Titel: Neues von der Druckluft.
Fundstelle: Band 277, Jahrgang 1890, S. 509
Download: XML
Neues von der Druckluft. Neues von der Druckluft. Gegen die Zweckmäſsigkeit der Druckluft in ihrer Anwendung zu Kraftvertheilungsanlagen, insbesondere gegen die von Prof. Riedler aufgestellten günstigen Annahmen macht sich eine sehr scharfe Gegnerschaft bemerkbar, welche ausschlieſslich im Lager der Elektrotechniker sich vorfindet. Die Elektrotechnik sieht sich sehr bedroht, da, wie bereits früher berichtet wurde, zur Ausführung von Druckluftanlagen eine sehr kapitalkräftige deutsche Gesellschaft gebildet ist und in dieser seitens der elektrotechnischen Gesellschaften eine scharfe Concurrenz erblickt wird. Ist es der Elektrotechnik bisher auch noch nicht gelungen, eine gröſsere Kraftvertheilungsanlage in Betrieb zu setzen, so scheint doch – so weit die Rechnung einen Schluſs gestattet – erwiesen, daſs die Ziffer des Nutzeffectes nicht wesentlich hinter der Nutzziffer einer Druckluftanlage zurücksteht. Uebertrieben ist allerdings entschieden die Behauptung, daſs die Druckluftanlage einer elektrischen Anlage weit nachstehe, was Nutzungswerth und Nutzwirkung anbelange. Eine derartige Behauptung rechtfertigt sich wohl schon deshalb nicht, weil eine sichere Berechnung des Stromverlustes in Straſsenleitungen bisher nicht vorliegt. Ganz zweifellos ist der Umstand, daſs jedes der beiden streitigen Kraftvertheilungssysteme eigenartige besondere Vorzüge besitzt, um deren Willen sicher in manchen Fällen der Ausschlag zu Gunsten eines Systems gegeben werden wird. Ferner ist sicher anzunehmen, daſs eine Concurrenz von Druckluft und Elektricität in derselben Stadt beiden Systemen wirthschaftlich nicht nützen, sondern nur schaden kann, daſs aber eine Verquickung beider Systeme in derselben Unternehmerhand gewiſs oft von Vortheil sich erweisen wird. Die Anhänger der Druckluftvertheilung haben soeben eine groſse Niederlage erlitten durch die Ablehnung des Concessionsgesuches zur Errichtung einer Druckluftanlage in der Stadt Hannover. Gegen die Druckluft werden in dem der Abweisung zu Grunde liegenden Gutachten viele Gründe angeführt, welche rein örtlicher Natur sind, und es darf nicht übersehen werden, daſs diese Gründe wahrscheinlich die endgültige Entscheidung schwerer beeinfluſst haben, als die vorgelegten technischen Erörterungen, welche sich in durchaus abfälliger Kritik über das Druckluftsystem ergehen und dieses als schon jetzt minderwerthiger gegenüber der elektrotechnischen Kraftvertheilung hinstellen. Die Frage war für Hannover besonders schwerwiegend, weil dort bereits ein städtisches Elektricitätswerk besteht, welches die Kraftvertheilung ebenfalls übernehmen will. Um sich hier keine gefährliche Concurrenz zu machen, ist wahrscheinlich die Ablehnung des Concessionsgesuches erfolgt. Das Gutachten, welches von Dr. O. Gusinde ausgefertigt ist, ergeht sich über diesen Punkt in folgenden Worten: „Die Stadt besitzt eine eigene groſse und mit technischer Vollkommenheit errichtete elektrische Centralstation. Dieselbe ist zunächst für Beleuchtungszwecke bestimmt. Es ist aber selbstverständlich, daſs die Anlage auch motorischen Zwecken dienen wird. Hierauf ist von vornherein Rücksicht zu nehmen. Denn so lange ein Elektricitätswerk