| Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. | 
| Autor: | Morgen | 
| Fundstelle: | Band 269, Jahrgang 1888, S. 324 | 
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                        Ueber Fortschritte in der
                           								Spiritusfabrikation.
                        (Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes S. 272
                           								d. Bd.)
                        Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
                        
                     
                        
                           III. Gährung und Hefe.
                              								
                           Erfahrungen mit dem beweglichen Gährbottichkühler theilt
                              										A. Heſse in Marzdorf in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 42, 49, 56 und 65, mit.
                              									Angeregt durch die Mittheilungen Delbrück's über die
                              									Versuche von Foth (vgl. 1887 263 532. 266 566 und 1888 267 325), welche einen günstigen Einfluſs der Bewegung und insbesondere
                              									der Entfernung der Kohlensäure für die Gährung ergeben hatten, stellte Verfasser
                              									Versuche mit in senkrechter Richtung beweglichen Gährbottichkühlern an. Die
                              									umfangreichen Versuche führten zu einem sehr günstigen Resultate, wie die
                              									nachfolgenden Angaben, welche wir den Schluſsfolgerungen des Verfassers entnehmen,
                              									zeigen. 1) Es fand eine Verminderung des Steigraumes um 8 bis 10cm statt; da 1cm
                              										27l,6 entspricht, beträgt mithin der mehr
                              									bemaischte Raum 220 bis 275l, für welchen Steuer
                              									nicht nochmals bezahlt werden darf. Für 700 Bottiche ergibt dieses für die Campagne
                              										173250l, entsprechend einer Ersparniſs von
                              									2270 M. an Steuer. 2) Bei dem neuen Verfahren werden für den Bottich 165k Kartoffeln mehr genommen. Bei 23,3 Proc. Stärke
                              									und einer Ausbeute von 60 Literprocent für das Kilogramm Stärke ergibt dies 2800
                              									Literprocent, entsprechend 6,9 M., oder für 700 Bottiche 4830 M. Dadurch verwerthen
                              									sich beim Mehrverbrauche von 1625k 50k Kartoffeln auf 2,12 M., oder, da man 50k zu 1,20 M. kaufen kann, kosten 700 . 162,5 =
                              										45500k = 2730 M.; man kann also selbst für
                              									Auslandsspiritus die Kartoffeln kaufen und verdient daran immer noch 1100 M., bei
                              									Contingentspiritus zu 48 M. bringt ein Bottich 11,05 M. und 50k Kartoffeln werden zu 3,40 M. besser verwerthet.
                              									Die jährliche Mehreinnahme aber beträgt 7730 M. und bei Kaufkartoffeln der
                              									Ueberschuſs 5000 M. 3) Wird von dem Zukaufe Abstand genommen, so werden durch den
                              									Mehrverbrauch 45 Maischungen für die Campagne weniger erforderlich, wofür dann die
                              									Gesammtsteuer à 43 M. mit 1935 M. in Wegfall kommt. In gleichem Maſse verringern
                              									sich die Betriebskosten für Feuerungsmaterial, Löhne u.s.w. 4) Wie unter 2)
                              									nachgewiesen, werden bei dem neuen Verfahren der Maische 38k,44 Stärke mehr zugeführt, entsprechend 2300
                              									Literprocent Alkohol. Auf den Maischraum berechnet gibt dies eine Mehrausbeute von
                              									0,71 Proc. wobei
                              									allerdings für Gährungsverluste kein Abzug gemacht ist. Laut Journal hat der
                              									Mehrertrag zwischen 0,5 und 0,75 Proc. geschwankt, es ist also damit bewiesen, daſs
                              									das mehr zugeführte Material auch vollständig ausgenutzt ist. 5) Als weitere
                              									Vortheile mögen hier kurz nur noch die folgenden angeführt werden: Die Möglichkeit,
                              									sehr concentrirte Maischen von 28 Proc. und darüber gut, also bis auf etwa 1,7 bis
                              									1,8 Proc. zu vergähren; ferner Ersparniſs an Kühlwasser, sowie Verminderung der
                              									Alkoholverluste durch Verdunstung. Diesen Vortheilen steht nur die eine Mehrleistung
                              									gegenüber, daſs nach beendigtem Betriebe zur Bewegung der Kühler die Maschine noch
                              									eine Zeitlang gehen muſs. Da hierzu eine Dampfspannung von 1 bis 1at,5 genügt, so fallen die Mehrkosten den
                              									erlangten Vortheilen gegenüber nicht ins Gewicht, um so weniger, als die Maschine ja
                              									vielfach nach Beendigung des Betriebes so wie so noch zu anderen Arbeitsleistungen
                              									benutzt wird. Verfasser ist der Ansicht, daſs die höhere Ausbeute von 0,5 bis 0,75
                              									Proc. noch der Steigerung fähig ist und daſs sein Verfahren in Verbindung mit dem
                              										Müller'schen Entschalungsapparate bei dem
                              									gegenwärtigen Modus der Raumsteuer den höchstmöglichen Ertrag gewährleistet.
                           Zur Bekämpfung der Schaumgährung empfiehlt Johann Ernst Brauer in Gerfin in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 81, den
                              									Zusatz von Roggen- und Haferschrot zu gleichen Theilen zur Maischmalzhefe, ferner
                              									die ausschlieſsliche Verwendung von Hafermalz zur Hauptmaische, Zusatz der Hefe bei
                              									31° und Abkühlen bis auf 14°. Durch die verschiedenen Materialien zur Hefeernährung
                              									wird eine recht kräftige Hefe erzielt und dieses ist besonders erwünscht, um vor
                              									Eintritt des Schaumes eine genügende Menge Alkohol in der Maische zu haben, der am
                              									meisten zur Tilgung des Schaumes beiträgt. Auch mag der Fettgehalt des Hafers
                              									günstig wirken. (Die günstige Wirkung des Zubrennens von Mais führt man ja
                              									bekanntlich auch auf den Fettgehalt desselben zurück. D. Ref.)
