Titel: Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
Fundstelle: Band 275, Jahrgang 1890, S. 80
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Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. (Fortsetzung des Berichtes S. 40 d. Bd.) Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. IV. Destillation und Rectification. Das Verfahren zur Reinigung des Rohspiritus von Bang und Rufin (1887 263 39) prüfte Leo Liebermann im Auftrage der ungarischen Regierung theils durch Versuche im Laboratorium, theils in einer Brennerei bei Paris (Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 12 S. 205. Daselbst nach Chemiker-Zeitung). Da ein geeigneter Rohspiritus zu den Versuchen nicht vorhanden war, muſste ein solcher künstlich hergestellt werden. Zu diesem Zwecke wurden 2l eines reinen 94,6procentigen Alkohols mit 100cc, also 5 Proc., einer Mischung versetzt, welche aus 50cc Amylalkohol, 5cc Isopropylalkohol, 2cc normalem Propylalkohol, 20cc Aethylaldehyd, 20cc Valeraldehyd und 3cc Furfurol bestand. Aus den theils im Laboratorium, theils in der Brennerei ausgeführten Versuchen ergaben sich im Wesentlichen folgende Resultate: 1) Das Verfahren ist zur Entfernung der im Rohspiritus enthaltenen Aldehyde sehr unvollkommen, indem eine nennenswerthe Verminderung derselben erst dann eintrat, wenn sehr groſse Mengen davon vorhanden waren. Auch dann war die Verminderung der Aldehyde nicht dem Ausschütteln mit Erdöl, sondern der stark alkalischen Reaction, welche der Spiritus nach Bang und Rufin erhalten muſs, zuzuschreiben. 2) Zur Entfernung der Fuselöle ist das Verfahren wirksamer, aber es gelang nicht, dieselben auch durch ein dreitägiges Ausschütteln mit Erdöl vollständig zu entfernen. 3) Dagegen wurde nach Bang und Rufin ein Sprit erhalten, welcher den unangenehmen Geruch des Rohspiritus vollständig verloren hatte, trotzdem er noch ansehnliche Mengen von Verunreinigungen enthielt. Dies dürfte der Grund sein, daſs sich das Verfahren in Frankreich, wo hauptsächlich, Rüben- und Melassespiritus mit einem durch die Rectification schwer zu entfernenden Geruch verarbeitet wird, so schnell eingeführt und verbreitet hat. Absolut gereinigten Spiritus liefert aber das Verfahren nicht. Zu bemerken ist dazu, daſs die Untersuchungen des Verfassers nicht erschöpfende sind, indem dieselben wegen der unzureichenden, ihm damals zu Gebote stehenden Mittel auch nicht quantitativ ausgeführt werden konnten. Auch muſs erwähnt werden, daſs Grandeau bei der Prüfung des Verfahrens zu einem für dasselbe sehr günstigen Resultate gelangte (vgl. 1889 272 34). Ueber das neue Reinigungsverfahren für Rohspiritus und Branntwein (D. R. P. Nr. 41207 vom 20. Februar 1887) von Dr. J. Traube (1889 273 322) berichtet der Erfinder in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 12 S. 230, woselbst sich auch eine Abbildung und Beschreibung des neuen, verbesserten, von der Braunschweigischen Maschinenfabrik construirten Apparates, wie des ganzen Verfahrens befindet. Die Verbesserungen gegenüber den bisherigen Constructionen des Apparates erstrecken sich im Wesentlichen darauf, die Schwierigkeiten zu beseitigen, welche bei den älteren Constructionen einer genügend schnellen und zahlreichen Abnahme der Schichten entgegenstanden. Die nach dieser Richtung vervollkommneten Vorrichtungen haben zu einem sehr günstigen Resultate geführt. Nach dem verbesserten Verfahren beträgt die Zeit, welche nöthig ist zur Erzeugung einer Fuselschicht, zum Abziehen derselben und zum Einpumpen der neuen Schicht, insgesammt nicht mehr als 4 bis 5 