Titel: | Neues im Schiffswesen. |
Fundstelle: | Band 272, Jahrgang 1889, S. 587 |
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Neues im Schiffswesen.
(Patentklasse 65. Schluſs des Berichtes S. 529 d.
Bd.)
Mit Abbildungen auf Tafel
26.
Neues im Schiffswesen.
Der rückwärtige Theil des die Zündnadel a tragenden
Zündbolzens a1, der
beim Zurückgleiten mit der Spitze der Zündnadel a in
den Patronenraum hineinreicht (Fig. 20), ist mit
Schraubengewinden a2
versehen, in Welche eine beliebige Anzahl kleiner, in den Glockentheil a11 geschraubter
Arretirungsschräubchen a3 derart eingreifen, daſs der Zündbolzen a1 erst dann nach rückwärts (rechts) gleiten und
zünden kann, wenn die Spitze der am weitesten rückwärts stehenden Schraube a3, aus der ätzten
Windung a2 tretend, in
die an letztere sich anschlieſsende Längsnuth a12 gelangt und auch die übrigen Schrauben a3 in Folge passend
angeordneter, die noch übrigen Gewindegäuge durchbrechender Längsnuthen a'2 das Rückgleiten des
Bolzens ebenfalls nicht weiter behindern. Der Vordertheil des Zündbolzens a1 trägt die
Aufschlagspitze a4, die
mit vier zu Propellerflügeln ausgebildeten Stoſsarmen a5 von auſserordentlich groſser Steigung
ausgestattet ist, so daſs der Bolzen von dem Augenblicke, in welchem der lancirte
Torpedo seinen Weg im Wasser tortsetzt, sich zu drehen beginnt, sich allmählich in
die Patrone hineinschraubt und nach Zurücklegung eines von dem Steigungswinkel der
Stoſsarmpropeller
und der Anzahl der Schrauben Windungen a2 allein abhängigen Weges zur Percussionszündung
bereit ist. So wird beispielsweise bei einem wirksamen Propellerwinkel von a = 85°42'20'', für welchen sich bei einem Flügelradius
von r = 50mm eine
Steigung r.tg.α = 50tg85°42'20'' ergibt, jeder Umdrehung des Zündpropellers ein theoretischer Weg
von 4m entsprechen, der aber in Folge des hier
mindestens 50procentigen Slips auf 8m erhöht wird;
soll nun der Torpedo innerhalb der ersten im Wasser zurückgelegten 120m vor jeder vorzeitigen Entzündung geschützt sein,
so sind an dem hinteren Theile des Zündbolzens 120 : 8 = 15 Windungen anzubringen,
und der Bolzen a1
selbst ist so weit aus der Patrone herauszuschrauben, daſs die Arretirschräubchen
a3 in die letzten
Windungen eingreifen. Nach Zurücklegung dieses Weges wird einem Vorwärtsgleiten des
Zündbolzens a1 kein
weiteres Hinderniſs mehr im Wege stehen, so daſs beim Aufschlagen der Torpedospitze
a4 der Zündbolzen
a1 durch die in die
Längs- oder Führungsnuthen a1 und a2
eingreifenden Arretirschräubchen a3 an jeder weiteren Drehung verhindert, in achsialer
Richtung nach rückwärts bezieh. nach rechts weichend, und die Zündnadel a, die mit einer kleinen Oeffnung versehene Kapsel a6 durchschlagend, die
Zündpille a10 zündet,
deren Feuerstrahl den gelochten Ring a7 durchbricht und den Zündsatz a8 zündet. Hierdurch
wird die in einer Blechhülse eingeschlossene, aus trockener Schieſsbaumwolle
bestehende Eingangsladung a9 zur Entzündung gebracht, welche sich auf die aus nasser, gepreſster
Schieſswolle bestehende Sprengladung C überträgt.
Neue Seedampfer.
