combinirte Methode Kartoffeln 70,50 70,91 Dari 60,14 64,94 Mais 61,01 64,20 Reisfuttermehl 22,09 26,74 Pülpe 48,19 55,54 Der Verfasser bemerkt, daſs z.B. bei Mais die Ausbeute in der Praxis etwa 1 Proc. weniger ergibt als nach seinem Verfahren gefunden wird, dagegen etwa 2 Proc. mehr als nach dem Verfahren von Märcker, woraus der Schluſs gerechtfertigt wäre, daſs die Zahlen nach des Verfassers Methode die richtigeren sind. Dem gegenüber möchte Referent jedoch bemerken, daſs bei seinen in Gemeinschaft mit Prof. Märcker ausgeführten sehr zahlreichen Stärkebestimmungen sich niemals Stärke im Rückstand mikroskopisch nachweisen lieſs. Die zwischen beiden Methoden geringe Differenz bei der Untersuchung von Kartoffeln im Vergleich zu den viel gröſseren Differenzen bei den anderen Materialien erklärt Verfasser dadurch, daſs die Differenz bei sehr stärkemehlreichem Material, wie es die getrockneten Kartoffeln sind, natürlich am geringsten sein muſs. Der Referent stimmt dieser Ansicht des Verfassers durchaus bei, kann sich dieselbe aber nur so erklären, daſs bei sehr stärkemehlreichen Materialien eben deshalb die Uebereinstimmung der beiden Methoden eine bessere ist, weil hier weniger andere nicht stärkemehlartige Stoffe vorhanden sind. Der Umstand aber, daſs, wo solche nicht stärkemehlartige Stoffe in gröſserer Menge auftreten (z.B. bei der Pulpe), das combinirte Verfahren bedeutend höhere Zahlen gibt, als das Märcker'sche, scheint dem Referenten, in Verbindung mit der schon oben erwähnten Thatsache, daſs bei dem Märcker'schen Verfahren sämmtliche Stärke aufgeschlossen wird und unter fernerer Berücksichtigung des Umstandes, daſs bei diesem Verfahren durch den Zusatz von Weinsäure auch einer etwaigen Zersetzung des Zuckers sicher vorgebeugt ist, dafür zu sprechen, daſs das combinirte Verfahren zu hohe Resultate liefert. Der Verfasser hält die einheitliche Annahme einer Methode zur Bestimmung der Stärke für sehr erwünscht und bringt als solche das von ihm ausgearbeitete Hochdruckverfahren in Vorschlag; als Controle würde in manchen Fällen das Verfahren ohne Hochdruck in Anwendung zu bringen sein. Referent schlieſst sich dem Wunsche des Verfassers an, hält aber zuvor aus den oben näher dargelegten Gründen eine nochmalige eingehende Vergleichung der verschiedenen Methoden für durchaus nothwendig. Der Verfasser hat ferner Versuche über die zum Invertiren geeignetste Menge Salzsäure angestellt und dabei gefunden, daſs im Allgemeinen 10cc Salzsäure zu wenig, 15cc ausreichend und mehr als 20cc insofern gefährlich sein können, als dann eine Zersetzung des Zuckers durch Karamelisirung eintreten kann. (Märcker und der Referent fanden, daſs schon bei 20cc eine solche Zersetzung eintreten kann und brachten daher 15cc als Norm in Vorschlag, vgl. 1887 265 284.) Aimé Girard (die genannte Zeitschrift, S. 200, daselbst nach Comptes rendus) hat, von der Annahme ausgehend, daſs alle bekannten Methoden zur Bestimmung des Stärkemehles langwierig und zu laufenden Untersuchungen nicht geeignet sind, ein einfaches Verfahren ausgearbeitet, welches sich auf die Absorption des Jodes durch Stärkemehl gründet. Seine Angabe, daſs 1g wasserfreie Stärke 0g,122 Jod zu absorbiren vermöge, stimmt mit den eingehenden Untersuchungen von Mylius über die