Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. |
Autor: | W. Fresenius |
Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 300 |
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Ueber Fortschritte in der
Spiritusfabrikation.
(Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes S. 279
d. Bd.)
Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
Beiträge zur Untersuchung und Beurtheilung der
Spirituosen; von W. Fresenius. Bei Gelegenheit
dieser Untersuchungen, auf die wir im nächsten Abschnitte noch zurückkommen, prüfte
der Verf. die Anwendbarkeit der neueren Fuselölbestimmungsmethoden auf die feineren
Branntweine. Es wurden umfangreiche Versuche mit der Schüttelmethode nach Röse, wie auch mit Traube's Capillarimeter und Stalagmometer angestellt, welche zu dem
Resultate führten, dass sich die früher vom Verf. ausgesprochene Ansicht, dass die
feineren Spirituosen wahrscheinlich immer einen scheinbaren Fuselölgehalt zeigen
würden, nicht bestätigte (vgl. 1888 268 126), denn im
Vergleiche zu einem unbedingt reinen Alkohol erhielt der Verf. bei Untersuchung von
reinem Rum und Cognac fast übereinstimmende, bei Arrac etwas niedrigere, bei
Kirschwasser etwas höhere Werthe als bei dem reinen Alkohol. Diese Beobachtungen
deuten darauf hin, dass in den Spritsorten, die bei der Röse'schen und Traube'schen Methode negative
Werthe liefern, irgend ein Bestandtheil mit umgekehrter Wirkung wie Fuselöl
enthalten ist. Sollte sich diese Vermuthung bestätigen, so wäre die ganze Grundlage
dieser beiden Methoden erschüttert, denn es könnte in solchem Falle einem Sprit mit
negativem Werthe bereits eine gewisse Menge Fuselöl zugesetzt sein, welche sich aber
durch die physikalischen Methoden nicht nachweisen lässt. Die Frage bedarf nach Ansicht des
Verf. noch weiterer Aufklärung. (Zeitschrift für analytische
Chemie, 1890 S. 283.)
Ueber die Bestimmung von Fuselöl im Spiritus
veröffentlichen auch A. Stutzer und O. Reitmair in der Zeitschrift
für angewandte Chemie, 1890 S. 522, eine umfangreiche Arbeit. Veranlasst
durch die Beobachtungen von Fresenius (siehe das vorige
Referat) und von Sell (vgl. 1889 272 38), haben die Verf. die Methoden von Röse und Traube nochmals einer eingehenden
Prüfung unterzogen. Während die früheren Untersuchungen der Verf. (vgl. 1887 265 286) sich hauptsächlich auf die Anwendbarkeit der
Methoden zur Untersuchung von Trinkbranntwein erstreckten, stellten sich die Verf.
bei den jetzigen Versuchen die Aufgabe, auch in hochprocentigen Spritsorten den Fuselölgehalt mit grösserer
Genauigkeit, als bisher möglich, aufzufinden. Für die Untersuchung von Sprit dürften
die bisher für Trinkbranntweine angewendeten Methoden zu ungenaue sein in Anbetracht
dessen, dass der Raffinationswerth der Spritsorten schon durch minimale Mengen
Fuselöl beeinflusst wird und dass bei Untersuchung hochprocentiger Sprite in Folge
der Verdünnung auf 30 Vol.-Proc. alle Beobachtungsfehler um das 2,5- bis 3fache
vergrössert werden.
