Titel: Die Doppelsteppstich-Nähmaschine in ihrer Verwendung als Stickmaschine.
Autor: H. Glafey
Fundstelle: Band 272, Jahrgang 1889, S. 193
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Die Doppelsteppstich-Nähmaschine in ihrer Verwendung als Stickmaschine. (Schluſs des Berichtes S. 150 d. Bd.) Mit Abbildungen auf Tafel 10 und 11. Doppelsteppstich-Nähmaschine in ihrer Verwendung als Stickmaschine. Vorrichtungen der zweiten Art, d.h. solche, bei denen ein Anheben des Stoffdrückers durch eine Hubscheibe bewirkt wird, lassen sich wieder unterscheiden in solche, bei denen die Hubscheibe auf einen einarmigen an der Drückerstange sitzenden Hebel wirkt, wie es Fig. 22 Taf. 10 zeigt, oder bei denen die Hubscheibe auf den einen Schenkel eines doppelarmigen Hebels wirkt, dessen anderer Schenkel die Drückerstange trägt, und drittens solche, bei welchen der vorbenannte Hebel nicht direkt auf die Drückerstange, sondern auf ein eingeschaltetes Zwischenstück wirkt, wie es Fig. 30 Taf. 10 erkennen läſst. Sämmtliche der zu den drei letztgenannten Ausführungsformen gehörenden Einrichtungen sind derart construirt, daſs der Einfluſs der Hubscheibe auf den Stoffdrücker verändert und auch ganz aufgehoben werden kann. Ihre Einrichtung ergibt sich aus den Fig. 22 bis 30 Taf. 10. Der in Fig. 22 veranschaulichte Stoffdrückermechanismus ist durch die Amerikanische Patentbeschreibung Nr. 313933 bekannt geworden und hat folgende Einrichtung. An der Drückerstange a sitzt, um Bolzen d drehbar, der auf der excentrisch gelagerten Scheibe i aufruhende Hebel e, dessen freies mit einer Laufrolle f ausgestattetes Ende an der den Bolzen g für die Nadelstangenbewegung tragenden Herzrollenscheibe c anliegt. Bei Drehung der Welle k wird die Herzrollenscheibe auf die Rolle f des Hebels e wirken und in Folge dessen durch diesen die Hebung der Drückerstange a veranlassen. Die Hubhöhe kann durch Drehung der den Schwingungspunkt für den Hebel e bildenden excentrisch gelagerten Scheibe i mit Hilfe des aus dem Kopfe der Maschine vorstehenden Knopfes lm verändert oder auch gleich Null gemacht werden, in welchem letzteren Falle der Stoffdrücker in gewöhnlicher Weise wirkt. Bei der in Fig. 23 und 23a Taf. 10 dargestellten und durch das Amerikanische Patent Nr. 301962 geschützten Einrichtung erfolgt das Anheben der Drückerstange nicht durch einen einarmigen, sondern doppelarmigen Hebel von der Herzrollenscheibe i aus. Dieselbe wirkt auf den doppelarmigen Hebel e, welcher seinen festen Drehpunkt k im Gestelle der Maschine hat und mit seinem freien Schenkel auf die auf der Drückerstange a verstellbar sitzende Nuſs f einwirkt und hierdurch die Drückerstange anhebt. Durch Lösen der Schraube g und Verschieben derselben im Schlitze h kann der Hebel e auſser Wirkung auf den Stoffdrücker gebracht werden. Aehnlich der vorstehend beschriebenen Anordnung ist die in Fig. 24 Taf. 10 dargestellte und durch die Amerikanische Patentbeschreibung Nr. 244102 bekannt gewordene. Bei derselben wirkt der Stift d, welcher auf der an der Welle c sitzenden Herzrollenscheibe b angebracht ist, auf den Schenkel h des Winkelhebels gh und veranlaſst so durch den Schenkel g, welcher auf eine an der Drückerstange a sitzende Nase f wirkt, ein Anheben des Drückerfuſses. Mit Hilfe der Stellschraube k kann der Winkel gih verändert und hierdurch auch die Hubhöhe verändert bezieh. gleich Null gemacht werden. J. Brandt in Berlin wendet bei seiner durch D. R. P. Kl. 52 Nr. 39625 vom 5. Juni 1886 bekannt gewordenen und in den Fig. 25 bis 27 Taf. 10 dargestellten Stickmaschine ebenfalls einen doppelarmigen Hebel zum Anheben der Drückerstange an. Auf den einen Schenkel H dieses Hebels H wirkt die Herzrollenscheibe S, während