Minuten, wie sich ferner überhaupt nach den Angaben des Erfinders die Ausführung der ganzen Manipulationen des neuen Entfuselungsverfahrens so einfach stellt, daſs jeder Brenner binnen wenigen Tagen den Betrieb fehlerfrei erlernen kann. Der Verlust an Potasche hat sich bereits in dem halbjährigen Betriebe in Daber so gut als gleich Null herausgestellt, desgleichen wurde der spätere Dabersche Sprit nach Analyse von Birner als fuselfrei bezeichnet. Die Braunschweiger Sprite erhalten überall eine so günstige Beurtheilung, daſs jetzt mit Sicherheit gesagt werden darf: Es ist auch im kleinsten Betriebe möglich, ohne Kolonne gröſste procentuale Ausbeuten einer allen Ansprüchen der Hygiene gewachsenen fuselfreien Waare zu liefern. Rechnet man den noch aus den ersten Fuselölschichten gewonnenen Sprit mit, so erhält man 96 bis 98 Proc. eines fuselfreien guten Durchschnittsproductes, die ganz wesentlich verringerten Mengen des Vor- und Nachlaufs gelangen immer von Neuem in den Betrieb. Besonders wichtig ist es, daſs der Grad der Unreinheit der Rohwaare, ja selbst die Art der Unreinheit, bei dem Verfahren keine wesentliche Rolle spielt. Es ist gleichgültig, ob man einen unreinen 70 bis 80procentigen oder einen reineren 90procentigen Rohspiritus verarbeitet. Höhere Kolonnen für diesen Brennapparat können daher gespart werden. Auch macht es nach des Verfassers Erfahrungen wenig aus, welcher Art das Rohmaterial ist, ob Kartoffel-, Korn-, Mais- oder Melassesprit oder selbst ein Nach- oder Vorlaufproduct, wenn nur die Zahl der Fuselabhebungen vermehrt wird, je unreiner das Rohproduct ist. In den Raffinerien soll das Verfahren, abgesehen von der Verarbeitung der Vor- und Nachlaufproducte, vor Allem an die Stelle der Kohlefiltration treten. Es läſst sich leicht unter Benutzung der bisherigen Rectificirapparate in den Groſsbetrieb einschalten und es fallen dann die groſsen Unbequemlichkeiten der Kohlefiltration weg, der Rectificationsverlust an Fuselöl und Sprit beim Ausglühen der Kohle wird vermieden, und der Effect in Bezug auf die erzielte Qualität der Waare dürfte ein bei Weitem erheblicherer sein. Die Rentabilität läſst sich leicht berechnen. Es würden daher all die verschiedenen Theile der Spritindustrie, vom kleinsten bis zum gröſsten Betriebe, bei dem Verfahren ihre Rechnung finden. Der Erfinder gestattet gern die Besichtigung des Betriebes in Braunschweig. Um den Einwänden, daſs die mit seinem Verfahren combinirte Kolonne schon wesentlich zur Reinigung beitrage, zu begegnen und um festzustellen, wie groſs der allein durch sein Verfahren bewirkte Effect in Bezug auf Reinigung der Waare ist, stellte der Verfasser vergleichende Versuche mit und ohne Kolonne an, über welche er an derselben Stelle S. 238 berichtet. Wir lassen die Ergebnisse dieser Versuche auf S. 83 folgen. Hieraus zieht der Verfasser folgende wesentliche Schlüsse. 1) Die Entfuselung gelingt durch den reinen Effect des Verfahrens ohne Kolonne um wenigstens 80 bis 100 Proc. Mit Sicherheit konnte in den Proben 8 bis 14 überhaupt kein Fuselöl mehr nachgewiesen werden. 2) Bei den vergleichenden Versuchen mit Kolonne ergibt sich eine erhebliche Verfeinerung im Aroma und Geschmack der Waare durch das Verfahren, vor allem auch eine wesentliche Verringerung des Vor- und Nachlaufs um wenigstens 20 Proc. 3) Die Ergebnisse der Röse'schen und capillarimetrisch-stalagmometrischen Methoden dürfen – der Erwartung gemäſs – in vielen Fällen nicht als Maſsstab für den Werth eines Sprits in commercieller Beziehung betrachtet werden. Producte, bei denen analytisch weit weniger Unreinheiten gefunden wurden als in anderen, haben oft einen erheblich schlechteren Geruch und Geschmack als andere mit mehr Unreinheiten. 