Titel: | Die Rösing'sche Bleipumpe. |
Fundstelle: | Band 272, Jahrgang 1889, S. 582 |
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Die Rösing'sche Bleipumpe.
Mit Abbildungen auf Tafel
30.
Die Rösing'sche Bleipumpe.
Die Bleipumpe, welche bestimmt ist, ein mehrere hundert Grad heiſses Metall zu heben,
und deren Handhabung gewöhnlichen Arbeitern anvertraut werden soll, muſs in höchstem
Maſse einfach und den mannigfachsten schädigenden Einflüssen gegenüber möglichst
unempfindlich sein; auſser der hohen Temperatur und den chemischen Einflüssen des
geschmolzenen Bleies und des Wasserdampfes ist sie mechanischen Einflüssen
ausgesetzt, da sie, schwer von Gewicht, in heiſsem Zustande vielfach transportirt
werden muſs. Der Forderung gröſster Einfachheit ist, wie die Abbildung (Fig. 8) lehrt,
genüge gethan, da die Pumpe als beweglichen Theil nur das am Boden des guſseisernen
cylindrischen Stiefels C angebrachte Kugelventil
besitzt. Der Deckel des Cylinders C ist zweimal
durchbrochen, und zwar von einem engen, in den Stiefel nicht hineinragenden
Dampfrohre D und dem weiten, oben umgebogenen
Steigrohre A, welches bis fast zum Boden hinabreicht.
Die Pumpe ähnelt, wie man sieht, einem Montejus.
Ist in einem Entsilberungskessel K das Werkblei
entsilbert, das Zink und Antimon entfernt, das Blei somit zum Ausgieſsen fertig, so
wird die an einem kleinen Laufkrahne hängende Bleipumpe herbeigebracht und in das
Bleibad eingelassen, das Dampfrohr, an welchem sich der Dreiwegehahn H befindet, in zweckentsprechender Weise durch eine Art
Schlauchverschraubung mit der Dampfleitung verbunden und Absperrventil W und Hahn H, welcher
vorher das Pumpeninnere mit der äuſseren Luft verband, für den Dampfdurchgang
geöffnet. Das Blei, welches, nachdem es das Kugelventil V gehoben, sich in der Pumpe so hoch gestellt hatte wie im Kessel, wird
nun durch den Dampfdruck, welcher das Kugelventil in seinen Sitz drückt, gezwungen,
aus dem Steigrohre oben auszutreten; ein untergestelltes, um den Zapfen Z drehbares, oben mit einem Trichter versehenes Ausfluſsrohr R vermittelt die Verbindung mit den im Kreise
aufgestellten Mulden M.
Durch Wiederholung des Vorganges läſst sich ein intermittirender Betrieb erzielen.
Wenn man den Dampf ununterbrochen zutreten läſst, so findet, was im ersten
Augenblicke überrascht, ebenfalls ein ununterbrochener Betrieb statt. Sowie nämlich
durch das Sinken des inneren Bleispiegels die untere Oeffnung des Steigrohres frei
wird und somit der Dampf ungehinderten Austritt in die Luft findet, geht die
Pressung im Inneren der Vorrichtung nahezu auf den atmosphärischen Druck zurück; in
Folge dessen vermag das flüssige Blei das Kugelventil zu heben und in die Pumpe
einzutreten, so lange, bis die Eintrittsöffnung des Steigrohres wieder durch Blei
für den Dampf abgesperrt ist. Dann steigt die Pressung alsbald auf ihre frühere
Höhe, und der Dampf drückt das soeben eingetretene Blei in die Mulden. Dieses Spiel
wiederholt sich so schnell und in so sanfter Weise, daſs das Blei nahezu
ununterbrochen aus dem Steigrohre ausflieſst, lediglich pulsirend, wobei die
Schwankungen im Ausflusse so gering sind, daſs sie in dem Abfluſsrohre R völlig verschwinden.
Bei der sehr hohen Temperatur der zu hebenden Flüssigkeit, welche oft 800° sein
dürfte, ist ein verhältniſsmäſsig günstiger Nutzeffect vorhanden; indem das Blei den
ihm zunächst befindlichen Dampf überhitzt, wird seine eigene Wärme zu seiner Hebung
ausgenutzt. Es genügt deshalb für den regelmäſsigen Betrieb eine Dampfspannung von
0at,5. Man könnte sogar ohne Dampf arbeiten,
nur mit vorsichtig tropfenweise zugeführtem Wasser; aber der Vortheil der
unbedeutenden Dampfersparniſs steht vermuthlich nicht im Verhältnisse zu den
Nachtheilen, welche man eintauschen würde, namentlich bezüglich der Einfachheit der
Vorrichtung und der Gefahr vor Explosionen oder wenigstens starken Stössen.