Das Verfahren von Böse. Die Verf. geben dem grösseren
Schüttelapparat, in welchem 250 cc zur Untersuchung gelangen, den Vorzug vor dem
kleinen Herzfeld'schen Apparat. Da die genaue
Einhaltung der Temperatur von 15° einen sehr erheblichen Zeitverlust bedingt, halten
die Verf. es für zweckmässiger, Abweichungen von Zehntelgraden zu gestatten und eine
Umrechnung auf die Normaltemperatur vorzunehmen. Es wurden daher ausgedehnte
Versuche 1) über die Temperaturcorrection ausgeführt,
die das Resultat ergaben, dass die Temperaturcorrection für 0,01 cc auf 0,1°
festzusetzen ist, wobei als weiteste Grenze ein Schwanken der Temperatur zwischen
14,5 und 15,5° angenommen wurde; die Ablesungen sind jedoch möglichst bei 15°
vorzunehmen. Weitere Versuche hatten 2) die Feststellung der
Basis mit reinem Alkohol zum Gegenstande. Es wurden hierzu drei aus
verschiedenen Bezugsquellen stammende Sorten von Alkohol, von denen zwei als
„reinst“ und „absolut“ für das Laboratorium bezogen wurden und die
dritte als „rein“ von 96 Vol.-Proc. bezeichnet ist, verwendet. Dieselben
wurden theils direct geprüft, theils die einzelnen Fractionen zu 100 cc, welche
durch Destillation von 1 l der Spritsorten erhalten waren. Aus den bei diesen
Versuchen erhaltenen Zahlen lässt sich folgern, dass man die Ermittelung der Basis,
welche die Grundlage der ganzen Methode bildet, am sichersten ausführt, indem man
den dazu benöthigten Alkohol selbst durch fractionirte Destillation herstellt.
Weitere Versuche zeigten, dass man noch einfacher zum Ziele kommen kann, dass man
nämlich bei der Sprituntersuchung bloss neben der Untersuchung der letzten und
bezieh. auch der vorletzten Fraction eine Ausschüttelung einer mittleren Fraction
vorzunehmen braucht, um eine genauere Controle zur Feststellung der Basis zu haben,
als dies mit einem als rein gekauften Alkohol möglich ist. 3) Die Volumenvermehrung des Chloroforms durch
Amylalkohol. Die Versuche wurden mit Mischungen von reinstem Amylalkohol
ausgeführt und es wurde dabei gefunden, dass 0,01 cc Differenz im Chloroformvolumen
0,0028 Proc. Amylalkohol entspricht. Darnach lassen sich mit dem benutzten Apparate
0,02 Proc. Amylalkohol bestimmen, denn die Differenz der Chloroformvolumina für
je 0,02 Proc. Amylalkohol beträgt 0,074 cc. Dagegen sind 0,01 Proc. Amylalkohol,
entsprechend einer Differenz der Chloroformvolumina von 0,037 cc, als
Ablesungsfehler zu betrachten. Da die Fehler bei hochprocentigem Sprit sich um etwa
das Dreifache vergrössern, so wird man unter Umständen selbst noch bei 0,1 Proc.
Fuselöl im Zweifel sein können, ob man es mit einem fuselhaltigen oder fuselfreien
Sprit zu thun hat. Es wurden nun 4) Versuche ausgeführt, um
durch fractionirte Destillation eine Anreicherung geringer Mengen Fuselöl im
Sprit zu bewirken und dadurch eine grössere Genauigkeit zu erzielen. Aus
den hierbei erhaltenen Zahlen geht hervor, dass bei fuselarmem Sprit, selbst wenn derselbe niedrigprocentig ist, durch fractionirte
Destillation, besonders bei Anwendung eines Entwässerungsmittels, fast die gesammte
Menge Amylalkohol in den letzten Antheilen abgeschieden werden kann. Bei fuselreichem Sprit dagegen ist eine Trennung durch
fractionirte Destillation nicht zu empfehlen, denn die Trennung wird bei wachsendem
Gehalte des Sprits an Amylalkohol immer unvollständiger. Bei Destillation von 1000
cc Sprit mit 0,05 Vol.-Proc. Amylalkohol sind z.B. nur die letzten 50 cc
fuselhaltig, bei 0,10 Vol.-Proc. ungefähr die letzten 100 cc, bei 0,20 Vol.-Proc.