                           Ueber die Einwirkung von Malzmehl und anderen Körpern auf den
                                 										Vergährungsgrad hat Thausing im Anschlusse an
                              									seine früheren Versuche (vgl. 1888 268 525) weitere
                              									Untersuchungen ausgeführt (Wochenschrift für Brauerei,
                              									Bd. 5 S. 37, daselbst nach Allgemeine Zeitschrift für
                                 										Bierbrauerei und Malzfabrikation, 1887 Nr. 51). Aus seinen Versuchen zieht
                              										Thausing folgende Schlüsse: 1) Der Malzmehlzusatz
                              									zur Hefe wirkt erhöhend auf den Vergährungsgrad. 2) Durch vorheriges Erhitzen
                              									(Abbrühen oder Kochen) wird die Wirkung des Malzmehles abgeschwächt, jedoch nicht
                              									aufgehoben. 3) Zusatz von Gerstenmehl wirkt ebenso wie Malzmehl erhöhend auf den
                              									Vergährungsgrad. 4) Zusatz von Reisstärke zur Hefe bleibt ohne Einwirkung auf den
                              									Vergährungsgrad, ebenso der Zusatz von Kühlgeläger und Spähnen zu der Würze. – Der
                              									Verfasser ist der Ansicht, daſs die Ursache der schwächeren oder stärkeren
                              									Vergährung beinahe ausschlieſslich in der Hefe zu suchen ist. Der Referent in der Wochenschrift für Brauerei bemerkt dazu, daſs die
                              									Schluſsfolgerungen Thausing's nicht überall zutreffend
                              									sind, indem der Zusatz von Gerstenmehl, also einem im Wesentlichen indifferenten
                              									Stoffe, einen erheblichen Einfluſs auf den Vergährungsgrad gezeigt hat. Daſs die
                              									Verwendung von Reisstärkemehl ohne günstigen Einfluſs geblieben ist, erklärt sich
                              									leicht daraus, daſs die Stärkekörner sich schnell zu Boden setzen, nur wenig
                              									Oberfläche bieten und daher auch nicht den gewünschten Erfolg haben konnten. Ueber
                              									den Versuch mit Spähnen geben die Mittheilungen nicht genügend Auskunft, die Angaben
                              									über Quantität und Beschaffenheit der Spähne fehlen; in zwei Fällen wirkten
                              									dieselben auch günstig.
                           Die Heferassen im Brennereibetriebe. Ueber diesen
                              									Gegenstand machte Prof. Delbrück in der
                              									Generalversammlung der Spiritusfabrikanten (Zeitschrift für
                                 										Spiritusindustrie, Bd. 11 Ergänzungsheft S. 23) hochinteressante
                              									Mittheilungen über Versuche von P. Lindner. Die
                              									bisherigen Untersuchungen über Hefe hatten die Erforschung der günstigsten
                              									Lebensbedingungen (Temperatur, Nährstoffe u.s.w.) dieses Organismus zum Gegenstande.
                              									Man ging dabei aber von der Annahme aus, daſs der Pflanzenorganismus, welchen wir in
                              									der Hefe haben, und welcher in den verschiedenen Brennereien benutzt wird, ein einheitlicher ist. Die klassischen Untersuchungen von
                              										Hansen, über die Brauereihefe, haben jedoch
                              									gezeigt, daſs diese Annahme nicht zutreffend ist, daſs vielmehr bei der Hefe
                              									Rassenunterschiede vorhanden sind, ebenso wie bei den Kulturgewächsen, z.B. den
                              									Kartoffel- oder Getreidearten. Die Versuche von Hansen
                              									haben erwiesen, daſs die aus einer Hefezelle gezüchteten Nachkommen andere
                              									Eigenschaften besitzen als diejenigen aus einer anderen Hefezelle, welche anderswo
                              									ausgewählt ist. Man hat beobachtet, daſs Biere, welche mit solchen verschiedenen
                              									Reinhefen bereitet sind, verschiedenen Charakter, verschiedenen Geschmack, auch
                              									einen verschiedenen Grad von Haltbarkeit besitzen. Aus diesen Beobachtungen Hansen's ergab sich die Nothwendigkeit, auch die
                              									Brennereihefe in dieser Richtung zu prüfen und zu diesem Zwecke zunächst
                              									Reinzüchtungen aus einer Hefezelle auszuführen. Zunächst wurden die Versuche Hansen's mit Brauereihefe wiederholt, um die
                              									Zuverlässigkeit derselben zu constatiren.
                           Die Hefe pflanzt sich auf zwei verschiedene Arten fort, entweder durch Sprossung oder
                              									durch Sporenbildung. Hansen hatte gefunden, daſs die
                              									eine oder andere Art der Fortpflanzung für eine gewisse Heferasse eigenthümlich ist.
