Titel: Theoretische und experimentelle Untersuchungen an Dampfmaschinen mit mehrfacher Expansion.
Fundstelle: Band 280, Jahrgang 1891, S. 11
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Theoretische und experimentelle Untersuchungen an Dampfmaschinen mit mehrfacher Expansion. Mit Abbildungen. Theoretische und experimentelle Untersuchungen an Dampfmaschinen mit mehrfacher Expansion. Ueber diesen Gegenstand brachte Aimé Witz, Professor der Faculté libre des Sciences in Lille, in dem Bulletin de la Société industrielle du Nord de la France, 1890, eine sehr zeitgemässe Abhandlung, welche uns bei der Abfassung des folgenden Berichtes als Grundlage diente. Die immer höher steigenden Kohlenpreise geben eine erwünschte Veranlassung, dem Verbrauche an Brennmaterial durch eine immer grössere Vervollkommnung der Dampfmaschinen wirksam zu begegnen. Hierbei scheint eine Ersparniss von 12 Proc. sehr gering; vergegenwärtigt man sich jedoch, dass hierdurch bei den 14 Millionen Tonnen Kohlen, welche die in Frankreich im Betriebe befindlichen Maschinen verbrauchen, bereits ein Gewinn von 28 Millionen Francs erzielt wird, so lässt sich der Werth einer ökonomisch arbeitenden Betriebsmaschine eher begreifen. Wohl ist es richtig, dass eine Brennmaterialersparniss durch eine vortheilhaft angelegte Kesselfeuerung und gute Construction des Dampfkessels sicherer erreicht wird als durch die Dampfmaschine selbst – ein geschickter und aufmerksamer Heizer wird hierbei von grösserem Nutzen sein als eine künstlich ausgedachte Steuerung oder eine verlängerte Expansion des Arbeitsdampfes –, indess schliesst doch ein Fortschritt der Motoren die Verwendung rationeller Feuerungsanlagen nicht aus, und es wird deshalb auch die gewissenhafte Beaufsichtigung der letzteren durch einen wachsamen Arbeiter seinen Werth beibehalten. Obwohl die Dampfmaschine seit ihrer Entstehung in Bezug auf ökonomisches Arbeiten schon bedeutende Verbesserungen erfahren hat, so bleibt doch immer noch viel zu thun übrig; eine vollkommene, mit hochgespanntem Dampfe gespeiste Maschine bedarf bei einer Condensation des Arbeitsdampfes bis auf 35° für die Stunde und Pferdekraft nur ungefähr 3,5 k Dampf, und wir sind augenblicklich noch sehr weit von diesem Betrage entfernt, der sich allerdings nie erreichen, aber doch vielleicht bis auf 4,5 k bringen lassen wird. Sehr grosse Fortschritte sind in dieser Beziehung bereits seit Watt gemacht worden, dessen erste Maschine bekanntlich 18 k Dampf brauchte, während heute 6 k für die indicirte Pferdekraft oder 6,7 k für die effective Pferdekraft und Stunde von allen namhafteren Maschinenfabrikanten bei den mit Condensation arbeitenden Verbundmaschinen garantirt wird. Seit ungefähr 25 Jahren befinden wir uns in einem Zeitabschnitte, in welchem grosse epochemachende Neuheiten an Dampfmaschinen nicht mehr aufgetaucht sind, doch ist namentlich in der letzteren Zeit an Einzelheiten gar manches verbessert und vervollkommnet worden. Eine grosse Anzahl von Maschinenfabrikanten suchten mit Hilfe von überhitztem, trockenem Dampfe, durch Einführung höherer Dampfspannungen, durch die Benutzung von Dampfmänteln, grösserer Kolbengeschwindigkeiten u.s.w. unter gleichzeitiger Vermeidung aller Effectverluste und Reducirung der passiven Widerstände höhere Nutzeffecte zu erzielen – diese sind auf dem richtigen Wege – während