die letzten 500 cc. Enthält dagegen ein Sprit 0,50 Vol.-Proc. Amylalkohol, so ist
schon im ersten Drittel des Destillats der übergehende Amylalkohol an dem Gerüche zu
erkennen. Aus diesen Beobachtungen folgt, dass man bei fuselreichem Sprit den
ursprünglichen Sprit untersuchen und sich mit einer Fehlergrenze von 0,06 Proc. wird
begnügen müssen. – Eine Anreicherung durch Ausschütteln mit Ammonsulfatlösung, wie
sie von Traube vorgeschlagen ist, erfordert nach den
Versuchen der Verf. zu grosse Salzmengen und ist daher nicht zu empfehlen. – Die
weitere Untersuchung verschiedener Proben von Feinsprit
führte zu dem Resultate, dass eine Untersuchung der letzten Fraction unter Umständen
richtiger ist, als die Untersuchung des Gesammtsprits, nachdem derselbe unter
Beigabe von Kalihydrat destillirt wurde.
Nach den Versuchen der Verf. gestaltet sich der Gang der Untersuchung von Sprit nach
dem Verfahren von Röse folgendermassen:
Die Fuselbestimmung durch Ausschütteln mit Chloroform ist zuerst in gewöhnlicher
Weise nach der Destillation des Sprits mit Aetzkali in dem verdünnten, 30
procentigen Destillate vorzunehmen. Ergibt diese Untersuchung mehr als 0,15
Vol.-Proc. Fuselöl, so begnüge man sich mit der dabei erreichten Genauigkeit. Findet
man dagegen weniger als 0,15 Vol.-Proc. Fuselöl, so bringt man 1000 cc Sprit und 100
g – oder, falls der Sprit unter 90 Vol.-Proc. Alkohol enthält, auch mehr – trockene
Potasche in einen grossen Fractionskolben und destillirt im Salzbade nach Verlauf
einiger Stunden. Die zuerst übergehenden 500 cc werden gemeinschaftlich aufgefangen,
später jede weiteren 100 cc getrennt. Nachdem alles abdestillirt ist, lässt man den
Kolben erkalten, fügt zu dem Inhalte desselben 200 bis 250 cc Wasser hinzu und
destillirt aus einem Paraffinbade nochmals 100 cc ab und vereinigt dieses wässerige
Destillat mit der letzten Fraction. Nun wird jede Fraction für sich auf 30
Vol.-Proc. verdünnt und, mit der letzten Fraction beginnend, einzeln im
Schüttelapparate untersucht. – Die Verdünnung auf 30 Vol.-Proc. muss möglichst genau
sein und dürfen die äussersten Schwankungen des Alkoholgehaltes 29,95 bis 30,05 Vol.-Proc. nicht
übersteigen. – Durch 0,1 Vol.-Proc. Alkohol kann die Volumenvermehrung des
Chloroforms um 0,03 cc verändert werden, entsprechend 0,0084 Vol.-Proc. Fuselöl im
30procentigen Alkohol. – Als Schüttelapparat benutze man einen solchen, der die
Ausschüttelung von 250 cc eines 30procentigen Alkohols durch 50 cc Chloroform
gestattet. Das mittlere engere Rohr des Apparates soll von 50 bis 56 cc in 0,05 cc
eingetheilt sein und die genaue Schätzung von 0,01 cc ermöglichen. Die Temperatur
während des Abmessens der Flüssigkeit und während des Ablesens der Volumina darf nur
zwischen 14,5 und 15,5 schwanken. Die Umrechnungen erfolgen auf Normaltemperatur von
15° und ist für je 0,1 Temperaturdifferenz 0,01 cc bei einer Beobachtungstemperatur
von 14,6 bis 14,9 zum abgelesenen Volumen hinzuzuaddiren bezieh. bei 15,1 bis 15,4°
davon abzuziehen. Es empfiehlt sich, den gefundenen Fuselgehalt nicht nur auf den
jeweiligen Alkoholgehalt des untersuchten Sprits, sondern auch auf 100 Vol.-Proc.
Alkohol umgerechnet anzugeben.