                              									Dieses wurde durch die Versuche Lindner's bestätigt,
                              									und zwar zeigte es sich, daſs diese, sowie auch andere Rasseneigenschaften mit
                              									merkwürdiger Zähigkeit festgehalten werden, indem dieselben durch mehrere
                              									Generationen hindurch constant blieben, selbst wenn die Lebensbedingungen wesentlich
                              									geändert wurden, indem man z.B. die Kulturen in Bierwürze oder in saurem Hefegute
                              									oder in Asparagin-Rohrzuckernährlösung ausführte. Weder durch Aenderungen der
                              									Ernährungsbedingungen, noch durch Aenderungen der Fortpflanzungsbedingungen wird die
                              									Constanz der Hefecharaktere beeinfluſst. Es wurde nun geprüft, wie sich die
                              									verschiedenen Hefearten zu einander verhalten und welche Unterschiede sie zeigen. So
                              									beobachtete man z.B. in dem einen Falle einen süſslichen, in dem anderen einen
                              									bitteren Geschmack der Würze und es ist daher sehr wahrscheinlich, daſs auch der in
                              									der vergohrenen Maische oder Mutterhefe häufig beobachtete bittere oder scharfe
                              									Geschmack durch die Eigenthümlichkeit der betreffenden Hefe bedingt ist. Ebenso
                              									beobachtete man Verschiedenheiten des Geruches, bei der einen Hefe z.B. ein schönes
                              									Fruchtätheraroma, bei der anderen einen schlechten oder gar keinen Geruch- endlich
                              									auch äuſsere Verschiedenheiten, z.B. die Art, wie die Hefe sich in der Flüssigkeit
                              									bewegt, ob sie sich fest oder locker zu Boden setzt u. dgl.
                           Es wurden nun die verschiedensten Brennereihefen untersucht, welche man sich aus
                              									Bayern, Schweden, Belgien, Ostpreuſsen u.s.w. verschafft hatte, und es zeigte sich,
                              									daſs die Hefen erheblich verschieden waren. Die Vermuthung, daſs die Hefe der
                              									Brennerei besonders leicht zur Sporenbildung neigt, bestätigte sich nicht, vielmehr
                              									wurde das Gegentheil beobachtet, überhaupt eine so groſse Verschiedenheit gefunden,
                              									daſs man kaum 2 bis 3 gleiche Hefearten zur Untersuchung erhielt.
                           Für die Praxis ergibt sich nun die sehr wichtige Frage, ob diese verschiedenen Hefen
                              									auch in ihrer Wirkung sich verschieden verhalten, ob z.B. die eine eine gute, die
                              									andere eine mangelhafte Vergährung, oder die eine eine stürmische, die andere eine
                              									ruhige Gährung bewirkt, ferner, ob die eine Hefe vielleicht weniger gut einen hohen
                              									Alkoholgehalt vertragen und deshalb concentrirte Maischen nicht genügend vergähren
                              									kann. Die Entscheidung dieser Fragen ist mit groſsen Schwierigkeiten verbunden und
                              									die diesbezüglichen Versuche haben noch kein ausgebendes Resultat ergeben. Nur so
                              									viel läſst sich danach sagen, daſs verschiedene Hefen, in derselben Weise gezüchtet,
                              									unter denselben Nährbedingungen in dieselbe Maische ausgesäet, in Bezug auf
                              									Schnelligkeit und Vollständigkeit der Vergährung gänzlich verschieden sich
                              									verhielten. Inwieweit sich die Resultate dieser Untersuchungen für die Praxis
                              									verwerthen lassen, ist vorläufig noch nicht zu übersehen. Eine Reinzüchtung
                              									bestimmter Heferassen, wie solche in der Brauerei schon üblich ist, wäre in
                              									Preſshefefabriken auch wohl durchführbar, aber es ist klar, daſs man damit nichts
                              									gewinnen würde, wenn nicht mit gröſster Sorgfalt Vorkehrungen getroffen werden,
                              									welche eine Verunreinigung der Hefe in der Brennerei selbst unmöglich machen. Leider
                              									ist aber z.B. in Folge mangelhafter Anlagen eine solche Verunreinigung in vielen
                              									Fällen kaum möglich auszuschlieſsen. Nachdem die Thatsache der Verschiedenheit der
                              									Heferassen constatirt ist, unterliegt es keinem Zweifel, daſs dieselben auch verschieden
                              									tüchtig für Brennereizwecke sein müssen und es gewinnt damit das Aussuchen einer
                              									bestimmten Hefe für einen bestimmten Brennereibetrieb eine ganz andere Bedeutung,
                              									als man diesem Gegenstande bisher zuerkannt hat. Die zahlreichen Beobachtungen der
                              									Praxis über den Werth des Hefenwechsels finden jetzt ihre Erklärung. Der Verfasser
                              									schlieſst seine interessanten Mittheilungen mit dem Hinweise auf die überaus groſse
                              									Bedeutung, welche das Hefelokal für die Brennerei hat; es muſs das Heiligthum der
                              									Brennerei sein, es muſs vor allen Dingen frei gehalten werden von äuſseren
                              									Einflüssen, es muſs desinficirt werden; es muſs verhindert werden, daſs wilde Hefe,
                              									die in der Luft vorhanden ist, geflogen kommt und verunreinigend wirkt.
                           Ein Verfahren zur Herstellung von Kunsthefe, welche in hoch
                                 										concentrirten aus Stärkemehl haltigen Stoffen hergestellten Branntweinmaischen
                                 										eine reine alkoholische Gährung bewirkt, theilt Ernst Johann Brauer in der Zeitschrift für
                                 										Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 5, mit. Dasselbe bezweckt eine Tödtung bezieh.
                              									Lähmung der Fäulniſsfermente durch Temperatursteigerung des Hefegutes nach der
                              									Zuckerbildung auf 75° und darüber und durch geringen Schwefelsäurezusatz zur
                              									angestellten Hefe zum Schütze vor Bakteriengährung. Man verfährt folgendermaſsen:
                              									Für 100l Hefefaſsraum werden 80l Kartoffel- oder Getreidemaische von 25° Balling
                              									und darüber mit 2l saurem Hefegute gemischt, mit
                              										5k kurz vorher fein gequetschtem Grünmalze
                              									oder 3k feinem Darrmalzschrote durchgearbeitet und
                              									mittels Dampfmaischholzes bis zu 58° erwärmt. Nach 2 bis 3 Stunden im fest bedeckten
                              									Hefefasse steigert man die Temperatur durch Zuführung von Dampf mittels des
                              									Dampfmaischholzes bis auf 75°, läſst 10 bis 15 Minuten einwirken und kühlt auf 67°
                              									ab. Während des Säuerungsprozesses halte man die Temperatur mindestens auf 48°. Wenn
                              									der bestimmte Säuregehalt von 2,5 bis 3cc
                              									Normalnatron erreicht ist, wird das Hefegut auf die gewünschte Temperatur abgekühlt.
