Titel: | Neuerungen in der Herstellung wasserdichter Gewebe; von Emil Döring, technischer Chemiker, in Berlin. |
Autor: | Emil Döring |
Fundstelle: | Band 272, Jahrgang 1889, S. 186 |
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Neuerungen in der Herstellung wasserdichter
Gewebe; von Emil Döring, technischer Chemiker, in Berlin.
(Im Groſsbetriebe erprobte Methoden.)
Mit Abbildungen.
Neuerungen in der Herstellung wasserdichter Gewebe.
Bei Gelegenheit einer Bearbeitung der gebräuchlichsten Methoden, Leinen und Baumwolle
wasserdicht zu machen, haben sich einige interessante und für die Fabrikation
wichtige Gesichtspunkte und Wege ergeben, die im Folgenden dargelegt werden sollen.
Nicht daſs diese Methoden von Grund aus neu wären, aber die bekannten Mittel boten
manche Unvollkommenheiten, die zu beseitigen mein Bestreben gewesen ist. Zum Theile
wurde ich dazu durch schwierig zu behandelnde Rohwaaren gedrängt, wie sie z.B. durch
locker gewebtes Leinen nur zu oft vorkommt, zum Theile auch durch den Wunsch, den
Betrieb möglichst vortheilhaft zu gestalten.
Die Literatur über diesen Gegenstand ist umfangreich genug, ihr ist eine ganze
Abtheilung in Bolley's Handbuch
der chemischen Technologie gewidmet. Auch in Fachzeitschriften findet man
eine Fülle von Recepten, die um so unerfreulicher wirkt, als man den Eindruck
empfängt, daſs ein Theil der – sagen wir Erfinder – mit und ohne Patent – niemals in
der Lage gewesen sein kann, die eigenen Vorschriften praktisch zu bethätigen. Welche
ungeheure Kluft aber zwischen einer Probe im Kleinen und der technischen Erprobung
im Groſsen liegt, weiſs jeder, der inmitten der chemischen Technik steht. Die im
Folgenden betretenen Wege sind im Groſsbetriebe als brauchbar befunden worden und
haben bereits bei Herstellung von Hunderttausenden von Quadratmetern Erfreuliches
geleistet, erheben aber trotzdem keinen Anspruch darauf, nicht noch
verbesserungsfähig zu sein.
Man kann die gebräuchlichen Methoden in zwei Gruppen sondern, in solche, welche das
Gewebe mit fettsauren Metalloxyden füllen, und in solche, welche auf der
Imprägnirung mit geschmolzenen oder gelösten, wasserabstoſsenden Substanzen
beruhen.
Im ersteren Falle klotzt man das Gewebe gewöhnlich auf der Klotzmaschine mit
essigsaurer Thonerde, trocknet und bringt in ein Seifenbad. Die Thonerdebeize hat
beim Trocknen unter Abgabe von Essigsäure ihre Löslichkeit verloren, auch wenn, wie
es allgemein der Fall ist, ein bedeutender Antheil schwefelsaurer Thonerde darin
vorhanden ist. Stellt man die Beize durch Umsetzung gleicher Gewichtsmengen
schwefelsaurer Thonerde und Bleizucker her, so findet man in der klaren vom
abgesetzten schwefelsauren Blei getrennten Flüssigkeit einen wechselnden Ueberschuſs an
schwefelsaurer Thonerde, je nach dem Gehalte des käuflichen Sulfates daran. Die
Ausfällung der Schwefelsäure durch Bleizucker zu Ende zu führen hat kein Interesse,
weil das schwefelsaure Salz die Umsetzung mit der Seife ebenso gut eingeht wie das
essigsaure. Man würde den Prozeſs dadurch nur unnöthig vertheuern. Es braucht
vielmehr in der Beize nur so viel Acetat gegenwärtig zu sein, daſs eine Fixirung der
Thonerdesalze durch Bildung basischer Verbindungen eintritt. Dazu reicht es stets
aus, gleiche Gewichtsmengen Thonerdesalz und Bleizucker zu nehmen. Aus dem gleichen
Grunde ist es für das in Rede stehende Verfahren zwecklos, die theure reine
essigsaure Thonerde des Handels, wie sie durch Auflösen von Thonerdehydrat in
Essigsäure gewonnen wird, zu kaufen. Ganz anders stellt sich jedoch – wie nebenher
erwähnt werden mag – die Sachlage, wenn es sich um Herstellung wasserdichter und
luftporöser Wollenstoffe handelt. Hier, wo ein nachheriges Seifen ausgeschlossen
ist, muſs die essigsaure Thonerde allein wirken. Beim Trocknen umkleidet sich jede
Faser mit einer Kette von mikroskopisch kleinen Luftbläschen, welche ungemein fest
am Gewebe haften und die wasserabstoſsende Schicht bilden. In diesem Falle ist die
Gegenwart jedes anderen Salzes als der essigsauren Thonerde schädlich.