Auf den groſsen Fortschritt während der letzten Jahre in der Construction der
Oceandampfer ist schon oft hingewiesen worden und nicht ohne Berechtigung hat man
mit Genugthuung festgestellt, welch auſserordentliche Geschwindigkeit unsere
jetzigen Dampfer in der nordatlantischen Fahrt entwickeln. Man muſs sich
vergegenwärtigen, daſs das erste Dampfschiff, der „Sirius“,welcher im J. 1838 die regelmäſsige Passagierfahrt nach
New York eröffnete, eine Länge von nur 178 Fuſs hatte und 17 Tage zu einer Reise
brauchte, während jetzt Schiffe von 500 Fuſs und mehr Länge dieselbe Fahrt in 6
Tagen zurücklegen.
Da die Seefahrt immer, mehr als jede andere Art der Beförderung eine Reihe von
Gefahren in sich birgt, so sollte man mit Recht erwarten, daſs die Vervollkommnungen
im Baue unserer Oceandampfer namentlich auch auf die Erreichung einer gröſseren
Sicherheit gerichtet gewesen wären. Leider muſs eingeräumt werden, daſs nach dieser
Richtung hin bis jetzt nur wenig geschehen ist. Das Einzige, was in Bezug hierauf
hervorgehoben zu werden verdient, ist die Einführung der wasserdichten Querschotte,
welche dazu bestimmt sind, ein Schiff im Falle des Leckwerdens vor dem Sinken zu
bewahren. In welcher unvollkommenen Weise dieses System jedoch selbst bei den gröſsten Dampfern der
Gegenwart zur Anwendung gelangt ist, zeigt der Fall des Dampfers „Oregon“ welcher am 14. März 1886 in Folge eines Zusammenstoſses
innerhalb weniger Stunden in Sicht des Landes sank, ohne daſs es möglich war, ihn in
den nahen Hafen in Sicherheit zu bringen.
Eine der gröſsten Gefahren, welchen ein Dampfer ausgesetzt ist, besteht in dem
Unbrauchbarwerden seiner Maschinen, indem er dadurch hilflos dem Spiele der Wellen
preisgegeben wird. Erst der allerneuesten Zeit ist es vorbehalten gewesen, dieser
Gefahr in der atlantischen Passagierfahrt durch Anwendung von zwei Schrauben, deren
jede für sich durch eine besondere, von der anderen ganz unabhängige Maschine bewegt
wird, zu begegnen. Die Inman-Line hat am 1. August 1888
den ersten groſsen Zweischrauben-Dampfer für die Fahrt nach New York in Betrieb
gesetzt.
Die Zweischrauben-Schiffe sind schon seit einer längeren Reihe von Jahren in der
Kriegsmarine eingeführt und ihre groſse Ueberlegenheit im Vergleiche zu den Dampfern
mit einer Schraube ist erwiesen. Es sind auch wohl einige wenige Handelsdampfer mit
zwei Schrauben ausgestattet worden; für die groſse Passagierfahrt hat sich jedoch
diese Ausführung, die hier ganz besonders am Platze ist, bis jetzt noch nicht
einbürgern können. Diese auffällige Thatsache läſst sich nur dadurch erklären, daſs
man bis jetzt immer an der etwas umständlichen und kostspieligen Anordnung, sowie an
dem immerhin theuren Betriebe Anstoſs nahm.
