Titel: Die Löslichkeit der Sulfide im Glase (neue Farben); von Richard Zsigmondy.
Autor: Richard Zsigmondy
Fundstelle: Band 273, Jahrgang 1889, S. 29
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Die Löslichkeit der Sulfide im Glase (neue Farben); von Richard Zsigmondy. Zsigmondy, über die Löslichkeit der Sulfide im Glase. Die gelbe bis braungelbe Färbung, welche dem Glase ertheilt wird, wenn dem gewöhnlichen weiſsen Glassatze verkohlende Substanzen, wie Weinstein, Zucker, Rinde, Borke zugesetzt werden, ist eine dem Praktiker seit langem bekannte Thatsache. Als man anfing, chemische Kenntnisse zur Erklärung der Erscheinungen der Glasindustrie zu verwerthen, wurde diese Gelbfärbung mit ziemlich richtigem Blicke der Reduction von Sulfaten, die aus der Potasche stammen, zugeschrieben. Schon im J. 1839 theilte Splitgerber (Pogg. Bd. 47 S. 166, Bd. 95 S. 472) seine Beobachtungen darüber mit, und erklärt die Färbung durch Bildung von Alkalisulfiden, die mit dem Glase zusammenschmelzen: Ein durch organische Substanz gelb gefärbtes Glas wird durch 10 bis 15 Minuten dauerndes, nicht bis zum Erweichen gesteigertes Rothglühen dunkelroth und endlich undurchsichtig. Durch stärkeres Erhitzen bis zum beginnenden Erweichen wird das Glas wieder durchsichtig; diese Erscheinungen sollen darin ihre Erklärung finden, daſs die Schwefelmetalle analog dem freien Schwefel beim Erhitzen in die rothe und schwarze Modification übergehen. Direkte Beweise für die Löslichkeit von Schwefelalkalien im Glase finden sich mehrere in der Literatur (vgl. Pelouze, Comp. rend., Nr. 60 S. 985; Ann. Chim. Phys. [4] Bd. 6 S. 467; J. B. 1865 S. 802). Ferner Seleznew, Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. 15 S. 1191). Einfach-Schwefelalkalien sollen das Glas intensiv roth, ins Braune, Mehrfach-Schwefelalkalien schön roth färben. P. Ebell fand, daſs freier Schwefel geschmolzenes Glas, welches mehr Alkalien enthält, als der Formel 2R2O, 5SiO2 entsprechen, gelb färbt, dagegen ein kieselsäurereicheres nicht, und schreibt daher dem neutralen Glase die obige Formel zu. Ohne mich in eine Discussion über diese interessanten, noch weiterer Untersuchung werthen Erscheinungen einzulassen, will ich gleich zu der Besprechung meiner eigenen Versuche übergehen. In einer vor etwa 2 Jahren veröffentlichten AbhandlungNeue Lichter und Farben auf Glas 1887 266 369. habe ich darauf aufmerksam gemacht, daſs Sulfide der Schwermetalle und speciell das Schwefelcadmium unverändert vom geschmolzenen Glase gelöst werden. Es ist diese Thatsache nicht nur interessant vom Standpunkte des Glastechnikers, der dadurch in Stand gesetzt wird, eine Reihe neuer Farbstoffe für Glas zu gewinnen, sondern auch von dem des Chemikers, da im Glase ein Lösungsmittel für einen Körper gefunden wurde, der bisher ohne Zersetzung nicht in Lösung gebracht werden konnte. Es wurde in der eben citirten Abhandlung darauf aufmerksam gemacht, daſs die Farbe durch Oxydationsmittel verschwindet, daſs das Glas während des Abkühlens dieselben Farbenwandlungen durchmacht, wie das Cadmiumsulfid; ferner auf die eigenthümliche Erscheinung des Zerfallens eines durch Schwefelcadmium gefärbten Glases in Tausende von kleinen Blättchen, eine Erscheinung, die durch das