ausschlieſslich für Beleuchtungszwecke benutzt wird, ist die erzeugte Energie theuer. Eine bei den Consumenten nutzbare Energiemenge von etwa 1 -Stunde kostet in diesem Falle etwa 35 bis 45 Pf. Dient das Werk aber gleichzeitig auch Tags über für motorische Zwecke, so kann der Preis der elektrischen Energie für Kraftabgabe verhältniſsmäſsig billig bemessen werden, denn Verzinsung, Abschreibung, Reparaturen, Gehälter und Löhne können zunächst fast ausschlieſslich bei der Lichtlieferung in Anrechnung kommen, bei der man an theuere Preise gewöhnt ist. Voraussichtlich kann die Stadt den Kraftabnehmern 1 -Stunde für 15 bis 20 Pf. berechnen und trotz dieses mäſsigen Preises – durch bessere Ausnutzung der Gesammtanlage auch Tags über – die Wirthschaftlichkeit der Anlage erhöhen.“ Besonders wird darauf hingewiesen, daſs bei einmal vorhandener Druckluftanlage der Absatz des Elektricitäts Werkes erschwert werden würde, weil die Abnehmer bei der Verwendung von Druckluft beharren dürften, selbst wenn ihnen der Bezug von Elektricität billiger geboten würde. (!) Ohne auf die polemischen und lokalen Erörterungen der nach Lage der Sache zweifellos wichtigen Denkschrift näher einzugehen, seien im Folgenden einige technische Angaben derselben auszugsweise nach dem Elektrotechnischen Anzeiger wieder gegeben: Für eine allgemeine Energie-Vertheilung in groſsen Städten zu Kraft- und Lichtzwecken von einer Centralstation aus kommen bei dem heutigen Stande der Technik vor allem in Betracht die Uebertragung durch Druckluft und durch Elektricität. Bei Beurtheilung des Werthes und der Lebensfähigkeit der beiden Uebertragungsarten sind maſsgebend die Wirthschaftlichkeit bezieh. der Gesammtwirkungsgrad der Anlage, sowie die Vortheile und Nachtheile der besonderen Betriebsverhältnisse. Bei der Druckluft-Vertheilung treiben in der Centralstation aufgestellte Dampfmaschinen unmittelbar Luftcompressoren. Die comprimirte Luft wird in groſse Windkessel geliefert und von da durch ein Rohrleitungsnetz den an den Verbrauchsorten aufgestellten Luftmotoren zugeführt. Unter Berücksichtigung der von den Professoren Radinger und Riedler über die Pariser Druckluftanlage veröffentlichten Betriebsresultate wird man als Wirkungsgrad der Reihe nach annehmen: für die Dampfmaschinen 90 Proc Compressoren 77 Ventile 95 das Rohrnetz (wie bei Gasrohrnetzen) 93 Der Wirkungsgrad der Druckluftanlage einschlieſslich des Rohrnetzes beträgt demnach 0,90 . 0,77 . 0,95 . 0,93 = 0,61, d. i. 61 Proc. Bei der Energie-Vertheilung auf elektrischem Wege treiben die Dampfmaschinen in der Centralstation Dynamomaschinen an. Die von diesen erzeugte elektrische Energie wird durch kupferne Leitungen an die Verbrauchsstellen übergeführt und daselbst unmittelbar zur Beleuchtung oder durch aufgestellte Elektromotoren zur Arbeitsleistung verwendet. Hierbei ist als Wirkungsgrad anzunehmen: für die Dampfmaschinen 90 Proc. Dynamomaschinen 92 das Leitungsnetz 93 und der Wirkungsgrad der elektrischen Anlage mit Einschluſs des Leitungsnetzes beträgt 0,90 . 0,92 . 