Bei der Trennung der in Lösung befindlichen essigsauren Thonerde von dem
Niederschlage von schwefelsaurem Blei schlieſst letzterer eine erhebliche Menge von
ersterer ein, die man durch mehrmaliges Aufgieſsen von Wasser zu gewinnen sucht. Man
rührt jedesmal um und läſst absetzen. Meistens wird hierbei ein zweckmäſsiges
Verhältniſs zwischen dem Volum des Niederschlages und dem Volum des aufgegossenen
Wassers auſser Acht gelassen. Es entstehen dabei durch überflüssige Arbeit oder
verschwendetes Material Verluste, deren jeder einzelne an sich geringfügig sein mag,
deren fortgesetzte Summirung aber erhebliche Beträge liefert. Bezüglich einer
ausführlichen Behandlung dieser Frage muſs jedoch auf die geistvolle und wichtige
Arbeit von Bunsen in den Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. 148, hingewiesen werden. Die dort
ursprünglich für chemische Analysen bestimmten Regeln geben überall einen
vortrefflichen Anhalt, wo es sich darum handelt, Niederschläge auf möglichst
günstigem Wege auszuwaschen. Hier sei nur Folgendes bemerkt. Man bestimmt zunächst
das Verhältniſs des Niederschlagsvolums zum Volum des Gefäſses, in dem er
ausgewaschen werden soll: Rauminhalt des Gefäſses ohne Niederschlag = V, Rauminhalt des Gefäſses mit Niederschlag, durch
aufgefülltes Wasser gemessen = \frakfamily{v}, Volum des Niederschlages = V – \frakfamily{v} = v. Die a. a. O. gegebenen Tabellen
zeigen an, nach wie viel Aufgüssen von bestimmten Mengen das Auswaschen bis zu einem
bestimmten Grade fortgeschritten ist. Man erhält stets die für diesen Grad kleinste
Wassermenge (W) und geringste Zahl (n) von Aufgüssen, z.B.
v : V =
1 : 17; n = 4; W = 67,8;
V = 72,04.
Das nächste Abwasser würde im Liter 0g,01 Substanz enthalten.
Die erste vom Niederschlage abgezogene Flüssigkeit hat eine Stärke von 9 bis 10° B.
Da eine Stärke von 3° B. zum Beizen der Waare nothwendig, aber auch ausreichend ist,
so verdünnt man mit den nächsten Aufgüssen. Für die nachfolgende Behandlung mit
Seife ist es von groſser Bedeutung, nicht überflüssige Mengen freier Säure im Zeuge
zu haben. Die schwefelsaure Thonerde des Handels enthält immer freie Schwefelsäure;
die Folge davon ist, daſs die Beize freie Essigsäure enthält, wozu diejenige kommt,
welche sich beim Trocknen noch entwickelt. Die Beize erhält deshalb einen Zusatz von
Soda. Hierbei habe ich bei Beizen von 9° B. Schwankungen von 10 bis 80g (!) Soda für das Liter zu verzeichnen, wenn der
Zusatz von Soda so weit getrieben wurde, daſs durch weiteres Hinzufügen ein
bleibender Niederschlag von basischem Salze entstand. Diese Unsicherheit ist ein
Uebelstand, der von der schwankenden Zusammensetzung der käuflichen schwefelsauren
Thonerde herrührt. Bei der Verwendung krystallisirten Alauns, der allerdings
bedeutend theurer ist, kann sie nicht stattfinden.
