Titel: Beiträge zur Technik der Chrompigmente.
Autor: Carl Otto Weber
Fundstelle: Band 279, Jahrgang 1891, S. 233
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Beiträge zur Technik der Chrompigmente. Von Dr. Carl Otto Weber. (Fortsetzung des Berichtes S. 210 d. Bd.) Beiträge zur Technik der Chrompigmente. Es ist selbstverständlich, dass der Werth von n in der vorletzten Gleichung ebenso wohl kleiner sein kann als 1, in welchem Falle Chromorange erhalten werden, deren Nuancen zwischen den beiden Endpunkten der Chromorangereihe, PbCrO4 und Pb2(OH)2CrO4, liegen. Es ist aber klar, dass, da eine Verbindung Pb(C2H3O2)2, 2PbO als Ausgangsmaterial zugänglich istVgl. dessen Darstellung (basisches Acetatverfahren) im vorhergehenden Abschnitte., sich die Benutzung einer weniger Bleioxyd, also mehr Essigsäure haltenden Verbindung unvorteilhafter stellt bezieh. ein theureres Product liefert. Obige Beobachtung über den Mechanismus der Entstehung von Chromorange bei der Fällung von basischem Bleiacetat mit Alkalichromat gibt uns ein Mittel an die Hand, um aus Chromgelben durch Behandlung mit Aetzalkalien ohne Verlust an Chromsäure Orange darzustellen. Dieses Mittel besteht darin, die Chromsäure, welche das Alkali dem Chromgelb entzieht, im Moment ihrer Entziehung an Bleioxyd zu binden. Die Möglichkeit dieser auf den ersten Blick auffallenden Reaction beruht auf der Thatsache, dass das Chromgelb die eine Hälfte der Chromsäure bedeutend fester bindet als die andere. In der That zwingt schon die oben erwähnte Beobachtung der Zersetzung von PbCrO4 durch Pb(OH)2 zu dieser Annahme. Berücksichtigen wir nun, dass Bleisulfat alkalischen Chromatlösungen die Chromsäure mit grösster Leichtigkeit entzieht, so sehen wir sofort, dass bei Anwendung von Bleisulfochromaten sich mit Aetzalkalien als Orangirungsmittel Orangegelbe ohne Chromsäure Verluste darstellen lassen. Die Reaction kann man sich in folgenden Phasen verlaufend denken: I. 2(PbCrO4, PbSO4) + 2NaOH = Pb2(OH)2CrO4 + 2PbSO4 + Na2CrO4, II. 2PbSO4 + Na2CrO4 = PbCrO4, PbSO4 + Na2SO4, III. PbCrO4, PbSO4 + 2NaOH = Pb(OH)2CrO4 + Na2SO4. Es ist klar, dass auch Chromgelbe mit weniger als 1 Molekül Bleisulfat auf 1 Molekül Bleichromat auf Chromorange verarbeitet werden können, wobei Chromorange von gelberer Nuance entstehen. Das Verfahren, das in Bezug auf den Kostenpreis der Producte nur um ein Geringes theurer arbeitet, als das vorher erwähnte „directe“ Verfahren, liefert Chromorange von ganz ausserordentlicher Schönheit und sehr dichtem Bruche, während die Chromorange des „directen“ Verfahrens von sehr flockiger Beschaffenheit sind. Wir betrachteten bislang nur das Verhalten der löslichen Bleisalze bei der Chromgelbfabrikation. Aber das fortwährende Bestreben, den Gestehungspreis der Chromgelbe so viel als möglich zu reduciren, hat schon seit langem zur Anwendung gewisser leicht erhältlicher unlöslicher Bleisalze geführt, die in Folge des viel niedrigeren Preises der in ihnen enthaltenen Säuren sich erheblich billiger stellen als die löslichen Bleisalze, deren Darstellung die Anwendung der theuren Essigsäure oder Salpetersäure erfordert. Solche schwer löslichen Bleisalze sind: das kohlensaure Blei (Bleiweiss), das schwefelsaure Blei und das basische Chlorblei. Das angewendete kohlensaure Blei ist das Bleiweiss des Handels, das sich billiger stellt als irgend eines der löslichen Bleisalze, denen gegenüber es den weiteren Vorzug eines sehr hohen Bleioxydgehaltes (86 Proc.) besitzt. Das schwefelsaure Blei des Handels ist meist so unrein, dass es nur ausnahmsweise für die Chromgelbfabrikation verwendbar ist; das speciell für diesen Zweck fabricirte schwefelsaure Blei ist aber sehr gut verwendbar, ebenso das basische Chlorblei. Ueber die Darstellungsweise dieser Präparate