0,93 = 0,77, d. i. 77 Proc. Es ergibt sich somit ein wesentlicher Vortheil zu Gunsten der elektrischen Kraftübertragung. Prof. Riedler hat nun eine Reihe von Verbesserungen und Vervollkommnungen an Compressoren und Ventilen in Vorschlag gebracht, nach deren Durchführung er den Wirkungsgrad bis zu 76 Proc. zu erhöhen hofft. Die Verluste im Rohrnetz nimmt er aber, im Widerspruch mit den Erfahrungen bei Gasrohrnetzen, als verschwindend an. Ob und in welchem Maſse sich die Riedler'schen Erwartungen erfüllen lassen, muſs die Zukunft entscheiden. Zur Beurtheilung des Gesammtwirkungsgrades sind ferner noch die bei den Consumenten aufgestellten Luft- bezieh. Elektromotoren zu vergleichen. Die Resultate der von Radinger bei der Pariser Druckluftanlage angestellten Versuche sind in nachstehender Tabelle angegeben: Luftverbrauch (bei atmosph. Druck) für 1 nutzbare -Stunde. Bei Luftmotoren von 10 4 1 cbm cbm cbm Ohne Vorwärmung 38 52 72 Mit Vorwärmung 22 30 45 Mit Vorwärmung und Wassereinspritzung 16 22 27 Da nach den Angaben von Radinger und Riedler in Paris 1cbm Luft in der Centrale 0,11366 indicirte -Stunden erfordert, betragen die Gesammtwirkungsgrade der Pariser Luftdruck-Uebertragung: Bei Luftmotoren von 10 4 1 Proc Proc Proc. Ohne Vorwärmung (26) 23 (19) 17 (14) 12 Mit Vorwärmung (46) 40 (35) 30 (23) 20 Mit Vorwärmung und Wassereinspritzung (63) 55 (46) 40 (37) 32 Die eingeklammerten Zahlen sind die Wirkungsgrade, die sich nach Riedler durch einzuführende VervollkommnungVervollkommung noch erreichen lieſsen. Bei den Elektromotoren kann man erfahrungsgemäſs bei Leistungen von 10 , 4 und 1 der Reihe nach Wirkungsgrade von 85, 80, 70 Proc. zu Grunde legen. Es betragen dann die Gesammtwirkungsgrade der elektrischen Uebertragung bei Elektromotoren von: 10 4 1 0,77 . 0,85 = 65 Proc. 0,77 . 0,80 = 61 Proc. 0,77 . 0,70 = 54 Proc. Der Vergleich der beiden letzten Tabellen zeigt, daſs die Uebertragung durch Elektricität zweifellos wirthschaftlicher ist als durch Druckluft. Die thatsächlichen praktischen Verhältnisse ergeben dasselbe Resultat. In Paris kostet 1cbm Luft 1,5 Cts. = 1,2 Pf. Derselbe Preis ist auch für das Fürther Druckluftprojekt zu Grunde gelegt. Es ergeben sich hierbei folgende Preise für die nutzbare -Stunde: Bei Luftmotoren von 10 4 1 Pf. Pf. Pf. Ohne Vorwärmung 46 62 86 Mit Vorwärmung 26 36 55 Mit Vorwärmung und Wassereinspritzung 19 26 32 Dem gegenüber liefern auf elektrischem Wege: die Berliner Elektricitätswerke die -Stunde zu etwa 20 Pf., das Städtische Elektricitätswerk Königsberg die -Stunde zu etwa 20 Pf., das Städtische Elektricitätswerk Gummersbach die -Stunde zu etwa 15 Pf. und das Eisenacher Elektricitätswerk die -Stunde zu etwa 12 Pf. So weit unser Auszug aus dem Gusinde'schen Gutachten. Der Streit wird eine sichere Entscheidung erst erfahren, wenn in Deutschland gleichwerthige Anlagen nach beiden Systemen eingeführt werden. Wenn im Vorstehenden aber behauptet wird, daſs der Wirkungsgrad der elektrischen Kraftübertragung 77 Proc. derjenige der Kraftübertragung durch Druckluft nur 61 Proc. betrage, wobei allerdings zugegeben wird, daſs durch Verbesserungen und Vervollkommnungen der Wirkungsgrad nach Riedler auf 76 Proc. gebracht werden kann, so darf in der Vergleichstabelle der Wirkungsgrad des elektrischen Kabels nicht zu 93 Proc. gleich demjenigen der Druckluftleitung gesetzt werden. Dies erweckt offenbar den Eindruck, als ob die Länge beim elektrischen Kabel keine Rolle spiele. Thatsache ist nun aber, daſs in einer mittelgroſsen Stadt der Verlust in der Leitung bei Annahme eines nicht zu starken, noch ausführbaren Kabelquerschnittes und bei Annahme von Gleichstrom und niedriger Spannung mindestens 40 Proc. betragen würde. Es ergibt sich daraus ein Gesammtwirkungsgrad für die elektrische Kraftübertragung von 0,9 . 