Da die Schrauben bei einem Zweischrauben-Schiffe ganz unabhängig von einander
vorwärts und rückwärts arbeiten können, so ist hierdurch ein Mittel gegeben, nicht
nur die Steuerfähigkeit des Schiffes wesentlich zu unterstützen, sondern dasselbe
sogar ohne Ruder zu steuern, indem man eine Schraube schneller als die andere laufen
bezieh. die eine vorwärts und die andere rückwärts arbeiten läſst. Im Falle eines
Bruches des Ruders ist das Schiff also durchaus nicht hilflos, sondern den groſsen
Gefahren weniger ausgesetzt als ein gewöhnlicher Einschraubendampfer. Die groſse
Steuerfähigkeit wird den Schiffsführer auch viel besser in den Stand setzen, einem
Zusammenstoſse auszuweichen. Der Hauptvorzug der Zweischraubendampfer besteht jedoch
immer darin, daſs sie zwei von einander ganz unabhängige Maschinen und Treibapparate
besitzen. Beim Bruche einer der beiden Maschinen oder Schrauben ist daher immer ein
Treibapparat vollkommen betriebsfähig und das Schiff kann ungestört mit einer nur um
etwa 25 Proc. verminderten Geschwindigkeit seine Reise fortsetzen. Dies ist ein
Vortheil, der gar nicht hoch genug angeschlagen werden kann* denn da sich die Segel
bei den jetzigen groſsen Dampfern als vollständig nutzlos erwiesen haben, so sind
nur bei doppelten Maschinen die groſsen Gefahren ausgeschlossen, welche bei
gewöhnlichen Dampfern ein Wellen- oder Schraubenbruch in sich schlieſst.
Die Hamburg-Amerikanische
Packetfahrt-Actien-Gesellschaft ist damit vorgegangen, zunächst zwei groſse
Dampfer nach dem Zweischrauben-System für die Fahrt zwischen Hamburg und New York in
Bau zu geben, von denen einer der Stettiner Maschinenbau-Actien-Gesellschaft „Vulcan“ in Bredow und der andere Laird
Bros in Birkenhead (England) übertragen wurde. Ersterer, dessen Stapellauf
bereits am 1. December 1888 erfolgt ist, führt den Namen „Augusta Victoria“. Seine Länge beträgt 460 Fuſs englisch, seine
Breite 56 Fuſs und die Tiefe vom Kiele bis zum Oberdecke 38 Fuſs. Um einen Vergleich
mit einigen anderen hervorragenden Dampfern der nordatlantischen Fahrt zu
ermöglichen, soll die folgende kleine Zusammenstellung dienen:
Länge
Breite
„City of Rome“
560,2
Fuſs
52,3
Fuſs
„City of New York“
527,6
„
63,2
„
„Umbria“ und „Etruria“
501,6
„
57,2
„
„Servia“
515,0
„
52,1
„
„Alaska“
500,0
„
50,0
„
„Lahn“
448,4
„
49,0
„
„Aller“
438,0
„
48,1
„
„Ems“
430,5
„
47,0
„
Die Hauptgesichtspunkte, welche bei dem Entwürfe der beiden Dampfer ins Auge gefaſst
wurden, waren in erster Linie die Sicherheit und dann die Erzielung einer möglichst
groſsen Geschwindigkeit, soweit sich letztere Bedingung mit der Sicherheit in
Einklang bringen lieſs. Man entschied sich deshalb zunächst für das
Zweischrauben-System, um gegen die Folgen eines Maschinenbruches geschützt zu sein.
