Titel: | Die Leimung der Papierfaser im Holländer nach den praktischen Erfahrungen der Neuzeit; von Dr. E. Muth. |
Autor: | E. Muth |
Fundstelle: | Band 275, Jahrgang 1890, S. 30 |
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Die Leimung der Papierfaser im Holländer nach den
praktischen Erfahrungen der Neuzeit; von Dr. E. Muth.
Muth, über die Leimung der Papierfaser im Holländer.
Einleitung.
Die Leimung des Papiers hat den Zweck, der Faser, und damit dem Papiere die
Saugfähigkeit zu nehmen und geschah dies früher, indem das fertige Papier durch eine
Lösung von thierischem Leim gezogen wurde. Die Faser behielt bei dieser Behandlung
ihre ursprüngliche Geschmeidigkeit und Weichheit, dieselbe war deshalb auch im
Stande, beim Schüttelprozesse sich mit den zunächst liegenden Fasern zu verfilzen,
wodurch das Papier gröſste Festigkeit erhielt. Nach dem Leimen war die Oberfläche
des Papiers mit einer hornartigen Haut von getrocknetem Leim überzogen, welche die
Fasern und das Innere vor dem Eindringen der Flüssigkeit, also hier der Tinte,
schützt. Da bei dieser Art der Leimung nur die Oberfläche des Papiers mit einer
Leimschichte versehen war, so wurde dieses Verfahren zum Unterschiede gegen eine
später eingeführte Leimmethode „Oberflächenleimung“ genannt.
Wurde aus irgend welchem Grunde die schützende Haut auf der Oberfläche des Papiers
beschädigt, wie es z.B. beim Radiren der Fall war, so drang beim Beschreiben die
Flüssigkeit ins Papier; dasselbe löschte oder schlug durch. Das Schadhaftwerden der
schützenden Leimhaut lieſs sich jedoch auch auf Fabrikationsfehler zurückführen.
Wurde nämlich das Papier durch starken Luftzug mehr und rascher getrocknet als
nöthig war, so zogen sich die Fasern des Papiers rascher zusammen als die feine
Leimhaut folgen konnte, so daſs diese eine Menge feiner Risse erhielt;, in welche
die Tinte eindringen konnte, das Papier war nicht mehr „leimfest“. Aus dem
gleichen Grunde verändert sich häufigem solches Papier, wenn es an einem Orte
lagert, welcher der Feuchtigkeit der Luft zugänglich ist, der häufig trocken und
feucht wird. Ebenso erklärt sich auch das bei der Leimung mit thierischem Leim
gebräuchliche Verfahren, „Matrisiren“ genannt, wobei das übertrocknete und
mit feinen Rissen versehene Papier angefeuchtet wird. Die auf der Oberfläche
gebildete Haut wird aufgeweicht und wenn man jetzt das Papier vorsichtig trocknet,
so bildet sich die feine schützende Haut wieder und das durch Uebertrocknen
beeinträchtigte Papier wird jetzt ohne jeden Leimzusatz sehr gut leimfest.
Die Vorzüge des auf der Oberfläche geleimten und an der Luft getrockneten Papiers
sind zur Genüge bekannt, und schwer nur entschloſs man sich später für die
Aenderung, indem das auf erstere Art hergestellte Papier gröſsere Festigkeit und
Dehnungsfähigkeit hat als das Maschinenpapier. Hieran war zunächst schuld, daſs das
Schütteln beim Handpapier nach allen Seiten gleichmäſsig war, so daſs das Papier
nach der Längs- wie nach der Breitseite die gleiche Festigkeit hatte. Die Verfilzung
war die Gröſstmögliche, da die Faser, frei von allen leimenden Stoffen, die gröſste
Geschmeidigkeit und Weiche hatte. Weiter werden die Festigkeit u.s.w. des Papiers
dadurch bedingt, daſs dasselbe freihängend getrocknet wurde, wodurch es sich
unbehindert nach allen Seiten zusammenziehen konnte, die schwächeren Fasern konnten
den stärkeren folgen ohne zu zerreiſsen, die Fasern wurden nicht gereckt, dieselben
waren gleichmäſsig gespannt, so daſs die Fasern ihre ursprüngliche Festigkeit
behielten und diese übertrug sich auch auf das Papier.