4) Die Werthe der Chloroformmethode von Röse und der capillarimetrisch-stalagmometrischen Methoden von Traube zeigen groſsentheils eine recht gute Uebereinstimmung oder wenigstens Parallelität. Mitunter kommen jedoch auch bedeutende Abweichungen vor, wie z.B. bei Probe 7, welche der Verfasser darauf zurückführt, daſs die Röse'sche Methode, in obiger Weise angewandt, auch andere Unreinheiten als Fuselöl anzeigt. Für Abweichungen in entgegengesetzter Richtung, wie solche bei den Proben 1 und 2 beobachtet wurden, bleibt nach dem Verfasser nur die eine Erklärung übrig, Vergleichende Versuche in demselben Apparat ohne und mit Traube's Reinigungsverfahren. Textabbildung Bd. 275, S. 83 daſs im Vor- oder Nachlauf bestimmte Producte enthalten sein müssen, welche nach der Röse'schen Methode einen dem Fuselöl entgegengesetzten Einfluſs, ähnlich wie dies für die ätherischen Oele bekannt ist, ausüben würden. Jedenfalls hält der Verfasser es für höchst unwahrscheinlich, daſs in diesem Falle das Capillarimeter etwas anderes als Fuselöl anzeigt. Immerhin sollte man es nie unterlassen, bei Untersuchung eines Sprits beide Methoden, in manchen Fällen auch die vaporimetrische Methode (vgl. 1889 273 375) anzuwenden. Zur Beurtheilung und Controle des Destillationsbetriebes durch Feststellung der Temperatur veröffentlicht Karl Huber als Fortsetzung seiner ersten Arbeit (vgl. 1889 273 323) in dem Bericht der österreichischen Gesellschaft zur Förderung der chemischen Industrie, Bd. 11 S. 26, eine weitere Abhandlung, deren Ergebnisse der Verfasser wie folgt zusammenfaſst: Ziehen wir nun das Schluſsresultat unserer Betrachtung, so kommen wir zur Erkenntniſs, daſs: 1) jeder Destillationsprozeſs sich mit Hilfe des Thermometers verläſslich verfolgen läſst, 2) der Vorgang der Destillation in jedem Theile eines beliebig construirten Apparates sich verfolgen und rechnungsmäſsig darstellen läſst, 3) daſs diese Art den Destillationsprozeſs zu verfolgen, uns die Bestimmung des Leitungscoefticienten an die Hand gibt, uns somit lehrt, wie die maſsgebenden Gröſsen des Apparates dimensionirt werden müssen, 4) uns das Mittel an die Hand gibt, durch Benutzung der mechanischen Wärmetheorie, aus dem Moleculargewichte und der hieraus gerechneten Dampfdichte die Destillationsbedingungen und die Construction der Apparate, welche geeignet sind, für eine beliebige chemische Verbindung, welche sich überhaupt verdampfen läſst, kennen zu lernen, 5) uns insbesondere lehrt den wichtigsten Specialfall der Destillation, also die Destillation des Alkohols, einer rechnungsmäſsigen Feststellung zu unterziehen. Verfahren zur Gewinnung von reinem Aethylalkohol aus Rohspiritus, von C. L. Th. Müller in Berlin (Illustrirtes österreichisch-ungarisches Patentblatt, Bd. 9 S. 225, Privilegium vom 15. April 1889). Das Verfahren beruht auf der bekannten Eigenschaft der Aldehyde und anderer Fuselöle, in gewissen Salzlösungen schwerer löslich zu sein als der Aethylalkohol. Die Patentansprüche lauten: 1) Das Verfahren zur Gewinnung von reinem Aethylalkohol aus Rohspiritus, darin bestehend, daſs letzterer durch einen oder mehrere Behälter geleitet wird, in welche eine Lösung von kohlensaurem Natron und Kali oder Kalium- oder Natriumhydroxyd, Natrium-, Kalium-, Magnesium-, Zinksulfat, Kali- oder Ammoniakthonerdealaun oder Natriumphosphat unter genügendem Druck strahlenförmig einströmt und nachdem sie auf ihrem Wege reinen Aethylalkohol aufgenommen hat, an geeigneter Stelle abgeleitet wird, um dann durch Destillation den reinen Aethylalkohol zu gewinnen. 