So einfach der Betrieb nach Vorstehendem erscheint, so hat sich doch gezeigt, daſs
die Bleipumpe sich nur langsam einbürgert. Daſs der Arbeiter mit Widerstreben einen
derartigen Apparat in die Hand nimmt, weil er in ihm einen Concurrenten zu erblicken
glaubt, läſst sich leicht denken. Thatsächlich bereiten auch mancherlei
Kleinigkeiten, so namentlich die richtige Bemessung des Dampfzutrittes,
Schwierigkeiten. In Friedrichshütte, wo die mit jeder neuen Erfindung verbundenen
Hindernisse zu besiegen waren, hat es über Jahr und Tag gedauert, bis der Betrieb
ganz tadellos ging, und ähnlich war es auf belgischen und Harzer Hütten; auf Werken
mit geringerer Production hat man mehrfach die Geduld verloren und die Benutzung
aufgegeben. Richtiger wäre es wohl gewesen, sich mit der Pumpe einen
sachverständigen Arbeiter zu verschreiben.
Später treten die Vorzüge des geänderten Betriebes in das hellste Licht. Vor allem
empfindet der Arbeiter die ihm gewordene Erleichterung auf das lebhafteste. Das
Auskellen des Bleies ist eine mühselige, mit Hitze, Gefahr der Bleivergiftung und
schwerer Verbrennungen verbundene Arbeit. Bei dem Pumpbetriebe hingegen wird der
Kessel mit zwei in der Mitte ausgeschnittenen Blechen BB zugedeckt, so daſs die strahlende Hitze abgehalten wird und jede
Möglichkeit eines Sturzes in den Kessel beseitigt ist. Und was die Erleichterung der
Arbeit anbetrifft, so sei erwähnt, daſs in Friedrichshütte das Gedinge für das
Ausgieſsen des Kaufbleies einschlieſslich des Verwiegens und anderer dazu gehöriger
Nebenarbeiten früher 131,6 Pf. für die Tonne Kaufblei betrug, und daſs es sich
jetzt, nur in Folge der Einführung der Bleipumpe, auf 85 Pf. ermäſsigt hat; hierin
allein liegt bei 15000t Bleigewinnung eine
jährliche Ersparniſs von 7000 M, Der Verdienst des einzelnen Arbeiters hat dabei
nicht gelitten; die Ausgieſser brachten im J. 1884 bis 1885 2 M. 38 Pf., im
folgenden Jahre 2 M. 39 Pf. ins Verdienen, jetzt hingegen 2 M. 47 Pf.
In der Ersparniſs an Arbeitskraft und in der Sicherung der Arbeiter liegt die
Hauptbedeutung der Bleipumpe; ihre Anwendung bringt aber noch andere Vortheile mit
sich, nämlich Zeitersparniſs und in Folge dessen geringeren Kohlenverbrauch und
geringere Beanspruchung der Entsilberungskessel, sowie Verringerung der
Zwischenproducte und folglich Vergröſserung des Ausbringens.
Die Zeitersparniſs wird dadurch veranlaſst, daſs einestheils die Pumpe schneller
arbeitet als der Arbeiter mit der Kelle, anderentheils das Blei vor Beginn des
Auskellens erheblich abgekühlt sein muſs, wodurch Zeit verloren geht. Im Ganzen
gewinnt man für jeden Kessel mindestens 3 Stunden oder im Jahre bei 1700
auszugieſsenden Kesseln rund 5000 Stunden, ein Vortheil, dessen Bedeutung auch in
Bezug auf Brennstoffersparniſs und Schonung der werthvollen Kessel einleuchtend
ist.
Die Verringerung der Zwischenproducte ist durch die geringere Dauer der Arbeit, sowie
namentlich dadurch bedingt, daſs bei dem Auskellen immer eine blanke (sich sofort
wieder oxydirende) Oberfläche des Kesselinhaltes vorhanden sein muſs, weil die Kelle
an der Oberfläche schöpft, wohingegen die Pumpe das Blei am Boden entnimmt und die
in Folge dessen unberührt bleibende Oxydschicht an der Oberfläche das Metall
schützt.