Daſs bei den vielen Vorzügen, welche das auf der Oberfläche geleimte Papier hat, doch
von diesem Verfahren abgegangen wurde und dasselbe nur noch vereinzelt in Anwendung
ist, daran trug die umständliche Behandlung des Papiers hauptsächlich die Schuld,
indem die Oberflächenleimung häufig zwei Lufttrocknungen eventuell noch mehr nöthig machte,
so daſs dieses Verfahren nicht im Stande war, den täglich zunehmenden Anforderungen
nachzukommen.
Mit dem Einführen der Papiermaschine und der bekannt gewordenen Harzleimung wurde
auch die Leimung des Papiers sehr vereinfacht, weil jetzt die Leimung der Faser im
Holländer geschah und dieses Leimverfahren wurde mit dem Ausdruck
„Masseleimung“ bezeichnet Während früher das fertige Papier geleimt
wurde, wird jetzt die einzelne Faser geleimt. Eine Vereinfachung der Leimung des
Papiers wurde erreicht, jedoch keineswegs eine Verbesserung der Qualität des
Papiers. Die Faser wurde jetzt im Holländer geleimt, d.h. dieselbe wurde mit einem
wasserabstoſsenden Körper angefüllt und überzogen, welcher ihr den gröſsten Theil
ihrer Geschmeidigkeit und Weiche nahm, so daſs hierdurch beim Schüttelprozesse das
Verfilzen der Faser sehr erschwert wird. Die in der Papierbahn sich bildenden freien
Zwischenräume wurden mit der gleichen wasserabstoſsenden Masse ausgefüllt, weshalb
das Papier nach dem Trocknen mit der wasserabstoſsenden Masse ganz durchdrungen
war.
Der Unterschied zwischen Handpapier und Maschinenpapier besteht darin, daſs das
geschöpfte Papier meistens in der gleichen Gröſse in den Handel kommt, in welcher
der Bogen geschöpft wurde, deshalb auch der rauhe Rand; es zeigte dieses Papier weit
weniger gleichmäſsige Arbeit und Oberfläche. Das Maschinenpapier wird in endlosen
Rollen gearbeitet, dessen Breite von der Maschinenbreite abhängig, die rauhen Ränder
des Papiers werden durch den an der Maschine angebrachten Längsschneider
abgeschnitten, sowie auch das Papier in die gewünschte Breite durch den
Längsschneider geschnitten wird. Die Behandlung, welche die Faser durch den
Leimprozeſs erfahrt, die einseitige Schüttelung der Papiermasse, der straffe Zug,
mit welchem die feuchte Papierbahn geführt werden muſs, sowie die rasche Trocknung
des feuchten Papiers auf den Trockencylindern, dieses alles sind Manipulationen,
vermöge welcher das Maschinenpapier weit weniger Festigkeit als das Handpapier hat.
Während das Handpapier nach der Längs- und Breitseite der Bogen die gleiche
Festigkeit hat, ist diese sowohl wie die Dehnungsfähigkeit beim Maschinenpapier nach
jeder Richtung verschieden, ja es können Umstände eintreten, wo dieser Unterschied
50 Proc. und mehr beträgt.
Die Eigenschaften, welche die thierische Leimung auf das Papier überträgt, glaubte
man dadurch zu erreichen, wenn dem Holländer neben dem Harzleime Tischlerleim
zugesetzt wurde. Da jedoch dieser durch die Thonerdesalze nicht abgeschieden wird,
derselbe auſserdem im Holländer nur in verdünnter Lösung vorhanden ist, so sind auch
die damit erzielten Resultate nur unbedeutend, da nur ein Minimum des Leims im
Papier zurückbleibt. Anders verhält es sich bei den Vorrichtungen, welche jetzt vielfach an
Papiermaschinen getroffen werden, mittels welcher das Papier durch eine Lösung von
thierischem Leim gezogen wird. Hier hat man es mit der zuerst beschriebenen
Oberflächenleimung zu thun, das Papier erhält pergamentartigen Griff und auch die
Dehnungsfähigkeit wird eine gröſsere als bei der einfachen Masseleimung. Mag auch
die Qualität des Papiers durch diese Behandlung etwas verbessert werden, die gleiche
Güte wird dasselbe nicht haben wie das mit der Hand geschöpfte Papier, denn die
Eigenschaften, welche die Fasern durch die genannten Vorgänge eingebüſst haben,
werden durch die einfache Leimung des Papiers auf der Oberfläche nicht wieder
gegeben.