0,92 . 0,6 ~ 50 Proc. gegenüber einem erreichbaren Wirkungsgrad von 76 Proc. bei Druckluftanlagen. Was den Vergleich der Luftmotoren mit den Elektromotoren betrifft, so muſs man auch hier mit den zu erreichenden Verbesserungen rechnen, also vor allen Dingen mit dem Verbrauch an Luft bei entsprechender Vorwärmung, Wassereinspritzung und angemessener Expansion und Compression in gut construirten Maschinen. Pröll berechnet den theoretischen Verbrauch an Druckluft bei günstigen in der Praxis gut einzuhaltenden Vorbedingungen zu 7cbm für die indicirte stündliche Pferdekraft. Mit Rücksicht auf den Verlust, welcher bei Dampfmaschinen beobachtet wird, ist man jedenfalls berechtigt, den wirklichen Verbrauch an Luft bei Maschinen von 10 und darüber, welche mit Expansionsregulirung versehen sind, zu etwa 10cbm für die indicirte oder zu 12cbm für die effective Pferdekraft und Stunde anzunehmen. Hierbei gehen wir ganz sicher, da ein so starker Verlust wie bei Dampfmaschinen durch Kondensation des Dampfes im Cylinder, bei Luftmaschinen wegen des schlechten Leitungsvermögens der Luft keinesfalls statt hat. Statt der letzten Zahlenreihe der Tabelle des erwähnten Aufsatzes „Luftverbrauch für die nutzbare -Stunde“ bei Luftmotoren von 10 4 1 16 22 27cbm wäre ¾ der Werthe zu setzen, also 12    16,5 20cbm. Der Cubikmeter Druckluft, bezogen auf atmosphärische Pressung und Temperatur, kann aber schon zu einem Preise von 0,7 Pfennigen verkauft werden, wobei die Druckluftgesellschaft noch sehr gute Geschäfte macht. Der Pariser Einheitspreis von 1,2 Pf. ist hierbei gar nicht maſsgebend, da er viel zu hoch ist. Wir erhalten also das Resultat, daſs bei Luftmotoren die nutzbare -Stunde in mittelgroſsen Städten bei 10 4 1 nicht 19 26 32 Pf., sondern nur \frac{7}{12}\,.\,\frac{3}{4}=\frac{21}{48}, d. i.      8,3    11,4 14 Pf. kosten würde. Die Sache kehrt sich also gerade um, und es erscheinen sogar bei kleinen Kraftleistungen die Luftmotoren vollkommen concurrenzfähig mit elektrischen Motoren. Die Behauptung Radinger's, daſs bei Wassereinspritzung der Kohlenverbrauch für die Stunde und Pferdekraft nur 0,3 Pf. koste, ist durchaus zutreffend und deckt sich vollkommen mit dem durch Rechnung zu bestimmenden Werthe. Die Kosten der Vorwärmung und Wasserdampfbildung fallen thatsächlich ganz auſser Betracht. Bezüglich des etwa im Rohrnetz durch Undichtigkeiten auftretenden Luftverlustes ist auf die Versuche am St. Gotthard-Tunnel zu verweisen, wo eine mit 6at Druck angefüllte Druckluftleitung in 12 Stunden nur 3⅓ Proc. Verlust zeigte. Aehnliche Versuche in Eastbourne mit einer 3 englische Meilen langen Leitung hatten ebenso günstige Ergebnisse. Man kann also die Beobachtungen in Paris, welche nur geringe Verluste feststellten, vertrauensvoll entgegennehmen. Ganz unberücksichtigt ist der Umstand geblieben, daſs Druckluftanlagen vorzugsweise auch Motoren über 10 betreiben sollen, während die Kunst der elektrischen Kraftübertragung in Städten mit 10 