Das Verhalten der essigsauren Thonerde gegen höhere Temperatur ist bekannt. Die Waare
wird man am besten bei 50° C. beizen, aber man thut gut, diese Temperatur nicht
durch direkt einströmenden Dampf zu erzielen, an dessen Eintrittsstellen in die
Flüssigkeit eine sofortige Ausscheidung von basischem Salze eintritt, das sich
übrigens beim Erkalten von selbst wieder auflöst.
Beim Ansätze des Seifenbades benutze ich die wichtige Thatsache, daſs eine wässerige Seifenlösung im Stande ist, mit Wachs zusammengeschmolzene Fette, Harze, Mineralöle,
selbst Kautschuklösung aufzunehmen, so daſs nicht nur eine Emulsion,
sondern eine wirkliche Lösung entsteht. Als Wachs dient das als Japanwachs bekannte
Pflanzenfett, als Kautschuklösung eine 10procentige, breiartige, durch ein Sieb
gedrückte Lösung besten Paragummis in deutschem Terpentinöle oder Kampferöle. Man
rechne auf jedes Quadratmeter Waare:
30g Talgseife, 25g JapanwachsGutes Japanwachs ist gelblichweiſs, stearinartig, nicht aber glasig
und durchscheinend. Im letzteren Falle liegt ein hoher Wassergehalt
vor.,
1g,5 Paragummi (i. Lsg.), 1g,0 guten Firniſs
zu 0l,5 Flüssigkeit in
folgender Weise gelöst: Das Japan wachs wird geschmolzen, die Gummimasse und der
Firniſs werden hinzugefügt, ebenso für jedes Kilogramm
angewandten festen Gummis 0k,5 einer heiſs gesättigten Lösung von Schwefelleber, deren
Zweck weiter unten besprochen werden soll. Nachdem alles gut durchgerührt ist, wobei
ein deutlicher Geruch nach Schwefelwasserstoff sich bemerkbar macht, trägt man die
Wachs-Gummi-Firniſs-Masse in die kochende Seifenlösung und wird sehen, daſs sie beim ferneren
Kochen bald aufgenommen wird. Ist dies geschehen, so kann mit dem Seifen der Waare
begonnen werden.
Man kann sagen, daſs diese Methode das Mittel an die Hand gibt, Stoffe mit Gummi und
Fetten in wässeriger Lösung zu imprägniren. Daſs damit gleichzeitig eine vorzügliche
Füllung der Poren des Stoffes erzielt wird, ist klar, denn in dem Maſse, als die
Seife durch die Thonerde zersetzt wird, scheiden sich gleichzeitig die Zusätze aus
und setzen sich in der Faser fest. Es ist dadurch gelungen, eine Wasserdichtigkeit gegen Wasserdruck bis zu 30cm
Höhe zu erzielen, während die fettsaure Thonerde allein
nur von schwacher Wirkung war.
Der Nutzen der Schwefelleber ist ein doppelter. Einmal ist sie leicht zersetzbar und
scheidet schon durch die Kohlensäure der Luft unausgesetzt höchst fein vertheilten
Schwefel ab, dann ist ihre Wirkung auf Thonerdesalze eine bekannte und sehr
energische. Betupft man einen mit essigsaurer Thonerde getränkten und getrockneten
Stoff mit einer schwachen Lösung von Schwefelleber, so wird er sofort durchsichtig,
ein Zeichen, daſs die Ausfällung von Thonerdehydrat eingetreten ist.
