Titel: Die Beleuchtungsanlage der Stahlwerke in Terni.
Fundstelle: Band 278, Jahrgang 1890, S. 125
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Die Beleuchtungsanlage der Stahlwerke in Terni. Die Beleuchtungsanlage der Stahlwerke in Terni. Die Stahlwerke in Terni, die erste derartige gröſsere Anlage Italiens, sind in der Nähe der nördlich von Rom liegenden gleichnamigen Stadt, in einer durch ein mächtiges Lignitlager und die bedeutende Wasserkraft des Velinoflusses begünstigten Gegend; dieser Fluſs bildet bei seinem Einflieſsen in die Nera, etwa 6km von Terni entfernt, die sogen. Marmorfälle. Das Lignitlager bietet eine zur Gasfeuerung vorzüglich geeignete, zum Betrieb der Puddel- und Schweiſsöfen brauchbare Kohle. Die zum Betriebe erforderliche, etwa 8000 effective betragende Betriebskraft wird dem Velino durch zwei 700mm weite Rohrleitungen entnommen, die sich auf einer 2657m langen Strecke zu einem Tunnel von 2m Höhe und 1m,75 Breite vereinigen, der in einen 100cbm fassenden Behälter endigt, von hier führen wieder zwei Rohrleitungen von je 700mm Durchmesser zu dem 206m tiefer gelegenen groſsen Vertheilungsschieber des Stahlwerkes. Die ganze Druckhöhe beträgt 233m; die Maschinen erhalten (wenn man den Druckverlust in der 6600m langen Leitung auf 2at annimmt) Kraftwasser von 18 bis 19at Druck, welches durch zahlreiche Leitungen nach den einzelnen Verbrauchsstellen geführt wird. Die von der Maschinenfabrik Eßlingen (der früheren Elektrotechnischen Fabrik Cannstatt) ausgeführte elektrische Beleuchtungsanlage ist die gröſste bis dahin in Italien bestehende; ihr Umfang ergibt sich aus nachstehenden Zahlen: Gesammtfläche des Werkes 190660qm Fläche der Gebäude mit Glühlampen     3540qm     „       „          „         „   Bogenlampen   29593qm       „    sämmtlicher Gebäude   44615qm Gesammtfläche nach Abzug der Gebäude 144045qm Fläche auf 1 Bogenlampe:     a) im Freien (56 Lampen)     2572qm     b) in Gebäuden (43 Lampen)       688qm Fläche auf 1 Glühlampe         30qm      „      „   1       „           in Schreibzimmern und Ma-    gazinen         18qm Zahl der Glühlampen etwa       300. Bei der Bearbeitung des Entwurfes wurden folgende Grundsätze aufgestellt: 1) jeder Stromkreis muſs für sich abstellbar sein; 2) tritt in irgend einem Stromkreis eine Betriebsstörung ein, so müssen die übrigen Lampen noch genügend Licht geben, um Unglücksfälle oder Betriebsstörungen zu vermeiden. Im Freien werden die Bogenlampen von 10m hohen schmiedeeisernen Masten getragen; ihre durchschnittliche Entfernung beträgt 60 bis 65m; die Lampen geben eine solche Lichtmenge, daſs die Mitte zwischen 2 Lampen noch eine Belichtung von 0,5 bis 0,6 Normalkerzen in Im Entfernung hat. In den Arbeitsräumen haben die Lampen nur 20 bis 30m Entfernung und hier herrscht wirkliche Tageshelle. Die Lampen im Freien haben dioptrische Scheiben, während für die Lampen im geschlossenen Raume behufs günstiger Lichtvertheilung zur Hälfte matte, nach unten durchsichtige Glasglocken gewählt sind. Die 100 Bogenlampen sind auf 10 Stromkreise mit einer durchschnittlichen Länge von je 800 bis 1200m Länge vertheilt. Die Glühlampen haben durchschnittlich 25 Normalkerzen und befinden sich in den Schreib- und Zeichenzimmern, den Magazinen, den Versuchsräumen, den Pförtnerhäusern. In der Nähe der Maschinen sind tragbare Lampen angebracht, um etwaige Ausbesserungen auch bei Nacht an weniger gut beleuchteten Stellen ausführen zu können. Der elektrische Strom für die Bogenlampen wird durch 12 Dynamomaschinen von je 10 geliefert, welche paarweise durch je eine Turbine von 20 betrieben werden, indem ihre Anker auf dieselbe Welle mit dem letzten Rade des Triebwerkes aufgesteckt und zu beiden Seiten dieses Rades je eine mit der Welle verkuppelt sind. Zwei dieser Maschinen stehen in Bereitschaft und lassen sich einzeln mit jedem Stromkreise verbinden. – Für die Glühlichtbeleuchtung dienen 2 Dynamomaschinen von je 25 mit einer ihnen gemeinsamen Turbine von 50 . Die Turbinen von 20 haben 600mm äuſseren Durchmesser und 120mm Breite und machen 1000 Umdrehungen in der Minute, während diejenigen von 50 650mm Durchmesser und 170mm Breite haben und 850 Umdrehungen in der Minute machen. Für beide Arten ist der Wasserverbrauch in der Secunde 0cbm,6 für 1 effective und beträgt der Nutzeffect 65 bis 68 Proc., welcher mit Rücksicht auf die groſse Geschwindigkeit und den kleinen Durchmesser als sehr günstig zu bezeichnen ist und wesentlich dadurch erreicht wurde, daſs das Triebrad ganz aus Bronze hergestellt wurde, wodurch sein Gewicht und mithin die Reibung möglichst verringert worden sind. Zur Regulirung dieser Turbinen dient ein mit Schraubengewinde versehener Schieber, welcher am Ende die genaue Leitschaufelform besitzt. Die