Titel: Die drehbaren Tiegelschmelzöfen; von Alb. Piat in Paris.
Autor: Alb. Piat
Fundstelle: Band 276, Jahrgang 1890, S. 502
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Die drehbaren Tiegelschmelzöfen; von Alb. Piat in Paris. Mit Abbildungen. Piat's drehbare Tiegelschmelzöfen. In der letzten Pariser Weltausstellung erregten die Piat'schen drehbaren Tiegelschmelzöfen die ungetheilte Aufmerksamkeit der Fachleute. Die Form und Einrichtung der Oefen ist, verglichen mit den im J. 1878 ausgestellten (siehe 1878 229 * 107. D. R. P. Nr. 152), so weit ausgebildet, daſs sich die Oefen, die ursprünglich für Bronze und Gelbguſs bestimmt waren, nunmehr auch zum Schmelzen von Guſseisen und Stahl eignen. Die näheren Angaben entnehmen wir der Nummer vom 23. November 1889, S. 463, von Revue Industrielle. Bei dem ursprünglichen Ofen wurde der Tiegel einfach in den aus einem quadratischen, mit Futter aus feuerfestem Materiale versehenen Blechmantel eingestellt, der Raum zwischen Tiegel und Futter mit Koks ausgefüllt, und dann mit gepreſster Luft geschmolzen. Diese Anordnung zeigt sich auch 1878 229 * 107 und ist in ihrer jetzigen Ausführung aus Fig. 1 zu ersehen, die wohl keiner weiteren Erklärung bedarf. Fig. 1., Bd. 276, S. 502 Das Wesen einer der neueren Anordnungen (Fig. 2) liegt darin, daſs der frühere glatte Deckel durch einen Aufsatztiegel, welcher als Vorschmelztiegel dient, ersetzt ist. Der Aufsatztiegel bietet insbesondere den Vortheil, daſs das Schmelzgut nicht mit dem Brennmateriale, sondern nur mit dessen Gasen bezieh. der Stichflamme, welche ihn umspülen, in Berührung kommt, also nicht verunreinigt werden kann. Die Tiegel sind in der kleinen Gröſse von feuerfestem Thon, in den gröſseren Maſsen aus Graphit, und wird der untere auf eine Unterlage aus einer Mischung von feuerfestem Thone und Graphit bestehend aufgestellt, um ihn vor der unmittelbaren Berührung mit dem Roste zu schützen. Der Wind hat 12 bis 18cm Wasserdruckhöhe. Fig. 2., Bd. 276, S. 503 Der Aufsatztiegel ist in der Mitte des Bodens durchlöchert und hat auch in geringer Höhe einige Oeffnungen, welche zum Schmelzen dienen, während die Oeffnungen im oberen Theile nur zum Hantiren bestimmt sind. Die zu schmelzenden Metalle werden allmählich in den Aufsatztiegel gegeben, und können 100k Bronze in 20 bis 25 Minuten mit 15 Proc. Koks niedergeschmolzen werden. Ingenieur C. Steffen, der einer Schmelzung in den Werkstätten Piat's beigewohnt hat, bestätigt diese Angaben und gibt den Koksverbrauch zu nur 12k an (Stahl und Eisen, 1890 Nr. 3). Die Hantirung der Tiegel ist dadurch erleichtert und gefahrlos gedacht, daſs der ganze Ofen mit dem darin festgeklemmten Tiegel um ein Zapfenpaar drehbar ist und mit mechanischen Hebevorrichtungen nach Belieben gehandhabt werden kann. Eine weitere Neuerung, die für den praktischen Gebrauch in Eisen- und Stahlgieſsereien wohl die wichtigere ist, besteht darin, daſs, wie Fig. 3 zeigt, der vorhin erwähnte Aufsatztiegel in eine Art kleinen Kupolofens umgewandelt ist. Um den Ofen ist ein Windkanal gelegt, Welchem der Wind durch eine hohle Säule zugeführt wird. In letzterer befindet sich ein Regulirventil mit wagerecht gelegener Stange für den Wind, sowie ferner eine Schrauben Vorrichtung, welche gestattet, den Ofenaufsatz zu heben, um ihn nach vollendeter Schmelzung zur Seite zu drehen. Zu diesem Zwecke ist der obere Theil der Säule gegen den unteren in einer Büchse drehbar angeordnet. Fig. 3., Bd. 276, S. 504 Das Aufgeben des Schmelzgutes geschieht in ähnlicher Weise wie bei dem gewöhnlichen Cupolofenbetriebe, und ist auch der Brennmaterialverbrauch bei beiden Schmelzverfahren nicht wesentlich von einander verschieden. Die Vorrichtung ist sehr bequem für Güsse von 100 bis 300k und gestattet eine genaue Herstellung bestimmter Mischungen, etwa zu besonders zähem Gusse, wie sie in einzelnen Fällen vorgeschrieben werden, und deren Erzielung im Cupolofen stets unsicher ist. Auch mit diesen Oefen wurden in Gegenwart Steffen's Proben angestellt und theilt derselbe a. a. O. mit, daſs rasch auf einander in demselben Ofen zuerst 100k Kupferbronze, darauf – selbstredend mit gewechseltem Tiegel – 100k Gieſsereiroheisen und zuletzt ein gleiches Gewicht Stahlabfälle eingeschmolzen seien. Alle drei Operationen erforderten kaum drei Stunden Zeit, und genügte ein Arbeiter zur Bedienung des Ofens. Daſs zum Niederschmelzen von Stahlabfällen ein höherer Winddruck erforderlich ist, bedarf wohl nicht der Erwähnung.