Titel: Zur Bildung von Erdöl und Erdwachs.
Autor: R. Zaloziecki
Fundstelle: Band 280, Jahrgang 1891, S. 86
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Zur Bildung von Erdöl und Erdwachs. Von R. Zaloziecki. (Fortsetzung des Berichtes S. 69 d. Bd.) Zur Bildung von Erdöl und Erdwachs. Nach diesen Betrachtungen allgemeiner Natur will ich versuchen, in grossen Umrissen den wahrscheinlichen Process der Bituminisation der Thierreste, d.h. den Uebergang derselben in Erdöl und Erdwachs zu skizziren. Um ein vollständiges Bild entrollen zu können, ist es unerlässlich, nicht etwa bei der Veränderung des bereits vorliegenden Substrats zu beginnen, sondern die Beschaffung desselben auch in den Kreis der Betrachtungen zu ziehen, hauptsächlich aus dem Grunde, weil der Reichthum des local gewonnenen Erdöles bei Vielen Bedenken wecken könnte bezüglich dessen Abstammung aus thierischen Organismen. Es ist einigermassen schwierig, sich die Anhäufung des thierischen Restproductes local so abondant vorzustellen, damit noch nach dessen Zersetzung, wobei der grösste Theil verschwindet, sich unterirdische Oellagerstätten bilden, welche Jahre lang täglich ungeheure Quantitäten zu Tage fördern, wie die Beispiele von Pennsylvanien und Balachany (auf der Halbinsel Apscheron) beweisen. Es ist dies wohl ein Grund dafür, warum die Vorstellung vom thierischen Ursprung des Bitumens sich so schwierig Eingang verschafft. Ueber dieses Hinderniss lässt uns vor allen das Beispiel der Kohlenlager, der nachgewiesenen pflanzlichen Verwesungsreste, welche in ihrer Reichhaltigkeit und Mächtigkeit trotz intensiver, Jahrzehnte dauernder Ausbeutung kaum beeinflusst wurden und fast unerschöpflich genannt werden können, hinweg helfen. Dieser immens entwickelten Flora vorweltlicher Epochen musste auch eine reiche Fauna entsprechen, wofür uns auch die Paläontologie directe Beweise liefert, und ebenso wie durch Verwesung der durch Generationen nach einander auf einem Landstriche wuchernden üppigen Vegetation sich mächtige Kohlenflötze entstanden gedacht werden können, ist auch die Voraussetzung zulässig, dass eine Anhäufung von Thieren bezieh. deren Leichen local durch besondere Verhältnisse durch Jahrhunderte oder Jahrtausende begünstigt und dass durch besondere, aber gleichartige Bedingungen die Zersetzung dieser örtlich enorm angehäuften Quantitäten einheitlich in dem Sinne der Bituminisation ermöglicht wurde. Nicht alle Plätze der Erde sind gleichmässig von Thieren bewohnt; es lassen sich von vornherein solche ausscheiden, die keine Bedingungen für die Entwickelung der Fauna an sich tragen, andere dagegen, welche derselben sehr förderlich sind. Zu letzteren gehören in erster Linie Küstenstriche in gemässigten und warmen Zonen, welche Lebensbedingungen für Land- und Wasserthiere und gemischte Bewohner in sich vereinigen können, und dann auch durch ein reiches Thierleben ausgezeichnet sind. Ueberdies bieten Seeküsten öfters durch ihre Entwickelung günstige Depotplätze für die Anschwemmungen der zugehörigen Meere, ermöglichen demnach eine Concentration des thierischen Leichenmaterials aus grossen Umkreisen. Besonders begünstigte Plätze für Thierkolonien werden in erster Linie Lagunen sein, ferner ruhige, wenig bewegte Einschnitte und Buchten, deren diesbezügliche Capacität durch vorgelagerte Insel oder vorspringende Halbinsel gehoben wird. An diesen Stellen können auch ungestört die Leichen der