Sie wirkt also auflockernd auf die getrocknete Thonerdebeize, an welcher z.B. Wasser
wie an einer Fettschicht abläuft und führt eine tiefgreifende Imprägnirung des
Stoffes herbei. Für den Werth der Anwesenheit fein vertheilten Schwefels in der
Masse spricht die Thatsache, daſs Gummilösung in Terpentinöl ohne Zusatz von
Schwefelleber – deren Wirkung man erhöhen kann, wenn man sie mit pulverisirtem
Schwefel vorher kocht – nach dem Verflüchtigen des Terpentinöles stets eine klebrige
Masse gibt, die bald in vollständige Zersetzung übergeht. Bei Gegenwart des
Schwefels entsteht eine vollkommen trockene Schicht, welche andauernd in gutem
Zustande bleibt. Man kann mit Recht auch hier von einem Vulkaniseren der
Kautschukmasse sprechen.
Störungen beim Seifen können bei zu stark vorgebeizter oder zu saurer Waare dadurch
entstehen, daſs in dem Kasten der Klotzmaschine durch die Wirkung der Thonerde trotz
Nachfüllens von Seifenlösung eine Erschöpfung an Seife und in Folge dessen eine
plötzliche Ausscheidung von Gummi und Wachs unter Bildung von Flecken auf der Waare
eintritt. Ein Zusatz von bereitgehaltener dick eingekochter Seife und Aufkochen
hilft sofort. Auſserdem vermeide man das andauernde Einströmen von Dampf in die
Seifenmasse. So bequem und ausgezeichnet der direkte Dampf beim Kochen und
Zertheilen der Masse wirkt, so schädlich ist seine beständige Anwendung, um die
Masse warm zu halten, was doch nur unter zunehmender Verdünnung geschehen kann. Hier
ist schwache Unterfeuerung oder ein doppelwandiger Kessel am Platze. Auſserdem habe
ich durch andauernd wirkenden direkten Dampf Zersetzung des Japanwachses, das ja
eigentlich nicht die Bezeichnung Wachs verdient, in Glycerin und Fettsäure
bemerkt.
Im Falle gefärbter Waare wird man selbstverständlich die Seifenlösung färben müssen.
Dazu eignen sich am besten an Stelle der Farbholzextracte die fettlöslichen
Anilinfarbstoffe der Actien-G. f. A. F. F. hierselbst.
Man färbt die Wachs-Gummi-Masse und läſst sie von der Seife aufnehmen. Das
fettlösliche Nigrosin und Ledergelb genügen allen Ansprüchen für schwarz und braun.
– Trotz alledem erscheinen solche Stoffe im fertigen Zustande, besonders wenn sie
einige Zeit auf Lager gewesen sind, mit einer weiſslichen Schicht bedeckt, die
hauptsächlich von der Verwitterung der im Gewebe vorhandenen Natriumsalze herrührt
und durch einen Gang über die Bürstmaschine leicht zu entfernen ist.Die Wasserdichtigkeit wird durch längeres Liegen sehr erhöht und erreicht
ihren höchsten Werth nach etwa 6 Wochen, ohne sich nachher zu
verschlechtern.
Neben dieser Fabrikation ist in letzter Zeit in Schwarz eine Waare hergestellt
worden, welche eine billige Appretur und groſse Widerstandsfähigkeit gegen
Witterungseinflüsse besitzt, wenn auch die Farbe selbst ins Bräunliche spielt. Da es
sich hierbei aber um einen Ersatz der getheerten
Leinwand handelt, fällt der letztere Umstand nicht ins Gewicht. Die Billigkeit
erfordert zunächst, daſs ein Vorfärben der Waare fortfällt, daſs die aufgebrachte
Schicht also selbst die nöthige Farbe besitzt, daſs ferner kostspielige
Ingredienzien oder sich verflüchtigende Lösungsmittel vermieden werden.
