Titel: | Oeffentliche Beleuchtung von New York. |
Fundstelle: | Band 277, Jahrgang 1890, S. 43 |
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Oeffentliche Beleuchtung von New
York.
Oeffentliche Beleuchtung von New York.
Der städtische Beleuchtungsinspector in New York, Dr. Lore, hat vor Kurzem in einem amerikanischen Journale einen Bericht über
die öffentliche Straſsenbeleuchtung in New York veröffentlicht, dem wir nachfolgende
Mittheilungen entnehmen:
Der erste Versuch, die Straſsen New Yorks mit Gas zu beleuchten, wurde im Jahre 1823
gemacht, als ein Vertrag mit der neu gegründeten „New York Gas Light Company“
aufgestellt wurde. Der Vertrag lief auf 30 Jahre und gewährte der Gesellschaft, den
Stadttheil südlich von Grand Street ausschlieſslich mit Gas zu versehen. Die Kosten
für eine Straſsenflamme sollten den Betrag für eine Oellampe nicht überschreiten.
Dieser Vertrag lief im Jahre 1853 ab, und an Stelle dessen trat ein anderer für ein
Jahr. Derselbe war ähnlich dem ersten, mit der Abänderung, daſs das ausschlieſsliche
Recht für das Terrain jenseits Grand Street weggelassen wurde. Der Preis für jede
Straſsenflamme mit 2300 stündiger Brennzeit jährlich wurde auf 68 M. festgesetzt,
mit einem entsprechenden Zuschuſs für das Ueberschreiten der Stundenzahl. Bis dahin
hatte man bei Mondschein die Laternen nicht angezündet; gegen Ende des Jahres 1853
wurde beschlossen, die Laternen jeden Abend anzuzünden. Dies vermehrte die
Gesammtbrennzeit einer Flamme auf 3833 Stunden jährlich, und die Kosten für jede
Flamme stiegen dementsprechend auf 110 M. jährlich. Diese Zahl von Brennstunden
blieb bis 1879 die gleiche, dann wurde dieselbe auf 4000 Stunden vermehrt, und bis
jetzt ist diese Zahl nicht geändert worden.
Etwa 10 Jahre nach der Einführung von Gaslicht in der City wurde die „Manhattan
Gas Company“ gegründet und erhielt eine contractliche Berechtigung, den
Theil zwischen Grand Street und der sechsten Straſse zu beleuchten für die Dauer von
20 Jahren. In Folge des bedeutenden Wachsthums der City wurde eine Vergröſserung des
Beleuchtungsgebietes nothwendig; der Vertrag wurde daher 1848 zurückgenommen und ein
anderer für 20 Jahre aufgestellt, in welchem das Beleuchtungsgebiet bis zur 42.
Straſse ausgedehnt wurde. Wie in dem früheren Vertrage wurde der Preis für eine Flamme bei 2300 stündiger
Brennzeit auf etwa 66 M. oder bei 3833 stündiger Brennzeit auf 110 M.
festgesetzt.
Dieser zweite Vertrag wurde mit beiderseitiger Zustimmung im Jahre 1865 zurückgezogen
und für die kommenden 8 Jahre existirten nur kurze oder gar keine Abschlüsse.
Während des gröſsten Theiles dieser Periode verlangten die Gasgesellschaften, welche
sich eine Entscheidung des Court of Appeals zu Nutzen machten, 233 M. für eine
Flamme jährlich.
Die verbesserte City-Urkunde berechtigte die Gascommission, bestehend aus dem
Commissär der öffentlichen Arbeiten, dem Bürgermeister und einem Aufsichtsrath,
Verträge für die Beleuchtung von Straſsen und öffentlichen Plätzen abzuschlieſsen,
aber nur für 1 Jahr, was noch bis heute zu geschehen pflegt. Auf diesen Beschluſs
hin wurde für das Jahr 1874 ein Vertrag mit bedeutend ermäſsigten Preisen
abgeschlossen. Die Vertragspreise waren im Jahre 1888 77 M. bei der „Consolidated
Gas Company“ und bei der „Mutual Gas Company“. Bei der „Equitable
Company“, bei welcher das Gericht den Preis festsetzte, belief sich derselbe
für eine Straſsenflamme auf 52 M. jährlich.