andere im Glauben an frühere Illusionen die zusammengesetzte Dampfmaschine wieder hervorsuchten. Zu letzterer Art von Maschinen gehört diejenige von Tremblay, welcher die Condensation des Dampfes mittels Aether, diejenige von Lafond, welcher dieselbe mittels Chloroform bewirkte, und diejenige von Fort, der zu ammoniakalischen Auflösungen seine Zuflucht nahm. Mit Hilfe der Wärmelehre lassen sich die Ersparnisse leicht feststellen, welche bei der durch irgend welche Kühlmittel heruntergebrachten Temperatur des Dampfes erzielt werden, wenn im Uebrigen sonst alle Schwierigkeiten, die mit der Verwendung von flüchtigen Flüssigkeiten verbunden sind, gehoben sein würden; es ist da wohl zu befürchten, dass die Nachfolger von Tremblay nicht mehr Glück haben werden als dieser selbst. Durch eine verlängerte Expansion des Dampfes in mehreren neben einander angeordneten Cylindern ist es namentlich zuerst den Marineingenieuren gelungen, eine ganz aussergewöhnliche Ersparniss an Brennmaterial herbeizuführen. Textabbildung Bd. 280, S. 11Fig. 1.Expansionsdiagramm. Um die Energie der in einem Cylinder eingeschlossenen Dampfmenge vollständig auszunutzen, muss bekanntlich die Expansion so weit getrieben werden, dass der Enddruck auf den Kolben gleich dem Gegendrucke des Condensators wird; in diesem Falle wäre die Expansion eine vollkommene. In Wirklichkeit kommt man Expansionsdiagramm. nur selten so weit und es ergibt sich in Folge dessen stets ein grösserer oder geringerer Effectverlust, welcher z.B. durch den schraffirten Theil des Diagrammes (Fig. 1) angedeutet ist und berechnet werden kann. So erhält man nach Zeuner für eine mit Dampf von 4,5 at Spannung gespeiste Maschine, in deren Condensator eine Spannung von 0,1 at herrscht, wenn die schädlichen Räume 2 Proc. des Cylindervolumens betragen, einen Effectverlust von 23 Proc., selbst wenn die Füllung nur ⅙ des Kolbenhubes beträgt. Nach dem Vorstehenden würde es sich empfehlen, Maschinen zu construiren, welche eine möglichst grosse Expansion des Arbeitsdampfes gestatten, und es würde hierbei für die theoretischen Untersuchungen ganz gleichgültig sein. ob dieselbe in einem einzigen Cylinder oder in einer Serie von neben oder über einander gestellten Cylindern vor sich geht; die experimentellen Untersuchungen haben indess gezeigt, dass bei jeder Dampfmaschine nur ein gewisser Expansionsgrad einem Minimal verbrauche von Dampf entspricht und es demnach ökonomisch nicht vortheilhaft ist, denselben zu überschreiten. Nach vielfachen Untersuchungen von Hirn stellte sich heraus, dass die abkühlende Wirkung der metallischen Cylinderwandungen einen ganz bedeutenden Einfluss auf den gesättigten Dampf ausübt; dieser Factor wurde bisher nicht genügend berücksichtigt. Der hochgespannte Dampf berührt während der Einströmperiode diejenigen Cylinderwandungen, welche kurz vorher mit dem Condensator in Verbindung standen und deshalb eine geringere Temperatur besitzen als der Dampf selbst; es entsteht durch diese Berührung eine theilweise Condensation des Dampfes, wobei sich das Metall mit einer dünnen Flüssigkeitsschicht überzieht. Sobald die Einströmung aufhört, expandirt der im Cylinder befindliche Dampf beim Weiterbewegen des Kolbens, der Druck geht herunter und es erfolgt in Folge der Expansion eine abermalige Condensation; in demselben Augenblicke tritt jedoch auch eine