aufzuhören scheint, denn gröſsere Beträge sind in den hierüber veröffentlichten Tabellen nicht bekannt gegeben. Für jetzt sei einer sehr interessanten Veröffentlichung gedacht, welche von Dr. R. Pröll in DresdenProjekt einer städtischen Druckluftanlage von 7500 indicirten von Dr. R. Pröll, Civilingenieur, herausgegeben von Dr. R. Pröll und O. L. Kummer und Co. in Dresden. Mit 7 lithographirten Tafeln. Dresden 1890. Verlag von C. Tittmann. ausgeht. Dieselbe enthält sich jeder allgemeinen Parteinahme bezüglich der Streitfrage, gibt aber eine peinlich genaue Berechnung für eine städtische Druckluftvertheilungsanlage. Die Pröll'schen Vorschläge werden nicht ermangeln, ihre überzeugende Beweiskraft entsprechend geltend zu machen. Wir geben im Folgenden einen Auszug aus dem genannten Buche, indem wir gleichzeitig bezüglich der vortrefflichen zeichnerischen Durcharbeitung des Projekts und der neuen Druckluftmotor-Constructionen auf unsere Quelle verweisen. Durch die Zahlen, die eine genaue Berechnung, gestützt auf stattgehabte Versuche, ergeben hat, soll der Nachweis geführt werden, daſs bei entsprechender Construction der Details, Einführung sachgemäſser Verbesserungen, rationellster Umsetzung der in der Kohle steckenden Wärme in Dampfarbeit und dieser in Nutzarbeit durch die Secundärmaschinen, sehr wohl eine Anlage zu schaffen ist, die nicht allein geeignet erscheint, in umfassendster Weise Druckluft für alle möglichen Verwendungen den Interessenten zur Verfügung zu stellen, sondern auch mit den zur Zeit bestehenden elektrischen Centralanlagen, welche zur Licht- und Krafterzeugung dienen, concurriren kann. Zur Erzeugung von 7500 indicirten sind 10 Dreifachexpansionsmaschinen angenommen, von denen jede bei ökonomisch günstigster Füllung entsprechend 20facher Expansion und 10at Admissionsspannung im Hochdruckcylinder 750 indicirte entwickelt. Die Maschinen arbeiten selbstverständlich mit Condensation und ist mit Rücksicht auf die hierzu erforderlichen Wassermengen der Ort für die Centralanlage passend zu wählen. Die Luftcompressoren liegen in der Verlängerung der Kolbenstangen; je zwei werden durch eine Maschine betrieben. Die in den Cylindern verdichtete Luft gelangt mit etwa 7at Ueberdruck in die Windkessel. Die Dampfmaschinen arbeiten normal mit 60 Umgängen in der Minute. Der Hoch- und Mitteldruckcylinder liegt auf der einen, der Niederdruckcylinder mit Condensator auf der anderen Seite. Beide Hälften arbeiten auf eine Welle mit um 90° versetzten Kurbeln, welche in der Mitte ein Schwungrad von 5m,5 Durchmesser trägt. Dasselbe dient nur zur Ueberwindung der Todpunkte, weshalb es nebst Welle entsprechend leicht gehalten werden kann. Die Cylinder sind mit zwangläufiger Ventilsteuerung versehen, zu deren Betrieb in üblicher Weise eine Steuerwelle parallel der Maschinenachse gelagert ist. Die Expansion des Hochdruckcylinders wird nach Erforderniſs entweder von einem Druckregulator oder Geschwindigkeitsregulator beherrscht, welche in einer eigenartigen Wechselwirkung zu einander stehen. Der Dampfverbrauch für die indicirte und Stunde kann nach den neuerdings vorliegenden Ergebnissen bei Dreifachexpansionsmaschinen zu 5,5 bis 6k angenommen werden. Nach Zeuner's mechanischer Wärmetheorie ist die zur Verdichtung der Luft