2) Das Verfahren zur Gewinnung von reinem Aethylalkohol aus Rohspiritus, darin bestehend, daſs letzterer unter Druck strahlenförmig in einen oder mehrere Behälter mit einer der in Anspruch 1 bezeichneten Salzlösungen einströmt, dabei einen Theil von dieser aufnimmt, wodurch sich die Aldehyde und sonstigen Fuselöle abscheiden, um dann an geeigneter Stelle abgeleitet zu werden und durch Destillation aus der Mischung mit der Salzlösung den reinen Aethylalkohol zu gewinnen. Verbesserungen in der Rectificirung von Alkohol, von André Theodor Christophe, Civilingenieur in Paris. Privilegium vom 1. Juni 1889. Das Verfahren besteht nach dem Illustrirten österreichisch-ungarischen Patentblatt, Bd. 9 S. 285, im wesentlichen in der Behandlung des verdünnten Sprits mit Legirungen von Natrium oder anderen Alkalimetallen mit Zinn entweder allein oder in Verbindung mit Chlorkalk oder anderen unter-chlorigsauren Salzen. V. Schlämpe. Ueber die Benutzung der Brennereigeräthe zur Bereitung von Viehfutter, der sogen. Kunstschlämpe, über deren Werth, besonders für die Milchproduction, wir schon mehrfach berichtet haben (vgl. 1889 273 327), sind vom Finanzministerium durch eine Circularverfügung vom 11. Juli 1889 unter Aufhebung der bisher gültigen Bestimmungen die nachstehenden Verfügungen erlassen. Verzeichniſs der Vergünstigungen behufs Benutzung von Brennereigeräthen zur Bereitung von Viehfutter, welche zuverlässigen Brennereiinhabern auf Antrag und bei nachgewiesenem Bedürfnisse seitens der Hauptämter widerruflich bewilligt werden dürfen: I. Erlaubniſs, die vorhandenen Dämpffässer und Vormaischbottiche zur Bereitung von Viehfutter aller Art, mit oder ohne Zusatz von Malz, zu benutzen. Für im Betriebe befindliche Brennereien. 1) Die Erlaubniſs darf nur Inhabern nicht abgefundener Brennereien ertheilt werden. 2) Die Viehfutterbereitung unterliegt der Controle der Aufsichtsbeamten. 3) In dem Betriebspläne ist die Zeit, während welcher die Dämpffässer und die Vormaischbottiche zur Bereitung von Viehfutter benutzt werden sollen, die Menge des zu verwendenden Materials und die Art der Bereitung genau zu deklariren. 4) Die Bereitung des Viehfütters darf nur innerhalb der gesetzlichen Einmaischungs-zeit stattfinden und muſs entweder vor Beginn der Bemaischung des Vormaischbottichs zum Zwecke der Branntweinerzeugung beendet sein oder erst nach Beendigung sämmtlicher deklarirten Einmaischungen begonnen werden. 5) Das Viehfutter muſs nach beendeter Bereitung, eventuell nach beendeter Zuckerbildung, sofort aus der Brennerei entfernt werden und der Vormaischbottich zu diesem Zwecke mit einer besonderen Rohrleitung versehen sein, durch welche dasselbe direkt aus dem Brennereilokale herausgeschafft wird. Für Brennereien, in welchen die örtlichen Verhältnisse die Anlegung einer besonderen Rohrleitung zur Entfernung des Viehfutters ausschlieſsen, kann ausnahmsweise nachgelassen werden, daſs das Viehfutter mittels anzumeldender Transportgefäſse in ununterbrochener Folge aus der Brennerei herausgeschafft wird. Die Temperatur des Viehfutters darf im Vormaischbottiche nicht unter 50° betragen. Zur Prüfung derselben haben die Brennereiinhaber ein Thermometer für die Revisionsbeamten bereit zu halten. 