Verdampfung des die Cylinderwandungen berührenden Wassers ein, und es treten demnach zwei Erscheinungen auf, welche von dem Expansionsgrade, von der Cylinder- und Kolbenoberfläche, sowie deren Temperaturen, von der Kolbengeschwindigkeit u.s.w. mehr oder weniger abhängig sind. Je nach den Verhältnissen tritt eine Vermehrung oder Verminderung des im Cylinder befindlichen Wassers ein, am häufigsten indess eine Vermehrung desselben, so dass, wenn der Kolben am Ende seines Hubes anlangt, der Dampf nass und die Cylinderwandung angefeuchtet ist. Sobald nun die Ausströmung beginnt, verdampft das von den Cylinderwandungen rieselnde Wasser zum Nachtheile der Wärme des Metalls; es wird damit dem Cylinder eine grosse Wärmemenge entzogen und in den Condensator übergeführt. Diesen Verlust an Wärme bezeichnet Hirn als einen ganz bedeutenden, da dem Condensator Wärme zugeführt wird und der Gegendruck in Folge dessen in derselben Zeit steigt, wo der Cylindermantel immer mehr und mehr abgekühlt wird. Diese Abkühlung kann so bedeutend sein, dass sie die beim Kolbenhube in Arbeit umgesetzte Wärmemenge übersteigt. Bei der nun wieder stattfindenden Einströmung frischen Kesseldampfes erfolgt eine abermalige Condensation und der Vorgang wiederholt sich in der eben beschriebenen Weise von neuem. Die Cylinderwandungen spielen, wie Ishervood treffend bemerkt, abwechselnd die Rolle des Condensators und des Kessels, und die Dampfverluste werden um so grösser, je vollkommener die Expansion ist bezieh. je beträchtlicher die Temperaturunterschiede des Arbeitsdampfes im Cylinder ausfallen. Durch eine Verlängerung der Expansion würde der Verlust sich auf einen niedrigeren Betrag zurückführen lassen, indessen empfiehlt es sich, wie bereits erwähnt, beim Arbeiten des Dampfes in einem einzigen Cylinder aus ökonomischen Rücksichten nicht, Füllungen von zuweilen ⅙, häufig von ⅛, meistens aber von 1/10 des Kolbenweges zu überschreiten. Um nun der Abkühlung der Cylinderwandungen wirksam zu begegnen und die mittlere Temperatur derselben zu erhöhen, umgab man den Cylinder mit einem Dampfmantel, wodurch unter gewöhnlichen Verhältnissen bereits eine Ersparniss von mindestens 10 Proc. erreicht wird, und um die beträchtlichen Temperaturunterschiede in ein und demselben Cylinder zu umgehen, ging man zur zweistufigen bezieh. mehrstufigen Expansionsmaschine über, d.h. man brachte den Dampf in zwei bezieh. mehreren Cylindern zur Expansion und erzielte dadurch, dass die in jedem einzelnen Cylinder auftretenden höchsten und niedrigsten Temperaturen nun nicht mehr so viel als früher von der mittleren Temperatur abweichen und sich während der Arbeitsperiode innerhalb kleiner Grenzen halten. Bereits Watt wendete den Dampfmantel an; spätere Constructeure verstanden indess die Wichtigkeit dieser Einrichtung nicht und man hatte denselben deshalb auch bis in letzterer Zeit vollständig wieder aufgegeben; beim gründlicheren Nachdenken der Ingenieure über die Ideen von Watt wären vielleicht viele bisher begangene Fehler vermieden worden und es hätten sich wohl bereits früher die so erheblichen Dampfverluste vermeiden lassen. Woolf und Edwards waren diejenigen, welche zuerst die Expansion des Dampfes in zwei Cylindern zur Ausführung brachten, ohne dass man sich indess über die Vortheile der unter ihren Namen weit verbreiteten Maschinen irgend welche