Diejenigen Gesellschaften, welche das Gebiet jenseits des Harlem-Flusses
beleuchteten, bekamen 123 bis 127 M. für jede Flamme jährlich.
Im Jahre 1879 wurde vom Gemeinderath in der Februarsitzung beantragt, die
Gasgesellschaften zu bitten, Experimente mit elektrischem Licht behufs Beleuchtung
der Straſsen und öffentlichen Plätze anzustellen, und die Kosten sowohl für Gas als
auch für elektrisches Licht festzusetzen. Da die Stadt nicht dafür zahlen wollte,
unterblieben die Kostenanschläge. Im November 1880 suchte die „Brush Electric
Light Company“ um Erlaubniſs nach, auf Broadway zwischen der 14. und 34.
Straſse elektrische Candelaber setzen zu dürfen, um die Zweckmäſsigkeit der
elektrischen Straſsenbeleuchtung praktisch zu beweisen. Die Bitte wurde gewährt, und
am 15. Januar 1881 wurden 22 Bogenlampen in Betrieb gesetzt, welche bis zum 1. Juni
desselben Jahres jeden Abend auf Kosten der „Brush Company“ brannten. Dann
wurde ein Vertrag geschlossen, nach welchem für 55 Bogenlampen jährlich 32560 M.
gezahlt wurden. Ein fernerer Abschluſs wurde 1882 mit der „Brush Company“ und
ein anderer mit der „United States Electric Illuminating Company“ gemacht. In
der City wurden jeden Abend 3,08 M. für eine Bogenlampe oder 1124 M. jährlich
ausgesetzt. Dies wurde bis zum 1. Mai 1887 bezahlt, trotzdem die Zahl der Lampen von
Jahr zu Jahr gewachsen war.
Am
31.
December
1882
brannten
128
Bogenlampen
„
„
„
1884
„
647
„
„
„
„
1886
„
711
„
„
„
„
1888
„
1328
„
Vor 1887 waren nur die beiden erwähnten Gesellschaften durch Verträge gebunden, nun
aber kamen neue Gesellschaften hinzu, und der Vertragspreis der verschiedenen
Gesellschaften schwankte zwischen 0,87 und 2,22 M. pro Lampe für jeden Abend. Die
Preise, welche man 1888 zahlte, schwankten zwischen 1,40 und 2,64 M. pro Lampe für
jeden Abend. Der Mittelpreis war 1,54 M.
Um zu einem Kostenvergleich zwischen Gaslicht und elektrischem Licht zu gelangen,
kann man annehmen, daſs eine Bogenlampe 4,5 Gasflammen zu ersetzen vermag. Im Jahre
1885 waren 708 Bogenlampen im Betriebe, welche 3185 Gasbrenner ersetzen.
Eine Bogenlampe kostete jährlich 1124 M., also 708 = 795792 M.
Eine Gasflamme kostete jährlich 77 M., dazu kommen 7 M. für Anzünden u.s.w., also
waren die Gesammtkosten. für einen Gasbrenner jährlich 84 M. oder für die Zahl der
ersetzten Gasbrenner (3186) = 267624. Die elektrische Beleuchtung kostete also
528168 M. mehr, oder das Dreifache der Gasbeleuchtung. Die Beleuchtungskosten hatten
sich demnach beim Uebergang von Gaslicht auf elektrisches Licht um rund 200 Proc.
vermehrt.