Um auch den Gefahren eines Zusammenstoſses möglichst vorzubeugen, entschloſs man
sich, abweichend von der bisher üblichen Bauweise, das obengenannte Schiff durch
wasserdichte Querschotte in so viele Einzelräume zu theilen, daſs dasselbe auch in
dem Falle noch nicht sinkt, daſs sich zwei benachbarte Abtheilungen mit Wasser
füllen, eine Möglichkeit, die dann eintreten könnte, wenn das Schiff gerade an der
Stelle eines seiner Schotte angerannt wird; ja, man stellte sich sogar die Aufgabe,
selbst unter diesen Umständen die Reise noch fortsetzen zu können. Diese Bedingung
erfordert, daſs die Kessel in drei durch Schotte vollständig von einander getrennten
Räumen aufgestellt sind. Sollte in Folge eines Zusammenstoſses das zwischen zwei
Kesselräumen liegende Schott verletzt werden, so würde bei einer derartigen
Anordnung also immer noch ein Kesselraum unversehrt bleiben und das Schiff noch mit
einem Drittel seiner Kesselkraft weiterdampfen können. Aber auch die beiden neben
einander liegenden Maschinen sind durch ein wasserdichtes Längsschott von einander
getrennt, so daſs im Falle eines den Maschinenraum beschädigenden Zusammenstoſses
immer noch eine Maschine betriebsfähig bleibt. Um diesen Anforderungen genügen zu
können, sah man sich
genöthigt, dem Schiffe im Ganzen 11 wasserdichte Querschotte und ein Längsschott zu
geben, bei welchen die sonst üblichen wasserdichten Thüren unterhalb des Hauptdecks
gänzlich vermieden sind. Von jedem einzelnen durch die Schotte gebildeten Raume
führen bequeme Treppen nach dem Oberdecke. Ein sich über den gröſsten Theil der
Schiffslänge erstreckender Doppelboden vervollständigt noch die
Sicherheitsmaſsregeln und verhindert das Leckwerden des Schiffes selbst, wenn bei
einem Grundstoſse der äuſsere Schiffsboden beschädigt werden sollte.
Die Dampfpumpen können in der Minute 36t bezieh.
360hl Wasser fördern. Die Pumpen würden daher
im Stande sein, das Schiff, wenn es sich überhaupt jemals ganz mit Wasser füllen
könnte, innerhalb 4½ Stunden wieder leer zu pumpen.
Der groſse Salon befindet sich im Vordertheile des groſsen Deckshauses, welches sich
über den gröſsten Theil der Schiffslänge auf dem Oberdecke erstreckt und über
welchem sich das Promenadendeck ununterbrochen in einer Länge von 320 Fuſs ausdehnt.
Der Salon für die Passagiere II. Klasse ist im hinteren Theile dieses Deckshauses,
welches auſser einer Reihe von Passagierkammern noch die erforderlichen Räume für
die Officiere enthält. Auf dem Promenadendeck sind in besonderen Häusern noch der
Damensalon I. Klasse, das Musikzimmer, der Rauchsalon I. und II. Klasse, der
Damensalon II. Klasse und einige Passagierkammern untergebracht Ein kleinerer und
besonders elegant ausgestatteter Salon I. Klasse ist im Vordertheile des Hauptdeckes
angeordnet. Für die Verzierung der Räume ist eine Summe von 220000 M.
ausgesetzt.
Die Zwischendecks-Passagiere sind nicht, wie gewöhnlich, in einem groſsen Raume,
sondern in einzelnen Kammern in Gruppen von 12 bis 18 Personen untergebracht.
Das Schiff besitzt zwei von einander unabhängig arbeitende dreicylindrige
Expansionsmaschinen, welche einen Gesammteffect von 13000 entwickeln. Jede
dieser Maschine hat einen Hochdruckcylinder von 1050mm, einen Mitteldruckcylinder von 1700mm
und einen Niederdruckcylinder von 2700mm
Durchmesser, bei einem Hube von 1600mm. Die
Oberflächencondensatoren werden durch vier mächtige Kreiselpumpen, deren jede ein
Auswurfrohr von 400mm Durchmesser besitzt, mit dem
erforderlichen Kühlwasser gespeist, erhalten sechs durch besondere Maschinen bewegte
Luftpumpen und besitzen im Ganzen 7800 Rohre von je 3m,8 Länge. Sämmtliche Condensatorrohre zusammengenommen besitzen also eine
Länge von 29640m.
Der Durchmesser der Kurbelwellen beträgt 500mm und
das Gewicht jeder einzelnen dieser Wellen 45t. Das
Gewicht eines der groſsen Dampfcylirider beträgt 32t und das Gesammtgewicht beider Maschinen etwa 1000t oder 20000 Centner, wovon allein 1200 Centner
auf die kupfernen Dampf-
und Pumpenrohre kommen. Der zum Betriebe erforderliche Dampf wird in acht Kesseln
erzeugt, die im ganzen mit 48 Feuerungen versehen sind und in drei Schornsteinen von
je 3m,4 oder 11 Fuſs Durchmesser münden. Das
Gesammtgewicht der Kessel beträgt 508t oder 10160
Centner.