von p = 1 auf p1 = 8at,5 Druck erforderliche Arbeit, wenn dieselbe ein Endvolumen von v1 erlangt: L=\frac{p_1\,v_1}{\varkappa-1}\,\left[1-\left(\frac{p_1}{p}\right)^{\frac{\varkappa-1}{\varkappa}}\right] Es ist hierin κ der sogen. Exponentialcoefficient, der je nach des Art des comprimirten oder expandirenden Gases oder Dampfes, bezieh. den Verhältnissen, unter denen sich die Compression oder Expansion vollzieht, einen bestimmten Werth hat, auf den wir späterhin zurückkommen werden. Es ist, wenn v das dem Drucke p entsprechende Volumen bedeutet: \left(\frac{p}{p_1}\right)^{\frac{\varkappa-1}{\varkappa}}=\left(\frac{v_1}{v}\right)^{\varkappa-1},\ \mbox{also}\ L=\frac{p_1\,v_1}{\varkappa-1}\,\left[1-\left(\frac{v_1}{v}\right)^{\varkappa-1}\right]; da aber auch \frac{p\,v}{p_1\,v_1}=\left(\frac{v_1}{v}\right)^{\varkappa-1}\ \mbox{ist}, so folgt L=\frac{p_1\,v_1}{\varkappa-1}\,\left[1-\frac{p\,v}{p_1\,v_1}\right],\ L=\frac{p_1\,v_1-p\,v}{x-1}. Hierzu kommt noch die Volldruckarbeit, abzüglich der Gegendruckarbeit, welche = p1v1pv ist; es beträgt somit die gesammte indicirte Compressionsarbeit K=\frac{p_1\,v_1-p\,v}{x-1}+p_1\,v_1-p\,v=(p_1\,v_1-p\,v)\,\left(\frac{1}{\varkappa-1}+1\right), K=(p_1\,v_1-p\,v)\,\frac{\varkappa}{\varkappa-1}, oder durch v dividirt: \frac{K}{v}=\left(p_1\,\frac{v_1}{v}-p\left)\,\frac{\varkappa}{\varkappa-1}. Aus \frac{p}{p_1}=\frac{1}{8,5} folgt \frac{v_1}{v} nach der Beziehung \frac{v_1}{v}=\left(\frac{p}{p_1}\right)^{\frac{1}{\varkappa}}=\left(\frac{1}{8,5}\right)^{\frac{1}{1,25}},\,.\,\varkappa=1 entspricht als Mittelwerth zwischen κ = 1,41 (adiabatische Zustandsänderung), und κ = 1 (isothermische Zustandsänderung), aber mehr ersterem Werthe zuneigend, der Voraussetzung einer äuſseren Kühlung. Aus dieser Annahme folgt  \frac{v_1}{v}=0,18, mithin ist, wenn K' die für die Maschine auf 2 Compressoren zu übertragende Arbeit bedeutet: K' = 2K und \frac{K'}{2\,v}=(8,5\,.\,0,18-1)\,\frac{1,25}{0,25}\,.\,10000 =0,53\,.\,5\,.\,10000=26500, für v in Cubikmeter gemessen. Es ist bei 0m,7 Cylinderdurchmesser der Luftcompressoren und 1m,25 Hub v = 0,385 . 1,25, also K' = 26500.2.0,385.1,25,   K' = 25506k für den Hub. Bei 60 Umgängen in der Minute ist K' = 25506 . 2 = 51012k in der Secunde, also in : N'=\frac{51012}{75}=680. Wird der Maschinenwirkungsgrad = 0,9 gesetzt, so erhält man für eine Maschine  \frac{680}{0,9}=755= rund 750 indicirte . Die Luftcompressoren werden von den nach hinten austretenden Kolbenstangen der Dampfcylinder unmittelbar angetrieben. Die Berechnung ergibt für jeden Compressor einen Cylinderdurchmesser von 700mm bei 1250mm Hub. Von einer Wassereinspritzung in den Cylinder zur Abführung der Compressionswärme ist grundsätzlich Abstand genommen, da dieselbe in der Praxis zu mannigfachen Anständen Veranlassung gegeben hat. Wenn auch die äuſsere Kühlung nicht so wirksam ist wie die innere, durch direkte Wassereinspritzung erzeugte, so gestattet doch der Wegfall jeder Wasseransammlung im Cylinder, die Compressoren mit höherer Spielzahl arbeiten zu lassen, als es ohnedies möglich wäre. Um hierbei auch den höchsten Effect bei ruhigstem Gange zu erreichen, sind für die Compressoren zwangläufig gesteuerte Ventile (Patent Riedler) in Aussicht genommen. Bei Anwendung derselben unterliegt