6) Während der Dauer der Viehfutterbereitung muſs die vom Vormaischbottiche in den Kühlbottich, zum Kühlschiffe oder in die Maischbottiche führende Rohrleitung entweder abgenommen oder mit einem sicheren Verschlusse versehen sein. Für auſser Betrieb befindliche Brennereien. Die Viehfutterbereitung unterliegt der Controle der Aufsichtsbeamten. II. Erlaubniſs, die vorhandenen Dämpffässer und Vormaischbottiche zur Bereitung von Viehfutter aller Art, mit oder ohne Zusatz von Malz, zu benutzen und das Viehfutter sodann mittels Dampfdruckes durch den Vormaischbottich, einen Maischbottich, das Maischreservoir und den Brennapparat nach dem Schlämpebehälter zu treiben. Nur für auſser Betrieb befindliche Brennereien. 1) Die Erlaubniſs darf nur insoweit ertheilt werden, als den örtlichen Verhältnissen nach die Gewährung der unter I. aufgeführten Erlaubniſs als nicht ausreichend erscheint. 2) Die Viehfutterbereitung unterliegt der Controle der Aufsichtsbeamten und darf nur während einer beschränkten, bestimmt anzuzeigenden Tageszeit erfolgen. Auſserhalb letzterer müssen die benutzten Geräthe und Rohrleitungen leer sein. 3) Der in Benutzung zu nehmende Maischbottich muſs ein für alle Mal angemeldet werden. Die sonstigen zum Dämpfen und Ueberleiten des Viehfutters nach dem Schlämpebehälter nicht frei gegebenen Geräthe müssen sämmtlich unter amtlichem Verschlusse gehalten werden. 4) Das vom Brennapparate nach dem Kühler führende Geistrohr muſs abgenommen werden, und sind die Unterbrechungsstellen am Apparate und am Kühler in völlig sichernder Weise mit amtlichem Verschlusse zu versehen (Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 12 S. 237). Schlämpe aus Bierabfällen, welche in einzelnen Wirthschaften für die Brennerei gesammelt werden, empfiehlt Behrend in der Allgemeinen Brauer- und Hopfenzeitung, 1889 Bd. 29 S. 1557. 100k Bierabfälle enthielten 3k,22 Alkohol. Die nach Abdestilliren des Alkohols verbleibende Schlampe enthielt in 100l 2k,91 Trockensubstanz, welche aus 0k,75 Rohprotein, 1k,94 stickstofffreien Extractstoffen und 0k,22 Mineralstoffen bestanden. VI. Apparate. Kartoffelaushebemaschine von H. Reiche in Zielenzig (D. R. P. Nr. 47419 vom 14. August 1888). Kartoffelerntemaschine von Max Kurts in Berlin (D. R. P. Nr. 48090 vom 4. November 1888). Waschmaschine für Gerste von Rud. A. Baumgartner in Rosenheim (D. R. P. Nr. 46902 vom 28. September 1888). Automatisch arbeitende Malzquetschen liefert nach der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 12 S. 187 E. Leinhaas in Freiberg i. S. Die Verarbeitung an Grünmalz beträgt für den Tag 3200k. Die Quetschwalzen haben groſsen und kleinen Durchmesser, wodurch auſser Quetschung auch Reibung erzielt und deshalb ein vorzüglich gequetschtes Malz geliefert wird. Eine Hefefaſsumhüllung ist Fr. Lankow in Sobbowitz, Westpreuſsen, patentirt (D. R. P. Nr. 47333). Dieselbe bezweckt, das Hefegut vor schädlicher Abkühlung zu schützen und dadurch eine möglichst reine Säuerung herbeizuführen. In der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 12 S. 206, berichtet der Erfinder eingehend über die guten Erfolge mit seinem Apparate, welcher vor dem Dampfmaischholze viele Vorzüge haben soll, so besonders den, daſs ein partielles Verbrühen unmöglich ist. Geliefert wird der Apparat von der Maschinenfabrik H. Jahn in Arnswalde NM. zum Preise von 54,75 M. für ein Hefefaſs von 240l Inhalt, entsprechend 3000l Maischraum. Eine neue tafelförmige Hefepresse von W. Stavenhagen in Halle a. S. wird in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 12 S. 193, abgebildet und beschrieben. Ein Verfahren und Apparat zur Destillation von Wasser und anderen Flüssigkeiten mittels Sonnenwärme ist Th. Ziem in Kairo patentirt (D. R. P Nr. 47446 vom 16. August 1888). Einen