durch den zweiten Schenkel h2 die Drückerstange D beeinfluſst wird. Durch Entfernen des Stiftes d bleibt der Hebel H ohne Wirkung auf den Stoffdrücker und die Maschine arbeitet als Nähmaschine. Auf den gleichen Grundgedanken wie die letztgenannten Einrichtungen, nur in der Ausführungsform etwas abweichend, beruht der Stoffdrückermechanismus von Seidel und Naumann in Dresden (D. R. P. Kl. 52 Nr. 32618 vom 18. Februar 1885), dessen Construction sich aus den Fig. 28 und 29 Taf. 10 ergibt. Auf der kleinen Welle c sitzt der Winkelhebel bd, dessen einer Schenkel b auf dem Umfange der im Kopfe der Maschine untergebrachten Herzrollenscheibe a aufruht, während der auſserhalb des Maschinenkopfes sich befindende zweite Arm des Winkelhebels d durch die aus den beiden gegen einander verstellbaren Theilen hh1 bestehende Schiene H mit der Drückerstange verbunden ist. Bei einem Anheben des Hebels b wird auch der Hebel d durch die Schiene H den Drückerfuſs heben. Durch Verstellen der Theile hh1 gegen einander mit Hilfe der Schraube m kann die Hubhöhe verändert, aber auch gleich Null gemacht werden, welches letztere auch der Fall ist, sobald die auf dem Schenkel d befestigte Nase d1 um die Schraube k nach auſsen gedreht wird. Der in Fig. 30 Taf. 10 wiedergegebene Stoffdrückermechanismus ist ein Beispiel für diejenige Ausführungsform, bei welcher das Anheben der Drückerstange nicht direkt durch einen zweiarmigen Hebel, sondern unter Vermittelung eines Zwischenstückes erfolgt. Dieses Zwischenstück wird hier durch einen Keil f gebildet, auf dessen ansteigender Fläche die Drückerstange b mit Hilfe eines Ansatzes g aufruht. Sobald der Doppelhebel cd durch die Herzrollenscheibe a um den Punkt e in Schwingung versetzt wird, wird auch der mit ihm verbundene Keil f auf seiner Bahn h hin und her gleiten und hierdurch die Drückerstange b anheben bezieh. ein durch Feder l veranlaſstes Sinken gestatten. Die Feder k bewirkt ein stetes Anliegen des Hebels c an der Hubscheibe a, und durch Lösen der Schraube i kann die Wirkung des Keiles f verändert werden. Die bisher besprochenen Stoffdrückereinrichtungen bezogen sich auf diejenigen Nähmaschinen, bei welchen eine Verschiebung des Stoffes durch den Stoffschieber erfolgt. Es muſs nun auch derjenigen Einrichtungen gedacht werden, bei welchen diese Verschiebung durch den Stoffdrücker bewirkt wird. Für die Lösung dieser Aufgabe sind meines Wissens praktisch verwerthbare Vorschläge nur wenige gemacht worden, und von diesen verdient wieder der von W. v. Pittler in Gohlis-Leipzig die meiste Beachtung. Die nähere Einrichtung desselben möge bei Betrachtung der ihm durch D. R. P. Kl. 52 Nr. 44948 vom 10. August 1887 geschützten Doppelsteppstich-Nähmaschine zur Herstellung plattstichartiger Stickereien Berücksichtigung finden. Wir kommen somit zu der vierten Bedingung, welche eine Doppelsteppstich-Nähmaschine erfüllen muſs, falls sie als Stickmaschine Verwendung finden soll, und diese Bedingung lautet: die Fadenführung muſs derart regulirt sein, daſs für kurz auf einander folgende Stiche von beliebiger Länge auch eine genügend freie Fadenlänge vorhanden ist. Diese Bedingungen werden im Allgemeinen entweder dadurch erfüllt, daſs die Fadenspannscheiben in dem Augenblicke, wo sich die Nadel auſserhalb des Stoffes befindet, also der Drückerfuſs gehoben ist, von einander entfernt werden, so daſs sie den Faden freigeben; daſs zweitens die Spannscheiben bezieh. Spannplatten mit so schwachem Drucke auf einander gedrückt werden, daſs stets ein leichtes Abziehen des Fadens möglich ist, ausgenommen bei der Stichbildung, wo die Fadenspannscheiben einen vermehrten Druck erfahren oder gebremst werden, damit sie sich nicht drehen können, oder