Jodstärke (vgl. Abschnitt 8) nicht überein. Auch ist sein Verfahren durchaus nicht wesentlich einfacher und hat, wie Windisch in seinem Referat bemerkt, noch so verschiedene andere Mängel, daſs dasselbe kaum Eingang in analytischen Laboratorien finden dürfte. A.v. Asboth theilt (genannte Zeitschrift, S. 228, daselbst nach The Brewer's Guardian, 1887 S. 213) ein neues Verfahren zur Stärkemehlbestimmung mit. Verfasser glaubt sich zu dem Ausspruch berechtigt, daſs alle Methoden der Stärkebestimmung, welche auf Inversion gegründet sind, unbefriedigend sind, und gründet sein Verfahren auf die zuerst von Zulkowsky beobachtete Reaction, nach welcher Stärkelösungen mit Barythydrat in Alkohol oder überschüssiger Barytlauge unlösliche Niederschläge geben. Der Gang des Verfahrens ist folgender: 3g der zu untersuchenden, Stärke haltigen Substanz werden in einem Mörser mehrere Male mit kaltem Wasser angerieben (bei harten Körnern, wie Mais, Reis und Erbsen nimmt man heiſses Wasser) und in einen 250cc Kolben gespült; der Kolbeninhalt wird zu 100cc aufgefüllt und ½ Stunde lang im Wasser erhitzt. Nach dem Erkalten fügt man 50cc titrirte Barytlauge zu, verschlieſst gut und schüttelt 2 Minuten lang gehörig durch. Dann füllt man mit Alkohol bis zur Marke auf. Nach 10 Minuten pipettirt man 50cc ab (haben sich Flocken ausgeschieden, so muſs man vorher durch Glaswolle filtriren) und titrirt mit 1/10-Normalsalzsäure unter Anwendung von Phenolphtaleïn als Indicator. Bei Untersuchung von Stärke erhielt Verfasser folgende Zahlen: WasserProc. AscheProc. Stärke aus derDifferenz Proc. Stärke gefundenProc. Reine Weizenstärke 15,03–15,07 0,08 84,89–84,85 84,3284,5284,65 Maisstärke 13,83 0,06 86,11 85,6585,85 Kartoffelstärke 18,03 0,28 81,72 78,7078,57 Die Differenz bei der Kartoffelstärke schreibt Verfasser dem unreinen Zustand derselben zu. Der Verfasser untersuchte ferner Cerealien und fand, daſs der nach seiner Methode ermittelte Stärkegehalt mit dem nach den bekannten Methoden ermittelten Gehalt an den übrigen Bestandtheilen nahezu auf 100 stimmte, woraus er den Schluſs zieht, daſs das Resultat der Stärkebestimmung ein befriedigendes war. Gewiſs mit Recht weist Windisch in seinem Referat über die Arbeit des Verfassers auf die Unzulässigkeit dieses Schlusses hin, indem er hervorhebt, wie die Methoden zur Bestimmung der verschiedenen Bestandtheile in den Körnern bekanntlich mit groſsen Fehlerquellen behaftet sind. (Verschiedener Stickstoffgehalt der Proteïnstoffe; auſser Stärkemehl enthalten viele Cerealien Zucker, welcher durch Barytlauge nicht gefällt wird, ferner andere Stickstoff freie Stoffe u.s.w.) Windisch bemerkt, daſs der Umstand, daſs der Verfasser es unterlassen hat, seine Methode mit der Märcker'schen in einer groſsen Versuchsreihe neben einander zu stellen, ein maſsgebendes Urtheil über die Brauchbarkeit seiner Methode verhindert. Sollten sich aber auf Grund solcher Versuche Thatsachen ergeben, welche für die Richtigkeit der Asboth'schen Methode sprechen, so müſste unbedingt anerkannt werden, daſs die analytische Chemie einen bemerkenswerthen Erfolg zu verzeichnen hat. (Einige vergleichende Versuche, welche Békésy im Laboratorium der Versuchsstation Halle ausführte, ergaben kein befriedigendes Resultat. D. Ref.) (Fortsetzung folgt.)