Die Leimung des Papierzeuges im Holländer ist von so vielen Umständen abhängig, daſs
es lange dauerte, bis etwas Klarheit über den Vorgang geschaffen wurde.
Vergleichende Arbeiten, wenn auch nach einheitlichem System ausgeführt, waren
deshalb ohne Erfolg, da die Hauptfactoren, das Wasser sowie auch die gleichartige
Behandlung der Faser nicht überall gleich getroffen werden. Es lassen sich deshalb
auch keine ganz bestimmten Vorschriften für die Leimung im Holländer geben, welche
an allen Orten mit gleich günstigem Erfolge sich anwenden lassen, bei richtiger
Beachtung dieser Angaben aber lassen sich die vortheilhaftesten Mengen der leimenden
Stoffe durch systematisch durchgeführte Proben ermitteln und an Hand dieser Angaben
ist ein Weg gefunden, auf welchem das angestrebte Ziel erreicht wird.
Vorbereitung der Faser im Holländer.
Beim Maschinenpapier erfolgt die Leimung der Faser im Holländer so lange diese noch
lose in der Flüssigkeit vertheilt ist. Es wird hierbei bezweckt, die Faser mit einem
Stoffe auszufüllen und zu überziehen, welcher nach dem Trocknen wasserabstoſsende
Eigenschaften besitzt und beim Beschreiben die Flüssigkeit verhindert ins Innere des
Bogens einzudringen. Auch wird dabei bezweckt, in der Flüssigkeit einen Stoff zu
vertheilen, welcher die gleichen wasserabstoſsenden Eigenschaften hat, wie der auf
der Faser festsitzende, in der Hauptsache aber die freien Zwischenräume im Papier
ausfüllt, die sich auf der Papiermaschine in der feuchten Masse gebildet haben, so
daſs das Ganze nach dem Trocknen aus einer wasserabstoſsenden Masse besteht.
Erreicht wird dieses sowohl durch die entsprechende Behandlung der Faser als auch
durch Zusatz verschiedener Körper.
Bei der Anfertigung von Leimpapier ist darauf zu achten, daſs die bei der
Papierbildung entstehenden Zwischenräume möglichst klein und enge sind, denn je
gröſser diese Zwischenräume sind, um so schwerer hält es, dieselben mit
wasserabstoſsenden Stoffen auszufüllen. Wird die Faser parallel ihrer Längsrichtung
in eine möglichst groſse Menge feiner Längsfasern gespalten, so legen sich diese
enge und dicht in und an
einander, die sich bildenden Zwischenräume werden um so kleiner, je feiner die
Fasern gespalten sind. Die feinen Fasern nehmen die leimenden Stoffe in ihr Inneres
auf, bei weiterem Zusätze werden diese unlöslich und jetzt besteht die Faser nach
dem Trocknen aus einem wasserabstoſsenden Stoffe. Die auf beschriebene Art
zertheilte Faser bietet die gröſstmögliche Oberfläche, auf welcher sich die
wasserabstoſsenden Stoffe absetzen können. Die Faser hat auſserdem gröſsere
Geschmeidigkeit und hält mit groſser Begierde das Wasser auf der Papiermaschine
fest, in Folge dessen werden die in der Flüssigkeit enthaltenen leimenden Stoffe in
den gebildeten Zwischenräumen der Papierbahn zurückgehalten, da die feuchte Masse
ähnlich wie ein Filter wirkt. Zeigt die gemahlene Faser die beschriebene Art, so
wird der gemahlene Zeug „schmierig“ genannt und solcher Zeug ist nöthig für
die Herstellung eines leimfesten Papiers.
Gerade das Gegentheil bildet der „rösch“ gemahlene Zeug, bei diesem werden die
Fasern mehr kurz geschnitten; während für den schmierig gemahlenen Zeug stumpfe
Grundwerk- und Walzenmesser erforderlich sind, wird der rösche Zeug mit scharfen
Messern geschnitten. Die Faser nimmt weniger leimende Stoffe in sich auf, auch
bildet dieselbe weniger Oberfläche, auf welcher sich die leimenden Stoffe festsetzen
können. Auf diese Art gemahlener Stoff verliert das Wasser auf der Maschine sehr
rasch und die in der Papierbahn gebildeten Zwischenräume sind gröſser. Die so
behandelte Faser hat keine Geschmeidigkeit, legt sich weniger dicht in einander, so
daſs das ablaufende Wasser der Papiermaschine in der feuchten Papierbahn Kanäle
bildet, durch welche Wasser und leimende Körper ablaufen. Diese Eigenschaften des
Zeuges sind erforderlich für Druckpapier, würden aber für Leimpapier oder für
Schreibpapier ein sehr ungünstiges Resultat geben.
