Titel: Ueber Fräsen und amerikanische Fräsemaschinen.
Autor: Pregél
Fundstelle: Band 274, Jahrgang 1889, S. 487
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Ueber Fräsen und amerikanische Fräsemaschinen. Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 26. Ueber Fräsen und amerikanische Fräsemaschinen. Ein weites Anwendungsgebiet wird der Fräse im Locomotivenbau und in den Eisenbahnhilfswerkstätten erschlossen, sobald mit Sicherheit eine saubere, tadelfreie Arbeitsfläche der entsprechenden Maschinentheile hergestellt werden kann, welche jede weitere Vollendungsarbeit überflüssig macht. Wenn auch der Arbeitsvorgang der Fräsemaschine in Vor- und Fertigarbeit getheilt durchgeführt wird, so kann man doch die Folgen von Fehlern im Fräsewerkzeug und der Maschine nur durch Feilen u.s.w. gänzlich beseitigen. Abgesehen von Formfehlern der Arbeitsfläche, sind die gerügten Mängel, die in Längs- und Querriffen, sogen. Wellen, an der Oberfläche des Arbeitsstückes bestehen, die häufigsten. Die ersteren, die Folge von Scharten und Abstumpfungen der Fräsezähne, die bei Formfräsern höchst lästig werden, sind leicht durch Nachschleifen der Fräse zu beseitigen, sobald die Formfräser aus Theilstücken zusammengesetzt werden. Dahingegen sind Querwellen in der Arbeitsfläche durch verschiedene Fehler begründet. Das Fräse Werkzeug ist entweder von Hause aus unrund oder excentrisch auf die Spindel aufgesteckt oder es ragen einzelne Schneidkanten über die anderen Fräsezähne etwas hervor, was bei unvorsichtigem Nachschleifen leicht möglich wird, oder es ist die Fräsespindel überhaupt mangelhaft gelagert. Wenn auch ein wechselnder Arbeitsdruck durch entsprechende Gestaltung des Fräsewerkzeuges zu vermeiden ist, so können doch stark übersetzende Antriebstheile bei schwachen Maschinenausführungen einen schütternden Arbeitsgang veranlassen. Ein Gleiten des Hauptantriebriemens, besonders aber ein Gleiten des Steuerungsriemens wird sich in der Arbeitsfläche bemerkbar machen. Deshalb sind kleinere, rasch kreisende Fräsen, welche unmittelbar vom Betriebsriemen bethätigt werden, und die auf verhältniſsmäſsig starken und lang gelagerten Spindeln, die wenn möglich zwischen Spitzen laufen, groſsen Fräsen mit übersetzendem Rädertriebwerk vorzuziehen. Da aber die Schaltungstheile eine starke Uebersetzung ins Langsame voraussetzen, so wird ein Gleiten des Steuerungsriemens leicht Veranlassung zu ungenauer Arbeit geben, weil mit dem Stillstande des Vorschubes sofort eine Aufhebung des Arbeitsdruckes und eine Spannungsänderung in der Maschine Hand in Hand geht. Deshalb ist die Ableitung der Schaltungsbewegung von der Hauptspindel möglichst zwangläufig mit Einschaltung von sicher wirkenden Reibungskuppelungen und nicht mit schwachen leicht gleitenden Riemen durchzuführen. Wenn auch dadurch der Vortheil, welchen Stufenscheiben gewähren, verloren geht, so ist hierbei doch stets zu bedenken, daſs mittels Stufenscheiben doch nur selten die gewünschten Vorschubgröſsen zu ermöglichen sind. Weit allgemeiner und sicherer ist die Veränderung der Schaltung mittels Versatzräder zu erreichen, wodurch gleichzeitig bei zwangläufiger Schaltung eine groſse Fehlerquelle der Fräsemaschine beseitigt wird. Die in Fig. 1 bis 4 Taf. 26 