es keinem Bedenken, die hohe Umlaufzahl von 60 in der Minute für den Maschinenbetrieb anzunehmen, da der Schluſs der Ventile stoſsfrei, eine Folge der durch den Zwanglauf des Steuerungsmechanismus fest vorgeschriebenen Geschwindigkeit, vor sich geht. Nach den von der Anlage in Paris durch Prof. Riedler veröffentlichten Betriebsdiagrammen, den täglichen Verbrauch an Druckluft betreffend, entspricht die durchschnittliche Leistung der Maschinen täglich der Normalarbeit über ungefähr 11 Stunden hinweg, es würde also der tägliche Luftverbrauch 62366 . 11 = 686026cbm oder bei 10 Proc. Verlust in der Leitung und 325 Tagen im Jahr (Sonn- und Festtage weniger gerechnet) 686026 . 0,9 . 325 = rund 200 Millionen Cubikmeter (bezogen auf atmosphärische Spannung und Temperatur) betragen. Bei der Compression der aus der Atmosphäre angesaugten Luft, welche für Hub und Compressor angenähert \frac{0,4331}{778}\,.\,1000=0^k,557 wiegt, setzt sich die aufgewendete mechanische Arbeit in Wärme um, welche ins Kühlwasser übertritt. Erstere stellt sich nach den früheren Berechnungen für Hub und Compressor auf \frac{25506}{2}=12753^k, was einen Wärmebetrag von \frac{12753}{428}\,\sim\,30 Cal. ergibt. Nimmt man an, daſs das Kühlwasser eine Temperatur von 10° hat und 40° warm abflieſst, so müſste 1k Kühlwasser 30 Cal. aufnehmen, folglich wären zur Kühlung eines Compressors für den Hub \frac{30}{30}=1^k, also bei 120 Hüben in der Minute =\frac{120}{60}=2^k Wasser in der Secunde nöthig. Der zum Betriebe der Maschinen erforderliche Dampf wird in 15 Wasserrohrkesseln (z.B. Svstem Dürr) von je 200qm Heizfläche erzeugt. Die Kessel sind mit zwei groſsen Wasser- und einem Dampfbehälter versehen, von welchem zwei getrennte Dampfleitungen mit zwischenliegenden Dampfsammelröhren nach den Maschinen führen. Zwei Batterien von je drei Kesseln geben die Feuergase an einen gemeinschaftlichen Schornstein ab. Eine Batterie von drei Kesseln steht in Verbindung mit einem kleineren Schornstein. Um jede Rauch- und Ruſsbelästigung zu vermeiden und das Brennmaterial (Braunkohle) möglichst vortheilhaft zu verbrennen, sind die Kessel mit einer vom Civilingenieur Schneider in Dresden projectirten Generatorfeuerung versehen, wie solche auch die groſse Druckluftanlage in Birmingham besitzt. Bei einem Preise von 60 Pf. für 1hl guter böhmischer zur Vergasung geeigneter Braunkohle von etwa 5000 Calorien Brennwerth loco Centrale (Elbe bei Dresden) und der Annahme, daſs in den Generatoren etwa ⅔ der im Brennmittel verfügbaren Wärmeeinheiten zur Dampferzeugung frei werden, ergibt sich eine etwa fünffache Verdampfung; 1k Wasserdampf erfordert zu seiner Bildung ungefähr 650 W.-E., mithin verdampft 1k Braunkohle der angeführten Art nach Vergasung in den Generatoren \frac{2}{3}\,.\,\frac{5000}650{=5,13\,\sim\,5^k} Wasser. Nimmt man ferner an, daſs mit Rücksicht auf die zeitweilig schwächere Ausnützung der Generatoren bezieh. stärkere Beanspruchung der Kessel in Folge des ungleichmäſsigen Betriebes für die indicirte Pferdestärke und Stunde durchschnittlich 7k Dampf erzeugt werden müssen, so würde die erforderliche Dampfmenge in der Stunde 7500 . 7 = 52500k betragen. Nach dem vorhin angegebenen durchschnittlichen Verbrauch an Luft täglich, der eine elfstündige Normalarbeit der Maschinen bedingt, würde hiernach der Verbrauch an Dampf täglich 52500 . 