Bestreben des Cadmiumsulfids erklärt wurde, noch während des Erkaltens aus dem ihm unbequemen Lösungsmittel auszufallen, was im kalten Glase nicht ohne Aufhebung des Zusammenhanges möglich ist. Diesem Berichte wäre noch beizufügen, daſs bei allzuhoher Temperatur das Glas gispig wird, sich nicht gut läutern läſst, wahrscheinlich in Folge partieller Verflüchtigung von Schwefelcadmium aus dem Glase. Bei der Arbeit wird das Glas durch öfteres Erwärmen dunkler gelb. (Vgl. Buchner, Chem. Zeitung Nr. 11 S. 1108.) Die oben beschriebenen Schwierigkeiten sind inzwischen vollständig überwunden worden, und das gelbe Glas wird auf einer österreichischen Hütte im Groſsen fabricirt. Auf der Wiener Jubiläums-Gewerbeausstellung war unter dem Namen Kaisergelb eine Reihe von Luxusgegenständen ausgestellt, mit CdS gefärbte Gläser, die sich durch ihre satt gelbe, feurige Farbe mit einem schwachen Stich ins Grünliche von den bräunlich-gelben Silbergläsern unterschieden, und von denen eine bedeutende Menge aus Oesterreich exportirt wird. Durch diese Erfolge ermuthigt, unternahm ich es in Gemeinschaft mit Herrn C. Haller, Chemiker aus Prag, eine Reihe von Versuchen über die Löslichkeit anderer Sulfide im Glase anzustellen. Zunächst wollten wir feststellen, in welcher Weise Glas sich gegen einen groſsen Ueberschuſs von Schwefelalkalimetallen verhält. Zu diesem Zwecke wurde folgender Satz geschmolzen: Nr. 1. Sand 130dg Soda   20 Mehrfach-Schwefelkalium   36 Kalk   18 Die angewendeten Materialien waren möglichst rein, eisenfrei, die Potasche 85 bis 90procentig;, die Soda nach dem Ammoniakprozesse gewonnen, der Kalk gebrannt und an der Luft zerfallen. Das Glas wurde in kleinen, etwa 2k fassenden Thontiegeln von der Form der gewöhnlichen Hafen geschmolzen; sie wurden von den Arbeitern mit besonderer Geschicklichkeit mit Hilfe einer zweizinkigen Eisengabel gepackt, und auf die einander zugekehrten Randtheile zweier benachbarter Hafen in der Weise aufgestellt, daſs der kleine Tiegel förmlich die Brücke von einem Hafen zum anderen bildet. Unsere Versuche wurden mit laufenden Nummern versehen, die ich hier beibehalten will, und von denen viele hier nicht angeführt sind, theils weil sie zur Erledigung ganz specieller Fragen angestellt wurden, theils aber, weil die Resultate mancher von geringerem Interesse waren. Das Glas Nr. 1 wurde in 2 Stunden erschmolzen; es war schwarz, stark glänzend und spröde. Nach einigen Tagen zersprang der ausgegossene Kuchen in mehrere Stücke ohne äuſsere Veranlassung, vielleicht deshalb, weil wir ihn nicht genügend langsam gekühlt hatten. Auf Krystall überfangen, gibt es ein schwarzbraunes, an Dunkelumbra erinnerndes Glas. Schwefelleber schmilzt also mit dem Glase zusammen, selbst wenn man dieselbe in groſser Menge zusetzt; Glasgalle war nicht zu bemerken. Da wir uns durch Vorversuche überzeugt hatten, daſs Metallsulfide in den kleinen Tiegeln durch Einwirkung der Flammengase sehr leicht oxydirt werden, und die Anbringung von Deckeln auf den Tiegeln nicht gut durchführbar war, wurde zum Schütze der Sulfide etwas Einfach-Schwefelnatrium zugesetzt, in Mengen von ½ bis 3 Proc., von dessen Färbevermögen wir uns durch besondere Proben überzeugt hatten; da dasselbe groſsentheils oxydirt