daſs drittens geeignet angeordnete Fadenaufnehmer während der Stichbildung neuen Faden herbeiholen. Eine Vorrichtung der ersten Art zeigt Fig. 31 Taf. 10 (Amerikanisches Patent Nr. 358963). Die Spannscheiben a werden von der bügelartig gestalteten Feder b beeinfluſst, auf welche der an der Nadelstange c sitzende Keil d beim Aufsteigen der Nadelstange derart einwirkt, daſs der mit ihr verbundene, die Spannscheiben tragende Bolzen e sich nach auſsen bewegt, die Spannscheiben also nicht mehr unter Druck stehen und der Faden frei abgezogen werden kann. Für die unter 2) genannten Fadenspannvorrichtungen liefern die in Fig. 32 bis 35 Taf. 10 dargestellten Einrichtungen einige Beispiele. Bei der in Fig. 32 veranschaulichten und durch das Amerikanische Patent Nr. 277094 geschützten Vorrichtung läuft der von der Spule a kommende Faden zwischen der festen Platte b und der auf der unrunden Scheibe c aufruhenden federnden Platte d hindurch nach der Nadel. Im Augenblicke der Stichbildung wirkt die Hubscheibe c auf die Platte d und preſst diese gegen die feste Platte b, so daſs der Faden unter vermehrter Reibung abgezogen wird. W. v. Pitller in Gohlis-Leipzig wendet bei seiner in Fig. 33 Taf. 10 veranschaulichten und durch das D. R. P. Kl. 52 Nr. 41032 vom 28. Juli 1886 geschützten Vorrichtung zur Erzeugung einer wechselnden Oberfadenspannung zwei Federn an, welche die Spannscheiben beeinflussen, und zwar eine Blattfeder a und eine Spiralfeder f. Die letztere sitzt auf dem die Spannscheiben b tragenden Bolzen c, der mit der im Maschinenkopfe vorgesehenen Blattfeder a verbunden ist, ihre Spannung wird durch eine Mutter regulirt. Im Augenblicke der Stichbildung wirken beide Federn auf die Spannscheiben b, sobald sich jedoch die Nadel auſserhalb des Stoffes befindet, also der Stoffdrücker gehoben ist, beeinfluſst die Herzscheibe den Hebel c derart, daſs der an ihm sitzende Stift e die Blattfeder nach auſsen drückt, also ihre Wirkung auf die Spannscheiben b aufhebt, welche somit nun nur noch unter dem Einflüsse der schwachen Feder f stehen, also ein leichtes Abziehen des Nadelfadens gestatten. Von der vorstehend beschriebenen Einrichtung unterscheidet sich die durch das D. R. P. Kl. 52 Nr. 37090 vom 13. April 1886 geschützte und in Fig. 34 Taf. 10 dargestellte Einrichtung von G. Neidlinger in Hamburg im Wesentlichen dadurch, daſs die Fadenspannscheiben f für gewöhnlich von einer Feder, und zwar einer Spiralfeder g beeinfluſst werden, deren Wirkung im Augenblicke der Stichbildung durch eine zweite innerhalb der erstgenannten Feder angeordnete Feder G verstärkt wird. Die Spannscheiben sitzen zu dem Zwecke auf dem die Druckfedern gG tragenden festen Bolzen F. Im Augenblicke der Stichbildung preſst die unrunde Scheibe Ee das federnde Stück Ii gegen die Spannscheiben f und diese unter Spannung der Feder g gegen die stärkere Feder G. Eine Fadenbremsung kann anstatt durch ein kräftigeres Aufeinanderpressen auch durch eine Bremsung der Spannscheiben erfolgen, und hierfür liefert die durch das Amerikanische Patent Nr. 264388 geschützte in Fig. 35 Taf. 10 dargestellte Einrichtung ein Beispiel. Seine gewöhnliche Fadenspannung erhält der Nadelfaden durch die durch Schraube c verstellbare Feder b. Im Augenblicke der Stichbildung wirkt der um Bolzen e drehbare Hebel mit Hilfe seines Schenkels d auf den Umfang der Scheiben a dadurch, daſs die auf der Nadelstangentriebwelle angeordnete unrunde Scheibe g auf den federnden Schenkel f einwirkt, und es erhält der Faden somit eine stärkere Bremsung, da die Spannscheiben sich schwerer drehen können. Die in neuerer Zeit vorgeschlagenen Vorrichtungen zur Erzielung einer wechselnden Oberfadenspannung verwenden geeignet angeordnete