                              									Vom Anstellen bis zur Reife wird die Hefe um 10 bis 13° Sacch. vergohren sein und
                              									die Abnahme der Mutterhefe erfolgen können. Das Vorstellen der Hefe geschieht mit
                              									süſser Maische oder mit saurem Hefegute, und zwar bei 29°, wobei man 0,5 bis 1 Proc.
                              									Schwefelsäure zusetzt. Nach halbstündiger Einwirkung wird die Hefe zur groſsen
                              									Maische gegeben. Im Kleinen ausgeführte Versuche ergeben eine um 0,2 bis 0,9° B.
                              									schlechtere Vergährung, jedoch war in diesen Maischen nur eine sehr geringe Anzahl
                              									von Fäulniſsfermenten zu finden, während die Controlmaischen, nach der üblichen
                              									Weise behandelt, von Spaltpilzen wimmelten.
                           Hierzu bemerkt Letzring in der genannten Zeitschrift Nr.
                              									65, daſs bei der Temperatur von 75° das Milchsäureferment ebenso wie die anderen
                              									Fermente getödtet werden, und daſs eine Temperatur von 57 bis 58° sich besser
                              									empfehlen würde, da diese die Nebenfermente tödtet, ohne den Milchsäurebakterien zu
                              									schaden. Auch die Anwendung der Schwefelsäure, eines allerdings ausgezeichneten
                              									Desinfectionsmittels, sei nicht ohne Gefahr, besonders beim gröſseren Betriebe, wo
                              									es gewöhnlich an der Zeit zur sorgfältigen Bewachung fehle. Brauer gibt in einer Erwiderung hierauf in der genannten Zeitschrift, Nr.
                              									72, zu, daſs bei 75° auch das Milchsäureferment eine Schwächung erleidet, keineswegs
                              									trete aber eine Tödtung desselben ein, besonders nicht bei der kurzen Dauer der
                              									Einwirkung, es erhole sich vielmehr das Ferment von der erlittenen Schwächung sehr
                              									bald, während die Fäulniſsbakterien vollständig lahm gelegt sind. Auch die Anwendung
                              									der Schwefelsäure, welche allerdings mit Vorsicht geschehen müsse, sei unbedenklich,
                              									da nach Delbrück ein Zusatz bis zu 1 Proc. bei kurzer
                              									Dauer der Hefe nichts schade. Das Verfahren sei auch bei umfangreichem Betriebe sehr
                              									wohl durchführbar, da die nothwendigen Operationen nur verschwindend kurze Zeit in
                              									Anspruch nehmen.
                           
                        
                           IV. Destillation und
                                 										Rectification.
                              								
                           Verfahren zur Entfuselung und Reinigung von Rohspiritus oder
                                 										Maische, welche den Rohspiritus enthält, von Grote und Pinetta in Guatemala (D. R. P. Nr.
                                 									41678 vom 22. Januar 1887). Das Verfahren besteht in der Anwendung des durch Glühen
                              									eines Gemisches von salpetersaurem Kali oder Natron und kohlensaurer Magnesia
                              									erzeugten Productes zum Entfuseln und Reinigen von Rohspiritus, sonstigen
                              									Destillationsproducten oder Maische, indem dasselbe beim Destilliren zugesetzt wird.
                              									Die Wirkung der Reinigungsmasse, welche Magnesia, kohlensaure Magnesia,
                              									salpetersaures Kali (Natron) und salpetrigsaures Kali (Natron) enthält, und welcher
                              									auch Kohle oder andere zum Reinigen angewendete Substanzen zugesetzt werden können,
                              									besteht darin, daſs bei der Destillation die Fuselöle möglichst lange zurückgehalten
                              									werden, wodurch die Ausbeute an Spiritus vermehrt, der Vor- und Nachlauf verringert
                              									wird. Die Menge der zuzusetzenden Reinigungsmasse richtet sich nach der Qualität des
                              									Spiritus. Vortheilhaft ist es, 45 bis 60g auf
                              										100l zu verwenden. Der Rohspiritus braucht
                              									nicht verdünnt zu werden. Bei Destillation der Maische fügt man die Reinigungsmasse
                              									am besten schon im Gährbottiche zu, unter sorgfältigem Durchmischen, um sie
                              									möglichst lange in Berührung zu lassen. In Betreff der Menge gilt auch hier das
                              									Obengesagte. Auch kann man bei der Destillation die Dämpfe durch die Reinigungsmasse
                              									streichen lassen.
                           Die Frage: welche Versuche sind gemacht worden zur direkten
                                 										Gewinnung von Sprit aus der Maische? erörterte Hayduck in der Generalversammlung der Spiritusfabrikanten (Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 11
                              									Ergänzungsheft S. 25). Diese Frage erhält hohes Interesse durch das neue
                              									Steuergesetz, welches einen Reinigungszwang bestimmt für flehen Spiritus, welcher
                              									nicht aus Getreide dargestellt ist; es sind daher Kartoffelbrennereien, welche ihr
                              									Product als Trinkbranntwein zu verwerthen beabsichtigen, genöthigt, den Rohspiritus zu
                              									rectificiren. Da die Reinigung desselben in einer Raffinerie und ebenso die
                              									Aufstellung eines Rectificationsapparates in der Brennerei viel zu kostspielig ist,
                              									so muſs die Spiritusfabrikation dahin streben, auch ohne einen solchen Apparat die
                              									Reinigung des Rohspiritus in der Brennerei selbst zu bewirken. Es sind bereits
                              									verschiedene Verfahren und Apparate für diesen Zweck in Vorschlag gebracht. Zunächst
                              									verdient das Verfahren von Scheibner (vgl. 1888 268 272) groſse Beachtung der Praktiker, weil dasselbe
                              									zweckmäſsig, billig und in jeder Brennerei leicht ausführbar sein wird. Es ist noch
                              									hervorzuheben, daſs bei Aufstellung einer Rectificationsblase von geeigneter Gröſse
                              									das Product von 2 oder 3 Betriebstagen gleichzeitig rectificirt werden könnte.