wird, färbt es nur lichtbraungelb, eine Färbung, die sich von den weit intensiveren Färbungen der Sulfide von Schwermetallen leicht unterscheiden läſst, und auf die stets Rücksicht genommen wurde bei der Beurtheilung der erschmolzenen Gläser. Nr. 3. Uransaures Natron und Schwefelnatron        Sand 65        Potasche 15        Soda   5        Kalk   9        Uransaures Natron   0,75        Schwefelnatron   1,5 Hier wurde versucht, eine Umsetzung zwischen Uransilicat und Na2S zu veranlassen. Das Glas war lichtgelb bräunlich, die Farbe des Urans war verdeckt; eine Umsetzung hat wahrscheinlich nicht stattgefunden, da Uransulfid jedenfalls weit intensiver gefärbt haben würde. Ein Versuch mit Schwefelwolfram unter Zusatz von Schwefelnatrium gab ein unscheinbar röthlichgelbes Glas. Mehr Interesse bieten die Proben mit Molybdän. Nr. 17. Sand 65 Potasche 15 Soda   5 Kalk   9 Molybdänglanz   3 Na2S   2 Es resultirte ein dunkelrothbrauner Rubin. In dünneren Schichten erschien das Glas licht braungelb, auf Opal überfangen wurde es schmutzig schwarzbraun. Wir haben diese Erscheinung auch bei anderen Sulfiden beobachtet; sie ist darauf zurückzuführen, daſs das Sulfid aus der ziemlich concentrirten Lösung bei wiederholtem Anwärmen ausfällt. Während das zuerst ausgegossene und erkaltete Glas schön rothbraun und durchsichtig ist, wird das nochmals eingewärmte dunkelbraun und undurchsichtig, offenbar hat sich ein Niederschlag gebildet. Gläser, die mit Schwefelcadmium übersättigt sind, zeigen diese Erscheinung noch deutlicher, sie verändern ihre Farbe nicht, werden aber opak. Wir haben es hier mit einer ganz allgemeinen Erscheinung der Glaschemie zu thun, die nicht genug Berücksichtigung finden kann. Milchgläser, die anfangs nicht oder wenig getrübt erscheinen, werden durch ein- bis zweimaliges Anwärmen völlig opak. Durch Edelmetalle gefärbte Gläser erhalten ihre, ihnen eigenthümliche Färbung, wenn sie farblos erkaltet sind, erst durch Nachwärmen. Auch die Trübung der mit Oxyden gesättigten Boraxperle durch Flattern gehört hierher. Wir sehen an diesen Beispielen, daſs für die Bildung gröſserer Molecularcomplexe bezieh. die sich darin vollziehenden Umlagerungen (wir können es bei Goldgläsern mit verschiedenen Isomeriearten zu thun haben) eine Temperaturänderung vielleicht speciell die ansteigende Temperatur besonders begünstigend wirkt. Nr. 27 war wie Nr. 17 zusammengesetzt, nur daſs statt 65 Th. Sand 50 Th. angewendet wurden. Nach 3 Stunden war das Glas geläutert, enthielt aber viel Galle. Im Uebrigen hatte es die Eigenschaften des Glases Nr. 17. Nach 16 Stunden fiel der Tiegel durch Zufall in den daneben stehenden Hafen, der mit Opalglas beschickt war. Nach einiger Mühe konnte der Thontiegel wieder herausgezogen werden, sein Inhalt war aber mit dem des groſsen Hafens gemischt und zeigte schön carneolartige Streifung und Bänderung. Nr. 28. Aehnlich wie Nr. 17 zusammengesetzt, wurde mit Minium versetzt, um zu prüfen, ob Bleigehalt des Glases verändernd auf die Farbe einwirkt. Das Glas war gelbbraun; auf Opal überfangen, wurde es schwarzbraun. Nr. 30. Sand 50dg Potasche 15 Soda   5 Kalk   9 Molybdänglanz   1 Schwefelnatrium   2 Hier wurde nur der dritte Theil an Schwefelmolybdän verwendet; das