11 = 577500k, d. i. jährlich (300 Werktage und 25 volle Tage für die Sonn- und Festtage gerechnet) 325 . 577500 = 187687500, also der Verbrauch an Kohlen jährlich 187687500 :  5 = 37537500k betragen. Man kann rechnen, daſs 100k von der angenommenen Kohlensorte 75 Pf. kosten, so daſs sich die Ausgabe an Kohlen jährlich auf 375375 . 0,75 = 281531,25 M. stellt, welchen Betrag wir indeſs der Sicherheit halber, da noch der Transport der Lowrys von der Ankunftsstelle zur Verwendungsstelle hinzukommt und Verluste beim Anlassen und Ausgehen einzelner Generatoren entstehen, auf rund 300000 M. erhöhen. Der ungestörte Betrieb und die Anpassung der Luftförderung an den Luftverbrauch erfordert eine bestimmte Regulirungsvorrichtung an den Dampfmaschinen, welche vom Verfasser des Projects herrührt und patentirt worden ist. Die Vorrichtung besteht in einem Druckregulator und einer eigenartigen Verbindung desselben mit dem Stellzeug eines Geschwindigkeitsregulators, sowie dem Steuerungsmechanismus der Dampfmaschine. Sie hat den Zweck, letztere selbsthätig auf eine höhere oder niedrigere Umdrehungszahl einzustellen, je nachdem eine gröſsere oder geringere Zufuhr von Druckluft zu den Windkesseln oder der Rohrleitung nöthig erscheint, ohne indeſs die Wirkung eines Geschwindigkeitsregulators zu beeinträchtigen, der in gewöhnlicher Weise den Gang der Dampfmaschine beherrscht, im vorliegenden Falle aber die Aufgabe hat, die Ueberschreitung einer Maximaltourenzahl zu verhindern. Die Dampfmaschinen mit den Luftcompressoren und den Windkesseln befinden sich in einer Halle von 123m Länge und 25m Breite, welche von einer Eisenconstruction überdacht ist. An dem einen Ende befindet sich ein Reserveraum zur Aufstellung von noch 2 Maschinen, also zur Vergröſserung der Centralen um 1500 indicirte . Auf der anderen Seite ist ein Raum zur Anlage einer Reparaturwerkstatt, Maschinenmeisterstube und Aufstellung einer elektrischen Beleuchtungsmaschine vorgesehen. Die Halle hat sieben Portale, welche zwischen und an den Enden der in ihr befindlichen fünf Windkessel ins Innere führen. Die Windkessel liegen zur Hälfte im Boden. Sie sind unter einander verbunden, aber durch Schieber einzeln abstellbar. An der Hinterwand der Maschinenhalle zieht sich das Kesselhaus hin, ebenso lang, aber nur 12m breit, ebenfalls von einer Eisenconstruction überdacht. Auf dem einen Ende ist noch Raum zur Anlage einer Batterie von drei Kesseln zu 200qm Heizfläche, an dem anderen Ende befinden sich die Materialkammern. Hinter dem Kesselhaus befinden sich die Schornsteine und Generatoren, sowie die Gleisanlage zum Heranfahren der Kohlen an die Generatoren. Die Rohrleitung im Maschinenhaus bestellt aus einer doppelten Druckluftleitung, welche von den Windkesseln abzweigt, einer Kaltwasserleitung zum Betriebe der Condensatoren, einer Leitung zur Abführung des warmen Wassers aus diesen, einer Speiseleitung für die Kessel, einer doppelten Dampfleitung von diesen nach den Dampfmaschinen und einer Druckluftleitung zwischen den Compressoren und Windkesseln, von welcher die vorhin angedeutete Regulirvorrichtung bethätigt wird. Die Dächer sind mit Aufsätzen zur Lüftung der Räume versehen. (Schluſs folgt.)