Fadenaufnehmer und vereinigen dieselben direkt mit dem Fadenabzugshebel oder bringen sie gesondert von diesem an. Eine Vorrichtung der ersten Art ist in Fig. 26 und 27 Taf. 10 wiedergegeben und wurde durch das bereits erwähnte D. R. P. Nr. 39625 von J. Brandt geschützt. Die Anordnung des Doppelhebels bewirkt, daſs sowohl beim Aufgange als beim Niedergange der Nadel Nähfaden von der Rolle R abgezogen wird, und zwar dient der Theil des Fadens, welcher durch den Fadenhebel F1 beim Niedergange der Nadel freigegeben wird, zur Bildung der zur Stichbildung nöthigen Schleife, durch welche das Schiffchen schlüpft, während derjenige Theil des Fadens, welcher durch den Fadenhebel F2 beim Niedergange der Nadel geholt wird, als Reservefaden für die willkürliche Stichlänge dient. Um nun immer die nöthige Länge Reservefaden für die willkürliche Stichlänge zu behalten und ferner zu verhindern, daſs bei kürzeren Stichen zu viel Faden vom Hebel F2 geholt wird, war es nothwendig, eine zweite Nähfadenspannung B2 anzuordnen, d.h. die zweite Nähfadenspannung B2 verhindert einerseits, daſs der durch Hebel F2 zu viel geholte Faden zur Stichbildung verwendet wird, und bewirkt andererseits, daſs ohne Gefahr für die Stichbildung selbst jederzeit die nöthige Länge Faden für den zu bildenden Stich durch Verschiebung des Stoffes herbeigeholt werden kann. Es kann also bei Verschiebung des zu verarbeitenden Stoffes weder ein Reiſsen des Fadens noch ein Abbiegen der Nadel stattfinden. Ein Beispiel der zweiten Art liefert die in Fig. 36 Taf. 11 dargestellte und durch D. R. P. Kl. 52 Nr. 43862 vom 13. September 1887 geschützte Einrichtung von G. Neidlinger in Hamburg. Dieselbe besteht aus einem um die Stoffdrückerstange herumgreifenden Bügel A. Der vordere Theil desselben ist zu einer Platte und der auf der anderen Seite der Stoffdrückerstange herumgreifende Theil zu einem Finger c ausgebildet. Dieser Finger c ist derartig verlängert, daſs er über die Befestigungsschraube d der Nadelstange greift. Der ganze Apparat ist durch die Schraube a, welche durch die vordere Platte A, den Stoffdrückerfuſs B und die Stoffdrückerstange b hindurchgreift, an letzterer befestigt. Auf der Platte A befindet sich noch ein um e drehbarer Hebel C, welcher bei g gegen den Untertheil des Nähmaschinenkopfes anstöſst und durch die kleine Feder f in dieser Stellung erhalten zu werden sucht. Bei dem Heruntergange der Nadel hält der Stoffdrückerfuſs in seiner gewöhnlichen Art den Stoff fest, wobei der Apparat in keiner Weise in Betracht kommt. Bei dem Zurückgange der Nadel wirkt jedoch der Apparat von dem Augenblicke an, in welchem die aufwärts gehende Nadelstangenschraube d den Finger c berührt. Diese Schraube nimmt den Finger c und den damit in fester Verbindung befindlichen Apparat und den Stoffdrückerfuſs bis zu ihrer höchsten Stellung mit (Fig. 36). Dadurch wird der unter dem Stoffdrückerfuſse liegende Stoff, welcher einen gewissen, beliebig langen Stich erhalten soll, frei und kann entsprechend verschoben werden. Zugleich wird aber auch durch dieses Hochnehmen des Apparates der um e drehbare, an den Untertheil des Nähmaschinenkopfes anstoſsende Hebel C gedreht, bezieh. der Berührungspunkt g desselben rückt an den Nähmaschinenkopfuntertheil weiter nach rechts, wobei die kleine Feder f gespannt wird. Der am entgegengesetzten Hebelende von g befindliche Haken h, welcher den zur Nähnadel gehenden Faden faſst, hat sich dabei von dem fest auf der Platte A sitzenden, zur Fadenführung dienenden Haken i entfernt, spannt dadurch den Faden und zieht die Schlinge in dem Stoffe zusammen. Beim Heruntergange der Nadel wird dieser Faden beim gleichzeitigen, durch die Einwirkung der kleinen Feder erfolgenden