Spiritusabfüllapparat, bei welchem ein Ueberflieſsen des Spiritus beim Einfüllen in die Fässer unmöglich ist, hat Gleiss in Köpenick construirt. Zu beziehen ist der Apparat von Zorn und Zöls in Berlin, Neuenburgerstraſse Nr. 16, zum Preise von 5 M. Neuhauſs in Selchow empfiehlt den Apparat in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 12 S. 206, als sehr praktisch. VII. Analyse. Zur Bestimmung des Stärkemehles in Materialien, welche nicht unter Anwendung von Hochdruck verarbeitet werden, gibt Märcker in der soeben erschienenen fünften Auflage seines Handbuches der Spiritusfabrikation die folgende, von der von Reineke für diesen Zweck vorgeschlagenen (vgl. 1888 267 527) etwas abweichende Vorschrift: 3g der fein zermahlenen Körner werden zunächst entfettet; dies geschieht, indem man die Substanzen in ein Stückchen Filtrirpapier einbindet und im Soxhlet'schen Extractionsapparate mit Aether entfettet. Alsdann wird die Substanz mit dem Filter mit etwa 100cc Wasser eine halbe Stunde zerkocht, auf 65° C. abgekühlt und mit 10cc Normalmalzextract (100g Malz auf 1l Wasser) versetzt, eine halbe Stunde bei 650 C. gehalten, dann nochmals eine viertel Stunde gekocht, wieder auf 65° C. abgekühlt und nochmals eine halbe Stunde mit 10cc Malzextract bei 65° C. gehalten, dann aufgekocht, abgekühlt und auf 250cc aufgefüllt. Hiervon werden 200cc des Filtrates in bekannter Weise mit 15cc Salzsäure von 1,125 sp. Gew. invertirt, neutralisirt und auf 500cc gebracht, davon 50cc zur Zuckerbestimmung verwendet. Die mikroskopische Prüfung zeigt die Anwesenheit von nur ganz geringfügigen Stärkemehlmengen an:; in nicht entfetteten Substanzen gelingt die Lösung der Stärke nicht so schnell und vollkommen als in den entfetteten. Fettarme Substanzen wie Kartoffeln brauchen nicht entfettet zu werden. Zur schnellen Bestimmung von Zucker mittels Fehling'scher Lösung empfiehlt J. E. Politis im Journ. Pharm. Chem., 1889 Bd. 5 Ser. 20, 26, einen Ueberschuſs von 0,1 Normalkupferlösung zuzusetzen und nach der Reduction den Ueberschuſs an Kupfer nach de Haën's Methode mit Jodkalium und Natriumhyposulfit zurückzutitriren. Die Kupferlösung enthält im Liter 24g,95 krystallisirtes Kupfersulfat, 140g Kaliumnatriumtartrat und 25g Aetznatron. Die 0,1 Normalhyposulfitlösung mit 24g,8 im Liter wird mittels einer 0,1 Normaljodlösung mit 12g,7 im Liter eingestellt. 1cc der Kupferlösung wird durch 0g,0036 Dextrose reducirt. Man erhitzt 50cc der Kupferlösung in einer Porzellanschale zum Sieden, fügt 10cc der Zuckerlösung, welche ungefähr 1 pro Mille Dextrose enthält, hinzu, kocht etwa 5 Minuten, füllt auf 100cc auf, filtrirt, säuert 50cc des Filtrats schwach an, versetzt mit einem geringen Ueberschusse Jodkalium und Stärkelösung und titrirt das frei gewordene, dem nicht reducirten Kupfer entsprechende Jod mit der Hyposulfitlösung. (Ob dieses Verfahren in der That wesentlich schneller zum Ziele führt als die direkte Titration oder die Gewichtsanalyse und ob es die Concurrenz mit diesen bewährten Methoden in Bezug auf Genauigkeit aushalten kann, mag dahingestellt bleiben. D. Ref.) Zur quantitativen Bestimmung der Galaktose gibt E. Steiger in der Zeitschrift für analytische Chemie, 1889 S. 444, folgende Vorschrift: 60cc der bekannten Fehling'schen Lösung werden mit 60cc Wasser versetzt, in einem etwa 300cc haltenden Becherglase zum Sieden erhitzt. Zu der lebhaft siedenden Flüssigkeit läſst man 25cc der Zuckerlösung zuflieſsen und erhält das Gemisch während 3 bis 4 Minuten in lebhaftem Kochen. Die Kochdauer wurde von dem Momente an gerechnet, wo die Mischung nach