Titel: | Reibung von Kammlagern. |
Fundstelle: | Band 269, Jahrgang 1888, S. 205 |
Download: | XML |
Reibung von Kammlagern.
Reibung von Kammlagern.
In der Versammlung der Institution of Mechanical
Engineers berichtete vor Kurzem, wie Iron vom
4. Mai d. J. mittheilt, Herr Alfred Bache über
Versuche, welche zur Ermittelung der Reibung von Kammlagern (collar bearing)
angestellt worden waren. Zu den Versuchen diente ein stählerner Ring von
rechteckigem Querschnitt, welcher zwischen zwei guſseisernen Scheiben eingeklemmt
wurde. Die ringförmigen Reibungsflächen der Scheiben waren mit Kanonenmetall belegt
und hatten einen inneren Durchmesser von 305mm (12
Zoll) und einen äuſseren von 356mm (14 Zoll),
wodurch jeder Ring, nach Abzug der Oelrinnen, gerade 40 Quadratzoll = 2589qc erhielt. Die beiden Scheiben wurden mittels
eines centralen Schraubenbolzens zusammengezogen, zwischen dessen Mutter und die
vordere Scheibe eine starke Spiralfeder gelegt war.
Dieser Bolzen war mit der hinteren Scheibe durch ein Kugelgelenk verbunden, wodurch
eine gleichmäſsige Vertheilung des Druckes auf die ganze Ringfläche gesichert wurde.
Die hintere Scheibe war auf eine Drehungsachse aufgekeilt und nahm die vordere mit
Hilfe von vier Federn mit, ohne deren Verschiebung zu hindern. Die Reibung des
Ringes an beiden Scheiben suchte bei der Umdrehung der Welle natürlich den Ring
mitzunehmen- hieran aber war der Ring durch einen angesetzten radialen Hebel
gehindert, dessen Ende auf eine Federwage wirkte. Der Ring selbst ruhte auf zwei
Reibungsrollen auf, weil eine centrale Führung desselben durch Ränder an den
Scheiben sich nicht ausführen lieſs, ohne Gelegenheit zu anderweiter Reibung zu
geben. Das überhängende Gewicht der vorderen Scheibe nebst Feder u.s.w. würde eine
Ungleichheit des Druckes auf den Ring in der Weise bewirkt haben, daſs letzterer
unten stets gröſser als oben gewesen wäre; um dies zu beseitigen, wurde das Ende des
Bolzens durch ein Lager unterstützt, welches an einem Seile mit Gegengewicht hing.
Diese Unterstützung erlaubte dem Bolzen auch, etwas excentrisch zu laufen, wenn die
Feder sich ein wenig schief gedrückt hatte.
Besondere Sorgfalt war der Messung der Zusammendrückung der Feder zugewendet. Zu diesem
Zwecke diente ein Meſsstäbchen von Stahl, welches lose in einer centralen Bohrung
der Schraube saſs, und sich mittels eines Dreifuſses aus Stahlstäbchen, der durch
ein Kugelgelenk mit ihm verbunden war, auf die Auſsenseite der vorderen Scheibe
stützte. Alle Berührungsstellen wurden durch die Wirkung einer Spiralfeder in
sicherer Verbindung gehalten. An der Unterlagscheibe der Mutter befanden sich zwei
radiale Zapfen, welche zum Auflegen eines kleinen Rahmens mit Mikrometerschraube
dienten; indem man die Spitze der letzteren bis zur Berührung mit dem flachen Ende
des Meſsstäbchens herabschraubte, lieſs sich die Zusammendrückung der Feder leicht
bestimmen.
Während der Versuche wurde dieser Mikrometerrahmen abgenommen, und nur aufgelegt,
wenn eine Aenderung oder Bestimmung des Federdruckes vorgenommen werden sollte.
Die Federskala wurde durch direkte Belastung der Feder mit Gewichten, bei senkrechter
Lage der Drehungsachse, vermittelt. Die Mikrometerschraube hatte 35 Gänge auf den
Zoll (0mm,726 Steigung). Für die Schmierung wurde
eine bei Kamm zapfen mit gutem Erfolge gebrauchte Weise angewendet. In jede
Ringfläche waren vier Schmierrinnen in radialer Stellung eingeschnitten, welche bis
auf 1mm,5 an den Rand des Ringes reichten; von
jeder dieser Rinnen zog sich dann in der Richtung der Umlaufsbewegung eine
geschlängelte Schmierrinne von etwa 85mm Länge,
sich allmählich ausflachend. Jede solche Schmierrinne wurde durch ein Rohr mit Oel
versehen, welches aus dem Hahne des Oelbehälters tropfenweise einfloſs, so daſs die
Stärke der Schmierung leicht übersehen und geregelt werden konnte. Es zeigte sich,
daſs die Gröſse der Reibung beträchtlich von der Stärke der Schmierung abhing; bald
stellte sich auch ein Mindestbedarf an Schmierung heraus, bei welchem der Apparat
gerade noch sicher lief., während sofort bei einer weiteren Verminderung des Oeles
sich unter raschen Veränderungen der Reibung und stoſsartiger Erschütterung des
Hebels Zeichen von Festreiben zeigten. Stärkere Schmierung verminderte wohl die
Reibung, aber nicht im Maſse des Mehrverbrauches an Oel, so daſs also anzunehmen
war, daſs dabei das Oel verschwendet werde. Das Mindestmaſs von Schmierung bestand
bei den Versuchen in 60 bis 120 Oeltropfen in der Minute für beide Reibungsflächen,
je nach der Geschwindigkeit und Belastung. Es wurde mit Mineralöl geschmiert.