Rückgang des Hebels C in seiner früheren Stellung lose und kann nun die Nadel auf dem zwischen Auf- und Niedergang verschobenen Stoffe den gewünschten Stich ausführen, ohne ein Reiſsen des Fadens herbeizuführen und ohne die für die Stichbildung erforderliche Fadenspannung zu beeinträchtigen. Um den Stoffdrückerfuſs B mehr oder weniger heben zu lassen bezieh. einen überflüssigen Hub desselben zu vermeiden, ist der Finger c drehbar an der Platte A um l und feststellbar durch die Klemmschraube k angeordnet. Je nach dem Festklemmen des Fingers in der Mitte des Schlitzes der Schraube k (wie Fig. 36 zeigt) oder in dessen oberem bezieh. unterem Ende wird der Finger c, später oder früher als die Mittelstellung angibt, gegen den Nähmaschinenkopf treten und also den Aufwärtsgang des Stoffdrückerfuſses B später oder früher beendigen. Mit Betrachtung dieses letzten Beispieles wären wir nun mit der näheren Behandlung der einzelnen Bedingungen, welche eine zum Sticken dienende Nähmaschine erfüllen soll, zu Ende und hätten nur noch die Frage aufzuwerfen, welche Nähmaschinen lösen denn nun diese Aufgabe in einfacher und sinnreicher Weise? So einfach wie die Beantwortung dieser Frage auf Grund des im Vorstehenden behandelten umfangreichen Materials auch scheint, so schwer ist ihre praktische Lösung. Wohl hat man Doppelsteppstich-Nähmaschinen mit den einzelnen Vorrichtungen ausgestattet, welche den vier genannten Bedingungen entsprechen; aber eine Bedeutung und gewerbliche Verwerthbarkeit haben meines Wissens diese Maschinen nicht erlangt; da ihre Handhabung zu schwierig und zu viel Handgriffe erfordert, welche für den kaum mit dem einfachen Mechanismus einer Singer-Maschine vertrauten Laien unausführbar sind. Soll eine Doppelsteppstich-Nähmaschine gleichzeitig als Stickmaschine Verwendung finden können, so müssen all die verschiedenen Mechanismen derart angeordnet sein, daſs eine Umwandlung auf einfachste Weise möglich wird und möglichst durch einen einfachen Handgriff mehrere Mechanismen gleichzeitig eingestellt werden. Eine einfache Lösung der Aufgabe zeigt die Maschine von W. v. Pittler in Leipzig (D. R. P. Kl. 52 Nr. 44948 vom 10. August 1887) und sei dieselbe im Nachstehenden noch etwas näher betrachtet. Der Antriebsmechanismus der Maschine besteht im Wesentlichen aus der Antriebshülse d, welche lose auf der Nabe des Gehäuses sitzt und entweder, um die Schwungrad welle in Umdrehung zu versetzen, mit einem Sperrkegel e (Fig. 41, 42 und 48 bis 50 Taf. 11) versehen ist, welcher in ein auf der Schwungradwelle a oder auf der Schwungradnabe sitzendes Zahnrädchen c eingreift, oder mit einem einfachen, als Bremse wirkenden, excentrisch gelagerten Hebel e2, oder einer in gleicher Weise wirkenden Kugel oder cylindrischen Rolle, welche durch Reibung die Schwungradwelle beeinflussen, versehen ist, oder welche Antriebshülse nur mehrere Male geschlitzt ist, um durch Anziehen der Treibschnur h den Durchmesser der Hülse derart zu verkleinern, daſs sie sich fest um die Schwungradwelle a bezieh. den Bund c1 legen kann, so daſs durch die damit auf letzterer entstehende Reibung gleichfalls ein Mitnehmen derselben erfolgt. Die Hülse d ihrerseits wird durch eine mehrere Male um sie herumgewundene Triebschnur h in Umdrehung versetzt, welche entweder nach den Modificationen Fig. 37, 41 bis 47 auf einer besonderen Rolle f (vgl. Fig. 37) oder nach den Modificationen Fig. 48 bis 50 direkt an der Hülse d befestigt ist. Auf der Schwungradwelle a sitzt auſserhalb des Gestelles A ein Schwungrad b, und die Schwungradwelle a läuft in eine stumpfe Spitze a1 aus, welche zum Aufstecken der Spulen beim Fadenaufspulen dient. Die Triebschnur h hängt, nachdem sie einige Male um die Hülse