Aus dem beschriebenen Vorgange ist ersichtlich, daſs die Behandlung der Faser beim
Mahlen von gröſstem Einflüsse auf die Anfertigung von Leimpapier ist.
Einfluſs der Art der Faser auf die Leimfestigkeit.
Daſs auch die Art der Faser auf den Leimprozeſs von groſsem Einflüsse ist, zeigte
sich gelegentlich der Anfertigung einer Sorte Leimpapier, welche zur Hälfte aus
leinenen, zur Hälfte aus baumwollenen Lumpen hergestellt wurde und welches bei dem
gröſsten Leimzusatze nicht im Leime halten wollte. Nachdem dem fertig gemahlenen
Zeuge 1 Leere Strohstoff zugetheilt wurde, ohne jeden Leimzusatz, hielt das Papier
sehr gut im Leim. Der beim Kochprozesse aufs Feinste zerfaserte Strohstoff füllte
die im Papier gebildeten Zwischenräume aus, so daſs diese jetzt kleiner wurden als
wenn nur Leinen- und Baumwollfaser zum Papier verwendet werden und die in der
Flüssigkeit schwimmenden feinen wasserabstoſsenden Theile, welche zuerst mit dem Wasser abliefen, blieben
jetzt in den feinen Zwischenräumen sitzen und das Papier zeigte nach dem Trocknen
groſse Leimfestigkeit. Die Erfahrungen der Praxis gehen auch dahin, daſs Papier,
welches mit Zellstoff' gearbeitet ist, weit weniger schwer zu leimen ist.
Da es sich bei der Leimung des Papiers mit darum handelt, die in der Papierbahn
gebildeten Zwischenräume zu verschlieſsen, so ist es nöthig, daſs die abgeschiedenen
leimenden Stoffe verschiedene Gröſse haben, auſserdem aber ist die Behandlung der
feuchten Papierbahn durch die Gautschpresse von gröſster Bedeutung. Auf der
Oberfläche der Fasern sitzen wasserabstoſsende Stoffe in breiiger Beschaffenheit;
geht die feuchte Papierbahn durch die Gautschpresse, so werden durch den Druck nicht
nur die Oeffnungen geschlossen, sondern die auf der Oberfläche sitzenden Stoffe
werden auch festgepreſst, verschlieſsen die Oeffnungen und nach dem Trocknen ist das
Ganze in eine wasserabstoſsende Masse verwandelt. Je stärker die Pressung, um so
geschlossener wird die Oberfläche, doch kann dieses nur erzielt werden, so lange die
Papierbahn naſs genug ist, weshalb auf stark gebaute Gautschwalzen hauptsächlich
Rücksicht genommen werden muſs. Die Naſspressen tragen ja auch zum Egalisiren der
Papierbahn bei, doch können diese selbst bei starkem Pressen nicht mehr das
ausrichten, was die Gautschwalzen bei geringerem Drucke leisten.
Das Harz.
Um die Faser zu leimen, verwendete Ilig aus Eberbach
Harz, dargestellt nach einem Verfahren, welches auch auf uns überging. Das Harz, wie
es aus Amerika und Frankreich stammend bei uns im Handel ist, muſs beim Anschlagen
muscheligen glänzenden Bruch haben und transparentes Aussehen zeigen. Seine Farbe
wechselt von strohgelb bis dunkelbraun. Die hellgelbe Sorte, Vielehe der Farbe wegen
für feinere Papiere häufiger genommen wird, macht, um die gleichen Resultate bei der
Leimung zu erzielen, mehr Harz nöthig als die braunen Sorten, eine Beobachtung,
welche vielfach bestätigt wird, für die bis jetzt jedoch noch keine Erklärung
gegeben werden konnte. Häufig hat das Harz trübes Aussehen, welches auf Zusatz von
mineralischen Stoffen schlieſsen läſst. Der Grund hierfür kann jedoch auch in dem
Terpentingehalte liegen, welchen das Harz häufig hat und welcher auch die Schuld an
dem trüben Aussehen trägt. Solches Harz muſs für die Leimung verworfen werden, indem
dasselbe nicht in nöthiger Feinheit vertheilt werden kann.