ist bereits das Nöthige in der Einleitung gesagt worden. Aus Bleiweiss lassen sich durch einfaches Behandeln mit einfach oder doppelt chromsauren Alkalien Chromgelbe herstellen, die aber von so schlechter Beschaffenheit, besonders so trüber Nuance sind, dass sie als technisch werthlos betrachtet werden müssen. Aus Bleiweiss gute Gelbe herzustellen gelingt nur durch Anwendung eines Kunstgriffes: man führt einen Theil des Bleiweisses in Bleinitrat oder Acetat über, bei der Fällung mit Bichromat, Bichromat und Schwefelsäure oder Bichromat und Thonerdesulfat wird dann zunächst immer das gebildete lösliche Bleisalz angegriffen, die Säure durch das saure Fällungsmittel wieder regenerirt, wodurch neue Mengen von Bleiweiss in Lösung gebracht werden, und so fort bis zur Beendigung der Fällung. Die Quantität der regenerirten Säure nimmt von Beginn bis zum Schlusse der Fällung continuirlich ab, da eine fortwährende Neutralisation der Salpetersäure durch das Alkali des Bichromates stattfindet; für die Darstellung hellcitronfarbiger bis schwefelgelber Chromgelbe hat man daher als Regel zu beachten, mindestens so viel Salpetersäure zu dem im Bottich aufgeschlämmten Bleiweiss zu fügen, als zur Bindung des Alkalis des Chromates nothwendig ist, da sonst alkalische Reaction unter Zerstörung der Nuance eintreten würde. Entsprechend der Gleichung K2Cr2O7 + 2HNO3 = 2CrO3 + 2KNO3 + H2O hat man also mindestens 70 Proc. vom Gewicht des zur Fällung gelangenden Bichromates Salpetersäure, von 40° B. (1,384 spec. Gew.), zuzusetzen. Die zur Fällung mitverwendete Schwefelsäure kommt bei der soeben discutirten Regenerationsfrage der Salpetersäure nicht in Betracht und das Gleiche gilt von Thonerdesulfat, wo solches angewendet wird. Zwar möchte es scheinen, als ob das bei der Einwirkung von Thonerdesulfat auf Bleinitrat entstehende Thonerdenitrat ein Verlust an regenerirter Salpetersäure bedeute; dies ist aber nicht der Fall, da Thonerdenitrat (ebenso Acetat) von Bleicarbonat mit grosser Leichtigkeit in Bleinitrat und Thonerdehydrat zersetzt wird. Genau dasselbe, was soeben über die Verwendung von Bleiweiss gesagt wurde, gilt auch von dem basischen Chlorblei. Das aus basisch essigsaurem Blei gefällte Bleisulfat ist zur Fabrikation gewisser Chromgelbsorten sehr gut geeignet, doch darf dasselbe nicht getrocknet worden sein, sondern muss in Teigform aufbewahrt werden. Suspendirt man dieses Bleisulfat in Wasser, so kann dasselbe durch Einwirkung von neutralem Alkalichromat mit grösster Leichtigkeit in Chromgelbe übergeführt werden. Handelt es sich um die Darstellung von Chromgelben, deren Zusammensetzung der Formel PbCrO4 entspricht oder nahe kommt, so ist grosse Vorsicht nöthig, um einen Ueberschuss an Chromat zu verhüten, und sollte das Eintragen der Chromatlösung sehr allmählich geschehen. Besser ist es, die Darstellung des Gelbes PbCrO4 überhaupt zu vermeiden und nur so viel Chromat zu verwenden, dass nach der vollendeten Umsetzung noch ein geringer Antheil von Bleisulfat in dem Gelbe bleibt. Ist dabei die Nuance nicht dunkel genug, so kann man den gewünschten Ton mit Leichtigkeit durch etwas Sodalösung erreichen, die am besten nach dem Abziehen des ersten Waschwassers zugesetzt wird. Die Hauptmasse des künstlich dargestellten Bleisulfates wird übrigens nicht so sehr zur Fabrikation von Chromgelben verwendet als zur Herstellung billiger Sorten von Bleiweiss, und findet diese nicht gerade rühmenswerthe Anwendung desselben in ganz enormem Massstabe besonders in England statt. III. Die Technik der Chromgelbfabrikation. In den vorstehenden Erläuterungen zur Chemie der Chromgelbfabrikation sind bereits alle wesentlichen Punkte enthalten, die für die Fabrikation von Bedeutung sind, so dass kurze Angaben über die technische Ausführung der erwähnten Methoden genügen. Es ist natürlich unmöglich, eine solche Reihe von praktischen Vorschriften zu geben, dass sich jedes Handelschromgelb auf eine derselben beziehen liesse, und beschränken wir uns daher darauf, für jede Methode ein oder zwei typische Beispiele zu geben. 