d gewickelt ist, bis fast auf den Boden herab und läuft in eine Schlinge aus, welche so groſs ist, daſs der Fuſs einer nähenden Person darin Platz hat; die Maschine selbst wird an eine beliebige Tischkante angeschraubt. Die Wirkungsweise ist folgende: Wird die Triebschnur h durch den Fuſs nach unten gezogen, so wickelt sich dieselbe von der Rolle f ab, legt sich aber in ihren Windungen fest um die Hülse d, indem sie von der Feder g in Folge deren Spannkraft in der entgegengesetzten Richtung des Anzuges durch den Fuſs straff angezogen wird; dadurch nun, daſs sich die Schnur h fest um die Hülse d legt, versetzt sie diese in Umdrehung und dieselbe nimmt mittels des Sperrkegels e, der in das Zahnrädchen c der Schwungradwelle a eingreift, letztere mit. Wird die Antriebsschnur k durch den Fuſs losgelassen, so bewirkt die beim Anziehen der Schnur in der Spirale g aufgespeicherte Spannkraft ein Zurückdrehen der Rolle f und damit ein Zurückziehen bezieh. Wiederaufwickeln der Schnur auf letztere, wobei dieselbe die Hülse d in der entgegengesetzten Richtung mitnimmt, während die Schwungradwelle a mittels des Schwungrades in der erhaltenen Umdrehungsrichtung verharrt und durch Wiederholung des beschriebenen Anziehens der Triebschnur h durch den Fuſs in derselben erhalten wird. In den Modificationen (Fig. 43 bis 45) ist die Antriebsweise der Hülse d ganz die gleiche, wie vorstehend beschriebene, nur wird hier die Umdrehung der Schwungradwelle a mittels der Hülse d nicht durch einen Sperrkegel e, sondern durch direkte Einwirkung der Hülse d auf die Schwungradwelle a selbst bewirkt, indem die Hülse in Folge mehrfacher Schlitzungen i durch Anziehen der Triebschnur h zusammengedrückt bezieh. in ihrem Durchmesser verkleinert wird, so daſs sie sich in Folge dessen fest um den Bund c1 der Schwungradwelle oder um diese selbst legt und solche auf diese Weise durch Reibung mitnimmt; wird die Schnur gelockert, so erweitert sich auch naturgemäſs die Hülse d wieder, so daſs sich die Schwungradwelle ohne Hinderung weiter drehen kann, in welcher Drehung dieselbe durch erneuertes Anziehen der Antriebsschnur h erhalten wird. Die in Fig. 46, 47 und 47a dargestellte Modification weicht von der vorhergehenden dadurch ab, daſs statt des Sperrkegels e ein einfacher, excentrisch gelagerter Hebel e2 in der Hülse d angebracht ist, welcher sich, wenn die Hülse d in Umdrehung gesetzt wird, gegen den Bund c2 der Schwungradwelle a oder auch direkt gegen diese selbst preſst und sie durch Reibung mitnimmt. Statt des Hebels e2 kann auch eine cylindrische Rolle oder Kugel angewendet werden, die in eine excentrisch zur Schwungradwelle eingedrehte Ausbohrung der Hülse lose eingelegt ist und durch die Umdrehung der Hülse gegen deren Wandung und gegen die Welle a gepreſst wird, wodurch eine Reibung zwischen Hülse und Welle a entsteht, welche letztere zwingt, sich in der Richtung der Hülse mitzudrehen. Die in Fig. 48 bis 50 dargestellte Modification unterscheidet sich von der vorstehend beschriebenen dadurch, daſs hier die Antriebsschnur h nicht auf einer besonderen Rolle f, sondern direkt auf der Antriebshülse d befestigt ist; die Rolle f sammt Bolzen f1 mit der Feder g fällt hier also weg, dafür ist letztere in Form einer Spiralfeder m in der Hülse d selbst untergebracht. Diese Hülse d ist dazu mit einem ausgebohrten Kopfe d1 versehen, in welchen die Feder m eingelegt ist, mit dem einen Ende an der Hülse, mit dem anderen an der Nabe des Maschinengestelles befestigt. Wird nun die Antriebsschnur h, die gleichfalls mehrfach um die Hülse d gewickelt ist, angezogen, so versetzt sie die Hülse in Umdrehung und diese nimmt die Schwungradwelle a in einer der oben beschriebenen Modificationen