Der Schmelzpunkt des Harzes ist abhängig von dessen Zusammensetzung, er liegt
zwischen 70 bis 115°, während das Harz bei 50° weich wird, in welchem Zustande es
von der gebildeten Harzsoda gelöst wird.
Um das Harz in den für die Leimung nöthigen Zustand der Vertheilung zu bringen, wird
es in eine in Wasser lösliche Harzseife verwandelt, welche die Fähigkeit hat, beim
Erwärmen Harz in groſser Menge in sich aufzunehmen und beim Verdünnen mit Wasser das
Harz in gröſster und feinster Vertheilung wieder auszuscheiden, jedoch in einem
solchen Zustande, daſs das Harz in der Flüssigkeit schwimmend vertheilt bleibt.
Die Art und Gröſse des sich aus der Lösung abscheidenden Harzes ist verschieden, je
nach der Concentration der Lösung, sowie nach der Art, auf welche die Harzseife
bereitet wurde. So haben die Leimverfahren und Untersuchungen von Dr. Sembrizky, Dr. Bock und
Dr. Wurster nach Hofmann's
Handbuch der Papierfabrikation ergeben, daſs die
Leimung des Papiers um so mehr begünstigt wurde, je mehr sogen. weiſses oder
Milchharz in der Leimlösung enthalten war, weshalb jetzt auch das Streben bei der
Harzleimbereitung dahin geht, in der Harzseife möglichst viel Harz zu lösen oder zu
vertheilen.
Herstellung der Harzseife oder des Harzleims.
Früher wurde angenommen, daſs die Harzleimung im Papier dadurch bedingt wurde, daſs
die gelöste Harzseife mit den löslichen Thonerdesalzen unlösliche Harzthonerde
bildet, welche leimend auf die Faser wirkt. Es ging deshalb auch das Streben dahin,
alles Harz der Harzseife in lösliches Harz zu verwandeln, was durch Ueberschuſs an
Soda und längeres Kochen erreicht wurde. Nachdem jedoch der Leimvorgang durch die
oben genannten Untersuchungen dahin erklärt ist, daſs neben der Harzthonerde auch
das weiſse oder Milchharz bei der Leimung des Papiers mitwirkt, ist etwas mehr
Klarheit über die Leimung des Papiers geschaffen, und dadurch kann man auch
Vorschriften geben, die bei Bildung oder Herstellung der Harzseifen zu beachten
sind.
Zum Lösen des Harzes wird allgemein das kohlensaure Natron verwendet, in einzelnen
Fällen caustisches Natron. Nachdem jedoch erwiesen ist, daſs freies Harz die Leimung
nicht benachtheiligt, wenn solches nur fein genug vertheilt ist, dürfte die
Verwendung des caustischen Natrons als veraltet zu betrachten sein. Vielfach wird
zum Lösen des Harzes Krystallsoda genommen, häufig auch calcinirte Soda; in beiden
Fällen kommt nur das kohlensaure Natron in Betracht. Als früher die calcinirte Soda
in wechselnder Zusammensetzung bezogen wurde, indem hierfür häufig die
Laugenrückstände der Sodafabrikation verwendet wurden, war es nöthig, daſs in jeder
neuen Sendung der Gehalt an Alkali festgestellt wurde heute dagegen wird
Ammoniaksoda mit 98 bis 99 Proc. Gehalt hergestellt, eine Zusammensetzung, welche
immer gleich bleibt, so daſs die calcinirte Soda sich ebenso vortheilhaft wie die
Krystallsoda verwenden läſst. Das Verhältniſs von Ammoniak- oder calcinirter Soda
gegen Krystallsoda ist wie 0,37 zu 1 oder wenn 37 Gewichtstheile Ammoniaksoda
genommen werden, so sind an deren Stelle 100 Gewichtstheile Krystallsoda nöthig.
Kochen des Harzleims.