Glas war gelb, stark anlaufend, wurde nach 24 Stunden Schmelzzeit mit Opal überfangen. Diesmal war der sepiafarbige Niederschlag nicht aufgetreten, und das Glas feurig orange-rothbraun gefärbt. Nr. 31. Ein Kryolithglas mit Schwefelmolybdän versetzt. Sand 40dg Potasche   2,5 Soda   5 Kryolith   3 Fluſsspath   3 Feldspath   4,5 Molybdänglanz   2 Schwefelnatron   2 Schwärzlich-grünbraun, zeigte schöne Wolken, wo langsam erkaltet, wurde das Glas opak (weiſslich vom Kryolith). Ein Glas von dieser Zusammensetzung hat offenbar ein sehr geringes Lösungsvermögen für Schwefelmolybdän und dieses hat sich lebrig ausgeschieden. Nr. 33. Derselbe Satz wie Nr. 31, nur wurden statt 2dg MoS2 und 2dg Na2S je ½dg der beiden Substanzen verwendet. Das Glas war gelbbraun, der Kryolith ausgeschürt, wahrscheinlich in Folge zu langer Einwirkung des Feuers. Nr. 40. Herr C. Haller hatte die Freundlichkeit, mir nachträglich noch folgenden, in gröſserem Maſsstabe ausgeführten Versuch mitzutheilen. Sand 9 Wr.-Pfd. entsprechend 10 Th. Potasche 3 3,3 Soda 0,25   0,27 Kalk 1,5   1,64 Molybdänglanz 1,5dg   0,03 Der Satz wurde in einem 10 bis 15k fassenden Probehafen niedergeschmolzen, ohne Zusatz von Schwefelnatrium, der hier nicht nöthig, da eine Oxydation nur an der Oberfläche zu befürchten war. Das Glas war durch den geringen Zusatz von 0,3 Proc. Schwefelmolybdän röthlich-gelb gefärbt mit sehr schönem Stich ins Rothe. Auſserdem wurde sehr starke Gallenbildung beobachtet. Nr. 16. Färbung durch Schwefelantimon. Folgender Satz gab ein farbloses Glas: Sand 65dg Potasche 15 Soda   9 Sb2S3   5 Na2S   1 Der Schwefelantimon scheint sich zu verflüchtigen. Ein Kryolithglas mit Schwefelantimon und Schwefelnatron versetzt, gab ein braungelbes Glas; die Färbung kann hier vom Schwefelnatrium herrühren, da etwa 6 Proc. des letzteren zugesetzt wurden. Eine Wiederholung dieses Versuches mit etwa 4k Sand, 250g Kryolith, 100g Schwefelantimon und 200g Schwefel hat Herr C. Haller ausgeführt; er erhielt ein schön rothbraunes, durchaus nicht sprödes Glas. Der Glassatz von Nr. 16 statt mit Schwefelantimon mit 2dg Zinnsulfür und 2dg Schwefelnatrium versetzt, gab ein schwach grünlichgelb gefärbtes Glas. Der Tiegel war jedenfalls ungünstig gestellt, so daſs das Schwefelzinn entweder verflüchtigt oder oxydirt worden war. Mit Schwefelkupfer wurden mehrere Glasproben versetzt. Nr. 11. Sand 100 Th. Potasche   26 Soda     1,8 Kalk   12 Schwefelkupfer     1,7 Schwefelnatrium     2,3 Das Glas war sepia- bis sienafarbig, dunkelbraun, so dunkel, daſs man durch die einigermaſsen dicke Schicht nicht mehr hindurchsehen konnte; dennoch war es klar und ungetrübt. Durch Nachwärmen wurde es wieder schmutzig schwarzbraun und getrübt. Wird dieses Glas mit Schleifglas verdünnt und auf Opal überfangen, so erhält man angenehm warme sepiafarbige Töne, die in beliebiger Intensität herstellbar, dem sogen. Naturpapiere der Maler gleichen und sich wohl als Hintergrund für Zeichnungen oder edlere Glasmalerei eignen dürften. Nr. 13. Sand 60 Potasche   4 Soda   8 Kryolith   5 Fluſsspath   5 Feldspath   7 Schwefelkupfer   0,8 Schwefelnatrium   1,2 Der Hafen war gesprungen, der gröſsere Theil des Glases ausgelaufen; der Rest des Glases hatte chocolatbraune Farbe und