abgestorbenen Generationen in Sand und Schlamm gebettet werden und die Zahl dieser Massengräber wird vermehrt durch Anschwemmungen aus dem offenen Meere, wenn die Meeresströmung günstig gerichtet ist. Je länger sich diese Bedingungen erhalten, d.h. die Configuration der Küste und die Richtung der Meeresströmung unverändert bleibt, desto grösser wird die Zahl der untergegangenen und begrabenen Thiergenerationen sein, desto mächtiger werden die mit Sand und Schlamm und Kalk gemischten organischen Ablagerungen wachsen, desto mächtiger das Material zu einem nachträglichen Zersetzungsvorgange sich häufen. Schliesslich werden diese Stellen in Folge weiterer Sedimentirung oder einer secundären Hebung aus dem Bereiche der Küste entfernt, machen weiteren Strichen Platz, auf welchen sich der Vorgang so oft wiederholt, bis das ganze Terrain aus dem Bereiche der marinen Uferablagerung sich heraushebt, oder in Folge Aenderung der Küstengliederung die günstigen Bedingungen für die Ansammlung thierischer Ueberreste wo anders verschoben werden. In diesen mit Thierresten im Laufe von Jahrhunderten oder Jahrtausenden reichlich beladenen marinen Ufersedimenten kann die weitere Arbeit der Zersetzung und Bituminisirung beginnen und aus dem reichen Rohmaterial kann auch auf einen reichen Ertrag gerechnet werden. Alles, was über Erdöl bekannt ist, bestätigt diese Voraussetzung, zum Mindesten widerspricht keine bekannte Thatsache derselben. Wir finden Erdöl hauptsächlich in marinen Sedimenten, die Sande, Conglomerate, Schiefer und Thone, welche primäres Oel liefern, deuten auf einen marinen Ursprung und die darin eingeschlossenen Versteinerungen gehören der Seefauna an. Ich erinnere hier an die fossilen Korallen Zaphrentis im Corniferouskalke der devonischen Oelschichten in Kanada, an die mit Erdöl durchtränkten Zellen von Heliophyllum und Favosites und die Oel einschliessenden Kammern der Orthoceratiten im Trentonkalk bei PackenhamH. Höfer, das Erdöl und seine Verwandten (Bolley's Technologie, 47). H. Höfer, Petroleumindustrie Nordamerikas, Wien 1877. u.s.w., und besonders an einen beinahe vollständigen Mangel von Pflanzenabdrücken in den Oelgesteinen, denn die wenigen Fucoidenreste, wie sie in Pennsylvanien und in den Mergeln der karpathischen Ropiankaschichten sich haben auffinden lassen, sind beinahe die einzigen Repräsentanten der fossilen Pflanzen in ölführenden Gesteinen und selbst diese wurden in neuerer Zeit zum Theil als Kriechspuren der Mollusken angesprochen. Eine fast gewöhnliche Erscheinung in den Petroleumterrains sind die Soolquellen, welche in Amerika, am Kaukasus und in Galizien die Petroleumquellen begleitend aufgefunden wurden. Jod und BromBr. Radziszewski, Rozprawy i sprawozdania kom. balneologioznej T. l. Kr., 1877 S. XXXV (poln.). sind in den Rohölwässern nachgewiesen worden und kommen alkalische, Bitter- und Schwefelquellen in der Nähe von Petroleumbrunnen im NordkaukasusAperçu des mines du Ministère du Domain de l'état, 1878. und im transkaspischen OelterrainSjörgen, Jahrbuch der geologischen Reichsanstalt, 1887 S. 47. vor, und deuten diese Erscheinungen auf einen Zusammenhang des Erdöles mit mariner Thätigkeit hin. Bei der Vergleichung der ergiebigen Petroleumfelder in geographischer Beziehung zeigt sich die auffallende Thatsache, dass dieselben das Vorterrain der Gebirgszüge behaupten und der Erstreckung derselben im Ganzen und Grossen folgen, so die Oelterrains