                           Vielfach hat man versucht, durch Zusatz von Chemikalien, welche die verunreinigenden
                              									Bestandtheile zerstören oder binden, die Reinigung des Spiritus zu erleichtern.
                              									Hierzu gehören z.B. auſser der Kohle, welche die Fähigkeit besitzt Aldehyd zu
                              									Essigsäure zu oxydiren und ferner die Fuselöle zurückzuhalten, Alkalien, sowie Oxyde
                              									von Metallen, welche man hinzusetzt, theils um flüchtige Säuren zu binden, theils um
                              									die das Fuselöl bildenden Alkohole zu den entsprechenden Säuren zu oxydiren und
                              									diese dann zu binden. Zur Bindung der Fuselöle hat man neuerdings auch
                              									vegetabilische und mineralische Fette, sowie Kohlenwasserstoffe in Anwendung
                              									gebracht. Die Art der Anwendung der Chemikalien ist eine zweifache, entweder läſst
                              									man nur die Spiritusdämpfe, bevor sie in den Kühler gelangen, durch dieselben
                              									hindurchstreichen, oder aber man setzt sie direkt der Maische zu. Verfasser erwähnt
                              									noch das Verfahren von Deininger, nach welchem die
                              									Reinigung des Spiritus durch Bleioxyd bewirkt wird, welches in überschüssiger
                              									Kalilauge gelöst ist, unter Zusatz von Glycerin. Diese Reinigungsflüssigkeit
                              									befindet sich zwischen Rectificator und Kühler, die Spiritusdämpfe gehen durch
                              									dieselbe hindurch, wobei die Bestandtheile des Fuselöles zu Säuren oxydirt und diese
                              									an das Kali gebunden werden. Aehnlich wirkt eine alkalische Kupferoxydlösung (vgl.
                              									1888 268 91). Der Verfasser führt ferner das Verfahren
                              									von Grote und Pinetta an
                              									(vgl. voriges Referat). Eine Untersuchung von Spiritus dieser beiden Verfahren ergab
                              									noch einen Gehalt von 0,1 bis 0,2 Proc. Fuselöl. Die Reinigung war also keine
                              									vollkommene und das Resultat der Untersuchung kein besonders günstiges, jedoch wäre
                              									es unzulässig, auf Grund der wenigen Versuche die genannten, sowie überhaupt das
                              									chemische Reinigungsverfahren zu verwerfen oder als unzweckmäſsig zu bezeichnen. Da
                              									aber alle chemischen Reinigungsverfahren den Nachtheil haben, daſs eine Einwirkung
                              									der Chemikalien auf den Aethylalkohol nicht ausgeschlossen ist, wodurch theils
                              									Verluste herbeigeführt, theils neue verunreinigende Stoffe erzeugt werden können, so
                              									muſs das Streben der Industrie darauf gerichtet sein, einen Maischdestillirapparat
                              									von solcher Vollkommenheit zu erhalten, daſs damit ohne Anwendung von Chemikalien
                              									direkt aus der Maische Sprit von genügender Reinheit gewonnen werden kann. Daſs
                              									dieses Ziel erreichbar ist, kann kaum bezweifelt werden, da schon jetzt Apparate
                              									existiren, die in dieser Hinsicht Vorzügliches leisten. Verfasser macht noch auf den
                              									neuen Brennapparat von Ilges, den sogen. Automaten,
                              									aufmerksam (vgl. 1888 268 * 271). Der mit diesem Apparate
                              									gewonnene Spiritus enthielt nur so geringe Mengen von Fuselöl, daſs er vielleicht
                              									schon den gesetzlichen Anforderungen des Reinigungszwanges genügen würde. Verfasser
                              									ist der Ueberzeugung, daſs die Spiritusfabrikanten bei eintretendem Reinigungszwange
                              									weder auf die Raffinerien angewiesen, noch gezwungen sein werden, einen besonderen
                              									Rectificationsapparat anzuschaffen. Entweder wird die Reinigung des Rohspiritus nach
                              									dem Scheibner'schen Verfahren bewirkt werden können
                              									oder, was noch wünschenswerther sein würde, man wird Maischdestillirapparate von
                              									solcher Vollkommenheit herstellen, daſs mit Hilfe derselben die Gewinnung von
                              									Feinsprit direkt aus der Maische ohne Anwendung von Chemikalien möglich sein
                              									wird.