dem Zusätze der Zuckerlösung lebhaft aufzukochen begann. Das ausgeschiedene Kupferoxydul wird in bekannter Weise auf einem Asbestfilter gesammelt und im Wasserstoff ströme reducirt. Als Verhältniſs zwischen Galaktose und Kupfer ergaben sich folgende Zahlen: Milligramm Galaktose Milligramm Kupfer 250,0 434,5 237,5 411,8 225,0 393,6 212, 5 375,0 Milligramm Galaktose Milligramm Kupfer 200,0 354,2 187,5 335,0 175,0 316,4 162,5 297,6 150,0 277,5 137,5 254,0 125,0 232,7 112,5 211,1 100,0 188,7   87,5 165,4   75,0 142,4   62,5 120,2   50,0   94,8   37,5   73,1   25,0   49,9 Fuselölbestimmung. Eine Verbesserung der Savalle'schen Methode bringen Ch. Girard und X. Rocques im Bull. Chim., 1889 S. 85, in Vorschlag. Dieselbe beruht darauf, daſs man den die Reaction störenden Aldehyd durch Metaphenylendiaminchlorhydrat, womit er eine beständige Verbindung eingeht, entfernt. Man löst 3g Metaphenylendiaminchlorhydrat in 200cc Alkohol von 50 Proc. und erhitzt 30 Minuten am Rückfluſskühler. Die Flüssigkeit bekommt eine klare gelbe Farbe. Man läſst eine halbe Stunde abkühlen und bewegt dann die Flüssigkeit. Die Färbung wird dunkler, falls Aldehyd vorhanden ist, und beginnt grün zu fluoresciren. Man destillirt schnell und fängt 125cc Destillat von 75 Proc. auf. Dieselben enthalten alles vorhandene Fuselöl, falls der Gehalt nur gering ist und etwa von 1- bis 10tausendstel beträgt, welches nach Savalle colorimetrisch bestimmt wird (Zeitschrift für angewandte Chemie, 1889 S. 323). Eine neue Reaction auf Eiweiſskörper gibt C. Reiche in den Monatsheften für Chemie, 1889 Bd. 10 S. 317, an. Fügt man zu einem in Lösung befindlichen oder auch nicht gelösten Eiweiſsstoffe 2 bis 3 Tropfen einer verdünnten alkoholischen Lösung von Benzaldehyd, ziemlich viel Schwefelsäure (1 : 1) oder concentrirte Salzsäure und 1 Tropfen Ferrisulfatlösung oder Eisenchlorid, so tritt nach einigem Stehen, oder beim Erwärmen sofort, eine dunkelblaue Färbung ein. Die Reaction trat bei allen vom Verfasser untersuchten Eiweiſskörpern ein, besonders schön bei Eier- und Blutalbumin, Caseïn und Blutfibrin, weniger hübsch bei Kleber, Pflanzenfibrin und Legumin. Auch in Pflanzengeweben, welche Eiweiſs enthalten, tritt sie auf. Sie ist ferner thierischen Oberhautgebilden eigenthümlich und läſst sich sehr schön mit Schafwolle hervorrufen. Sie ist nicht so empfindlich wie die Xanthoproteïn- und Millonsche Reaction; wahrnehmbar ist sie noch bei einem Gehalte von 0,06 Proc. Eiweiſs. Nach E. Mikosch scheint die Reaetion zum mikroskopischen Nachweise von Eiweiſskörpern geeignet zu sein. VIII. Allgemeines und Theoretisches. Die Bestimmung der Molekulargewichte der Kohlehydrate von T. H. Brown und G. H. Morris. Hierüber berichtet die Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 12 S. 207, nach Sitzungsbericht der Chemical Society vom 6. Juni 1889 wie folgt: „Die Verfasser machen zunächst darauf aufmerksam, daſs die in ihrer ersten Abhandlung gegebenen Resultate von Tollens und Mayer und von de Vries bestätigt worden sind. Sodann geben sie die mittels Raoult's Methode für folgende Kohlehydrate erhaltenen Resultate Galaktose berechnet für C6H12O6 gefunden (Mittel) A         0,106          0,1073 M 180,0 177,0 Inulin berechnet für 2(C36H62O31) A             0,0096             0,0087 M 1980,0 2176,0 Kiliani gibt dem Inulin die Formel C36H62O31, welche indeſs nach obigem Resultat zu verdoppeln ist. Die Verfasser haben bereits auf die groſse Aehnlichkeit zwischen Amylodextrin und Inulin hinsichtlich ihrer physikalischen Eigenschaften hingewiesen und sind geneigt, beide Stoffe als nahe analog in der Zusammensetzung zu betrachten (C12H22O11)2.