der Vereinigten nordamerikanischen Staaten dem apallachischen Gebirgszuge, die galizischen und moldauisch-wallachischen Fundstätten dem Nordabhange der Karpathen und die kaukasischen dem Nord- und Südabhange des gleichnamigen Gebirges. Ordnen wir ferner die productiven Oelbrunnen, soweit dieselben in den bekannten grösseren Terrains aufgeschlossen wurden, in sogen. Oellinien oder Oelzonen, so stellt sich eine merkwürdige Uebereinstimmung derselben mit der Richtung der Haupt- oder Nebenkammlinien des entsprechenden Gebirgszuges heraus, indem die ölführenden Antiklinalen meistens parallel mit den Hauptsätteln oder antiklinalen Aufbrüchen des Gebirges verlaufen. Diese Erscheinung findet eine völlige Erklärung in dem Umstände, dass vorweltliche Seeuferbildungen als grössere Herde der Erdölerzeugung vorzüglich in Betracht kommen müssen, was sich folgendermassen entwickeln lässt. – Die in einer frühen geologischen Epoche spärlich vorkommenden festen Landstriche müssen gleichsam als Orientirungslinien unserer heutigen Erhebungen betrachtet werden, d.h. sie waren von ihrem Erscheinen an in der Regel mit einer Tendenz zu Hebung behaftet. Dieses, älteren Continentenanfängen innewohnende Hebungsbestreben, welches von der Erkaltungs- und Schwindungstendenz unseres Planeten ihren Ursprung ableitet (indem durch verschiedene kosmische und mechanische Einflüsse diese Erdpunkte zuerst zur Erstarrung gebracht wurden und dieselbe sich sodann um dieselben herum fortgepflanzt hat), konnte anfänglich durch Eruptionsvorgänge gestört oder örtlich verschoben werden. Nachdem jedoch die vulkanische Thätigkeit in Folge der tiefer greifenden Erstarrung und Bildung einer dickeren Erdkruste quantitativ abgenommen hat, wie das zweifelsohne im Beginne der Sedimentperiode und mit dem Auftreten organischer Lebewesen der Fall sein musste, waren die bereits gehobenen Partien in erster Linie dazu berufen, weiter gehoben zu werden und im Ganzen und Grossen die Anfänge unserer Gebirge zu bilden. An diesen Landstrichen, die naturgemäss mehr die Entwickelung in einer Dimension zeigten, demnach ursprünglich schmal waren und nachträglich erst erweitert wurden, brandeten die vorweltlichen Oceane mit ihrer reichen Thierbevölkerung und setzten an den günstigen Uferplätzen ihre Trümmer und Reste ab. Es lagerten sich auf die früher besprochene Weise Schichtencomplexe, mit thierischen Ueberresten reichlich durchsetzt, ab, die der Hebung gleichartig wie der ganze schmale Landstrich ausgesetzt waren und den ganzen Mechanismus der Gebirgsbildung als örtliche Vorlagen durchgemacht haben. Da die gebirgsbildenden Kräfte senkrecht auf die Richtung der heutigen Gebirgszüge wirkten, mussten die den jetzigen Hauptgebirgskämmen anliegenden Terrains, welche alte Seeuferbildungen event. Oellagerstätten in sich aufnahmen, gleichgerichteten Faltungen und Stauungen unterworfen worden sein und Sättel bilden, welche den Hauptantiklinaten parallel gerichtet erscheinen. Wie kommt es jedoch, dass, nachdem die heutigen Hauptgebirgszüge oder richtiger deren Vorterrains als alte Seeuferplätze angesehen werden können, nicht alle Gebirge ölführende Vorsättel aufweisen, wozu das Beispiel der Alpen vorerst anzuführen ist? Die Motivirung dessen könnte mehrseitig sein, in einem Falle anders wie in dem anderen, und man wäre wahrhaftig im Allgemeinen um Ursachen nicht verlegen; obwohl es sehr schwer fallen würde, dieselben in einem