Titel: | Morgan's elektrische Polizeitelegraphen. |
Fundstelle: | Band 278, Jahrgang 1890, S. 415 |
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Morgan's elektrische
Polizeitelegraphen.
Mit Abbildungen.
Morgan's elektrische Polizeitelegraphen.
Fig. 1., Bd. 278, S. 415Fig. 2., Bd. 278, S. 415Fig. 3., Bd. 278, S. 415 Die von dem Morgan's Automatic Electric Signal
System Syndicate gelieferten Einrichtungen sollen vorwiegend den
telegraphischen Verkehr zwischen einem Polizeibezirksinspektor und den im Revier
vertheilten Polizeimannschaften ermöglichen. Zu dem Zwecke werden nach Engineering, 1890 Bd. 49 * S. 590, in dem Revier in
einer Anzahl von Gaslaternenträgern verschlieſsbar Rufstellen mit einem Apparatsatze
angebracht und jede Stelle mittels eines besonderen Leitungsdrahtes mit dem
Bezirkspolizeiamte verbunden. Wünscht der Inspektor einem Polizeimanne in seinem
Bezirke einen Befehl zu ertheilen, so setzt er dessen Draht mit dem Geber im Amte in
Verbindung und dreht einen Zeiger über einem mit den verschiedenen Befehlen
beschriebenen Ziffer blatte. Dadurch wird sogleich das Gas in der Laterne des Mannes
entzündet und ein rothes Glas gehoben, das die Flamme rings umgibt. Ist dadurch die
Aufmerksamkeit des Mannes erregt worden, so öffnet er den Kasten und findet den
Zeiger auf dem oberen Zifferblatte 119 (Fig. 1) auf dem betreffenden Befehle stehen. Fig. 1 und 2zeigen die Einrichtung einer
Rufstelle. Das untere Zifferblatt dient zum Ertheilen einer Antwort bezieh. zum
Absenden des Wortes „Telephon“ nach dem Amte, falls der Mann die Einschaltung
des Telephons 136 und ein telephonisches Gespräch
wünscht.
Die rothe Glasglocke sitzt auf einer Gleitröhre, welche durch die beiden Gewichte 100 beständig nach oben gedrückt wird; für gewöhnlich
ist aber die Röhre nach unten gezogen und es fängt sich dann ein aus ihr
vorstehender Finger 101 an einer Nase n, vor welche sich sperrend der Ankerhebel 107 des Elektromagnetes 108 vorlegt. Kommt darauf ein Signal aus dem Amte, so wird der Anker
angezogen, die Nase n gibt den Finger 101 frei und die rothe Glocke steigt empor. Dieser
Anker steht aber zugleich noch mit der Gabel eines Steigrades im Empfänger 119 in Verbindung und bei jeder Stromgebung wird daher
der Zeiger um einen Schritt auf dem Zifferblatte fortbewegt, bis er auf dem zu
telegraphirenden Befehle eingetroffen ist. Hat dann der Mann den Kasten
aufgeschlossen und den Befehl gelesen, so zieht er mittels des Hakens 125 die Glasglocke wieder herab, dabei aber wirkt ein
Vorsprung des Schlittens auf einen aus dem Empfänger 119 vorstehenden Arm und führt dessen Zeiger auf den Nullpunkt zurück.
Will der Mann antworten, so benutzt er den Sender wie beim Rufen; er klappt den Arm
155 des Senders 138
nieder, unterbricht dadurch den Stromkreis und stellt dann den Zeiger auf die zu
entsendende Botschaft; darauf bringt er den Arm wieder in seine frühere Stellung, um
den Stromkreis wieder zu schlieſsen, und nun arbeiten die Apparate im Amte. Es
ertönt dann nämlich sofort eine Glocke, darauf zeigt ein Zeiger die Nummer des
sprechenden Postens an und ein zweiter die gesendete Botschaft. Soll bloſs der
Empfang und das Verständniſs der Botschaft angezeigt werden, so führt das Amt den
Zeiger auf Null zurück.
Um den Mann wachsam zu halten, muſs er oft an den Laternenträger gehen und sich
melden. Dazu sendet er zuerst mittels des Senders 138
das Wort „Meldung“ (report) und schaltet nun sein Nummernkästchen mittels
eines Stöpsels in den Umschalter 196|197 ein; wurde das
Werk des Kästchens mittels eines kleinen Hebels vorher aufgezogen und nun
losgelassen, so streicht ein Schlieſsungsrad mit seinen Zähnen an einer Contactfeder
hin und telegraphirt die Nummer des Mannes in Punkten und Strichen auf dem Streifen
eines Morse-Farbschreibers (mit Relais) durch die kürzeren und längeren
Stromschlieſsungen.
Die einmündenden Drähte, z.B. 100, sind im Amte an je einen Stift in einem Umschalter
geführt; gegen die reihenweise neben und unter einander liegenden Stifte legen sich
Contactfedern in einem drehbar gelagerten Rahmen an, an jeden Stift eine Feder; die
Stifte sind somit für gewöhnlich alle unter einander verbunden; beim Umlegen schlägt
der Rahmen gegen
eine Glocke; jeder Draht ist ferner noch mit einem zweiten Stifte oder Knopfe
verbunden und diese 100 stehen im Kreise. Wenn nun ein Laternen träger geöffnet und
der Zeiger seines Gebers verstellt wird, so wird in ihm die zugehörige Leitung an
Erde gelegt und nun von einem Strome durchlaufen, den eine Batterie im Amte liefert.