Die verlangte Widerstandsfähigkeit gegen Stocken und Fäulniſs erheischt eine
besondere Conservirung. Es scheint heute keinem Zweifel zu unterliegen, daſs die
beste Faserconservirung durch Imprägniren mit den Theerölproducten der trockenen
Destillation des Holzes erreicht wird. Das eigentliche Land der
Holztheerölfabrikation ist Ruſsland, das aus seinen groſsen Birkenholzschweelereien
einen ungeheuren Vorrath an brauchbarem Material zu liefern im Stande ist. Ich
benutze das im Handel vorkommende Oleum Rusci unter Zusatz einer gleichen Gewichtsmenge Schwarzwachs. Zur
Handhabung dieses Verfahrens reichte die gewöhnliche Klotzmaschine nicht mehr aus.
Es war eine besondere Maschine nöthig, deren Beschreibung nach beifolgender Skizze
zunächst erfolgen muſs (Fig. 1). a ist ein doppelwandiger Kasten, zwischen dessen
Wandungen der Dampf strömt und ihn heizt. Er enthält die Imprägnirungsmasse. Die
Walzen b, c, d sind Hartguſswalzen, c und d sind hohl und
durch Dampf heizbar. Die Schrauben c pressen mittels
stehr starker Spiralfedern die Walzen b und d gegen die festliegende, den Antrieb aufnehmende Walze
c. f ist ein Breithalter, g und h sind Holz walzen, h wird von c aus durch
eine (nicht gezeichnete) Kette in Richtung des Pfeiles gedreht und dient als
Transportwalze. Die unterste Walze b schleppt den
geschmolzenen Appreturbrei gegen c, c bedeckt sich
während der Drehung in Folge seiner Wärme mit einer gleichmäſsigen sehr dünnen geschmolzenen
Schicht Masse und legt sie ohne Unterbrechung auf die Waare, welche durch d an sie gepreſst wird. Die Kraft der Pressung ist, da
jede Feder mit 25 Centner gespannt werden kann, so bedeutend, daſs die heiſse
flüssige Masse durch die Poren des Gewebes hindurchdringt. Nach zwei Gängen ist die
Waare einseitig präparirt, man kehrt sie um und behandelt die andere Seite in
gleicher Weise.
Fig. 1., Bd. 272, S. 190Fig. 2., Bd. 272, S. 190Wichtig ist hierbei die richtige Consistenz der Masse, die im Wesentlichen
durch die Beschaffenheit des Oleum Rusci bedingt wird. Man wählt am besten Sorten,
welche die Consistenz eines dünnflüssigen Theeres besitzen, selbst wenn dadurch die
imprägnirte Waare nach dem Erkalten noch klebrig sein sollte. Ich werde im Folgenden
die Einrichtung beschreiben, welche dazu dient, die leichten Theeröle aus dem Gewebe
zu entfernen und es dadurch zu trocknen.
Falls nur sehr schweres Oleum Rusci zur Verfügung steht, wird man nicht umhin können,
durch Zusatz von Terpentinöl oder Kampferöl nachzuhelfen.
Es ist fast selbstverständlich, daſs man der Waare in der Maschine auch den
nebenstehend (Fig. 2) gezeichneten Lauf geben kann,
wodurch sie mit einem Male vollständig imprägnirt wird.
Im vorliegenden Falle hat sich dieser Weg, der sich sonst empfiehlt, nicht bewährt,
weil die in den Poren enthaltene Luft zu schlecht entfernt werden kann und ein gutes
Füllen des Gewebes verhindert.