Das capillarimetrische Verfahren von Traube. Die
Prüfungen des Apparates – Ermittelung des Durchmessers der Capillare, der Steighöhe,
der Temperaturcorrection u.s.w. – ergaben wiederum, dass man sich auf die auf den
Apparaten befindlichen diesbezüglichen Angaben durchaus nicht verlassen kann,
sondern diese Angaben stets selbst controliren muss; die Verf. fanden bei ihrem
Apparate vielfache Unrichtigkeiten. Für den Gebrauch des Capillarimeters sei noch
bemerkt, dass der in offenen Schalen befindliche 20procentige Alkohol nicht
stundenlang stehen bleiben darf, weil dann in Folge von Verdunstung unrichtige
Steighöhen erhalten werden. Die Ablesung der Steighöhe geschieht am besten innerhalb
5 Minuten nach dem Eingiessen des Alkohols in das offene Gefäss. – Zahlreiche
Versuche, welche die Verf. mit dem Capillarimeter ausführten, ergaben, dass der
Apparat wegen seiner einfachen Handhabung und der schnellen Ausführbarkeit der
Untersuchungen in vielen Fällen zu einer allgemeinen Orientirung über den
Fuselgehalt eines Sprits recht gute Dienste leistet, indessen halten die Verf., in
gleicher Weise wie früher bei Branntweinuntersuchungen, das Schüttelverfahren auch
für die Prüfung von Sprit für sicherer und zuverlässiger.
Ueber Glycerinbestimmung in vergohrenen Getränken von
O. Friedeberg (Chemisches
Centralblatt, 1890 S. 839). Der Verf. hat die verschiedenen Methoden
experimentell geprüft, um die Fehlerquellen zu ermitteln.
Ueber die zur Prüfung der Hefe auf Gährkraft vorgeschlagenen
verschiedenen Methoden berichtete H. Will in
der Zeitschrift für das gesummte Brauwesen, Bd. 12 S.
240. Der Verf. kommt zu folgendem Schlusse: „Die volumetrische Methode nach Hayduck hat jedenfalls den Vortheil, dass sich
mehrere Proben in verhältnissmässig kurzer Zeit ausführen lassen; dagegen hat
Meissl's Methode den Vortheil grösserer
Genauigkeit und gibt da, wo die Hayduck'sche
Methode versagt, ein zutreffendes Resultat. Jedenfalls verdient also in solchen
Fällen, wo es sich um exactere Feststellung der Gährkraft handelt, die Methode
nach Meissl ganz entschieden den Vorzug.“
Vorschriften zur Prüfung des diastatischen Werthes der
Malzextracte gibt R. A. Cripps im Pharm. Journ. and Transact., 1889 S. 481.
In Betreff der von Molisch angegebenen Zuckerreaction (vgl. 1886 261 136) hat G. Colasanti die Beobachtung
gemacht, dass auch Sulfocyanide dieselbe Reaction geben. (Chemisches Centralblatt, 1890 Bd. 2 S. 120.)
Anleitung zur Prüfung und Berichtigung der
Saccharometerscala gibt K. Ulsch in der Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, Bd. 13 S.
369.
Neue Eiweissreactionen theilt C.
Reichl in Monatshefte für Chemie, 1890 Bd. 2
S. 155, mit. Dieselben beruhen auf Färbungen, welche aromatische Aldehyde mit
Eiweisskörpern bei Gegenwart von nicht zu concentrirter Schwefelsäure und schwachen
Oxydationsmitteln, wie Ferrisulfat, sehr verdünnte Salpetersäure, Quecksilberoxyd
u.s.w. geben.
(Fortsetzung folgt.)
Vergleichende Uebersicht
über die Frequenz der technischen Hochschulen des Deutschen
Reiches im Wintersemester
1890/01.
Textabbildung Bd. 279, S. 302
Technische Hochschulen;
Mathematik und Naturwissensch.; Ingenieurwesen; Maschinenwesen; Architektur;
Chemie; Forstwesen, Bergbau und Landwirtsch.; Keiner Fachabtheil. zugehörig;
Gesammtzahlen der Studirenden, Hospitanten, Hörer; Frequenz im Ganzen;
München; Karlsruhe; Hannover; Chemiker und Elektrotechniker zusammen unter
„Chemie“; Stuttgart; Dresden; Darmstadt; Elektrotechnik;
Braunschweig; Aachen; B. Bergbau; H. Hüttenwesen.