speciellen Falle anzuwenden. Als allgemeine Ursachen könnte man erstens anführen, dass die Gebirgsbildung zu alt ist, d.h. die Hebung war früher bewerkstelligt, bevor überhaupt Thierformen in Massen auftraten, zweitens konnten die klimatischen Bedingungen an den der heutigen Gebirgsfläche entsprechenden ehemaligen Küstenzonen dem Thierleben ungünstiggewesen sein oder deren Ansiedelung vollkommen ausschliessen, drittens waren die alten Meeresufer in Bezug auf die Küstengliederung oder Wasserströmung für eine Ansammlung und Ablagerung des organischen Materials ungünstig gelegen, viertens waren die zugehörigen Meere gering an Ausdehnung oder Seebecken kleineren Umfanges, bei denen ausserdem eine einseitige Concentration der Mineralwasserbestandtheile die Thieranpassung erschwerte, und fünftens konnten die Bedingungen für eine gleichmässig im Sinne der Bituminisation verlaufende Zersetzung fehlen, trotzdem ein reichliches Material vorhanden sein konnte. Ausserdem könnten noch andere Ursachen angegeben werden, obgleich die heutige Kenntniss der geographischen Vertheilung der Bitumena in qualitativer und noch mehr in quantitativer Beziehung durchaus nicht vollkommen ist und durch weitere bergmännische und geologische Forschungen ergänzt werden muss, denn was heute darüber bekannt ist, kann entweder auf selbsthätig auftretende Oelspuren und Gasausströmungen oder auf bergmännischen Betrieb in verhältnissmässig geringen Tiefen auf Grundlage von oberflächigen Anzeichen zurückgeführt werden. Das Auftreten von Oelspuren und die Gasexhalationen sind jedoch secundäre Erscheinungen der Oellagerstätten, die durch besondere Verhältnisse zu Stande kommen, wie bekannt dadurch, dass entweder bei der gebirgsbildenden Faltung die oberen Schichten in ihrem Zusammenhange gelockert und für den Austritt von Oel und Gas durchlässig, oder aber bei der Entstehung von Dislocationen und Transgressionen von Rissen und Sprüngen, die bis zur Oberfläche reichen, durchsetzt werden. Das Studium der freiwilligen Oelaustritte hat das bestätigt und die Anlage von Bohrlöchern und Schächten in oder nahe der Antiklinalachse als Schurfregel abgeleitet, welche auch vom ökonomischen und technischen Standpunkte warm befürwortet wurde aus dem Grunde, weil die Tiefen der erhofften Erschliessung der Oellager in der Sattelbildung durch Herausbiegung der inneren und unteren Schichten nach oben gemindert werden. Es bleibt jedoch nicht ausgeschlossen, dass an vielen Orten, wo undurchlässig und intact gebliebene Deckschichten in dem Gefüge milder Sättel, flacher oder schwach geneigter Schichtcomplexe das Oel an dem Zutagetreten hindern, sich in grösseren oder geringeren Tiefen Oelschätze finden, welche der Ausbeutung harren, – vom Zufall abgesehen jedoch erst auf Grund von fortschreitenden geologischen und orographischen Kenntnissen vergangener Epochen und Fortschritten der Bohrtechnik dem Inneren entwunden werden. Nachdem ich die Beschaffung des Materials zur Erdölbildung etwas eingehender besprochen und aus Eigenthümlichkeiten und Erscheinungen der Oellagerstätten dieselben in einen genetischen Zusammenhang mit den in marinen Uferbildungen reichlich zur Ablagerung gelangten fossilen Thierleibern zu bringen bestrebt war, will ich nun auf die Zersetzung derselben, wie solche in der Bildung von Erdöl und Erdwachs ihre Bethätigung und zeitlichen Abschluss fand, eingehen. Die Frage kann ebenso wenig, wie überhaupt