Rechenschaft ablegte; die grossen Balanciermaschinen mit doppeltem Cylinder wurden namentlich ihrer vollkommenen Regelmässigkeit des Ganges und des geringen Verbrauches an Brennmaterial wegen vorzugsweise für den Betrieb in Spinnereien zahlreich ausgeführt. Das Volumenverhältniss der beiden Cylinder derartiger Maschinen betrug gewöhnlich nicht mehr als 1 : 5; sie waren in der Regel zusammengekuppelt; der Kesseldampf speiste zunächst den kleinen Cylinder und ging dann kreuzweise von dessen oberem Ende nach dem unteren Ende des grossen Cylinders und umgekehrt. Legt man die beiden Cylinder nach dem Tandemsysteme hinter einander, so dass beide Kolben durch eine einzige Stange geführt werden, so lässt sich die auf einander folgende Expansion des Dampfes auch mit Maschinen ohne Balancier erreichen, und trennt man die beiden Cylinder durch einen Zwischenbehälter, in welchem sich der aus dem kleinen Cylinder strömende Dampf aufhalten kann, um von hier in den grossen Cylinder gelangen zu können, so erhält man die Verbundmaschine, welche eine Wiedererwärmung des von dem einen in den anderen Cylinder strömenden Dampfes gestattet und bei welcher die Bewegungen der beiden Kolben unabhängig von einander auf zwei um 90.° gegen einander versetzte Kurbeln übertragen werden können. Die Verbundmaschinen wurden zum grössten Theil zweicylindrig hergestellt; um indess Niederdruckcylinder von grösserem Durchmesser als etwa 2,5 m zu vermeiden, hat man sie in den letzten Jahren auch häufig dreicylindrig, d.h. mit einem Hoch- und zwei Niederdruckcylindern ausgeführt. Besonders in der Marine verdrängte die Verbundmaschine, nachdem die meist als Zweicylindermaschine gebaute eincylindrige Hochdruckmaschine sich nicht als lebensfähig erwiesen hatte, bald die bis gegen Ende der 60er Jahre mit Dampfmantel, Ueberhitzer und Oberflächencondensator ausgerüstete Niederdruckmaschine, und es versah Dupuy de Lôme bereits im J. 1860 die französischen Panzerschiffe Savoie und Reine-Blanche mit zweicylindrigen Verbundmaschinen. Die französischen Ingenieure, denen das Verdienst gebührt, zuerst die zweifache Expansionsmaschine in Anwendung gebracht zu haben, wurden bald insofern von den Engländern überholt, als dieselben sehr bald diese Maschine in solche mit dreifacher, sogar vierfacher Expansion umwandelten. Auch in Frankreich werden diese letzteren Maschinen seit dem Jahre 1885 fast allgemein für Kriegsschiffe, sowie transatlantische Packetboote erbaut, und ebenso ist man in Deutschland mit dem Bau derartiger Maschinen nicht zurückgeblieben; die zu diesen Maschinen gehörigen Kessel arbeiten mit 10 bis 12 at Ueberdruck. Sehr häufig construirt man die mehrfachen Expansionsmaschinen derartig, dass sie sowohl als einfache Verbundmaschinen, wie auch als dreifache Expansionsmaschinen ihren Dienst zu verrichten im Stande sind. Dies ist namentlich für Kriegsschiffe von Wichtigkeit, deren Kessel im Frieden mit natürlichem Zuge bei massigem Feuer unterhalten werden, im Kriegsfalle hingegen mit künstlichem Zuge oft bis aufs Aeusserste angestrengt werden müssen, um möglichst hochgespannten Dampf halten zu können. Auch viele grössere Dampfschiffsreedereien haben dieses System eingeführt und es sind unter anderem die transatlantischen Packetboote Normandie, Champagne, Bretagne, Bourgogne und Gascogne mit derartigen Maschinen von je sechs