Titel: L. Hübner und R. Busse's elektrisches Schloss.
Fundstelle: Band 275, Jahrgang 1890, S. 409
Download: XML
L. Hübner und R. Busse's elektrisches Schloſs. Mit Abbildungen auf Tafel 21. Hübner und Busse's elektrisches Schloſs. Auf der im Sommer 1889 in Berlin abgehaltenen Schlosserei-Ausstellung ist dem Gymnasialoberlehrer Dr. L. Hübner und dem Kunstschlossermeister R. Busse in Schweidnitz die bronzene Medaille für ihr elektrisches Schloſs (* D. R. P. Kl. 68 Nr. 48776 vom 14. Oktober 1888, Zusatz zu Nr. 44369 vom 3. Januar 1888) zuerkannt worden. Das Wesentliche dieses Schlosses liegt darin, daſs beim Einstecken eines Stechschlüssels in ein verborgenes, nach Befinden in einem entfernteren Raume befindliches Schlüsselloch eine Anzahl von Stäben verschoben wird, und zwar jeder Stab genau so weit, daſs er einen auf eine schmale Stelle beschränkten Contact macht. Der auf diese Weise geschlossene Strom bewirkt dann mittels eines Elektromagnetes, daſs ein Riegel sich zurückzieht, der bis dahin durch Federkraft den Riegel eines mechanischen Schlosses sperrte. Nun erst kann letzteres geöffnet werden, während beim Schlieſsen des mechanischen Schlosses der elektrische Sperrriegel von selbst wieder einfällt. Der Stechschlüssel ist ein dem amerikanischen Yaleschlüssel ähnlicher nacher Schlüssel, in dessen Ränder Kurven eingeschnitten sind, oder besser ein äuſserst schwierig abzuformender conischer Schlüssel, in ein Schlüsselloch ohne jede Drehung hineingesteckt. Die Zahl der möglichen Gruppirungen in den Contactstellen und deren Anpassungsvermögen an alle möglichen Verhältnisse ist bei diesem Schlosse der bei anderen Schlössern weit überlegen; daher wird auch ein Oeffnen dieses Contactschlosses ohne den zugehörigen Stechschlüssel durch Probiren nach den Methoden der amerikanischen Lockpicker (Schloſsöffner) kaum möglich sein, da die stromschlieſsende Stellung der Contactstäbchen sich in keiner Weise mechanisch auszeichnet, sondern nur auf dem Unterschiede von Leitern und Nichtleitern der Elektricität beruht. Es ist ferner auch die Lage der Sperrriegel selbst, von auſsen nicht zu ergründen, so daſs auch ein Anbohren des Schrankes zum Zwecke des Zurückschlagens der Hauptriegel bei der Festigkeit unserer Sperrriegel nicht zum Ziele führen kann. Weiter können mehrere Contactschlösser verschiedener Anordnung in dieselbe Stromleitung eingefügt werden, so daſs z.B. ein Kassenbeamter gewisse Werthbehältnisse nur in Gegenwart des Revisors öffnen kann, oder daſs alle Behältnisse eines Instituts, oder etwa ein Raum mit Hunderten von vermietheten feuer- und diebessicheren Nischen nur aufgeschlossen werden können, wenn der Direktor an abgelegener Stelle seinen Centralschlüssel eingesteckt und die Leitung geschlossen hat. Da der Schlüssel durch bloſses Einstecken ohne jede nachfolgende Drehung das Schloſs öffnet, so kann kein Irrthum vorkommen, ob man zugeschlossen hat oder nicht; steckt der Schlüssel im Schlosse, so ist offen, wenn nicht, so ist nothwendig geschlossen. Bei der sehr verwickelten Gestalt, welche man dem Schlüssel geben kann, wird auch ein schnelles Abformen und Nachbilden desselben sehr erschwert. Eine solche Einrichtung läſst sich auch schon vorhandenen Schlössern noch beifügen, leicht z.B. an schon gebrauchten Geldschränken anbringen. In Fig. 1 ist ein eingestecktes elektrisches Schloſs abgebildet, dessen mit doppelter Krümmung versehener Stechschlüssel ohne Drehung auf einen vierkantigen Dorn geschoben wird und die aus Hartgummi hergestellten verschiebbaren Contactstäbchen in die stromschlieſsende Lage bringt. Ein solches Stäbchen ist in Fig. 2 in zwei Ansichten abgebildet. Bei dem Schlüsselangriffe sind die Stäbchen zum Schütze gegen Abnutzung mit Messing beschlagen; an den Seiten tragen sie Neusilberfederchen mit massiven Contactknöpfen, die mit doppelten Kupfernieten befestigt sind. Die Führungsleisten sind ebenfalls aus Hartgummi hergestellt und aufgenietet. Es könnte jedoch auch der ganze unbewegliche Theil des Schlosses aus einem einzigen zusammenhängenden Stücke Hartgummi geformt werden. Die die Stromschlieſsung ermöglichenden Verbindungsnieten c, c in diesen Leisten sind ebenfalls von Kupfer und am besten flach und dünn, damit nur in einem Punkte oder besser in einer Linie die Berührung stattfindet. Da von ihnen die Sicherheit wesentlich abhängt, sind sie sehr genau passend herzustellen. Die Verbindung an den Enden mit den isolirten Kupferdrähten g, g ist ebenfalls vor metallischer Berührung mit dem Kasten sorgfältig zu schützen. Der Stechschlüssel wird aus zwei Theilen mit viereckigem Dornloche zusammengelöthet oder aus Messing gegossen. Das Schloſs wird mit Schrauben an den Enden des Stulps befestigt und die heraustretenden Enden g, g nach dem Elektromagnete, der