Auſser den Hauptmaschinen ist noch eine Anzahl kleinerer Maschinen, zum Betriebe für
Pumpen, der Aschenhiſsvorrichtung, der Ventilatoren für die Kesselräume, für die
elektrische Beleuchtung u.s.f. erforderlich, so daſs in der Maschinenabtheilung 40
selbständige Dampfmaschinen mit zusammen 82 Dampfcylindern vorhanden sind.
Zehn Maschinisten mit zwölf Maschinenassistenten und 80 Heizern sind nothwendig, um
die Maschinen im Betriebe zu erhalten.
Neue Kriegsschiffe.
Die englische Marine soll in Folge des Anwachsens der Flotten der übrigen Mächte
nunmehr eine so wesentliche Verstärkung erfahren, daſs sie den vier gröſseren
Kriegsflotten der Hauptstaaten gewachsen ist. Diese riesige Vergröſserung hat
eingehende Untersuchungen über die zweckmäſsigste Formgebung der Schlachtschiffe
hervorgerufen, über welche unter Vorlegung einer groſsen Anzahl verschiedenartiger
Typen der bekannte Schiffsbauer W. H. White in London
berichtet hat (vgl. Engineer, 1889 * S. 306). White bezweckte, die Grundsätze, von denen sich die
englische Admiralität bei der Construction der neuen Panzerschiffe leiten lieſs,
klar zu stellen und die neuen Entwürfe mit den in den letzten 20 Jahren angenommenen
zu vergleichen. Ehe man sich für bestimmte Modelle entschieden habe, so führte White aus, sei ein Meeting einberufen worden, an
welchem nicht nur die Beamten der Admiralität, sondern auch eine groſse Anzahl der
berufensten Marine-Officiere theilgenommen hätten. In diesem Meeting seien der Reihe
nach alle Punkte zur Sprache gebracht, welche die Brauchbarkeit eines
Schlachtschiffes ausmachen: Fahrgeschwindigkeit, Vertheilung und Art der Geschütze,
Vertheilung der Panzerung, Beschützung der schweren Kanonen, Freibord u.s.w.
Schlieſslich seien zwei Modelle zur Annahme gelangt, welche identisch wären in Bezug
auf die eben erwähnten Eigenschaften, die Dicke der Panzerung des Schiffsrumpfes,
die Maschinen und deren Kraft, den Kohlenraum und die Munitionskammern, Gröſse und
Wasserverdrängung. Die Verschiedenheit beruhe namentlich darin, daſs das eine Modell
für ein Thurmschiff sei, welches ziemlich geringen Freibord an den Enden habe und
dessen Geschütze sich ungefähr 17 Fuſs über dem Wasserspiegel befänden, während das
andere Modell für ein (Barbette) Schiff bestimmt sei,
dessen Geschütze nur 6 Fuſs höher ständen und welches ein hohes Freibord am Bug und
Hintertheile habe. Die Bewaffnung der neuen Panzerschiffe besteht in erster Linie
aus vier schweren Geschützen, welche in zwei gedekten Stationen, die sich in beträchtlicher
Entfernung von einander befinden, aufgestellt sind. Alle vier Kanonen sind auf jeder
Seite des Schiffes zu verwenden. Die kleineren Kanonen sind in einer langen,
centralen Batterie zwischen den beiden schweren Geschützstationen untergebracht. Die
Panzerung der Thurmschiffe ist die folgende: Ein 8,5 Fuſs breiter Gürtel mit einer
Maximaldicke von 18 Zoll zieht sich um zwei Drittel der Länge des Schiffes, ein 3
zölliges stählernes Deck ist über und ein starkes Schutzdeck unter dem Gürtel. Die
Panzerung über dem Gürtel ist 5 zöllig in einer Höhe von 9,5 Fuſs über dem Wasser.