Cylindern ausgerüstet, welche letztere drei Gruppen von je zwei über einander stehenden, auf drei um 120° gegenseitig versetzten Kurbeln arbeitenden Cylindern bilden; beim Arbeiten als zweifache Expansionsmaschine tritt der Kesseldampf in die drei oberen und dann in die drei unteren Cylinder, während derselbe bei dreifacher Expansion zunächst in dem mittelsten Cylinder der oberen Reihe, dann in den beiden Aussencylindern derselben Reihe und hierauf in den unteren Cylinder sich arbeitverrichtend ausdehnt. Man erhält mit diesen Maschinen Leistungen von 8000 bis zu 12000 . Es soll nun in dem Folgenden untersucht werden, worin die Ursache des ökonomischen Betriebes der mit auf einander folgenden Expansionen des Dampfes in mehreren Cylindern arbeitenden Maschinen eigentlich besteht. Bewirkt man die Expansion durch zwei in verschiedenen Räumen eingeschlossene Kolben, so vermindert man den Temperaturunterschied, welcher in jedem einzelnen Räume entstehen würde, zur Hälfte und reducirt hierdurch auch den schädlichen Einfluss der Cylinderwandungen und den Verlust im Condensator; dieses Resultat wird bei einer dreifachen bezieh. vierfachen Expansion des Dampfes um so sicherer erreicht werden. Die vorhergegangenen theoretischen Betrachtungen lassen den Vortheil dieser Einrichtung wohl erkennen, doch sind bisher noch wenig Versuche an im Betriebe befindlichen Maschinen angestellt worden, welche über die Vorgänge im Cylinder und den Einfluss auf den Dampfverbrauch einer Maschine in Folge der Anordnung eines Dampfmantels um den Cylinder vollständige Klarheit schaffen konnten. Delafond, Ingénieur en chef des Mines, berichtet in Annales industrielles vom 1. Februar bis 22. März 1885 über Untersuchungen, welche in den Werkstätten von Schneider und Co. in Creusot (1885 256 * 289) zu diesem Zwecke an einer eincylindrigen Corlissmaschine während der Dauer von 6 Monaten angestellt wurden, und zieht aus diesen Versuchen die nachfolgenden Schlüsse: 1) Die Condensationen des Einströmdampfes sind Null, wenn man mit voller Füllung arbeitet, sie vermehren sich jedoch ausserordentlich schnell, wenn die Expansion vergrössert wird. 2) Die Wichtigkeit der anfänglichen Niederschläge scheint hauptsächlich von den Abkühlungen während der Expansion des Arbeitsdampfes abzuhängen. Bei einer Maschine mit Condensation und Dampfmantel liess sich eine allmähliche Vermehrung des absoluten Gewichtes der Niederschläge von der vollen bis zu 2/10 Füllung constatiren; die Admissionsspannung betrug in diesem Falle 4,5 at und der Dampfverbrauch war bei der Füllung von 14/100 des Kolbenhubes am bedeutendsten. Stellt man diese Thatsache den von Widman gebrachten Angaben gegenüber, welcher behauptet, dass bei einer dreifachen Expansionsmaschine bei 3/100 bis 4/100 Füllung die grösste Dampfersparniss erzielt wird, so wird man einen bezeichnenden Unterschied wohl erkennen können. Weitere interessante Versuche in dieser Beziehung sind von Willans angestellt: man findet dieselben in den Veröffentlichungen des Instituts der Civilingenieure zu London auf S. 63 und 66 der Jahrgänge 1888 und 1889 eingehender beschrieben. Eine Dampfmaschine mit centraler Dampfvertheilung diente als Versuchsmaschine, bestimmt, die Vorzüge der einfachen, doppelten und dreifachen Expansion klarzulegen. Die Maschine besass senkrechte, über einander stehende Cylinder, deren