mit und spannt damit auch gleichzeitig die Spiralfeder m an. Wird jetzt die Schnur h losgelassen, so bewirkt die angezogene Spirale m ein Zurückdrehen der Hülse d und auch zu gleicher Zeit ein Zurückziehen und Wiederaufwickeln der Schnur h auf dieselbe, ohne jedoch die Schwungrad welle a in ihrer Weiterdrehung zu hindern. Das Rädchen c oder der Bund c1 auf der Schwungradwelle kann auch statt auf dieser auf der Nabe des Schwungrades angebracht sein, wie in Fig. 50a, 50b und 50c dargestellt ist. Diese Anordnung läſst sich in allen vorherbeschriebenen Modificationen anwenden, und besteht dieselbe darin, daſs das Schwungrad nicht fest, sondern lose auf der Schwungradwelle a sitzt und diese von dem ersteren nur durch Reibung in Umdrehung versetzt wird, indem das Schwungrad in Folge seiner Umdrehung das Bestreben hat, in der Richtung gegen die Scheiben a2 a3 von der Schwungradwelle abzugleiten; dabei wird es aber von der Scheibe a2 aufgehalten; es drückt nun in Folge seiner Fliehkraft gegen dieselbe und versetzt sie in Umdrehung, wodurch auch die Schwungradwelle mitgenommen wird, da diese mit derselben verbunden ist. Diese Anordnung hat den Zweck, daſs der Nähmechanismus bei den geringsten, durch Knoten in dem Faden bereiteten und sonstigen Hindernissen sofort und so lange automatisch auſser Thätigkeit gesetzt werden kann, bis das Hinderniſs beseitigt ist, ohne währenddessen das Schwungrad in seiner Drehung aufzuhalten. Es wird diese selbsthätige Hemmung des Nähmechanismus durch etwaige Knoten im Faden dadurch erreicht, daſs die Schaukel s (vgl. Fig. 55) durch solche Knoten tiefer als gewöhnlich nach unten gezogen bezieh. mitgenommen wird; dadurch sackt oder stemmt sich der Hebel t gegen die Krümmung t2 des mit der Curvenscheibe und der Nadelstange verbundenen, letztere bewegenden Hebels t1, wodurch derselbe auf den Nähmechanismus eine schwache Bremsung ausübt, welche genügt, ihn zum Stillstande zu bringen. Um es zu ermöglichen, daſs die durch einen Knoten im Faden hervorgerufenen oder sonstigen schwachen Widerstände auf den Nähmechanismus stets genügen, denselben zum Stillstande zu bringen, ist eine Regulirung der Stärke der Reibungen des Schwungrades gegen die Scheibe a2 bezieh. die Schwungradwelle derart getroffen, daſs durch entsprechendes Anziehen der Mutter a4 ein bestimmter Druck auf die hohle Scheibe a3 und durch diese auf die Scheibe a2 ausgeübt wird, daſs letztere dem Schwungrade stets nur einen solchen Widerstand entgegensetzt als zur Erzeugung einer Reibung zwischen Schwungrad und Scheibe nöthig ist, die dem jedesmaligen Kraftaufwande des Nähmaschinenmechanismus beim Sticken oder Nähen verschieden starker Stoffe entspricht, so daſs der geringste, durch Knoten oder andere Hindernisse erzeugte Widerstand gegen den Nähmechanismus genügt, denselben zum Stehen zu bringen, ohne gleichzeitig die Drehung des Schwungrades aufzuheben. Auch kann die Anordnung so getroffen sein, daſs das Schwungrad die Welle direkt durch Reibung mitnimmt, indem es an einem entgegengesetzt der Scheibe a2 liegenden Bunde der Welle durch Anziehen der Mutter a4 mehr oder weniger gedrückt oder von demselben abgezogen wird. Die Uebertragung der Bewegung der Schwungradwelle a auf den Nähmechanismus, d.h. auf die Nadelwelle B und die Schiffchenwelle C kann gleichfalls auf verschiedene Weise, je nach dem angewendeten Nähsysteme, erfolgen. In den hier dargestellten Anordnungen (Fig. 37 bis 40) ist ein eine schwingende Bewegung ausführendes Schiffchen angenommen, die Schiffchenwelle C führt demnach, entgegengesetzt der Nadelwelle B, nicht eine volle Drehung aus, sondern nur eine Schwingbewegung. Die Nadelwelle B wird nach der in Fig. 37 und 40 dargestellten Anordnung