Dynamomaschinen sind nach der Construction von Brown (1887 264 * 588) ausgeführt. Ihr wirthschaftlicher Wirkungsgrad, d.h. das Verhältniſs der vom Motor entwickelten Kraft zur entwickelten elektrischen Energie beträgt im Mittel 0,75. Die Wickelung der Magnetschenkel muſs wegen desgeschlossenen Eisengestells auf der zusammengestellten Maschine vorgenommen werden, was zwar etwas umständlicher und zeitraubender ist, aber dafür den Vortheil hat, daſs die Wickelung dicht an die Schenkel anschlieſst, wodurch die sonst vorhandene Luftschicht zwischen den bewickelten Schenkeln und dem sie verbindenden Deckstücke beseitigt wird und so den magnetischen Kraftlinien ein geringerer Widerstand sich entgegenstellt. Dennoch findet eine geringe Streuung der Kraftlinien statt und offenbart sich durch Anziehung von in die Nähe der Pole gebrachten Eisenstücken. Diese Maschine wird entweder mit Reihen- oder mit Nebenschluſs- oder mit gemischter Wickelung ausgeführt. Bei der ersten Art wird die kräftigste Stromwirkung erzeugt, weshalb man die Reihenmaschine für eine unveränderliche Zahl hinter einander geschalteter Bogenlampen mit bestem Erfolg verwendet, während man die Nebenschluſsmaschinen und die Maschinen mit gemischter Wickelung für eine wechselnde Zahl von parallel geschalteten Glüh- oder Bogenlampen schon der Regulirbarkeit halber benutzt, also wenn es sich um Erzeugung einer unveränderlichen Klemmenspannung bei wechselnder Stromentnahme handelt. Um mit der gemischten Wickelung gleichbleibende Spannung zu erhalten, dürfte die Umdrehungszahl der Maschine sich durchaus nicht verändern, auch würde beim Warmwerden der Maschine die gemischte Wickelung Störungen erfahren, und deshalb ist eine selbsthätige Regulirung mittels besonderer Hilfswiderstände vorgesehen. Auch bei Nebenschluſswickelung ist eine Regulirung erforderlich. Der von der Maschinenfabrik Eßlingen angewendete selbsthätige Regulator ist abweichend von dem in diesem Journal (1888 267 * 453) beschriebenen Brown'schen ausgeführt. Hier enden die Widerstandspiralen in Quecksilbergefäſse, über welchen eine Metallachse liegt, die an ihrem Umfange eine entsprechende Anzahl gegen einander versetzter Schaufeln trägt. Unter dieser Achse befindet sich ein parallel zur Hauptleitung geschaltetes Solenoid, welches je nach der Stromwirkung zwei Eisenkerne mehr oder weniger einzieht. Die auf und nieder gehende Bewegung dieser Kerne veranlaſst mittels einer Schnurübertragung eine Drehung der erwähnten Achse, wodurch die mit derselben verbundenen Schaufeln in Folge des verschiedenen Eintauchens in die Quecksilbergefäſse die Widerstände entsprechend ein- oder ausschalten, und zwar geschieht dies sehr pünktlich, weil durch Reibungslagerung der Achse der Reibungswiderstand möglichst verringert ist. Neben dem Solenoid befindet sich noch eine Anzahl von Zusatzwiderständen, durch deren Einschaltung die anziehende Kraft der Spulen sich steigern oder schwächen läſst, so daſs der Apparat auf eine höhere oder niedrigere Spannung regulirt. Die Maschinenfabrik Eßlingen versieht die Anker der für Glühlichtbeleuchtung bestimmten Maschinen stets nur mit einer Drahtlage, während bei der Bogenlichtmaschine nur 2 bis 3 Lagen in Anwendung kommen. Dieses bietet nicht allein den Vorzug einfacher und daher genauerer Arbeit, wobei der Anker gut ausbalancirt werden kann, sondern es hat den weiteren Vortheil, daſs der Anker verhältniſsmäſsig kühl bleibt, ohne daſs man genöthigt ist, zu den umständlicheren und weniger dauerhaften Ventilationsankern zu greifen. Bei der Anlage zu Terni bestehen die Leitungen der Bogenlampen gröſstentheils aus blankem Kupferdraht von 2mm,2 Dicke; während die der Glühlampen aus gut isolirten Drähten und nur im Freien aus blankem Kupferdraht hergestellt sind. Die Gesammtlänge der 12 Leitungen für Bogenlampen beträgt 9940m und zwar in Leitung I 950m in Leitung II   790m III 820m IV 1150m V 780m VI 1540m VII 950m VIII   790m IX 830m X   770m XI 200m XII    370m. Der hierzu verwendete Kupferdraht kostet etwa 700 M. Bei Parallelschaltung hingegen würde nach einer Berechnung von H. Cox, Oberingenieur der Fabrik, diese Summe etwa 8700 M. betragen haben, bei Annahme von 10 Proc. Leitungsverlust. Bei Annahme von 5 Proc. Verlust in der Leitung würden sich die Kosten auf 1400 bezieh. 16700 M. gesteigert haben. Man sieht hieraus, daſs die Parallelschaltung nicht überall mit Vortheil zu verwenden ist, im Allgemeinen nur da, wo die zu beleuchtenden Räume dicht beisammen liegen, auch ist noch zu berücksichtigen, daſs für jede Lampe 25 Proc. mehr Kraft nöthig ist, als bei Hintereinanderschaltung. Die ganze 1887 ausgeführte Beleuchtungsanlage der Stahlwerke in Terni hat rund 100000 M. gekostet. (Uhland's Technische Rundschau, 1889 III. Jahrg. * S. 283.)