                           
                        
                           V. Schlämpe.
                              								
                           Ueber die Organisirung gemeinsamer Fütterungsversuche zwecks
                                 										Aufklärung der bei der Schlämpefütterung noch offenen Frage berichtete
                              									Prof. Maercker in der Generalversammlung der
                              									Spiritusfabrikanten (Zeitschrift für Spiritusindustrie,
                              									Bd. 11 Ergänzungsheft S. 70). Die Einschränkung des Brennereibetriebes muſs eine
                              									Verminderung des Schlämpequantums im Gefolge haben. Um einer Einschränkung in der
                              									Viehhaltung und damit auch in der Düngerproduction, welche für die Landwirthschaft
                              									von gröſstem Nachtheile sein würde, vorzubeugen, muſs man sich nach einem
                              									theilweisen Ersatze für die Schlämpe umsehen. Fragen, wie diejenigen nach der besten
                              									Verwerthung des jetzt producirten Schlämpequantums oder nach dem besten und
                              									billigsten Ersatze der in Folge der Verminderung des Schlämpequantums fehlenden
                              									Nährstoffe, sind daher jetzt von besonderer Bedeutung. An den Grundlagen zur
                              									Beantwortung dieser, wie vieler anderer praktisch wichtiger Fragen auf dem Gebiete
                              									der Schlämpefütterung, wie überhaupt in der Fütterungslehre fehlt es aber noch
                              									gänzlich. Der Verfasser führt aus, daſs die Zusammensetzung und damit auch der
                              									Nährwerth der Schlämpe in Folge der Verbesserungen des Betriebes jetzt eine ganz
                              									andere ist, als vor etwa 10 Jahren, und daſs daher auch die älteren Analysen von
                              									Schlämpe jetzt nicht mehr maſsgebend sein können. Mit der Vervollkommnung des
                              									Betriebes ist die Schlämpe durchweg ärmer an Nährstoffen geworden. Während z.B. Wolff den Inhalt der Schlämpe an Kohlehydraten noch zu
                              									5,69 Proc. angibt, wurde derselbe im Durchschnitte zahlreicher in diesem Winter an
                              									der Versuchsstation Halle ausgeführter Analysen nur zu 2,3 Proc. Stunden, ebenso
                              									sind die Stickstoff haltigen Stoffe von 1,04 auf etwa 0,8 Proc. gesunken. Die Schlämpe
                              									hat also jetzt einen ganz anderen Charakter bekommen, denn während früher das
                              									Nährstoffverhältniſs in derselben etwa 1 : 4 war, beträgt es jetzt nur 1 : 2,5. Die
                              									Trockensubstanz der Schlämpe besitzt jetzt ungefähr die Zusammensetzung der Bohnen
                              									und 100l Schlämpe enthalten so viel Nährstoff als
                              										3k,25 Bohnen. Immerhin repräsentirt die
                              									Schlämpe noch einen ansehnlichen Nährstoffgehalt; es drängt sich nun aber die Frage
                              									auf, ob man die Nährstoffe in der Schlämpe zu demselben Preise veranschlagen kann,
                              									wie in den Kraftfuttermitteln. Die Beantwortung dieser Frage kann nur durch Versuche
                              									gegeben werden. Es kommen dabei aber Punkte in Betracht, welche schon jetzt erörtert
                              									werden können; so zunächst die Verdaulichkeit der Nährstoffe in der Schlämpe. Die
                              									neuerdings nach dem Verfahren von Stutzer ausgeführten
                              									diesbezüglichen Bestimmungen haben gezeigt, daſs die frühere Annahme, wonach die
                              									Stickstoff haltigen Bestandtheile in der Schlämpe vollständig verdaulich sein
                              									sollten, nicht zutreffend ist, denn es wurden dieselben nur zu 70 bis 85 Proc.
                              									verdaulich gefunden, woraus folgt, daſs man bisher die Stickstoff haltigen
                              									Bestandtheile in der Schlämpe um etwa 20 Proc. zu hoch bewerthet hat. Eine weitere
                              									Frage ist aber, ob die Nährstoffe, wenn sie mit groſsen Mengen Wasser belastet sind,
                              									wie dieses in der Schlämpe der Fall ist, in ihrer Wirkung beeinträchtigt werden. Vom
                              									theoretischen Standpunkte aus ist eine solche ungünstige Beeinflussung entschieden
                              									anzunehmen, sobald es sich um Verabreichung so groſser Schlämpegaben handelt, daſs
                              									das Thier dadurch zur Aufnahme eines Uebermaſses von Wasser veranlaſst wird, wie wir
                              									dieses schon früher an dieser Stelle des Näheren ausgeführt haben (vgl. 1887 264 566).
                           Eine weitere offene Frage, welche, sobald kein Ueberfluſs an Schlämpe mehr vorhanden
                              									sein wird, von groſser Bedeutung sein wird, ist diejenige, welche Thierart die
                              									Schlämpe am besten zu verwerthen vermag, ferner, wie hohe Schlämpegaben man mit
                              									Vortheil den Thieren geben kann. In beiden Punkten herrschen in der Praxis die
                              									widersprechendsten Ansichten. Dasselbe ist der Fall in Bezug auf die zweckmäſsigste
                              									Art und Menge der Beigabe von Kraftfutter. Der Eine will hier mit 1k Kraftfutter den gröſsten Erfolg haben, der
                              									Andere erst bei mindestens 5k; so widersprechend
                              									sind die Angaben. Alle diese und ähnliche Fragen zeigen, wie wenig man zur Zeit noch
                              									über die Grundlagen der Schlämpefütterung weiſs und wie dringend nothwendig daher
                              									Versuche sind, welche allein hierüber Aufklärung bringen können.
                           Der Verfasser geht noch näher ein auf die Bereitung der Kunstschlampe. Durch Dämpfen von Kartoffeln, durch Zusatz von nur so viel
                              									Malz, als gerade nothwendig ist, um die gedämpften Kartoffeln zu verflüssigen, und
                              									durch Zusatz von sehr stickstoffreichen Kraftfuttermitteln kann man sich ein
                              									Nährmedium herstellen, welches genau der Zusammensetzung der Schlämpe entspricht.