Um das lästige Auskellen des Kaufbleies zu umgehen, hat man vor Erfindung der
Bleipumpe die Kessel treppenförmig angeordnet und das Blei durch ein im Kessel
angebrachtes Loch abgezapft oder mittels eines Hebers herausgehoben. Das Auskellen
wurde dadurch zwar vermieden, aber die Handhabung eines mit glühendem Metalle
gefüllten Hebers ist sehr unangenehm, und die mit Loch versehenen Kessel sind
theurer und weit weniger haltbar als diejenigen von einfacher Gestalt. Der
treppenförmige Aufbau der Kessel ist ebenfalls theurer als die batterieartige
Anordnung in einer Ebene und ist schwieriger zu bedienen, schon weil das Werkblei meist mittels eines
eigenen Aufzuges zum Einschmelzkessel gehoben werden muſs.
Verlängert man bei der Bleipumpe den abwärts gerichteten Schenkel des Steigrohres bis
unter den tiefsten Punkt des Kessels, so erhält man eine Vereinigung von Pumpe und
Heber, wobei die erstere dazu dient, den letzteren auf bequemste Art zu füllen und
in Betrieb zu setzen.
Den geschilderten Vorzügen der Bleipumpe stehen die erforderlichen Aufwendungen und
die Nachtheile des Pumpbetriebes gegenüber. Der Preis einer Pumpe stellt sich auf
350 M.; dazu kommen noch die geringen Kosten für die Abfluſsrinne R, die Bleche BB zum
Bedecken des Kessels, die beiden Stangen SS, welche,
durch Oesen gesteckt, die Pumpe in dem Blei festhalten, sowie die Kosten des
Laufkrahnes, falls ein solcher nicht bereits vorhanden ist. Es ist zweckmäſsig, eine
Pumpe mehr zu haben, als Kessel in einer Schicht zu entleeren sind; danach lassen
sich leicht die für einen bestimmten Betrieb erforderlichen Aufwendungen ermitteln.
Der Dampfverbrauch ist sehr gering; Reparaturen kommen so gut wie gar nicht vor, die
Dauer der Pumpen ist eine sehr groſse und durch einige Verbesserungen, von denen
noch weiter die Rede sein wird, noch wesentlich zu vergröſsern. In Friedrichshütte
sind in fast vier Jahren acht Pumpen angeschafft, wobei einerseits zu
berücksichtigen ist, daſs diese Zahl auch die ersten Constructionsversuche umfaſst,
andererseits aber auch, daſs anfangs wenig gepumpt worden ist.
Ein kleiner Uebelstand liegt darin, daſs sich im Inneren der Pumpe etwas Bleioxyd
ansammelt und das Schlieſsen des Ventiles behindert. Es muſs deshalb nach Leerung
von je zehn Kesseln die Pumpe geöffnet und gereinigt werden. Neuerdings ist ein
vereinfachter Verschluſs angebracht, so daſs nach Lösung einiger Keile das ganze
Innere der Pumpe in wenigen Augenblicken bequem zugänglich ist. Die ganze Arbeit,
von zwei Mann ausgeführt, dauert höchstens anderthalb Stunden. Setzt sich das Oxyd
an den Ventiltheilen fest, so kann es bewirken, daſs Blei und Dampf unten
entweichen; die Veranlassung zu solchem Dampf-Austritte kann aber auch das
Schadhaftwerden der Bodendichtung sein, ein Fehler, welchem leicht abzuhelfen
ist.
Das geringe specifische Gewicht des Eisens im Verhältnisse zu demjenigen des Bleies
bewirkt nicht nur einen starken Auftrieb bei gefüllter Pumpe, dem durch die
Vierkanteisen SS begegnet werden muſs, sondern, was
noch störender ist, es veranlaſst auch ein weniger sicheres Arbeiten des
Kugelventiles. Dieser Uebelstand ist neuerdings dadurch vermindert, daſs statt einer
ganz eisernen eine mit Blei ausgegossene eiserne Hohlkugel verwendet wird.
Wenn das Blei im Kessel mehr und mehr abnimmt, so wird das Spiel der Pumpe weniger
lebhaft, weil der von auſsen auf dem Ventile lastende Bleidruck und das Blei nicht
mehr genügend schnell in die Vorrichtung hineintreibt. Es läſst sich dann die Arbeit
dadurch beschleunigen, daſs man den Dampfzutritt von Hand abwechselnd öffnen und
schlieſsen läſst. Der letzte Rest des Bleies jedoch, etwa 200k, muſs nach dem Herausheben der Pumpe mit der
Kelle ausgeschöpft werden.