alle die Genesis des Erdöles berührenden, vorerst mit voller Sicherheit und unumstösslicher Gewissheit beantwortet werden, ihre Lösung schliesst jedoch, sobald die ins Spiel kommenden Factoren eine gebührende Berücksichtigung erfahren, einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit nicht aus, und darf ein Versuch in dieser Richtung nicht unterlassen werden, selbst wenn er vorläufig nur den Zweck hätte, eine Discussion über diesen Gegenstand anzubahnen. Prof. EnglerZur Bildung von Erdöl, ibid. hat sehr treffend bei Besprechung der Ursache des Fehlens stickstoffhaltiger Verbindungen im Erdöl ausgeführt, dass die Stickstoffsubstanz des Thierkörpers durch eine ausserordentliche Zersetzlichkeit ausgezeichnet ist, somit zuerst der Zersetzung anheimfallen muss, und da die Zersetzungsproducte der Eiweisskörper entweder gasförmig oder in Wasser löslich sind; waren auch die Bedingungen zu ihrer Wegschaffung vorhanden. Die zurückbleibenden stickstofffreien Thiersubstanzen, die Fette, sind dann durch eine weitere, jedenfalls anders geartete Zersetzung zu Erdöl umgeformt worden. In dieser Darstellung ist bereits eine Zweitheilung des Umwandelungsprocesses der Thierreste zu Erdöl auf Grund der verschiedenen Zusammensetzung der Bestandtheile des Thierkörpers zum Ausdrucke gebracht. Da diese Auffassung auch durch Thatsachen, wie die Existenz und Zusammensetzung der Leichenfette, Fettwachse, Adipocire bewiesen wird, so muss sie allen diesbezüglichen Betrachtungen als Grundlage gegeben und die Umwandelung der Thierreste in Erdöl daher voraussetzlich in zwei Phasen getheilt werden. Wie bekannt, ist der erste Process, die Zersetzung organischer Reste in Ammoniak und Stickstoffbasen, uns sehr geläufig und spielt sich jederzeit und an allen Orten, wo stickstoffhaltige Substanzen bei Gegenwart von Keimen der Einwirkung der Luft und der Feuchtigkeit ausgesetzt werden, ab. Es ist dies die bekannte Fäulnissgährung, welche durch Spaltpilze und andere Mikroorganismen bedingt wird und eine Zerstörung organischer Substanz mit sich bringt. Nichts steht im Wege, diese Art der Zersetzung auch auf Thierreste geologischer Epochen zu übertragen, weil dieselben Bedingungen auch ehemals wirken und im Allgemeinen dieselben Erscheinungen hervorbringen mussten. An geeigneten Stellen der Meeresufer, welche den Stapelplatz für Thierreste boten, war an Feuchtigkeit kein Mangel und auch die Luft und mit ihr alle möglichen Keime konnten Zutritt haben und Fäulniss hervorrufen. Der grössere Salzgehalt des Seewassers verursachte jedoch eine Verzögerung und Einschränkung dieses Processes, und ist diesem Umstände vielleicht die grösste Bedeutung bei der Erdölbildung beizumessen, da dadurch event. ein völliges Verschwinden und Vergähren organischer Substanzen – wie es bei einem Fäulnissvorgange unter günstigen Bedingungen der Fall ist – hintangehalten wurde; denn soll aus einem Material, welches durchwegs zersetzliche Bestandtheile enthält, die nur durch den Grad der Zersetzlichkeit unterschieden sind, ein Product entstehen, in welchem die Zersetzungsproducte der leichter zersetzlichen Substanzen fehlen, welches jedoch aus Umwandelungsproducten der schwerer zersetzlichen zusammengesetzt ist, wie das Erdöl und Erdwachs, so müssen Bedingungen vorhanden gewesen sein, welche die eingeleitete Zersetzung, nachdem sie die erste Phase durchgemacht hat, unterbrachen und im anderen Sinne verlaufen liessen. Ohne