Kolben auf einer gemeinschaftlichen hohlen Stange von grossem Durchmesser befestigt waren; im Inneren dieser Stange führte sich eine zweite Stange, die zur Dampfvertheilung der Cylinder dienende Kolben trug. Das Ein- und Ausströmen des Dampfes in die Cylinder erfolgte durch einfache, in die hohle Stange gebohrte Löcher, und zwar gelangte derselbe sprungweise von einem Cylinder zum anderen, wobei mehrere Umdrehungen der genannten mittleren, mit 400 Umdrehungen in der Minute laufenden Welle nothwendig waren, um die Ein- und Ausströmungen des Dampfes für je einen Cylinder zu regeln. Willans hat diese Maschine zu einer Anzahl ebenso belehrender als mannigfaltiger Versuche benutzt, von denen indess nur diejenigen, welche sich auf die Condensation des Dampfes durch die Cylinderwandungen beziehen, hier angeführt werden sollen. Beim Arbeiten mit nur einem Cylinder, welchem der Dampf mit 5,63 at Spannung zugeführt wurde, condensirte während der Einströmung eine Dampfmenge von 23,7 Proc., während unter denselben Verhältnissen mit einer zweifachen Expansion des Dampfes die Condensation nur 5,2 Proc. betrug; demnach wurden im letzteren Falle 18,5 Proc. erspart. Bei doppelter Expansion und einem Admissionsdrucke von 10,5 at stellte sich der Verlust bei \frac{1}{5,6} Gesammtexpansion auf 4,09 Proc. und bei der dreifachen Expansion, welche unter sonst gleichen Umständen erfolgte, auf nur 1,32 Proc. des Arbeitsdampfes. Diese Zahlen sind bezeichnend genug und entheben uns weiterer Mittheilungen. Die grössere Oberfläche, welche die Wandungen der Cylinder von zweifachen und dreifachen Expansionsmaschinen gegenüber denjenigen der einfachen Expansionsmaschine bieten, scheint den Gewinn, welcher von der Verminderung der Temperaturunterschiede des Dampfes auf beiden Kolbenseiten herrührt, auf Null zurückzuführen, indessen kommt man doch zu falschen Resultaten, wenn man das Condensationsvermögen dieser Wandungen bei Vermehrung ihrer entsprechenden Oberflächen von dem jedesmaligen mittleren Unterschiede der Anfangs- und Endtemperatur des Dampfes im Cylinder abhängig macht. Demoulin hat in seiner Abhandlung über die dreifachen Expansionsmaschinen diesen Factor berechnet und für eine eincylindrige Corlissmaschine, eine Verbundmaschine mit zwei Cylindern und eine dreifache Expansionsmaschine die Zahlen 89, 69 und 58 erhalten, welche für die doppelte Expansion einen Gewinn von 22 Proc. und für die dreifache Expansion sogar einen solchen von 34 Proc. über die eincylindrige Maschine ergeben. Ein weiterer Vortheil der mehrfachen Expansionsmaschinen besteht darin, dass der Verlust durch die schädlichen Räume auf einen entsprechend niedrigen Betrag zurückgeführt wird. Textabbildung Bd. 280, S. 14Diagramme für dreifache Expansion. Vergleicht man das Diagramm einer eincylindrigen, mit grosser Expansion arbeitenden Corlissmaschine mit demjenigen einer dreifachen Expansionsmaschine, so findet man, wie Fig. 2 ersichtlich, dass der Verlust abcdefgh viel geringer ist, als wenn nur eine einmalige Expansion des Dampfes stattgefunden hätte; in letzterem Falle würde dieser Verlust der Fläche aa1gh entsprechen. Widman schätzt diese Verminderung des Verlustes durch die schädlichen Räume auf ungefähr 17 Proc. der Diagrammfläche. Die mehrfachen Expansionsmaschinen verursachen ferner eine Ersparniss in Folge der Verminderung des