Das Zerkleinern des Harzes geschieht am besten in Stücken von Gröſse einer Haselnuſs,
weiteres Zerkleinern ist deshalb nutzlos, da, wenn das Harz nur kurze Zeit steht,
das Pulver in Klumpen zusammenbackt, welche sich schwerer lösen als die Stücke in
Nuſsgröſse. Das Kochen geschieht entweder auf freiem Feuer oder häufiger mittels
Dampf durch Heizröhren. Es bestehen hierzu verschiedene Vorrichtungen und Apparate,
von denen einzelne sehr complicirt sind und sich in Folge dessen schwer reinigen
lassen. Das Einfachste ist hier das Beste und man verwendet am vortheilhaftesten
einen Apparat, bestehend aus einem eisernen Kessel, auf dessen Boden ein Heizrohr
liegt, während die Seitenwände nicht geheizt werden, um durch Abkühlen das Steigen
der Flüssigkeit beim Kochen zu verhindern.
Das Wasser, in welchem die Soda gelöst wird, kann bis 90° erhitzt werden, das Harz
wird langsam zugetheilt, wodurch die Temperatur bis gegen 70° abkühlt, welche
Temperatur durch weiteres Zuleiten von Dampf zu halten gesucht wird. Eine schwache
Entwickelung von kleinen Blasen macht sich bemerkbar, so lange die Flüssigkeit auf
dieser Temperatur gehalten wird, sobald dieselbe aber an 75° C. herankommt, fängt
eine stärkere Schaumbildung sowie Steigen der Masse an und jetzt muſs die Zuleitung
des Dampfes unterbrochen werden. Durch fleiſsiges Rühren der Masse an der Oberfläche
wird dieselbe abgekühlt, wozu auch die nicht geheizten Seitenwandungen beitragen und
die Flüssigkeit fällt bei dieser Construction des Kessels sehr rasch.
Das starke Schäumen, die Gasentwickelung, hat den Grund darin, daſs das gebildete
doppelt kohlensaure Natron bei 75° zersetzt wird in entweichende Kohlensäure und in
einfach kohlensaures Natron. Zu Anfang des Prozesses geht ein Theil des Harzes mit
dem Natron des kohlensauren Natrons in Harznatron über, während die frei werdende
Kohlensäure von dem im Ueberschusse vorhandenen kohlensauren Natron aufgenommen und
doppelt kohlensaures Natron gebildet wird. Dieses kann bei 75° C. nicht bestehen, es
spaltet sich wieder in kohlensaures Natron und frei werdende Kohlensäure, welche
Schaum bildet und entweicht, wodurch die Masse, bei starker Kohlensäureentwickelung,
im Kessel immer mehr steigt, bis die Temperatur wieder unter 75° abgekühlt ist.
Durch die Umsetzung des doppelt kohlensauren Natrons bei 75° ist die Temperatur für
die Bildung der Harzseife auch ganz bestimmt
ausgesprochen, diese darf 70° C. nicht überschreiten, da erfahrungsgemäſs
der Harzleim dann am besten wird, wenn beim Lösen des Harzes keine Schaumbildung
stattfindet, weil sich der Harzleim in der vorhandenen Flüssigkeit in diesem Falle
besser abscheidet. Da zur Bildung des Harznatrons schon eine niederere Temperatur
hinreicht, und das freie Harz bei 50° C. weich wird, so würde diese Temperatur
ausreichen, damit das gebildete Harznatron das weiche Harz in sich aufnehmen oder
lösen kann.
Für die Abscheidung der Harzseife ist es von Werth, daſs die Menge des zum Kochen
benützten Wassers nicht zu groſs wird, es ist deshalb nicht zu empfehlen, die
schäumende Masse durch Zusatz von kaltem Wasser abzukühlen, bei richtiger Handhabung
genügt Abstellen des Dampfes und Rühren der Masse.
Auf die beschriebene Art wurde ein Quantum Harz von 250 bis 300k aufgelöst, ohne daſs ständiges Rühren der Masse
nöthig war, nur zu Anfang, wenn das Harz zugegeben wurde, muſste dieses etwas
vertheilt werden, während des 3 bis 4 Stunden dauernden Kochprozesses war dieses
nicht mehr nöthig, indem durch die in der Masse vorhandene Circulation die
Flüssigkeit in ständiger Bewegung war. Die Kochdauer mit 4 Stunden ist vom Eintragen
des Harzes an gerechnet, bei einer Lufttemperatur von 120.