1) Lösliche Bleisalze: Bleiacetat, Bleinitrat. 100 Bleizucker 18 Kaliumbichromat 12 Schwefelsäure 66° B. Dieses Gelb würde ungefähr der Formel PbCrO4, PbSO4 entsprechen. Zur Erzielung einer schönen Nuance sollte die Gesammtmenge des verwendeten Wassers zum Mindesten 1000 l betragen und doppelt so viel bei Substitution von Bleinitrat für Bleizucker. In letzterem Falle wäre es überhaupt vorzuziehen, freie Salpetersäure so viel wie möglich zu vermeiden, also das Bleinitrat zu neutralisiren und an Stelle von Schwefelsäure entweder ein Alkalisulfat oder Magnesiasulfat oder am besten Thonerdesulfat zu bewirken. Die Neutralisation des Bichromates kann auf beliebige Weise bewirkt werden; aus ökonomischen Gründen empfiehlt sich die Anwendung von Soda, noch billiger ist Kreide und besonders empfehlenswerte der jetzt in grosser Reinheit und äusserst billig erhältliche Magnesit. Die obige Vorschrift nimmt dann nachstehende Form an: 100 Bleizucker 18 Bichromat (Na- oder K-Salz) 6 Magnesit 27 schwefelsaure Thonerde. Hierbei ist natürlich die heisse Lösung des Bichromates mit dem in Wasser aufgeschlämmten Magnesit, der in geringem Ueberschusse angewendet ist, zu neutralisiren; dieser Lösung wird das Thonerdesulfat zugesetzt und dann zur Fällung geschritten. 2) Das basische Acetatverfahren. 76 Bleiglätte 42 Essigsäure (30 proc.) 21,5 Bichromat 21,5 Schwefelsäure. Die Umwandlung der Bleiglätte in basisches Acetat geschieht nach dem früher angegebenen Verfahren und ist besonders darauf zu achten, dass das basische Acetat im Zustande feinster Vertheilung in den Fällungsbottich geschlämmt wird. Die Wassermenge sollte 2000 bis 3000 l betragen. Das erzielte Chromgelb ist von äusserst zarter, wolliger Beschaffenheit; soll dasselbe mehr glattbrüchig werden, so ist dies durch einen Zusatz von Soda zu dem basischen Acetat vor der Fällung zu erreichen, in nachstehender Weise: 7642 BleiglätteEssigsäure (30 proc.) 10 Soda (calc.) 16,51021,5 Schwefelsäureschwefelsaure ThonerdeBichromat. Auf den Zusatz der Soda zu dem basischen Acetat findet natürlich die Bildung von Bleicarbonat statt, das die beabsichtigte Veränderung im Ausfalle des Chromgelbes zu bedingen scheint. Zur Vermeidung der totalen Zersetzung dieses Carbonates bei der nachfolgenden Fällung ist die Acidität des Fällungsgemisches durch theilweise Ersetzung der Schwefelsäure durch Thonerdesulfat vermindert. Zur Erzeugung von Chromorange aus dem basischen Acetat führt schon die alleinige Anwendung von Bichromat, unter Hinweglassung aller Säuren; eine weitere Vertiefung der Nuance wird durch eine Behandlung der Fällung mit Soda oder Aetznatron unter mehr oder weniger kräftigem Erwärmen erreicht. Als Beispiel diene: 76 Bleiglätte 42 Essigsäure (30 proc.) 24 Bichromat 15 Solvay-Soda 5 Aetznatron (100 proc). Man hat sich bei der Erwärmung derartiger in stark alkalischen Lösungen erzeugter Chromorange sehr vor der Ueberschreitung einer gewissen Temperatur zu hüten, da das Resultat häufig einer Zerstörung der Nuance gleichkommt, indem das Chromorange eine schmutzig rothbraune Farbe annimmt. Das anwendbare Temperaturmaximum ist in jedem einzelnen Falle ein anderes, so dass sich bestimmte Zahlen nicht geben lassen; als Regel ist zu beachten, dass die Erwärmung um so vorsichtiger geschehen muss, je grösser die Alkalinität des Fällungsgemisches ist. 3) Das Bleiweissverfahren. Wie beim basischen Acetatverfahren ist es auch hier von Wichtigkeit, dass das Bleiweiss im Zustande feinster Vertheilung in den