Titel: | Turbinenanlage zu Gokak in Indien. |
Fundstelle: | Band 269, Jahrgang 1888, S. 385 |
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Turbinenanlage zu Gokak in Indien.
Mit Abbildungen auf Tafel
18.
Turbinenanlage zu Gokak in Indien.
Die bekannte Firma Escher, Wyſs und Co. in Zürich hat,
wie Engineering, 8. Juni 1888 * S. 562, mittheilt, zu
Gokak in Indien eine beträchtliche Turbinenanlage zum Betriebe einer
Baumwollspinnerei gemacht. Diese Anlage besteht aus drei Turbinen von je 250
, welche durch Seiltrieb ihre Kraft nach der Spinnerei fortpflanzen. Diese
letztere hat 20000 Spindeln, ist die erste dieser Art in Indien und eine der
bedeutendsten, welche existiren.
Nahe bei Gokak fällt der Fluſs Ghatpraba (in dem südlichen Mahratten-Lande) über eine
hohe Felswand; derselbe besitzt das ganze Jahr eine bedeutende Wassermenge, und
könnte die Betriebskraft für eine ganze Reihe von gewerblichen Anlagen liefern. Die
errichtete Baumwollspinnerei ist die erste einer Reihe solcher Werke, für deren
Anlage sich die Gegend in der Nähe der Fälle ganz besonders eignet. Fig. 1 zeigt die Lage des
Turbinenhauses, Fig.
2 ist ein Schnitt durch eine Turbinenwelle, Fig. 3 ein Grundplan des
Turbinenhauses.
Das Wasser wird aus dem Flusse 700m oberhalb der
Fälle abgeleitet, und in einem Kanäle bis zum Rande der Felswand geführt, welche
zunächst völlig senkrecht und selbst überhängend etwa 36m hoch abstürzt. Das ganze Gefälle bis zum Spiegel des Beckens am Fuſse
der Klippe beträgt 48m,9; das Rohr, welches das
Wasser aus dem Kanäle ableitet, geht zuerst etwa 36m ganz senkrecht nieder, und liegt dann in einer Neigung von 28° 10' bis
zum Turbinenhause, ungefähr 36m weit. Dieses Rohr
ist im Lichten 838mm und besteht aus
Schmiedeeisen. Die Blechdicke ist oben 4mm, unten
8mm. Die Turbinen sind mit dem Hauptrohre
durch Zweigleitungen von 610mm verbunden. Nur die
Krümmer der Hauptleitung sind von Guſseisen; sie ruhen auf starken
Mauerfundamenten.
Die drei Turbinen sind nach dem „Actions“prinzipe gebaut (Girardturbinen), welches bekanntlich bei hohen Gefällen
die besten Resultate gibt. Sie sind auf wagerechter Achse montirt, was die
Seilscheiben direkt auf den Turbinenwellen anzubringen erlaubt; die ganze Anlage
wird dadurch sehr vereinfacht. Jede Turbine kann mit Hilfe eines Schiebers
abgesperrt werden, ebenso aber auch mit Hilfe der Schützen, welche aus freier Hand
bewegt werden. Die Geschwindigkeit der Turbine wird durch einen Regulator und
Drosselklappen geregelt.
Die drei Turbinenräder haben 1700mm Durchmesser,
und machen 155 minutliche Umdrehungen. Um das Umherschleudern des Wassers zu
verhüten, sind die Räder mit guſseisernen Gehäusen bedeckt. Auf jeder Turbinenwelle
sitzt zwischen dem Rade und der Wand eine Riemenscheibe, von welcher aus durch einen
halbgeschränkten Riemen eine Vorgelegewelle an der Decke getrieben wird; von dieser
aus erfolgt der Antrieb
des Regulators. Der Regulator wirkt mit Hilfe eines von ihm verschobenen Riemens
über zwei conischen Trommeln auf ein Differentialgetriebe, und dieses auf den
Wasserzufluſs ein.
Jede Turbinenwelle trägt eine Seilscheibe von 3m,5
Durchmesser, die Geschwindigkeit der Seile ist 28m,5 in der Secunde. Die Drahtseile sind 25mm
stark. Die Scheiben stehen 1m von einander ab, um
die Seile zwischen den Stationen an der Berührung zu hindern. Die erste Seilstation
ist auf dem Scheitel der Felswand. Die Welle für die oberen Leitrollen (das führende
Seiltrum) liegt 67m,3 über den Turbinenwellen, die
Welle der Rollen für das geführte Trum 60m,5. Die
oberen Rollen haben 3m,5, die unteren nur 2m,4 Durchmesser. Der Abstand zwischen dieser
Seilstation und der Hauptwelle der Fabrik beträgt 120m,75; um einen dazwischen liegenden Weg frei zu halten, muſste für das
geführte Trum hier noch eine Seilstation eingeschaltet werden, welche drei
Leitrollen von 2m,4 enthält. Die ganze Seillänge
beträgt etwa 457m, eine Länge, wie sie
wahrscheinlich noch nie bisher angewendet worden ist.
Die ganze Anlage wurde im September 1887 vollendet, und am 5. Oktober in Betrieb
gesetzt.