Am 31. December 1888 waren 1328 Bogenlampen im Betriebe. Eine Bogenlampe kostete
jährlich 565 M. also 1328 = 750320. 1328 Bogenlampen ersetzten 5976 Gasbrenner. Ein
Gasbrenner nebst Zubehör (Anzünden u.s.w.) kostete jährlich 84 M., also 5976 =
501984 M.
In diesem Falle kostete das elektrische Licht 248336 M., also etwa die Hälfte mehr
als das Gaslicht.
Die Mehrkosten für elektrisches Licht beliefen sich demnach im Jahre 1888 nur noch
auf ungefähr 50 Proc. dem Gaslicht gegenüber, ein Procentsatz, unter welchen man bei
den gegenwärtigen Kosten des elektrischen Lichtes wohl kaum kommen wird. Wie man
ersieht, hat man für die Annehmlichkeiten, welche das elektrische Licht
unzweifelhaft hat, unverhältniſsmäſsig zu zahlen, und es wird eine Frage der Zukunft
sein, wie weit es zweckmäſsig ist, das Gaslicht durch elektrisches Licht zu
ersetzen.
Der Aufsichtsrath der Gascommission in New York schätzte, daſs wenn es möglich
gewesen wäre, allen Gesuchen, elektrisches Licht einzuführen, nachzukommen, man 2000
Bogenlampen nöthig gehabt hätte, welche 2318096 M. zur Unterhaltung gekostet hätten
und nur für 395392 M. Gas ersetzt haben würden. Die Mehrkosten für elektrisches
Licht würden 1922704 M., also mehr als die Hälfte der ganzen Summe betragen haben,
welche für die öffentliche Beleuchtung in New York ausgesetzt worden ist.
Zum Schluſs macht Dr. Love noch darauf aufmerksam, daſs
man die Intensität des elektrischen Lichtes früher überschätzt hat, indem man sie zu
2000 Normalkerzen annahm. Nach Messungen, welche von einigen Gesellschaften
angestellt wurden, haben die Bogenlampen eine Lichtstärke von 1300 bis 500
Normalkerzen. Da die Menge Licht, welche auf das Trottoir und die Fahrstraſse
geworfen wird, von gröſserer Wichtigkeit ist, als die Lichtmenge, welche eine
Bogenlampe in wagerechter Richtung ausstrahlt, so lautet die Bestimmung in den
Verträgen, welche die City mit den Gesellschaften abschlieſst, daſs eine Bogenlampe
Licht von wenigstens 1000 Normalkerzen bei einem Winkel von 40° unter der
wagerechten Ebene geben soll.
Kürzlich ist von den Gasgesellschaften ein Versuch gemacht worden, einen groſsen
Regenerativbrenner, den sogen. Gordon-Brenner, für die Straſsenbeleuchtung
einzuführen. Derselbe ist versuchsweise auf einigen Strecken der 5. und der
Madisonstraſse, ferner auf der 49. und 50. Straſse mit sehr gutem Erfolge angewandt,
und ohne Kosten für die Stadt. Während des Monats December. wurde ferner der Versuch
gemacht, Lenox Avenue von der 110. bis zur 129. Straſse mit 75 dieser Brenner zu
beleuchten. Die hohen Kosten, welche sich auf 5 Doll. oder 22 M. pro Brenner und
Monat belaufen sollen, werden nach Ansicht des Berichterstatters wohl seine weitere
Verbreitung unmöglich machen.
Das kürzlich stattgefundene Versagen der elektrischen Lampen und die damit verbundene
völlige Dunkelheit vieler belebter Straſsen New Yorks hat die allgemeine
Aufmerksamkeit auf das System der Straſsenbeleuchtung gezogen und gezeigt, daſs es
nothwendig ist, die Straſsengasflammen im guten Zustande für sofortigen Gebrauch zu
erhalten, jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, wo das elektrische Licht zuverlässiger
geworden ist und sich mehr eingebürgert haben wird (aus Journal für Gasbeleuchtung 1890 Bd. 33).