Fällungsbottich eingeschlämmt werde. Die nächste Operation ist dann, einen Theil des Bleiweisses in Lösung zu bringen, wozu in der Regel Salpetersäure verwendet wird. Von dem angewendeten Quantum Salpetersäure hängt die erforderliche Menge Fällungsmittel wesentlich ab, während der ungelöste Antheil an Bleiweiss meistens gar nicht in die Chromgelbbildung mit einbezogen wird, sondern mehr als ein Substrat zu betrachten ist, auf das das Chromgelb gefällt wird. 100 Bleiweiss 100 Bleiweiss 12 Salpetersäure 36° B., oder 44 Salpetersäure 40° B. 13 Bichromat 24 Bichromat 10 Thonerdesulfat 20 Thonerdesulfat. Von diesen beiden Vorschriften ist das nach der zweiten Vorschrift erhaltene Gelb bei weitem das feurigere, es stellt sich aber auch theurer als das nach der ersten Vorschrift dargestellte. In der absoluten Deckkraft zeigen die beiden Gelbe nur geringe Verschiedenheit. Die Darstellung von Chromorange geschieht ohne Anwendung von Thonerdesulfat, für sehr rothe Nuancen unter Anwendung von Aetznatron. 100 Bleiweiss 100 Bleiweiss 18 Salpetersäure 36° B. oder 44 Salpetersäure 40° B. 28 Bichromat 40 Bichromat 8 Aetznatron 4 Aetznatron. Das Aetznatron wird in diesem Falle am besten der Lösung des Bichromates vor der Fällung zugesetzt. Um eine kräftige, Schleier freie Nuance zu erzielen, wird die Fällung bei erhöhter Temperatur vollzogen, und zwar geben Temperaturen zwischen 65 und 75° C. die besten Resultate. 4) Das Verfahren mit basischem Chlorblei. Die von dem Urheber dieser Methode gegebenen Vorschriften geben wenig zufriedenstellende Resultate. Man verfährt am besten in derselben Weise, wie beim Bleiweissverfahren gezeigt wurde. Erfahrungsgemäss wird bei diesen Gelben die schwefelsaure Thonerde besser durch die äquivalente Menge Schwefelsäure ersetzt. 100 basisches Chlorblei (100 proc.) 44 Salpetersäure 40° B. 24 Bichromat 8 Schwefelsäure 66° B. Als Beispiele für Chromorange mögen nachstehende Vorschriften dienen: 100 bas. Chlorblei 100 bas. Chlorblei 44 Salpetersäure 40° B. 44 Salpetersäure 40° B. 40 Bichromat 88 Bichromat 16 Solvay-Soda 14 Solvay-Soda 5 Aetznatron. Die vereinigten Lösungen des Bichromates, der Soda und des Aetznatrons werden zur Fällung verwendet, die bei einer Temperatur von 65 bis 70° C. vorzunehmen ist. 5) Das Bleisulfatverfahren. Bei der Benutzung des künstlich dargestellten Bleisulfates ist dessen vorherige feine Vertheilung im Fällungsbottich sorgfältig zu bewirken. Die einzig mögliche Art der Chromgelbherstellung besteht dann in der directen Umsetzung des Bleisulfates mit neutralen Alkalichromaten. Bichromate wirken sehr langsam, dagegen hat sich ein Zusatz von organischen Säuren, mit Bezug auf die Nuance des dargestellten Gelbes, als sehr vortheilhaft gezeigt. Am günstigsten wirken Essigsäure, Citronensäure und Weinsäure oder die sauren Alkali- und Ammonsalze dieser Säuren. 100 Bleisulfat 100 Bleisulfat 24 Bichromat 36 Bichromat 8,75 Solvay-Soda 13 Solvay-Soda 1 Ammoniak (24 proc.) 1,5 Ammoniak (24 proc.) 5 Essigsäure (30 proc.) 7,5 Essigsäure (30 proc.) 100 Bleisulfat 45 Bichromat 16 Solvay-Soda 2 Ammoniak (24 proc.) 10 Essigsäure (30 proc). Obige Materialien, natürlich das Bleisulfat ausgeschlossen, werden alle in einer Lösung vereinigt, die man langsam in das in Wasser aufgeschlämmte Bleisulfat fliessen lässt. Zur Darstellung von Chromorange kann jedes der obigen Gelbe verwendet werden, und, um so rationell als möglich zu arbeiten, sollte für eine vergleichsweise röthere Orangenuance chromärmeres Gelb verwendet werden, d.h. mit zunehmender Röthe des gewünschten Orange sollte das zu dessen Darstellung verwendete Gelb der ersten obiger Vorschriften sich nähern. Der Grund hierfür ist im speciell chemischen Theil dieser Mittheilungen ausführlich dargelegt worden. (Schluss folgt.)