dargestellten einfachen und zusammengesetzten Fräsen werden für die Bearbeitung von Locomotiventheilen in den Werkstätten der Belgischen Staatsbahn in Mecheln von Degraux angewendet, welcher mit groſser Sorgfalt die Fräsen auf ihre Richtigkeit untersucht und angeblich Abweichungen bis ein Hundertstel eines Millimeters durch Anwendung von Mikrophone und Vergröſserungsgläsern auffindet. In The Engineer, 1889 Bd. 67 * S. 287, ist auch die Anlage der Hilfswerkstätte in Mecheln für Herstellung der Werkzeuge beschrieben. Fräserscheiben, welche sich beim Härten verzogen haben, windschief oder unrund geworden sind, werden mittels eines Schleifrades nachgeschliffen und die Bohrung mittels Kupferbolzen mit Schmirgelpulver und Oel ausgeschliffen. Diese Richtigstellung der Form erfolgt nach zwei Grundsätzen, entweder wird nach dem kreisförmig nachgeschliffenen Fräserumfange die Bohrung eingerichtet, oder es wird nach der eingerichteten Bohrung der Umfang nachgeschliffen. Hierzu dienen die von A. B. Landis im American Machinist, 1889 Bd. 12 Nr. 7 * S. 2, angegebenen und in Fig. 5 und 6 Taf. 26 dargestellten Vorrichtungen. Die vorher am Umfange kreisförmig abgeschliffene Fräsescheibe wird in die Spannglocke a eingelegt und mittels eines Ringes b eingeklemmt. Das Ganze befindet sich an einer Drehbankspindel. Die Aussparung c dient zur Einführung der Lochleere, während der Schleifbolzen am Support angebracht ist. Bei der Vorrichtung Fig. 6 wird die in der Bohrung vorgerichtete Fräsescheibe f auf einen Spannbolzen c der Scheibe d aufgeschoben, dieser Schlitzbolzen c vermöge des Kegelkopfes der Schraube b erweitert, wodurch die Fräse gehalten wird. Um diese Vorrichtung für verschiedene Fräserbreiten zu verwenden, werden genau abgedrehte Zwischenringe eingelegt. Fig. 1., Bd. 274, S. 489 Brainard's Fräsemaschine. Diese dem American Machinist, 1888 Bd. 11 Nr. 50 * S. 3, entnommene Fräsemaschine (Textfig. 1) ist für allgemeine Arbeit und zur Herstellung von Werkzeugen bestimmt. Die Lagerdeckel des Spindelstockes sind zu einem Bügel gestaltet, auf dessen zapfenartiger Verlängerung ein verschiebbarer Arm die Gegenspitze für das Fräserwerkzeug trägt. Soll mit fliegendem Fräser gearbeitet werden, so wird dieser Arm einfach zurückgedreht und dadurch die Arbeitsstelle freigelegt. An der Spindelverlängerung, und zwar am Hinterlager, ist ein drehbarer Schlitzhebel angeordnet, welcher die Versatzräder für den Betrieb der Schaltung trägt, von denen aus mittels vierstufiger Riemenscheiben diese Bewegung auf die Tischtheile übertragen wird. Der Tischwinkel hat 450mm Höhenverstellung, der Tischschlitten 125mm Verschiebung in der Richtung der Fräserspindel, welche mittels Kreistheilungsscheibe auf (1 : 40)mm bemessen werden kann, während der eigentliche Quertisch selbsthätige Verstellung bis 500mm unter der Fräserspindel erhält. Das Gewicht der vollständigen Maschine sammt Deckenvorgelege beträgt annähernd 1000k. Erbauer ist die Brainard Milling Co., Hyde Park, Mass., Amerika. Brown und Sharpe's Fräsemaschine. Diese schon früher beschriebene Fräsemaschine für allgemeine Arbeit hat in den neueren Ausführungen (Textfig. 2) nach American Machinist, Fig. 2. 