Zeit und Temperatur muſs beim Lösen des Harzes auf das Möglichste beschränkt werden,
beide sollen so gehalten werden, daſs die gebildete Harzseife möglichst viel freies
Harz in sich aufnehmen kann und daſs das von der Harzseife aufgenommene Harz durch
das freie Alkali nicht in Harzseife verwandelt wird. Es ist deshalb von Vortheil,
die Temperatur bei der Bildung der Harzseife nicht höher als zwischen 60 und 70° zu
halten, indem bei hoher Temperatur immer mehr lösliche Harzseife entsteht und das
beim Verdünnen der Leimflüssigkeit sich ausscheidende Milchharz nur aus dem in der
Harzseife enthaltenen freien Harze entsteht. Dr. Wurster legt diesem Milchharze für die Leimung des Papiers solchen Werth
bei, daſs er empfiehlt, in der fertigen Harzseife ein neues Quantum Harz zu
lösen.
Prüfung des Harzleims.
Der beendete Kochprozeſs läſst sich daran erkennen, daſs der Harzleim an der
Oberfläche anfängt sich abzuscheiden, in der dunkelbraunen Flüssigkeit entstehen
hellgelbe Adern. Wird ein eiserner Spatel oder ein starker Draht in die Masse
getaucht, so muſs der daran haftende Theil des Harzleims kurz abbrechen, darf keine
langen Fäden bilden, welche beim Erkalten hart werden. Beim Durchgreifen mit der
Hand darf die erkaltete Masse keine harten Theile zeigen, welche aus nicht
vertheiltem Harz bestehen, und mit Wasser geschüttelt muſs sich alles ohne Rückstand
zu einer milchig getrübten Flüssigkeit lösen, in welcher sich weder Flocken noch
Harz in fester Form abscheidet.
Abscheidung der Harzseife.
Die fertig gekochte Masse wird, so lange dieselbe heiſs und dünnflüssig ist, um die
Unreinigkeiten des Harzes zurück zu halten, durch ein Sieb gegossen, und für die
Abscheidung des Harzleims werden eiserne Behälter oder Holzkübel benützt. Aus Cement
gemauerte Behälter sind für die Aufbewahrung der abgeschöpften Harzseife sehr zu empfehlen; zum Abkühlen
der heiſsen Flüssigkeit sind dieselben aber deshalb nicht geeignet, weil der Cement,
wenn er mit der heiſsen Flüssigkeit zusammenkommt, Sprünge erhält, wodurch diese
Behälter sehr bald schadhaft werden.
Sehr häufig werden diese Leimbehälter in der Leimküche angetroffen, wo gewöhnlich
auch das Harz zerkleinert wird. Hiervon ist nur abzurathen, weil es sich beim
Zerkleinern des Harzes nicht vermeiden läſst, daſs einzelne Stücke umher fliegen,
welche die fertig gekochte Harzseife verderben, so daſs im Papier später Harzflecken
auftreten. Selbst Bedecken dieser Behälter schützt die Harzseife nicht vor
Verunreinigung, da das in der Luft vertheilte Harz, wenn es sich auf der Harzseife
absetzt, im Papier Harzflecken erzeugt, indem trotz der Feinheit die Beschaffenheit
dieses Harzes eine andere ist als im Harzleime.
Beim Erkalten der Flüssigkeit scheidet sich die Harzseife als eine schwach gelblich
gefärbte dicke zähe Masse ab, da dieselbe in Salzlösungen, in der Flüssigkeit,
welche doppelt kohlensaures Natron und kohlensaures Natron enthält, nicht gelöst
bleiben kann. Je concentrirter die Salzlösung, um so leichter erfolgt die
Abscheidung der Harzseife, so daſs es möglich ist eine Lauge abzuschöpfen, welche
nur sehr wenig Harz gelöst enthält.
Auch die Lufttemperatur ist auf die Abscheidung der Harzseife von Einfluſs, im Sommer
sind zur Abscheidung ebenso viele Wochen nöthig als im Frühjahr und Herbst Tage. Es
ist deshalb sehr zu empfehlen, während dieser Zeit den Sommer- und Wintervorrath zu
kochen. Um die besagte Zeit genügen 2 bis 3 Tage für die Abscheidung, so daſs die
durch die Farbstoffe des Harzes braun gefärbte Flüssigkeit sich leicht oben
abschöpfen läſst, während sie im Winter gefriert. Mehrmaliges Durcharbeiten der
Masse jeden Tag befördert die Abscheidung der Lauge. Auf diese Art ist es möglich,
den Harzleim immer weiſser zu erhalten, bis derselbe durch das fortwährende
Durcharbeiten und Abschöpfen eine dicke Beschaffenheit erhält.