Ueber die Ergebnisse der Versuche gibt die angefügte Tabelle Auskunft. Vor Beginn der
Versuchsreihen wurde die Maschine erst 8 Tage lang in Gang gelassen, um sich gehörig
einzulaufen; dann erst wurde mit den Versuchen angefangen, und zwar stets so, daſs
man jedesmal mit einer bestimmten Belastung alle Geschwindigkeiten von der kleinsten
bis zur gröſsten durchmachte u.s.w. Nur bei den geringsten Belastungen erwies es
sich möglich, die Apparate ohne auftropfendes Wasser kühl zu erhalten; im Uebrigen muſste stets ein
wenig Wasser darauf gegeben werden.
Die in der Tabelle enthaltenen Zahlen geben die Werthe der Reibung nur für eine der beiden ringförmigen Berührungsflächen,
auf deren mittleren Halbmesser von 6,5 Zoll (165mm) bezogen. Die Tabelle ist durch Interpolation aus den einzelnen
Versuchsresultaten hergestellt, da die Geschwindigkeiten nicht sehr gleichmäſsig
waren; doch war die Veränderung bei dem einzelnen Versuche nie gröſser als 1 Proc.
über oder unter dem beobachteten Mittelwerthe.
Aus der Betrachtung der Werthe ergibt sich, daſs die Reibung etwas von der Stärke der
Schmierung abhängig ist, und daſs das zulässige Mindestmaſs dieser Schmierung nicht
ganz genau festgestellt erscheint; insbesondere scheinen einzelne
Unregelmäſsigkeiten auf ein Uebermaſs der Schmierung zurückgeführt werden zu können.
Aber in der Mehrzahl der Fälle sind die Ergebnisse sehr bestimmte, und leiten auf
den Gesichtspunkt hin, daſs die Reibung von der Geschwindigkeit unabhängig ist. So
ergibt sich bei den verschiedensten Belastungen, daſs die Reibungsgröſsen für 3 bis
5 verschiedene Geschwindigkeiten nicht mehr als etwa 2,5 Proc. von einander
abweichen, ein Ergebniſs, dessen Genauigkeit den Umständen nach eine groſse genannt
werden kann.
Jedenfalls ergibt sich aus den Versuchen, daſs der Kammzapfen in Bezug auf
Reibungsverhältnisse dem cylindrischen Zapfen weit nachsteht;
GeschwindigkeitUmdrehungenin der
Minute
Belastung
Reibung
Oberflächen-druck auf
denQuadratmillim.
insgesammt
Coefficient
50
Pfund 6001200180024002700300033003600
Pfund2745 64,2 68,7 95,5104,2111,2112,5
0,045 0,0375 0,0357 0,0286 0,0354 0,0347 0,0337 0,0312
k0,01050,02100,03150,04200,04720,05250,05770,0630
70
6001200180024002700300033003600
38,7 57,7 71,79090,2102,5106,2160
0,0646 0,0481 0,0399 0,0375 0,0334 0,0341 0,0322 0,0444
0,01050,02100,03150,04200,04720,05250,05770,0630
90
6001200180024002700300033003600
26 59,565 86,7 93,5104,5114,7–
0,0433 0,0496 0,0361 0,0361 0,0346 0,0348 0,0348–
0,01050,02100,03150,04200,04720,05250,05770,0630
GeschwindigkeitUmdrehungenin der
Minute
Belastung
Reibung
Oberflächen-druck auf
denQuadratmillim.
insgesammt
Coefficient
110
Pfund 6001200180024002700300033003600
Pfund 32,2 58,7 64,2 89,5 97,5105,7––
0,05370,04890,03570,03730,03610,0352––
k0,01050,02100,03150,04200,04720,05250,05770,0630
130
6001200180024002700300033003600
38,557 66,7 98,5102106,7––
0,06420,04750,03710,04100,03780,0356––
0,01050,02100,03150,04200,04720,05250,05770,0630
er verträgt nur eine verhältniſsmäſsig kleine Belastung; 75
Pfund auf 1 Quadratzoll (5k,2 auf 1qc) war das Höchste bei der gröſsten
Geschwindigkeit von 130 Umdrehungen, während bei 50 Umdrehungen die Belastung bis zu
90 Pfund (6qc,3) gesteigert werden konnte.Die Verhältnisse, unter welchen die Versuche stattfanden, sind doch wohl
etwas ungewöhnliche, für die Praxis in vielen Fällen nicht zutreffende
gewesen. Die Drucke auf die Oberflächen waren sehr klein – 15 bis 90 Pfund
auf 1 Quadratzoll, d.h. 1k,05 bis 6k,30 auf 1qc – und die Geschwindigkeiten verhältniſsmäſsig hohe – 0m,863 bis 2m,25 in der Secunde, Geschwindigkeiten, welche sich wahrscheinlich
nur annähernd bei den Kammzapfen einzelner Schraubenwellen finden
werden.
Der Reibungscoefficient ist auch bedeutend höher als bei cylindrischen Zapfen, und
die Reibung folgt mehr den Gesetzen für feste Körper als für Flüssigkeiten. Er
betrug bei der geringsten Belastung von 15 Pfund auf 1 Quadratzoll (1k,05 auf 1qc)
ein Zwanzigstel, bei 75 Pfund (5k,2 für 1qc) aber ein Dreiſsigstel.
Die Zahlen in der Tabelle geben die Reibung für nur eine
Fläche des Ringes, bezogen auf den mittleren Radius derselben von 6,5 Zoll
(165mm).