Die centrale Batterie ist mit starken Stahlplatten umgeben. Die zwei Thürme besitzen
einen 18 zölligen Panzer und die die Thürme unten schützenden Redouten einen 17
zölligen. Die neuen Schüfe werden eine Länge von 380 Fuſs erhalten, während die „Trafalgar“, eines der stärksten Panzerschiffe der englischen
Marine, nur 345 Fuſs miſst. Die Wasserverdrängung wird 14150t betragen, während die der „Trafalgar“ sich nur auf 12000t
beläuft. Die Fahrgeschwindigkeit des letzteren Schiffes sollte 15,5 bis 16,5 Knoten
die Stunde sein, die der neuen Schiffe kann man in Folge ihrer gröſseren Länge auf
17,5 Knoten annehmen. Da die neuen Fahrzeuge mehr Last zu tragen haben wegen der
bedeutend gröſseren Anzahl kleiner Kanonen, so wird der Rumpf auch entsprechend
schwerer gebaut werden.
Tragbare Dampfboote (Schaluppen) von 15m Länge nach der Construction von M'Oriolle sind nach einem Berichte in Annales industrielles, 1889 * S. 226, in Nantes zur
Benutzung auf dem Kongo erbaut worden. Die Schiffe sind so zusammengesetzt, daſs sie
in Stücke zerlegt werden können, deren schwerstes nur 2000k wiegt. Der Maschine, welche nur 400k wiegen soll, schreibt unsere Quelle eine Wirkung
von 110 indicirten Pferd zu.
Kessel und Maschine des aus dem Sturme im Hafen von Apia (Samoa) vor dem Untergange
in Folge der kräftigen Maschinenanlage geretteten englischen Kriegsschiffes Calliope werden im Engineer, 1889 * S. 326, ausführlich beschrieben.
Schiffshebewerke.
Namentlich in Frankreich, Belgien und Holland hat das ausgedehnte Kanalnetz an den
Stellen, wo sich Kanäle in wesentlichem Niveauunterschiede kreuzen und wo trotzdem
ein Verkehr der Schiffe von einem Kanäle zum anderen stattfinden muſs, die Anlage
von Schiffshebewerken gezeitigt. Diese Schiffshebewerke sind Schleusen, welche
mittels hydraulischen Hebevorrichtungen in die Flucht beider Kanäle gebracht werden
können, also ein Fahrzeug auf die Höhe des oberen Kanales fördern können und
umgekehrt.
Das Schiffshebewerk von La Louvière (Deutsche Bauzeitung, 1888 * S. 625) ist nach dem System
Clark gebaut, welches im J. 1875 seine erste Anwendung bei Anderton erfuhr. Gemessen an den neuesten Ausführungen
kann diese erste als klein bezeichnet werden, da das Hebewerk von Anderton zwar
einen Höhenunterschied von 15m,35 vermittelt, die
die Hebefähigkeit desselben bestimmenden Abmessungen der beweglichen
Schleusenkammern aber nur gering sind, weil es sich um 22m,85 Länge bei 4m,75 Breite und 1m,37 Wassertiefe
handelt und dem entsprechend auch die Hebekraft des Werkes auf 240t beschränkt ist. Wird hiervon das Eisengewicht
der Schleusenkammern, das Schiffsgewicht und das Gewicht der zum Schwimmen des
Schiffes erforderlichen Wassermenge in Abzug gebracht, so bleiben als Ladegewicht
der zu hebenden Schiffe nur etwa 100t.