(C12H20O10)4 C12H22O11.(C12H22O10)6 Inulin; M = 1980 Amylodextrin; M = 2286. Obgleich die Amylin- und Amylongruppen in ihnen sehr verschiedene optische und andere Eigenschaften besitzen, und die Producte der Hydrolyse mit verdünnter Säure sehr verschieden sind. Maltodextrin. berechnet für C12H22O11(C12H20O10)2 gefunden (Mittel) A          0,0191          0,0197 M 990,0 965,0 Stärke. Raoult's Methode lieſs sich auf Stärkepaste nicht anwenden. Lösungen der löslichen Stärke gaben eine so geringe Depression, daſs keine sicheren Resultate erhalten wurden, eine Anzahl ziemlich übereinstimmender Ergebnisse deutete indeſs auf ein Molekulargewicht von 20000 bis 30000. Um zu ermitteln, ob diese Unsicherheit des Resultats auf ein hohes Molekulargewicht oder darauf zurückzuführen ist, daſs die Methode bei colloiden Stoffen versagt, wurde eine Arabinsäure vom Rotationsvermögen [α]j = + 61,16° untersucht. Dieselbe ergab A = 0,0265, M = 717,0. Hiernach ist es wahrscheinlich, daſs der durch lösliche Stärke ausgeübte geringe Einfluss auf dem hohen Molekulargewicht derselben beruht. Die Verfasser untersuchten weiter die Dextrine. Sie haben bereits gezeigt, daſs beim Abbau der Stärke durch Diastase ein Ruhepunkt erreicht wird, wenn der Betrag an erzeugtem Dextrin ⅕ vom Gewicht der angewandten Stärke entspricht, und daſs das Molekül dieses beständigen Dextrins ⅕ von der Gröſse des Stärkemoleküls ist, aus welchem dasselbe entstand. Bestimmungen mit mehreren Proben dieses niedrigen Dextrins gaben folgende mittlere Werthe: mittlere Werthe berechnet für 20C12H20O10 A             0,0030             0,0029 M 6221,0 6480,0 Hiernach wäre die Formel der löslichen Stärke 5(C12H20O10)20 und ihr Molekulargewicht 32400. Es wurde auch die Lösung der Frage, ob die Dextrine eine Reihe von Polymeren oder ob sie einfach Metamere sind, mittels Raoult's Methode versucht. Zu diesem Zweck wurde eine Anzahl höherer Dextrine aus Stärkeumwandlungen dargestellt, welche in einer früheren Phase der Hydrolyse zum Stillstande gebracht waren. Alle mittels des Gefrierverfahrens erhaltenen Zahlen zeigen keine Differenz zwischen den Molekulargewichten der höheren und niederen Dextrine, thatsächlich sind die Zahlen fast identisch. Aus den mit löslicher Stärke und mit Dextrinen von verschiedener Stellung in der Reihe erhaltenen Resultaten schlieſsen die Verfasser, daſs die Dextrine metamere und nicht polymere Verbindungen sind. Sie verlassen daher ihre frühere Hypothese über die Hydrolyse der Stärke und nehmen nunmehr an, daſs das Stärkemolekül aus vier complexen Amylingruppen besteht, welche um eine fünfte ähnliche Gruppe angeordnet sind, die einen molekularen Kern bilden. Bei der Hydrolyse zerfällt dieser Complex unter Freiwerden von vier Amylingruppen, die vollständige Hydrolyse in Maltodextrine und schlieſslich in Maltose erleiden können, während die fünfte Amylingruppe, welche den Kern des ursprünglichen Moleküls bildete, der Wirkung der hydrolysirenden Agentien widersteht und ein beständiges Dextrin bildet. Jede der fünf Amylingruppen hat die Formel (C12H20O20)20, entsprechend einem Molekulargewicht 6480. Das Molekül der löslichen Stärke, welches der Formel 5(C12H20O10)20 entspricht, hat also das Molekulargewicht 32400. Für die Maltose ermittelten A. G. Ekstrand und Rob. Manzelius das Molekulargewicht nach Raoult's Methode und bestätigten damit die Formel C12H22O11 in wasserfreiem Zustande (Oefversicht Oefver Vetensk. Akadem. Foerhandlingar, 1889 S. 157). (Schluſs folgt.)