1889 Bd, 12 Nr. 8 * S. 6, einen Zusatz erhalten, welcher zur Vervollständigung entschieden beiträgt. Fig. 2., Bd. 274, S. 490 Durch Lageraugen, welche sich über den Spindellagern befinden, wird ein starker Rundstab drehbar durchgeschoben, welcher an seiner vorderen Abkrümmung die Gegenspitze für die Fräse trägt. Nach Bedarf wird diese Gegenspitze in die Fräserachse eingestellt oder weggedreht. Die selbsthätige Verschiebung des Quertisches erfolgt durch eine gelenkige Welle mit Verlängerungsauszug von Stufenscheiben auf die Tischspindel, welche auch als Uebertragungswelle für die gleichzeitige Drehverstellung des Werkstücks beim Gewindenuthfräsen gebraucht werden kann. A. B. Landis' Gegenspitzenhalter an Fräsemaschinen. Während Brainard bloſs den die Gegenspitze tragenden Arm zum Verdrehen einrichtete, legen Brown und Sharpe durch Lageraugen des Spindelstockes eine runde abgekröpfte Stange, welche sammt der Gegenspitze zum Verdrehen und Verschieben eingerichtet ist. A. B. Landis bespricht im American Machinist, 1889 Bd. 12 Nr. 4 * S. 6, die Zweckmäſsigkeit dieser Einrichtungen in Bezug auf ihre Genauigkeit. Derselbe befürchtet nämlich, daſs der Arbeiter nicht immer mit gehöriger Sorgfalt die Gegenspitze und Fräsespindel in die richtige Achslage einstellen werde, daſs aber auch in Folge des einseitigen Achsendruckes des Fräsers ein selbsthätiges Verdrehen des sonst gebremsten Armes eintreten könnte. A. B. Landis schlägt die in Fig. 7 Taf. 26 dargestellte Bauart des Balkens vor, wobei der Spitzenhalter schlittenartig in Prismenführung ohne Seitenleisten läuft, wodurch die achsiale Lage der Gegenspitze in allen Fällen gesichert ist. Die Feststellung des Balkenschlittens wird durch Klemmschrauben erreicht, welche quer durch die nach oben geschlitzten Spindellager gehen, während im Gegensatze hierzu der stellbare Spitzenhalter geschlitzt und durch eine Querschraube an den Schlitten geklemmt wird. Es kann nach Belieben das Arbeitsfeld frei gemacht, aber auch die Gegenspitze ohne besondere Geschicklichkeit genau wieder eingerichtet werden, während Seitenkräfte keinen Einfluſs auf die Einstellung ausüben können. A. B. Landis' Vorrichtung zum Querfräsen. Um die Brainard'sche Fräsermaschine mit Gegenspitzenhalter auch zum Querfräsen einzurichten, schlägt A. B. Landis nach American Machinist, 1889 Bd. 12 Nr. 23 * S. 4, die in Fig. 8 Taf. 26 zur Ansicht gebrachte recht brauchbare Hilfseinrichtung vor. An Stelle des Gegenspitzhalters wird das Lagerstück A aufgeschoben und an dem Spindelstock mit einer Schraube festgelegt. Winkelräder treiben von der Hauptspindel aus die kurze Querspindel, welche hier mit zwei Fräsen ausgerüstet ist. J. Grant's Fräsemaschine. Von der Pratt Whitney Co. in Hartford, Conn., wird nach American Machinist, 1889 Bd. 12 Nr. 17 * S. 5, die beifolgend in Textfig. 3 abgebildete Fräsemaschine gebaut. An den inneren Führungen des U-förmigen Gestelles ist der Tischkörper zweiseitig aus dem Grunde geführt, um die gröſstmöglichste Starrheit zu erreichen, welche, wie früher erwähnt, die Leistungsfähigkeit der Maschine bedingt. Fig. 3., Bd. 274, S. 491 Der 70mm breite Betriebsriemen treibt mittels ausrückbarem Vorgelege von einer Uebersetzung (9 : 1) die Fräsespindel, deren Vorderlager 75 zu 125mm Durchmesser und Länge besitzt. In der tiefsten Einstellung des Tisches beträgt die Entfernung Tischfläche zu Fräserachse 317mm. Diese Maschine wiegt 900k. Eynon und Ingersoll's Hobeltisch-Fräsemaschine. Eine besonders kräftig gebaute Fräsemaschine zur Bearbeitung von Maschinentheilen ist in Textfig. 