war opak. Nr. 14. Sand 65 Potasche 20 Soda 10 Kalk   9 Kupferrubinglas   6 Schwefelkupfer   0,5 Schwefelnatrium   1,1 Der intensiv gefärbte Kupferrubin wurde zugesetzt, um die Farbe des Glases in rothbraun umzuändern. Trotzdem war die Färbung ähnlich der durch Versuch 11 erzielten und kaum ins Rothe nüancirt, ein Beweis, daſs die färbende Kraft von Schwefelkupfer sehr bedeutend ist. Ebenso hatte ein Zusatz von Schwefelcadmium keinen Einfluſs auf die Nuance des Kupfersulfidglases. Herr C. Haller hat noch folgende Versuche ausgeführt: Nr. 37a. Sand 10 Pfd. Potasche   3 Kalk   1,2 Soda   0,25 Schwefelkupfer   7,5dg Schwefelnatrium 10,5 Borax   9,5 Er erhielt ein schön kupferrubinrothes Glas. Nr. 37b war eine Wiederholung von 37a, unter Hinzugabe von 2dg,5 CdS und 3dg,5 Schwefelnatrium; es wurde ein rothes Glas mit bräunlichem Stich erhalten. Es mag auffallend erscheinen, daſs die letzten zwei Versuche rothe Gläser ergeben haben, während durch Schwefelkupfer sonst stets braune Gläser erzielt wurden. Uns sind derartige unerwartete Farbwandlungen öfter bei Sulfidgläsern begegnet. Kleine Differenzen in der Zusammensetzung, Temperaturunterschiede, Abänderung der Gröſse der Gefäſse können dieselben bedingen und erschweren einigermaſsen das Studium der Sulfidgläser. Ein Versuch, Glas mit Schwefelwismuth zu färben, schlug fehl, das Glas war fast farblos und das Sulfid wahrscheinlich verflüchtigt worden. Schwefelblei wurde aus der Lösung von Bleinitrat mit Schwefelwasserstoff gefällt und der abfiltrirte und gewaschene Niederschlag verwendet. Nr. 34. Sand 50dg Potasche 15 Soda   5 Kalk   9 Schwefelblei   1 Schwefelnatrium   1 Das Glas war spröde und sah schwärzlich lebrig aus; zu einem dünnen Kölbchen aufgeblasen, hatte es noch immer das dunkle Aussehen; sehr grelles Licht kann durch dasselbe gesehen werden, erscheint aber roth, wie durch beruſstes Glas betrachtet. Nr. 36. Sand 50dg Potasche 15 Soda   5 Kalk   9 Schwefelblei   0,5 Schwefelnatrium   0,5 gab ein schmutzigbraunes Glas; im Ueberfang erschien es ähnlich dem Glase Nr. 1. Auch hier hat sich trotz der Verdünnung Bleisulfid ausgeschieden und es muſste erst durch noch stärkere Verdünnung festgestellt werden, welche Anlauffarbe dem gelösten Bleisulfide zukommt. Auch das Schwefelsilber wurde durch Fällen von Nitrat mit Schwefelwasserstoff gewonnen. Nr. 35. Sand 56 Potasche 15 Soda   5 Kalk   9 Schwefelsilber   1 Schwefelnatrium   1 Das Glas, anfangs schwärzlich-rubinroth, wurde nach längerem Schmelzen gelbbraun, streifig, ähnlich einem schlecht geschmolzenen Silberrubin. Auch hier muſsten weitere Versuche mit passenden Modificationen unsere Beobachtungen über dieses Glas ergänzen. Durch Zusatz von ½ Proc. Schwefelnickel zu einem gewöhnlichen Glassatze erhielt Herr Haller ein schön amethystviolettes Glas. Durch Mittheilung der hier angeführten Versuche wollte ich darauf aufmerksam machen, daſs man im Stande ist, durch Lösen von Metallsulfiden in Gläsern denselben neue, vielleicht sehr brauchbare Färbungen zu ertheilen. Allerdings sind die durch Sulfide gefärbten Gläser nicht so leicht herzustellen, wie die durch Silicate gefärbten, dies liegt in der Natur der Sulfide, in ihrer leichten Oxydirbarkeit, verhältniſsmäſsig gröſseren