Der Dampf für den Betrieb der Pumpe muſs möglichst trocken sein, weil mitgerissenes
Wasser Stöſse veranlassen könnte; es ist deshalb rathsam, den Dampf zunächst einige
Secunden ins Freie abblasen zu lassen, damit das in dem Anschluſsstutzen und
Absperrventile niedergeschlagene Wasser fortgerissen wird. Wenn keine Gelegenheit
vorhanden ist, den Dampf zu überhitzen, was meist durch die Abhitze der
Entsilberungskessel geschehen kann, so ist es zweckmäſsig, ihn durch Drosselung zu
trocknen, im Dampfkessel also einen recht hohen Druck zu halten, was auch in Bezug
auf den Gang der Pumpe zweckmäſsig ist; denn mit wenig, aber stark gespanntem Dampf
arbeitet sie besser, als mit viel, aber schwach gespanntem.
Die Erfahrung hat gelehrt, daſs, je heiſser das Blei ist, desto schneller und ruhiger
der Betrieb geht. Ist die Temperatur sehr niedrig, so kann es sich ereignen, daſs
das Blei in dem anfangs noch kalten Steigrohre einfriert; die Arbeiter lernen jedoch
sehr schnell dieses Vorkommniſs mit Sicherheit vermeiden.
Wenn die Pumpe aus dem Kessel herausgeschoben wird, so bleibt ein Rest von Blei in
ihr zurück; man darf sie deshalb nicht hinlegen oder kippen, da sonst das Blei in
das Dampfrohr laufen und dieses verstopfen würde. Es empfiehlt sich, das Ventil zu
lüften und die Pumpen in einem Ständer aufrecht neben einander zu stellen.
Eine eigenthümliche Erscheinung zeigt sich jedesmal beim Beginne des Pumpens. Wenn
die anfängliche, vor Zutritt des Dampfes eingetretene Bleifüllung entfernt ist und
zum ersten Male der Dampf durch das Steigrohr entweichen will, so findet ein nicht
allzu starker, aber doch bemerkenswerther Stoſs statt. Um diesen und überhaupt
etwaige durch irgend einen Zufall veranlaſste Stöſse auf einfachste Weise
unschädlich zu machen, befindet sich die Austrittsöffnung der Abfluſsrinne R nicht am Ende derselben, sondern, wie aus der
Abbildung ersichtlich, unten kurz vor dem Ende, und dieses ist geschlossen. Dadurch
wird ein kleiner Sicherheitssack geschaffen, welcher verhindert, daſs zu schnell und
plötzlich ausflieſsendes Blei dem das Rohr führenden Arbeiter die Füſse verbrennen
kann.
Nicht ganz aufgeklärt ist die in Friedrichshülte und anderwärts gemachte Beobachtung,
daſs eine neue Pumpe etwas ruckweise arbeitete, was sich aber nach kurzer Zeit des
Betriebes völlig verlor.
Die Leistungsfähigkeit der Pumpe muſs so bemessen sein, daſs die Nebenarbeiten,
namentlich das Abschäumen, zu folgen vermögen, und daſs die Sauberkeit der Arbeit
und das gute Aussehen des Kaufbleies nicht leiden; sie beträgt je nach Dampfdruck und
Bleitemperatur 8000 bis 9500k in der Stunde. Dabei
werden 37 Hübe in der Minute gemacht, deren jeder somit 3,6 bis 4k,3 (316 bis 377cc) fördert.
In Friedrichshütte gestatten die räumlichen Verhältnisse nicht, eine sehr groſse
Anzahl von Mulden um den Kessel herum aufzustellen; es muſs deshalb jedesmal, wenn
die vorhandenen Mulden gefüllt sind, der Dampf abgesperrt werden, worauf man die
Mulden für neue Füllung bereit stellt. Anderwärts, wo ähnliche Verhältnisse
obwalten, fährt man die leeren Mulden auf einem Wagen herbei und schiebt sie, um
neuen Mulden Platz zu machen, bei Seite, sobald sie gefüllt sind.
Unter entsprechender Verstärkung des Dampfdruckes läſst sich, wie der Versuch gezeigt
hat, das Blei auf gröſsere Höhe pumpen; doch liegen genauere Erfahrungen nicht
vor.
Das Gewicht einer Bleipumpe neuester Form beträgt 102k. Die Vorrichtung wird von dem Königl.
Hüttenamte zu Gleiwitz gebaut, welches Gelegenheit hatte, reiche
Erfahrungen zu sammeln, da die Pumpe bereits auf 13 Bleihütten, darunter spanischen,
belgischen und australischen, eingeführt worden bezieh. in der Einführung begriffen
ist. (Nach einem vom Verfasser gütigst übersandten Sonderabdrucke aus der Zeitschrift den Vereins deutscher Ingenieure, Bd. 33 S.
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