Dieser Strom geht zugleich durch einen Elektromagnet im Amte, und letzterer gibt
beim Anziehen des Ankers einen Riegel frei, der sich bisher vor den Rahmen legte;
jetzt kann sich daher der Rahmen umlegen, und seine Federn verlassen die Stifte des
Umschalters, der Strom wird also wieder unterbrochen; zugleich wurde aber ein
Triebwerk losgelassen und treibt einen Contactarm über die im Kreise stehenden
Knöpfe, bis derselbe den Knopf der rufenden Leitung erreicht. Da wird der Strom
wieder geschlossen, der Contactarm wird fest gehalten und ein an ihm angebrachter
(längerer) Zeiger markirt die Nummer des rufenden Postens. Nun kommt ein zweites
Triebwerk in Gang und entsendet Stromstöſse nach dem rufenden Posten, bis dort der
Zeiger des Gebers wieder auf Null angelangt ist und der Stromkreis wieder
unterbrochen wird, während gleichzeitig im Polizeiamte das Triebwerk noch einen
(kürzeren) Zeiger bewegt, der bei seinem schlieſslichen Stillstande die Botschaft
des Postens kenntlich macht. Die beiden Triebwerke im Amte werden bei der
Zurückführung der Zeiger auf Null mittels einer Handkurbel aufgezogen.
Will das Amt einen Posten rufen, so schaltet es dessen Leitung mittels einer
biegsamen Leitungsschnur auf die Apparate und entsendet jetzt von einer weit
kräftigeren Batterie Ströme in die Leitung unter Drehung des Zeigers über dem
Zifferblatte des Senders. Diese Ströme wirken auf den Elektromagnet im
Laternenträger; dieser löst einen Riegel aus und gestattet einem Gewichte
niederzugehen, das den Gashahn öffnet und die rothe Glasglocke emporgehen läſst,
zugleich aber auch dort den Zeiger im Empfänger im Einklänge mit dem Zeiger im
Sender des Amtes dreht.
Im Amte sind die beiden Kreise, auf denen die Nummer des rufenden Postens und die
Botschaft abzulesen sind, concentrisch angeordnet und ihre Zeiger drehen sich um
dieselbe geometrische Achse. Der Nummernkreis ist in 100 Theile getheilt; doch kann
die Zahl der Posten und der Leitungen bis 300 gehen. Dann sind noch zwei runde
Oeffnungen am Zifferblatte vorhanden, und die eine bezieh. die andere öffnet sich
und zeigt die Ziffer 1 bezieh. 2, wenn die Nummer der Leitung zwischen 100 und 200
bezieh. zwischen 200 und 300 liegt. Die 300 Knöpfe, an welche die 300 Leitungen
geführt sind, sind dann in drei Kreisen angeordnet und über diesen laufen drei
Contactbürsten; liegt der Knopf der rufenden Leitung im mittelsten oder im innersten
Kreise, so wird schlieſslich zugleich noch der eine oder der andere von zwei
Elektromagneten mit
eingeschaltet, welcher die eine oder die andere runde Oeffnung öffnet.
In Fig. 3 ist noch die Schaltung im Amte skizzirt. Der
Elektromagnet bewegt durch seine beiden Anker mittels einer Gabel ein Steigrad auf
der Achse 79 des Zeigers; ein Schlieſsungsrad 83 und zwei Contactfedern vermitteln die
Stromsendungen; steht der Zeiger auf Null, so unterbricht der isolirende Streifen
des Schlieſsungsrades den Stromkreis. 86 ist der
Stöpsel, mittels dessen jede Leitung eingeschaltet werden kann; bei seinem
Einstecken in das betreffende Stöpselloch wird der Empfänger ausgeschaltet und der
Sender in die Leitung eingeschaltet Zunächst wird der Zeiger auf die zu machende
Meldung gestellt; dann wird der Stromschlieſser mittels seiner Kurbel gedreht, um
die Schlieſsung und Unterbrechung des Stromes so oft zu wiederholen, bis der Zeiger
des Senders wieder auf Null zurückgekommen ist. Dabei dreht sich der Zeiger des
Postens um gleich viel mit.
In Fig. 1 und 2 ist bei
163 noch ein Privatrufer (citizens' call) zu sehen,
mittels dessen Privatpersonen die Polizei rufen können. Jede Person erhält einen
numerirten Schlüssel, der in ein Schlüsselloch eingesteckt und gedreht wird; dann
kann er aber nicht wieder herausgezogen werden, bis der Polizeimann eintrifft. Die
Benutzung des Schlüssels läſst im Amte die Wörter „citizens' call“
erscheinen, worauf der Inspektor das rothe Licht hervorruft und so den nächsten
Polizeimann an die Laterne ruft.
Die Bedienung dieses Telegraphen erfordert keinerlei technische Kenntnisse und ist
sehr einfach. Die Apparate werden sich leicht auch anderen Zwecken anpassen lassen,
z.B. für gröſsere Gasthöfe, Fabriken ü. dgl. verwendet werden können.