durch die Räder k und l in Umdrehung versetzt, während die Schiffchenwelle C und mit dieser das Schiffchen mittels einer am Zapfen l1 des Rädchens l aufgehängten Zahnstange n, die in das excentrisch auf der Schiffchenwelle C befestigte Zahnrädchen o eingreift, in Schwingung versetzt wird. Die Feder n1 bewirkt ein stetes Eingreifen der Zahnstange n in die Zähne des excentrischen Rädchens o, welch letzteres deshalb excentrisch angeordnet ist, um dem an der Schiffchenwelle sitzenden Schiffchen eine langsame Anfangs- und schnellere Endgeschwindigkeit mitzutheilen. Die Nadelstange D erhält von der Nadelwelle B durch eine Curvenscheibe, wie hier angenommen, oder durch ein sogen. Herz oder eine sonst an Nähmaschinen übliche Vorrichtung eine auf und nieder gehende Bewegung. Der Presserfuſs oder Stoffdrücker dient zugleich als Transporteur und es erfolgt die zum Transportiren nöthige seitliche Verschiebung der Drückerstange, wie in Fig. 38 und 39 dargestellt, durch die Curvenscheibe q, indem diese die Drückerstange mittels der an letzterer angebrachten Rolle q1 seitlich abdrückt. Die Aushebung der Drückerstange beim Rückgange erfolgt durch einen gekrümmten, bei x1 drehbar gelagerten Hebel x2 , dessen eines Ende unter der Rolle q1 liegt und in dem entsprechenden Momente von einer Hubscheibe derart gehoben wird, daſs dasselbe die Stange mittels der Rolle q1 aushebt. Gleichzeitig bewirkt die Feder ein Zurückziehen der Stange bis zu der durch die Stellschraube P bestimmten Stellung. Bei der Anwendung des Apparates als Stick- und Stopfmaschine erfolgt eine Hebung der Drückerstange in senkrechter Richtung, indem beim Hochgehen die Nadelstange den über ihr liegenden Hebel p in gerader Richtung seitwärts schiebt, bis der Hebel p mit dem Ansätze p2 auf dem Gestelle aufliegt; beim weiteren Hochgehen der Nadelstange verlegt sich nun der bisherige Drehpunkt des Hebels in den Ansatz p2, mit welchem derselbe auf dem Maschinengestelle aufliegt, so daſs ein Hochheben der Drückerstange in ihrer Verbindung mit dem Hebel p erfolgt. Beim Sticken wird an der Drückerstange der Transporteurfuſs durch einen anderen ersetzt, der so beschaffen ist, daſs durch seine Verbindung mit der Drückerstange diese so weit in senkrechter Richtung hochgehoben wird, daſs beim Auf- und Niedergehen derselben während des Stickens die Rolle q1 weder mit der Curvenscheibe noch dem Excenter in Berührung kommt, eine Beeinflussung derselben durch letztere also nicht erfolgen kann. Der Hebel p dient in dieser Anordnung als Fadenlockerungs- und Abzugshebel, während derselbe beim Nähen die in Fig. 38 gezeichnete Stellung einnimmt und als Fadenführung dient. Die Fig. 53 und 54 stellen eine Uebertragung der Bewegung von der Nadelwelle B auf die Schiffchenwelle C bei Anwendung von rotirenden Schiffchen durch ein System excentrisch angeordneter Räder GHJ dar, um die oben erwähnte langsame Anfangs- und schnellere Endgeschwindigkeit des Schiffchens zu erreichen. Der Antriebsmechanismus ist in seinen verschiedenen Modificationen auch an allen Nähmaschinen anzubringen, wodurch die nachtheiligen Folgen für die nähende Person durch die jetzt üblichen Tretvorrichtungen beseitigt werden. In den Fig. 51 und 52 ist eine zum Sticken erforderliche doppelte, gegenseitig wirkende Fadenspannung dargestellt, in welcher die Spannscheiben v1 einmal durch die Feder u eine stärkere Spannung erreichen und., wenn diese durch Abdrücken dieser Feder u durch den Knopf x auf der Nadelwelle B aufgehoben wird, von der über den Spannscheibchen v1 liegenden, schwächer gespannten Spiralfeder w weiter in einer leiseren Spannung erhalten werden, um den Faden beim Weiterführen des Stickrahmens zum nächsten Stiche zu halten. H. Glafey.