Nachdem die Waare imprägnirt ist, wird der Gehalt an leichten Theerölen und, nach
Umständen, auch an ätherischen Oelen durch Wasserdampf entfernt. Hierzu dient
halbstündiges Dämpfen im eisernen Dampfkasten bei ½at Ueberdruck. Dem Kasten ist die in Fig. 3
skizzirte eigenthümliche Einrichtung gegeben, die je nach der Gröſse des Betriebes
für gleichzeitige
Behandlung mehrerer Stücke getroffen werden kann.Alle Dämpfapparate mit Ueberdruck sind hierorts (Berlin) durch
Polizeiverordnung den gleichen Bedingungen der Anmeldung und Controle
unterworfen wie Dampfkessel.
Hierbei sei mir eine Zwischenbemerkung gestattet. Im Interesse tadelloser Waare
(keine Falten, Kniffe, Flecke u. dgl.) empfiehlt es sich, die Waare während ihres
Ganges durch die Appretur stets gerollt zu halten, sie in die Maschine von einer Walze eingehen und aus der Maschine auf eine Walze auflaufen zu lassen und sie nur in diesem
Zustande zu transportiren. Im vorliegenden Falle muſs jedes Stück beim Austritte aus
der Maschine einen Wasserkasten passiren, indem es sofort abgekühlt wird und seine
Klebrigkeit so weit verliert, daſs es aufgewickelt werden kann.
Fig. 3., Bd. 272, S. 191Sobald nun der Kasten in Betrieb gesetzt werden soll, steigt ein Arbeiter
durch den geöffneten Deckel d hinein und zieht einen
sogen. Vorläufer von a nach b hin ein. An a wird das erste imprägnirte
Stück befestigt, an dieses das zweite u.s.f., während mittels der Winde c der eingezogene Vorläufer herausgezogen und die
imprägnirte Waare in den Kasten hineingezogen wird. – Dabei wird natürlich der
Wasserkasten zunächst ausgeschaltet. Nach Schluſs der Oeffnungen bei a, b, d wird durch e Dampf
eingelassen. Ein Manometer f und ein Sicherheitsventil
g vervollständigen die Armatur. Der aus h austretende Wasserdampf ist mit dem Dampfe der
leichten Theeröle u.s.w. beladen. Man condensirt ihn durch eine Kühlschlange und
führt das condensirte Gemenge von Oel und Wasser in einen Scheidecylinder, wo es
sich sofort in zwei Theile sondert. Das Oel flieſst durch eine am oberen Rande des
Cylinders befindliche Oeffnung ab, das überflüssige Wasser wird durch einen am Boden
befindlichen Hahn abgelassen. Nach Ablauf einer halben Stunde wird der Dampf
abgestellt, a und b werden
geöffnet, um sofort eine zweite Partie in den Kasten zu bringen, für welche die
erste die Rolle eines Vorläufers übernimmt. Jetzt wird die Wasserkufe W eingeschaltet.
Die hohe Temperatur des Dämpfers, verbunden mit der aufsaugenden Wirkung des
Wasserdampfes für flüchtige Oele, bewirken, daſs man nach dem Wasserbade in W nur noch die anhängenden Wassertheile abzutrocknen
hat, um eine ausgezeichnete Waare zu erhalten, deren Ansehen und Glanz durch eine
scharfe Passage auf der Bürstmaschine erhöht werden kann.
Die gewonnenen leichten Theeröle können zum Verdünnen der Imprägnirmasse dienen.
Durch diese Methode sind die niedrig siedenden Lösungsmittel, wie Naphta u. dgl.,
entbehrlich geworden; sie waren früher allein anwendhar, denn schon Terpentinöl
verdunstet an der Luft aus den damit getränkten Stoffen
sehr schwerfällig, sehr leicht bei Gegenwart genügender Mengen Wasserdampf. Die
Fabrikation hat durch Einführung dieser Methode einen ihrer gefährlichsten Punkte
bei Seite gesetzt, bedenklich in Bezug auf Gesundheit und Feuergefährlichkeit.
In ganz gleicher Weise können mit Terpentin-Gummi-Lösung getränkte und vulkanisirte
Stücke behandelt werden.