                              									Dasselbe stellt ein ausgezeichnetes Futtermittel dar, welches Schlämpe von bester
                              									Beschaffenheit zu ersetzen im Stande ist. Klagen über schlechte Bekömmlichkeit der
                              									Kunstschlämpe sind auf Fehler in der Bereitung oder Aufbewahrung zurückzuführen. Die
                              									Kunstschlämpe darf unter keinen Umständen unter 50° erkalten, weil dann Gährung
                              									eintritt. Hält man aber an der bewährten Regel fest, die Schlämpe den Thieren
                              									möglichst heiſs zu vergleichen, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daſs die
                              									Kunstschlämpe, welche nicht einmal die nur lästige und ungünstig wirkende Säure der
                              									natürlichen Schlämpe enthält, auch ein gut bekömmliches Butter sein muſs. Der Preis
                              									für die Kunstschlämpe würde sich auf etwa 55 Pf. für 100l stellen.
                           In Betreff der Pülpe, dem Rückstande der
                              									Kartoffelstärkefabrikation, bemerkt Verfasser, daſs dieselbe ein sehr
                              									stickstoffarmes Futter ist und daher vortheilhaft nur in Verbindung mit sehr
                              									stickstoffreichen Kraft-Futtermitteln Verwendung finden kann. Beigaben von
                              									schlechtem Korn, Graupenabfällen, Gerstenabfällen und ähnlichen an Kohlehydraten
                              									reichen Futtermitteln, wie sie häufig in der Praxis üblich sind, sind dagegen gar
                              									nicht am Platze und schlieſsen eine Verschlechterung der Nährwirkung und Vergeudung
                              									an Nährstoffen ein.
                           Der Verfasser ist der Ansicht, daſs die Schlämpefütterungsfrage am besten durch
                              									Mitwirkung der Praktiker gelöst werden könne, und daſs der Verein der
                              									Spiritusfabrikanten das berufene Organ ist, um die Sache zu fördern. Der Verfasser
                              									theilt mit, daſs in der Provinz Sachsen unter der Leitung der Versuchsstation Halle
                              									bereits derartige Fütterungsversuche mit Milchkühen und Mastthieren in ausgedehntem
                              									Maſse in Angriff genommen seien. Es hat sich dabei gezeigt, daſs die exacte
                              									Ausführung solcher Versuche eine sehr schwierige Aufgabe für die Versuchsansteller
                              									ist, man dürfe sich dadurch aber nicht abschrecken lassen, denn man hat auch
                              									erkannt, daſs die bereits gesammelten Erfahrungen eine Vereinfachung der Versuche
                              									möglich machen werden, und der groſse Nutzen, welcher von diesen Versuchen für die
                              									Praxis zu erwarten ist, muſs alle Schwierigkeiten überwinden helfen. In der nächsten
                              									Campagne empfiehlt es sich, diese Versuche in noch gröſserem Umfange in Angriff zu
                              									nehmen, und Verfasser stellt seine Hilfe zur Förderung der Sache bereitwilligst zur
                              									Verfügung.
                           In der an den Vortrag sich anschlieſsenden lebhaften Discussion werden aus der Praxis
                              									Erfahrungen mit der Verfütterung der Kunstschlämpe oder süſsen Maische mitgetheilt,
                              									welche ebenfalls zeigen, daſs auch die zweckmäſsigste Verwendung dieses
                              									Futtermittels noch eine offene Frage ist, welche der Entscheidung durch den exacten
                              									Versuch harrt. Prof. Orth empfiehlt bei den in Aussicht
                              									genommenen Fütterungsversuchen mit Schlämpe auch auf die Qualität der Milch in Bezug
                              									auf ihre hygienische Beschaffenheit, welche man bei der Schlämpemilch bisher
                              									discreditirt hat, Rücksicht zu nehmen.
                           
                           Ueber Schlämpeverwendung in Preſshefefabriken berichtet
                              										G. Francke in der Zeitschrift für Spiritusindustrie. Bd. 11 S. 11. Es ist bekannt, daſs
                              									Maischen, welche mit Schlämpen angestellt sind, in der Regel höhere Hefeerträge und
                              									durchweg immer mehr Spiritus geben als Wasserbottiche. Ferner schreibt man der
                              									Schlämpe einen günstigen Einfluſs auf die Eigenschaften der Hefe, besonders auf die
                              									Triebkraft zu. Fast allgemein üblich ist der Zusatz von Schlämpe im Gährbottiche,
                              									weniger bekannt, jedoch in einigen Fabriken mit bestem Erfolge angewendet, ist der
                              									Zusatz der Schlämpe während der Maischung vor der Zuckerbildung. Hierzu verwendete
                              									Schlämpe muſs natürlich sehr rein und gesund sein, sie muſs auch im Säuregehalte
                              									normal sein, darf also nicht mehr als 1,0 bis 1cc,2 Normalnatron auf 20cc Schlämpe
                              									verbrauchen. Es genügen schon 150l Schlämpe auf
                              										100k Einmaischung. Der Erfolg ist etwa 1 Proc.
                              									Hefe und Spiritus mehr; allerdings tritt derselbe bei Gebrauch von sehr viel Malz
                              									nicht mehr hervor. Verfasser betont, daſs bei dieser Art der Verwendung der Schlämpe
                              									groſse Vorsicht geboten ist, denn der Zusatz einer auch nur geringen Menge Schlämpe
                              									während des Maischprozesses ist natürlich viel gefährlicher, als ein gröſserer
                              									Schlämpezusatz zum Gährbottiche, sobald die Schlämpe flüssige Fettsäuren enthält
                              									oder sonstwie nicht mehr normal ist. Zur Beurtheilung der Schlämpe kann auſser dem
                              									Säuregehalte und der Farbe auch der Verlauf der Gährung Anhaltspunkte geben. War die
                              									Gährung normal, ist die Schlämpe nach 24 Stunden gut geklärt und von hellgelber
                              									Farbe, so kann man sie ohne Bedenken verwenden; bleibt sie trübe oder klärte sie
                              									sich nur langsam, was gewöhnlich die Folge mangelhafter Gährung ist, so ist von der
                              									Verwendung der Schlämpe zum Maischprozesse entschieden abzurathen.