diese Voraussetzung wäre das Ueberdauern kohlenwasserstoffhaltiger complicirter Verbindungen, wie sie in Form von Erdöl und Erdwachs aus Fetten oder fetten Säuren entstanden gedacht werden, undenkbar, denn dieselben würden unfehlbar in normalen Verhältnissen den Säuregährungen unterliegen und sich in eine Reihe niederer, durch Wasser wegschaffbarer Fettsäuren aufgelöst haben. Prohibitive Bedingungen sind meiner Ansicht nach in dem Salzgehalte des Seewassers zu suchen, dessen conservirende Eigenschaften bekannt sind und welche verursachen, dass die Thätigkeit der Fäulnissorganismen bedeutend verzögert werden kann, diejenige der Säurepilze gar nicht oder nur beschränkt zur Wirkung gelangt. Die Verzögerung der Fäulniss bringt es mit sich, dass die erst theilweise zerlegten thierischen Substanzen Zeit gewinnen, von Schlamm und Sandfluthen überdeckt zu werden, dass dieselben in fortschreitend ungünstigere Zersetzungsbedingungen durch theil weisen Abschluss der Luft, durch Anreicherung der Salze und Häufung der Zersetzungsproducte innerhalb des überdeckten Raumes, welche nur langsam durchdiffundiren können, kommen und schliesslich durch länger dauernde Ueberlagerung mit Schlamm, Sand und Gesteinstrümmern vollständig von der Einwirkung der Luft abgeschnitten und vor weiterer Zersetzung im Sinne der Säuregährung – welche auch im ursprünglichen Stadium der Verwesung in Folge Concurrenz der Fäulnissorganismen nicht zur vollen Entwickelung gelangen konnte – bewahrt werden. Relativ günstige Bedingungen für die Fäulniss und abträgliche für die Säuregährung verursachen demnach, dass eiweiss- und stickstoffhaltige Körper vollständig zerlegt und ausgelaugt, während die stickstofffreien thierischen Fette verhältnissmässig unversehrt innerhalb der Schlamm- und Sand- oder Kalkschichten der Seeuferablagerung aufgespeichert werden und in diesem Zustande Zeitalter überdauern und erst nachträglich durch den Druck der mittlerweile anwachsenden geologischen Schichtenbildungen anderweitige Zersetzungen eingehen können. Die in alten Seeufersedimenten derart umgewandelten thierischen Ueberreste, welche fast ausschliesslich aus Fetten oder Fettsäuren bestehen, entsprechen den analog zusammengesetzten bekannten Fettwachsen oder Adipociren und können in diesem Zustande als das erste Stadium der Zersetzung angesehen und bezeichnet werden. Dieselben sind als ein charakteristisches Zwischenproduct der Zersetzung thierischer Reste zu betrachten, bilden den Abschluss des ersten Processes, den der Fäulnissgährung, und stellen das Ausgangsmaterial zur nachfolgenden Umwandelung zum grossartigen Processe der Bituminisation im engeren Sinne, welche die Bildung der Bitumina zum Resultate hat. Wenn ich die Analogie mit der Kohlenbildung heranziehen sollte, so müsste das Adipocire mit dem Torfe oder Lignite in eine Parallele gestellt werden, welche zusammen als erste event. jüngste Umwandelungsproducte hinzustellen wären und den gemeinsamen Charakter tragen würden, dass zu ihrer Bildung Agentien beigetragen haben, die verwandt oder gleich sind wie die auf der Oberfläche der Erde wirkenden. Zugleich jedoch muss auch zugestanden werden, dass in chemischer Hinsicht zwischen Adipocire und Torf event. Lignit kein näherer Zusammenhang auffindbar ist und noch weniger zwischen den Reactionen, welche die Bildung des Adipocires aus Thiersubstanz und der Vertorfung der Pflanzensubstanz bedingen – doch steht