Dampfdurchlasses von einer Cylinderseite nach der anderen, da der Unterschied der Spannungen auf beiden Kolbenflächen erheblich geringer ist als bei einer Eincylindermaschine; ausserdem sichern die geringen Aenderungen in der Geschwindigkeit eines gekuppelten Motors auch eine grosse Regelmässigkeit der Bewegung und schliesslich besitzen die Maschinen mit mehreren Cylindern gegenüber den eincylindrigen Maschinen, wie Ledieu treffend bemerkt, eine grosse Ueberlegenheit in der Abnutzung ihrer einzelnen Theile. Diese zahlreichen Vorzüge dürften deshalb wohl zu Gunsten dieser neuen Maschine sprechen, und wir wollen nun untersuchen, ob nicht auch irgend welche Mängel sich diesen entgegenstellen. Es ist klar, dass die Benutzung mehrerer Cylinder so lange einen Effectverlust im Gefolge haben wird, als der Gegendruck auf den einen Kolben höher ist als der effective Druck auf den folgenden Kolben, indess wird sich dieser beim Uebergehen des Dampfes von einem zum anderen Cylinder sprungweise auftretende Spannungsverlust auf einen niedrigen Betrag zurückführen lassen, sobald man bei genügend gross gewähltem Volumen der Zwischenbehälter dem in diesen sich zeitweise aufhaltenden Arbeitsdampfe neue Wärme zuführt, wie dies aus den Fig. 3 ersichtlichen drei Diagrammen, welche von Prof. Schröter einer dreifachen Expansionsmaschine der Augsburger Maschinenfabrik entnommen sind, hervorgeht; es liegen hier allerdings die Gegendrucklinien des ersten und zweiten Cylinders noch über den Admissionslinien der folgenden Cylinder, doch lässt sich der dadurch entstehende Verlust leicht beseitigen. Man hat auch die Dampfdrosselungen und Vorausströmungen, deren Einfluss sich bei jedem Cylinder wiederholt, angefochten, indess zeigen die vorgenannten Diagramme ebenfalls, dass dieser letztere doch von geringer Bedeutung ist. Bezüglich der von anderen Seiten gemachten Einwendungen, dass eine vielcylindrige Maschine nur mit niedrigem Wirkungsgrade arbeite, ist zu bemerken, dass Walther-Meunier denselben nach sorgfältigen Versuchen bei einer eincylindrigen Corlissmaschine und einer Verbundmaschine mit zwei Cylindern zu 0,91 und 0,88 ermittelt hat, demnach nur ein Verlust von 3 Proc. für jeden Cylinder eintritt; für eine dreifache Expansionsmaschine ergibt dies einen Verlust von 6 Proc. Es ist indess auch daran zu denken, dass der Wirkungsgrad einer Eincylindermaschine mit der Vermehrung der Expansion sinkt, wie dies die bereits erwähnten Versuche in Creusot klarlegten, deren Ergebnisse in der untenstehenden Tabelle zusammengestellt sind: MittlereFüllung Admissions-spannungin Kilo MinutlicheUm-drehungen IndicirteArbeit inPferden EffectiveArbeit inPferden Wirkung-grad 0,044 2,90 65   67,2   45,2 0,67 0,100 2,82    57,3   82,7   61,0 0,73 0,118 2,97 61 161,8 133,0 0,82 Um genaue Resultate zu erhalten, müsste man zwei mit gleicher Expansion arbeitende Maschinen mit einander vergleichen; dies ist bis heute noch nicht geschehen. Was schliesslich die Schmierung einer mehrcylindrigen Maschine anbelangt, so ist dieselbe selbstverständlich kostspieliger als bei einer Eincylindermaschine, da sich der Aufwand an Schmiermaterial mit der Anzahl der Schieber und Kolben naturgemäss vergrössert; diese Thatsache wird oft genug zu Ungunsten der mehrfachen Expansionen ausgelegt – ob mit Recht, wollen wir dahin gestellt sein lassen. (Schluss folgt.)