Flüchtigkeit und dem Umstände, daſs die Metallsulfide von der Substanz des Glases gänzlich verschieden sind, sich mit ihnen daher nicht in beliebiger Menge zusammenschmelzen lassen. Ein weiterer erschwerender Umstand liegt in der Sprödigkeit vieler Gläser, der die Verarbeitung erschwert, und in der Veränderlichkeit der Farbe; letztere kann aber unerwartet zu ganz neuen Färbungen führen; andererseits kann man sicher sein, daſs wenn man stets dieselben Bedingungen einhält, man auch stets gleich gefärbte Gläser erhalten wird. Es genügt nicht, um die Farbe eines Sulfids zu beurtheilen, einen einzigen Versuch, etwa in einem kleinen Tiegel, auszuführen, dies wird in den meisten Fällen zu Miſserfolgen führen. Das sicherste Resultat geben Schmelzproben in gröſserem Maſsstabe mit 10 bis 20k und bei nicht zu starker Hitze; es ist sogar nothwendig, will man nicht allzu verschwenderisch mit dem Materiale umgehen, derartige Versuche anzustellen, bevor man irgend ein in kleineren Tiegeln erschmolzenes Glas in den Groſsbetrieb einführt. Die hier mitgetheilten Versuche sollen das Gebiet nur andeuten, das noch der Bearbeitung fähig ist; da jedes Metallsulfid ein eigenes Studium erfordert, ist es dem Einzelnen nicht gut möglich, alle hierher gehörigen Proben auszuführen, weitere Mittheilungen von Fachgenossen, werden uns daher stets willkommen sein. Die Sulfidgläser dürften, namentlich mit andersfarbigen Gläsern gemischt, brauchbare Nuancen geben. Aber auch einem bisher mit Unrecht stark vernachlässigten Zweige der Wissenschaft, ich meine die Chemie feuerflüssiger Körper, dürften derartige Versuche werthvoll sein. Während die Reactionen der Körper bei niedriger Temperatur schon auf den weitverzweigtesten Gebieten eingehend studirt wurden, blieb die Erkenntniſs der Reactionen feuerflüssiger Körper in einer Periode der Entwicklung stehen, die nicht weit hinter dem Zeitalter der Phlogistontheorie liegt. Der Grund davon, mag darin zu suchen sein, daſs derartige Versuche nicht so leicht anzustellen sind, wie solche in der Eprouvette, theils auch darin, daſs dieses Gebiet dem forschenden Chemiker etwas abseits liegt. Eine seit etwa 100 Jahren in der analytischen Chemie zur Trennung von Metallen gebrauchte Operation ist die Fällung derselben mit Schwefelwasserstoff bezieh. mit Schwefelalkalien. Nachdem wir jetzt erkannt haben, daſs sowohl Silicate der Schwermetalle als auch Schwefelalkalien in gröſserer Menge im Glase gelöst werden können, welch letzteres hier die Rolle einer neutralen Flüssigkeit spielt, ferner daſs die Sulfide der Schwermetalle in flüssigem Glase theils in gelöstem, theils in suspendirtem Zustande beständig sind, wäre es gewiſs nicht uninteressant zu erfahren, in welcher Weise diese Körper in feuerflüssiger Lösung auf einander einwirken, ob die Silicate der Eisengruppe oder vielleicht die der Bleigruppe mit Schwefelnatrium in Reaction treten oder ob derartige Umsetzungen überhaupt nicht stattfinden. Unsere Arbeit gab uns bereits einige Anhaltspunkte zur Entscheidung dieser Frage; wir wollen die Versuche in dieser Richtung gelegentlich noch fortsetzen und erst, wenn wir einen tieferen Einblick in die Natur dieser Reactionen gewonnen haben, darüber Mittheilung machen. München, im Mai 1889.