Batterie und einer Lärmglocke geführt. Fig. 3 zeigt ein auf dieselbe Art gebildetes rundes Schloſs, bei welchem die Contactstäbchen sich in radialer Richtung verschieben und der Schlüssel eine kurze, schwer abzuformende conische Gestalt hat. Die Flächen, worauf die Contactstäbchen laufen, sind mit Messing belegt, um ein vollkommen glattes Verschieben zu erreichen und dem Rosten vorzubeugen. Der Kasten besteht aus Eisen; die Drähte sind durch den Umschweif mit befestigt. Doch kann auch hier alles aus einem Stücke Hartgummi geformt werden. Beide Schlösser sind an Geldschränken verwendbar. Um beim runden die Aschenfüllung zu ergänzen, setze man eine mit Isolirmasse gefüllte Kapsel ein und befestige diese am inneren Thürbleche durch Schrauben. Am vorderen Thürbleche muſs so viel Raum bleiben, daſs der mechanische Schlüssellochschieber frei hindurchgehen kann. Fig. 4 ist ein Thürschloſs an einer hölzernen Korridorthür. Der Riegel A ist der elektrische Verschluſsriegel. Die Feder C drängt den Riegel nach rechts hin zurück. Darunter ist der Riegel des gewöhnlichen mechanischen Drückerschlosses angebracht. Wenn die Thür mit dem Zuziehknopfe zugezogen worden und der mechanische Riegel richtig eingefallen ist, beginnt die elektrische Abschlieſsung. Es ist nämlich oberhalb des angeschlagenen mechanischen Kastenschlosses ein elektrisches Contactschloſs (Fig. 1 oder 3) befestigt bezieh. eingestemmt; dasselbe muſs der Thürstärke entsprechen; bei schmälerem Rahmenholze ist der Elektromagnet E auf dem Schloſskasten aufzusetzen und der vorstehende Theil in die Thüre einzulassen. Es werden nun die Drähte g, g angeschlossen und mit Federverbindung oberhalb am Futter fortgeführt und mit der Batterie vereinigt. – Oberhalb des Zuziehknopfes der Thüre kommt erst das Schlüsselloch für das mechanische Schloſs, dann das für den Riegel A und endlich das Schlüsselloch des Contactschlosses. Beim Zuschlieſsen wird der Riegel A mit dem zu letzterem gehörenden, auf i aufgesteckten Schlüssel nach links bewegt, bis die über A angebrachte Zuhaltung wieder einfällt. Beim Oeffnen hat man den Schlüssel in das oberste Schlüsselloch einzustecken, der Elektromagnet E zieht die Zuhaltung an und der Riegel fliegt zurück. Jetzt darf man nur wieder denselben Schlüssel in das unterste Loch auf Stift h aufstecken und den mechanischen Riegel zurückziehen. Der Verschluſs von innerhalb geschieht durch einen Knopf, der auf dem Drückerstifte i des elektrischen Riegels angebracht ist; durch einfaches Anheben bei B wird wieder aufgeschlossen. Auf dem Drückerstifte h ist eine Olive angebracht. Die Anordnung könnte auch so getroffen werden, daſs bei umgekehrt wirkender Feder C der elektrische Riegel A beim Zuwerfen der Thür von selbst einfällt. Fig. 5 stellt die elektrische Sperrung eines mechanischen Schlosses am Geldschränke dar. In der inneren Thür ist ein Elektromagnet E in die Aschenfüllung eingebaut, dessen Ankerhebel H zurückziehend auf den Schieber y wirkt; der letztere fällt beim Zuschlieſsen des Schrankes von selbst in die Oeffnung z der Bascülscheibe ein, oder auch nach Fig. 6 vor eine am groſsen Riegel angebrachte Nase. Oberhalb ist nun ebenfalls in die Aschenfüllung ein Schloſs S (oder S1) nach Fig. 1 (oder Fig. 3) eingebaut, und zwar so, daſs der Absperrschieber ungehindert das Schlüsselloch auſsen verdecken kann. Will man den Schrank öffnen, so muſs man zunächst den elektrischen Schlüssel einschieben; dann erst kann das mechanische Schloſs aufgeschlossen werden. r ist ein einfaches Riegelchen, um etwa bei Tage das elektrische Schloſs auſser Thätigkeit zu setzen. Da die Batterie nebst einem Ausschalter und einer Glocke in einem anderen Raume untergebracht ist, so ist bei ausgeschaltetem Strome Niemand im Stande den Schrank zu öffnen, bei geschlossenem würde das Einstecken des Original- oder Nachschlüssels durch die Glocke signalisirt werden. Fig. 7 bis 9 zeigen ein einfacheres, etwas weniger sicheres, zur Massenfabrikation geeignetes Schloſs. Die Contactstäbchen r, v sind ohne Federn und haben nur Vertiefungen, die durch den Schlüssel in eine solche Lage gebracht werden, daſs ein stromleitender Kupferbalken einfallen kann, dessen Zapfen a, a dann durch die Feder f auf die Verbindungsstellen für die Leitungsdrähte im unteren Schloſsbleche drücken; zur sicheren Isolirung sind Hartgummifutter eingeschraubt, auch der Kupferbalken wird zweckmäſsig durch ein Hartgummistäbchen isolirt. – Zur sicheren Führung der Contactstäbchen ist ein Metallstück B (Fig. 9) auf die Decke genietet; die Führungsstäbchen s können ebenfalls aus Metall sein. Auch hier dürfte die Herstellung aller Theile mit Ausnahme der Federn und der stromleitenden Stücke aus Hartgummi zu empfehlen sein.

Tafeln

Tafel Tafel
									21
Tafel 21