4 abgebildet. Fig. 4., Bd. 274, S. 492 Nach American Machinist, 1888 Bd. 11 Nr. 35 * S. 1, hat der am Rahmenständer befindliche Fräserschlitten 305mm Senkrechtverstellung, die stählerne Spindelhülse 104mm Durchmesser. Der Betrieb erfolgt mittels zweier Winkelradpaare, von denen das obere am Fräserschlitten lagert, während die stehende Keilnuthwelle sich durch die Nabe des unteren Winkelrades schiebt. Der selbsthätige Tischvorschub wird durch ein doppeltes Schneckenradtriebwerk erhalten, die selbsthätige Ausrückung ist durch Anschlagklötzchen und Zahnklippelungen durchgeführt. P. Leeds' Gleitbogen-Fräsevorrichtung an stehenden Bohrmaschinen. Fig. 5., Bd. 274, S. 492 Die Bogenschleifen der Stephenson'schen Coulissen werden nach American Machinist, 1889 Bd. 12 Nr. 8 * S. 3, unter einer Fräse- oder auch stehenden Bohrmaschine mittels einer, aus zwei gelenkig verbundenen Schlittentheilen bestehenden Vorrichtung gefräst. Diese, einen Winkel bildende Einrichtung ist auf den geometrischen Satz begründet, daſs diejenige Stelle eines in zwei Punkten längs dieser beiden Winkelschenkel geführten Stückes, welche mit der Dreiecksspitze zusammenfällt, einen Kreisbogen beschreibt, dessen Pfeilhöhe gleich ist der Höhe des entsprechenden gleichschenkligen Dreieckes von der Grundlinie gleich der Sehnenlänge des Kreisabschnittes. Hiernach braucht man nur den Coulissenbogen in dessen Excenterzapfenlöcher zu fassen, und einen dieser mit Grifföse versehenen Zapfen vermöge einer Transportspindel in dem Schlitze des einen Schlittentheiles zu bewegen, um die mit dem Gelenkpunkt der Schlitten- bezieh. der Dreiecksspitze zusammenfallende Fräse zu einem, einen Kreisbogen erzeugenden Werkzeuge zu gestalten. Sind aber die Excenterbolzen an der Rückseite des Coulissenbogens angeordnet, so bedient man sich alsdann zum Fräsen des Kreisbogenschlitzes einer entsprechenden, aus dem Bilde (Textfig. 5) leicht ersichtlichen Einspannvorrichtung. Fig. 6., Bd. 274, S. 493 Fig. 7., Bd. 274, S. 493 Steinmüller's Werkzeug zum Ausfräsen unrunder Löcher in Blechplatten. Ovale Reinigungsöffnungen, Luckenlöcher u. dgl. werden in Kesselbleche dadurch ausgefräst, das vorerst auf diese ein, der Form des Loches entsprechendes Führungsstück A (Textfig. 6 und 7) aufgespannt wird. In diesem wird der mit centralem Federstift versehene cylindrische Messerkopf eingeführt, welcher in seinem Kreuzschlitz vier Backen D führt, die mit ihren Keilflächen auf einander passen und die Schneidstähle tragen. Treten nun zwei gegensätzlich stehende Backen an den engeren Theil des Loches, so rücken dieselben gezwungenerweise zusammen, wobei sie das andere Backenpaar mittels ihrer keilförmigen Rückwände vortreiben, so daſs alle vier Backen an die innere Wand des Führungsstückes zur Anlage kommen. Um die centrale Lage dieses Werkzeuges zu sichern, ist der obere Theil des Bohrspindeleinsatzes noch in dem Deckel des Führungsstückes A geführt (D. R. P. Nr. 42204 vom 4. Januar 1887). Pregél.

Tafeln

Tafel Tafel 26
Tafel 26