Der so behandelte Harzleim hat jetzt alle Farbstoffe des Harzes abgegeben und kann zu
den feinsten und weiſsesten Papieren genommen werden. Um dieses zu erreichen, ist es
aber nöthig, daſs der Harzleim im Vorrath gekocht wird. Derselbe wird um so weiſser,
je länger er Zeit zum Abscheiden der Lauge hatte.
Auswaschen des Harzleims.
Was durch Herstellung eines Vorrathes von Harzleim erzielt wurde, wird auch
angestrebt durch Auswaschen desselben; nachdem die Lauge abgeschöpft ist, wird
empfohlen, den Harzleim mit einer gesättigten Kochsalzlösung durchzuarbeiten, welche
die noch gefärbte Lauge auswäscht. Dieser Vorgang soll wiederholt werden, bis der
Harzleim die gewünschte
Weiſse hat. Die damit erzielten Resultate sollen zufriedenstellend ausgefallen sein.
Ich habe mit dem zuerst genannten Verfahren sehr gute Resultate erhalten, ohne die
Arbeit des Auswaschens und die etwaigen nachtheiligen Folgen, welche alle
Chlorverbindungen im Papier verursachen können.
Wasserglas an Stelle der Soda.
Zum Auflösen des Harzes wurde an Stelle der Soda Wasserglas empfohlen; hierbei läſst
sich die Lauge nicht abschöpfen, da dieselbe von der ausgeschiedenen Kieselsäure
aufgenommen wird. Der auf diese Art hergestellte Harzleim kann wegen seines Gehaltes
an Kieselsäure auch als Füllstoff verwendet werden. Ueber den Erfolg war jedoch
nichts zu erfahren.
Verschiedene Arten des Harzleims.
Die Bereitung des Harzleims ist in fast allen Fabriken eine andere, sowohl nach der
Menge von Soda, Harz und Wasser, als auch bezüglich der Behandlung. Ungeachtet der
Verschiedenartigkeit der Leimbereitung erzielen doch alle die nachgenannten
Verfahren zufriedenstellende Resultate und bei allen muſs das Bestreben dahin gehen,
in der gebildeten Harzseife möglichst viel Milchharz zu lösen. Daſs dieses trotz der
Verschiedenartigkeit der verwendeten Mengen erreicht wird, hat den Grund darin, daſs
Zeit und Temperatur des Kochprozesses das ausgleichen, was in den einzelnen Fällen
an Soda mehr oder weniger genommen wird. Die nachfolgenden Angaben sind zum Theil
Hofmann's Handbuch der
Papier fabrikation entnommen, zum Theil stammen sie aus eigenen
Erfahrungen.
Nach
zum Kochen des Harzleims wird
verwendet
Harz
calcinirteSoda
krystallisirteSoda
Wasser
100
20
54
Sembritzky
300
60
–
600
100
18
49,5
Schacht
1000
180
–
2000
100
–
50
Seebald
250
–
125
500
100
–
44
Flinsch
100
–
44
–
100
–
73
Schaeufele
100
27
–
1400
verdünnte Leimlösungnach Dalheim
100
–
67
München-Dachau
400
100
–
–
100
12,5
34
Milchharz von Andreas
100 500
75
–
500
100
–
34
„ „ Dr. Wurster
100
–
34
65
Die kleineren Zahlen enthalten die betreffenden Mengen Harz und calcinirte Soda auf
100 Th. Harz und auf krystallisirte Soda reducirt.
Freies Harz im Harzleim.
Harzleim, welcher auf 100 Th. Harz mit 50 Th. krystallisirter Soda behandelt wurde,
hatte 15 Th. freies Milchharz. Nach der Berechnung erfordern 100 Th. Harz zur
Bildung von Harznatron 45,6 Th. krystallisirte Soda, um alles Harz in die lösliche
Form in Harznatron zu verwandeln. Es wäre also dieses die höchst zulässige Menge von
Soda, welche noch verringert werden könnte, da das Harz bis zu 6 Proc.
Unreinigkeiten u.s.w. enthält, welche nicht verseif bar sind. Wenn nun in der Praxis
in den meisten Fällen weit mehr Soda genommen wird als nöthig, so ist hierdurch der
Beweis erbracht, wie sehr Temperatur und Kochzeit bei den einzelnen Verfahren von
einander abweichen müssen.
(Schluſs folgt.)