Daſs dieser ersten Ausführung in Anderton Mängel anhaften muſsten, über deren Art und
Umfang erst eine längere Betriebsdauer Aufschluſs gewähren würde, konnte man bei der
Inbetriebsetzung desselben voraussehen. Zwar sind die Mängel verhältniſsmäſsig
gering geblieben; dennoch hat das System mehrere nicht unwesentliche Verbesserungen
erfahren, unter denen die bedeutendste in Folgendem besteht: Die erste Ausführung
war so bewirkt, daſs die in die untere Haltung übergeführte Schleusenkammer im
letzten Theile ihrer Niederfahrt in das Wasser jener unteren Haltung eintauchte,
wodurch bei der gleichzeitig im Aufstieg begriffenen Schleusenkammer für das letzte
Wegesstück derselben die Triebkraft verloren ging. Es bedurfte eines Ersatzes dafür,
der in entsprechenden Druckwassermengen eines Accumulators geschaffen ward. Dieser
Arbeitsverbrauch betrug nur 1/12 des gesammten Verbrauches, fiel indeſs erheblich
ins Gewicht, weil die übrigen 11/12 gewissermaſsen kostenlos – durch Niedergehen
einer gewissen Wassermenge aus der oberen Haltung in die untere – beschafft wurden.
Bei Hebewerken für gröſsere Schiffe von 300 bis 400t Ladefähigkeit würde der durch eine besondere Triebkraft zu überwindende
Wegestheil der aufsteigenden Schleusenkammer fast 3m betragen und demzufolge ein Arbeitsaufwand bis zu 3000000mk gebraucht werden. Forderte man, daſs zur
Zurücklegung jener 3m Wegeslänge nicht mehr als 1
Minute Zeitdauer gebraucht werden solle, so würde eine Maschinenstärke von
\frac{3000000}{60\,.\,75}=666\, erforderlich sein,
bei 2 Minuten noch 333 und bei 3 Minuten 222.
Die viel zu groſse Vermehrung der Betriebskosten durch den Hinzutritt dieses
Sonderbedarfes an Kraft nöthigte dringend dazu, auf die Beseitigung der Ursache
desselben Bedacht zu nehmen. Die Abhilfe lag nahe genug: man muſste die Eintauchung
der absteigenden Schleusenkammer aufgeben und hat dies gethan, indem man die
Endigung der unteren Haltung in Form und Art eines Trockendocks ausführte. Dazu
getroffene, durch den Abstieg der Schleusenkammer selbsthätig in Wirksamkeit
gesetzte Vorrichtungen verhindern ein zu heftiges Aufsetzen der Kammer auf die
Holzstapelung der Trockendocksohle.
Daſs die Einfügung dieses neuen Theiles nicht geschehen konnte, ohne wiederum gewisse
Miſsstände einzutauschen, ist klar. Ein von vorn herein erkennbarer besteht darin,
daſs bei einem etwaigen Cylinderbruche die herabstürzenden Schleusenkammern mit dem
darin befindlichen Schiffe in viel höherem Grade der Zerstörung ausgesetzt sein
werden, als wenn dieselben (buchstäblich) ins Wasser fallen. Theils nun, um diesen
Gefahren entgegen zu arbeiten, theils auch um überhaupt jeder Unregelmäſsigkeit in
der Bewegung der Kammern zu begegnen, sind sogen. Compensationsapparate hinzu
getreten, Cylinder aus Eisenblech, welche mit den beiden Schleusenkammern derartig
in Verbindung gesetzt sind, daſs gewisse Wassermengen einerseits von der
Schleusenkammer in den Cylinder, andererseits vom Cylinder in die Schleusenkammer
selbsthätig übertreten; es wird hierdurch für jede gegenseitige Stellung der beiden
Schleusenkammern ein möglichst genauer Gleichgewichtszustand erzielt. Während ein
Schiff von der oberen Haltung in die untere übergeht, gleichzeitig ein zweites den
umgekehrten Weg macht, wird durch den Antrieb das Gewicht des absteigenden Kolbens
fortwährend verringert, dasjenige des aufgehenden fortwährend vergröſsert, d.h. es
wird das Gewicht der absteigenden Schleusenkammer nach und nach zu klein, das der
aufsteigenden zu groſs. Diese Belastungsverschiedenheit durch Vermehrung der
Wassermenge der absteigenden Kammern und Verminderung derjenigen der aufsteigenden
fortwährend auszugleichen, ist die Aufgabe der Compensatoren. Um die Reibungs- und
andere Widerstände zu überwinden, muſs die der absteigenden Kammer zu Theil werdende
Vermehrung der Wassermenge etwas gröſser sein, als die der aufsteigenden Kammer zu
Theil werdende Verminderung; es ist folglich mit dem Spiele der Compensatoren ein –
übrigens nur kleiner – Wasserverlust aus der oberen Haltung verknüpft.