auch solcher in Folge der Verschiedenheit des Ausgangsmaterials nicht zu erwarten. Verfolgen wir jedoch die Zersetzung des Adipocires weiter oder trachten wir auch die Vorgänge der Bituminisation zu erklären. In der Einleitung war bereits im Allgemeinen die Rede von den Bedingungen dieser Art der Zersetzung, welche hier zu Hilfe gerufen werden müssen. Die Berechtigung dieser Factoren ist kaum abzustreiten, doch können wir im Allgemeinen einzelnen von diesen eine wichtige, primäre, anderen eine untergeordnete, secundäre beimessen. Eine strenge Scheidung in die zwei Kategorien ist zwar schwer durchzuführen, d.h. man kann nicht ohne weiteres angeben, welche von den mitgetheilten Factoren als Veränderlichkeitstendenz, erhöhte Temperatur, hoher Druck, mechanische und chemische Wirkung des Wassers und seiner Bestandtheile, Einfluss der Luft, Wechselwirkung des Gesteines, Capillaritätskräfte, Zeitwirkung, hauptsächliche und welche untergeordnete Eingriffe bei der Zersetzung üben. Es scheint mir jedoch, dass mit hohem Druck, erhöhter Temperatur und Wasserwirkung bei der grossen Veränderlichkeitstendenz und der unermesslichen Zeitwirkung, die uns zur Verfügung steht, man eine Deutung versuchen kann; – zum Mindesten sind das Factoren, welchen unter allen Umständen, wenn nicht ausschliessliche, so doch hohe Bedeutung beizumessen ist. Da wir das Adipocire verlassen haben unter Verhältnissen, welchen die Voraussetzung dieser Bedingungen fehlte, so müssen wir eine gehörige Zeit verstreichen lassen, bis die Annahme derselben zulässig geworden ist, d.h. wir müssen warten, bis die thierischen Fette, welche aus dem Fäulnissprocess unversehrt herausgekommen sind, von jüngeren geologischen Bildungen überlagert werden. Diese Zwischenzeit könnte damit ausgefüllt werden, dass wir die Fette, welche bekanntlich in diesem Zustande im Thierkörper enthalten sind, nach und nach in Fettsäuren übergehen und das sich abspaltende Glycerin auswaschen lassen. Nach dieser einleitenden Vorbereitung haben wir mit Fettsäuren, also einem Substrat, zu operiren, mit welchem Engler seine Versuche angestellt hat und dessen Zersetzungsmodus im Ganzen und Grossen durch seine Untersuchungen gegeben ist. Da keine gegentheiligen Behauptungen vorliegen, werde ich auch diese Zersetzungsform für Fettsäuren, unter Einfluss von Druck und Wärme, als typisch hinstellen und dieselben als primäre Gleichungen der Fettbituminisation oder Grundlage der Erdöl- und Erdwachsbildung bezeichnen. Die Zersetzung der Fettsäuren durch Druckdestillation kann nach Engler veranschaulicht werden durch die Gleichungen CnH2n + 1CO2H = CnH2n + 2 + CO2 CnH2n – 1CO2H = CnH2n + CO2 CnH2n + 2 = CmH2m + 2 + Cn – mH2(n – m) Da nun bei der Untersuchung dieser Destillate eine nähere Charakterisirung der dabei in bedeutender Menge (37 Proc.) auftretenden ungesättigten oder, richtiger, von concentrirter Schwefelsäure absorbirbaren Bestandtheilen nicht vorliegt, so ist es nicht ausgeschlossen, dass neben den Aethylenen sich auch in geringer Menge Acetylene bilden nach der Gleichung CnH2n = CmH2m + Cn – mHn – m Es ist dies um so wahrscheinlicher, als Markownikof und OgloblinBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. 18 S. 2234. dieselben im Erdöle in geringen Mengen nachgewiesen haben und Mendelejef die Anwesenheit dieser Reihe auf Grund verschiedener Reactionen voraussetzt und als Stütze seiner Hypothese verwendet. (Schluss folgt.)