                           Die Frage: Haben die Trocknungsverfahren für
                                 										Kartoffelschlämpe in Deutschland eine Zukunft? erörtert Stutzer in der Zeitschrift für
                                 										Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 37 und 40. Der Verfasser kommt auf Grund einer
                              									Berechnung des Klaming'schen Trockenverfahrens (vgl.
                              									1886 261 256) nach Angaben von Ungerer (1888 268 273) zu dem Schlusse, daſs
                              									auch bei diesem Verfahren, welches nach seiner Ansicht das vollkommenste ist, in
                              									Folge Kostspieligkeit des Apparates und Höhe der Betriebskosten an eine rationelle
                              									Schlämpetrocknung, wenigstens innerhalb Deutschlands, nicht gedacht werden könne.
                              									Verfasser ist der Ansicht, daſs das einzige Verfahren zur Conservirung der Schlämpe,
                              									welches sich jemals Bahn brechen könnte, das Eindickungsverfahren, verbunden mit
                              									einer zweckmäſsigen Aufbewahrung des Schlämpebreies ist.
                           Zu den Ausführungen des Verfassers möchte Referent folgendes bemerken: Zunächst
                              									müssen wir der Ansicht des Verfassers, die getrocknete Schlämpe stelle keine schöne
                              									Handelswaare dar, und jeder, der Kraftfutterbedarf hat, werde die schönen Reismehle,
                              									die sich leicht erweichenden Mohn-, Lein- oder Sesamkuchen der getrockneten
                              									Schlämpe, die eine
                              									spröde unansehnliche Masse darstelle, welche das Wasser fast ebenso schwer wieder
                              									aufnimmt, als sie dasselbe vorher abgegeben hat, vorziehen, entschieden
                              									entgegentreten. Referent ist vielmehr der Ansicht, daſs die getrocknete Schlämpe ein
                              									ganz vorzügliches Kraftfuttermittel darstellt. Der schöne brodähnliche Geruch, die
                              									gute Haltbarkeit, die durch die Art der Darstellung gerechtfertigte, durch die
                              									bisherigen Erfahrungen erwiesene gute Bekömmlichkeit, zeichnen dieses Futtermittel
                              									sogar sehr günstig vor anderen Kraftfuttermitteln aus, und nach Ansicht des
                              									Referenten ist es lediglich der höhere Preis der Nährstoffe, welcher bisher der
                              									allgemeinen Verwendung der getrockneten Schlämpe entgegengewirkt hat. Wie Referent
                              									seiner Zeit ausführlich dargelegt hat (vgl. 1887 266
                              									571), ist es jedoch sehr wahrscheinlich, daſs der getrockneten Schlämpe specifische
                              									Wirkungen zukommen, welche sehr wohl einen etwas höheren Preis der Nährstoffe
                              									rechtfertigen würden, wie ein solcher bei Kraftfuttermitteln, denen solche
                              									specifische günstige Wirkungen eigen sind, z.B. den Palmkernfabrikaten, bekanntlich
                              									gern bezahlt wird.
                           Es sei hier bemerkt, daſs Fütterungsversuche mit getrockneter Schlämpe, welche auch
                              									über die Frage, wie weit diesem Futtermittel specifische Wirkungen zuzuschreiben
                              									sind, Auskunft geben werden, seitens der Versuchsstation Halle für die nächste Zeit
                              									in Aussicht genommen sind.
                           In Betreff der vom Verfasser vorgeschlagenen Conservirungsmethode der Schlämpe durch
                              									Eindicken und Aufbewahren des eingedickten Schlämpebreies unter Zusatz anderer
                              									Futterstoffe (z.B. Rauhfutter, Spreu, auch Grünfutter) in Gruben, möchte Referent
                              									nur darauf hinweisen, daſs ausnahmslos bei jeder Aufbewahrung von Futterstoffen,
                              									welche mehr als etwa 12 Proc. Wasser enthalten, wie z.B. beim Einreichen oder
                              									Einsäuern von Wurzelgewächsen oder Grünfutter, ebenso bei der sogen. süſsen Ensilage
                              									bisher stets sehr erhebliche Verluste an Nährstoffen constatirt sind.
                           Referent ist der Ansicht, daſs das Eindicken der Schlämpe ein sehr beachtenswerthes
                              									Verfahren ist, sobald es sich um Verabreichung groſser
                              									Schlämpegaben, besonders an Mastthiere handelt, indem dann durch das Eindicken den
                              									Thieren die Bewältigung groſser Wassermassen erspart wird. Als dauerndes Conservirungsmittel verdient aber
                              									unzweifelhaft das Trocknen den Vorzug und es muſs das
                              									Bestreben der Technik sein, dieses Verfahren, welches längst als das vollkommenste
                              									und rationellste zur Aufbewahrung von Futtermitteln erkannt ist, so zu
                              									vervollkommnen und zu verbilligen, daſs dasselbe auch rentabel und das Product
                              									desselben, die getrocknete Schlämpe, mit anderen Kraftfuttermitteln concurrenzfähig
                              									wird.
                           Ueber die Schlämpemauke berichtet Wenzel Christeck in der Oesterreichisch-Ungarischen Brennereizeitung, Bd. 11 S. 22. Wir können auf
                              										diesen Aufsatz,
                              									welcher eine gute Zusammenstellung der bekannten Beobachtungen und Erfahrungen, im
                              									Wesentlichen aber nichts Neues bringt, hier nur hinweisen.
                           Morgen.
                           
                              (Schluſs folgt.)