Eine ferner hinzugefügte Regelungseinrichtung für die Bewegung der beiden
Schleusenkammern besteht darin, daſs die absteigende Kammer mit dem
Verbindungsventil der beiden Druckcylinder so in Zusammenhang gebracht ist, daſs
dieses Ventil sich in dem Maſse schlieſst, als die beiden Kolben sich ihren
Endstellungen nähern; es werden dadurch die Bewegungen der beiden Kammern in einer
gleichförmig abnehmenden Weise zum Stillstande gebracht.
Das mit den angegebenen Vervollkommnungen, ausgenommen die Compensationsapparate,
welche an maſsgebender Stelle nicht als unbedingt erforderlich erachtet wurden,
ausgeführte Schiffshebewerk von La Louvière liegt in
dem belgischen Kanäle du Centre, dessen einer Hang von 13km Länge vier Schleusen enthält, welche ein
Gesammtgefälle von 23m,26 vermitteln. Der andere,
erst jetzt zur Ausführung kommende Hang des Kanales – nur 8km lang – enthält einen Höhenunterschied von 66m,20, welcher durch vier Hebewerke überwunden werden soll; das erste
derselben ist das von La Louvière, welches im
verwichenen Sommer eröffnet worden und von den Société
Cockerill in Seraing hergestellt worden ist.
Dasselbe ist für 15m,40 Hub und Hebung von Schiffen
von 360t Ladefähigkeit eingerichtet. Die
Schleusenkammern haben 43m Länge bei 5m,80 Breite und 2m,40 Wassertiefe; das Gewicht der Schleusenkammern mit den beiden
Endabschluſsthüren ist 292t, dasjenige der
Wasserfüllung 676t und das Gewicht des tragenden
Kolbens (von 75mm Wandstärke und 19m,45 Länge) 80t.
Da die aus Guſseisen mit 100mm Wandstärke
hergestellten Cylinder 2m,06 Durchmesser haben,
beträgt der in demselben herrschende Wasserdruck 34at. Sie sind aus Trommeln von je 2m,0
Höhe hergestellt; beide Enden sind mit wenig vortretenden Ringen versehen und die
Dichtungsflächen, zwischen welchen dünne Bleiplatten liegen, auf die halbe
Wandstärke gebracht. Die Verbindung je zweier Schüsse geschah durch Stahlringe mit
∟-eisenförmigem Querschnitte. Die ganze verbleibende Oberfläche der Trommeln ist mit
Stahlringen von 50mm Dicke und 152mm Höhe bezogen, welche in warmem Zustande
aufgebracht wurden. Gefordert war, daſs der Stahl einen Zug von 4500k/1qcm während
15 Minuten aushalten und beim Bruche 20 Proc. Dehnung aufweisen solle; daſs die
Trommeln einen inneren Druck von 40k/1qcm aushalten ohne Durchsickerung zu zeigen und
daſs ein Bruch erst unter einem Drucke von 80at
erfolgen dürfe. Eine mit Stahlringen verstärkte Trommel soll einem Drucke von 160at widerstehen, und die Stopfbüchsen müssen bei
80at Druck, der 1 Stunde lang ausgeübt wird,
dicht bleiben.