Titel: Das Schmelzen der Eisenerze vom chemischen Standpunkte aus betrachtet.
Autor: A. Busch
Fundstelle: Band 280, Jahrgang 1891, S. 93
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Das Schmelzen der Eisenerze vom chemischen Standpunkte aus betrachtet. Von Sir Lowthian Bell, Bart. F. R. S. Deutsch von Dr. A. Busch. Vortrag, gehalten auf der 9. Jahresversammlung der „Society of Chemical Industry“ zu Nottingham. Das Schmelzen der Eisenerze vom chemischen Standpunkte aus betrachtet. Vor fünfzig Jahren, als ich meine technologische Laufbahn begann, würde die Wahl eines Themas, welches ich als Präsident eines Vereins technischer Chemiker vortragen will, in engen Grenzen sich bewegt haben, nicht etwa in Folge der geringeren Ausdehnung der Industrie unseres Landes, sondern vielmehr aus Mangel an Zusammenhang zwischen Gewerbe und wissenschaftlicher Chemie. Das war z.B. der Fall mit der Eisenindustrie. Ich erinnere mich der Enttäuschungen, welche bei dem Besuch von Hochöfen und Mühlen im In- und Auslande meiner warteten, wie ich sehen und hören musste, dass man den Studien, denen ich meine Kräfte gewidmet hatte, so wenig Wichtigkeit und Bedeutung beimass. Ungeachtet dieser Gleichgültigkeit von Seiten der Eisenindustriellen hatten Männer der Wissenschaft, besonders in Deutschland und Frankreich, diesem Gegenstande ein grosses Interesse gewidmet, welches sich besonders auf metallurgische Fragen bezog. Unsere Eisenindustriellen waren hinter diesen beiden Nationen auf dem Gebiete der Wissenschaft, dem unser Verein seine Thätigkeit widmet, weit zurück. Es dürfte daher von Interesse sein zu wissen, dass man in der letzten Hälfte dieses Jahrhunderts Grossbritannien in Bezug auf Eisenproduction und die Fortschritte im Eisenhochofenprocess den ersten Rang einräumt. Nehmen wir einen Artikel, wie Rohsoda, ein zweifellos chemisches Product im gewöhnlichen Sinne des Wortes, so finden wir, dass neben Natriumcarbonat noch etwa 15 Proc. fremde Substanzen darin enthalten sind, ohne dass der Werth des Alkalis für die meisten Zwecke, zu denen Rohsoda verwendet wird, beträchtlich verringert würde. Hat dagegen Roheisen (pig iron) mehr als 0,05 Proc. Phosphor, so würde es von den Bessemerstahlfabrikanten als für deren Zweck nicht geeignet zurückgewiesen sein. Solcher Fälle, welche die ausserordentliche Wirkung kleiner Mengen von fremden Substanzen auf die Qualität und Eigenschaften des Stahls oft nach der einen oder anderen Richtung hin beweisen, könnten noch mehrere angeführt werden. Wie man solchen Schwierigkeiten zuvorkommt, oder ihnen entgegen tritt, lehren chemische Untersuchungen. Viele Eisenerze, wie sie am Hochofen abgeliefert werden, enthalten 30 bis 40 Proc. erdige Bestandtheile. Zu diesen kommt die Asche des Brennmaterials und der Aetzkalk des Flussmittels, welches zur Verflüssigung der mit den Erzen eingebrachten Kieselsäure und Thonerde zugesetzt wird. Aus dieser bedeutenden Menge schlackenbildender Bestandtheile wird das Roheisen durch die sinnreichste Nutzbarmachung von Wärme gewonnen, welche wir kennen. Jedoch ist das Roheisen nicht unverändert durch diese Materialien geblieben, welche im Stande sind, seine Eigenschaften wesentlich zu verändern. Diesen Einflüssen ist es bei einer äusserst hohen Temperatur, in manchen Fällen 48 Stunden und länger, ausgesetzt gewesen, und es ist nicht wunderbar, dass es bei dieser Gelegenheit Kohlenstoff, Silicium, Schwefel und Phosphor in sich aufgenommen hat. Das so verunreinigte Roheisen wird noch in flüssigem Zustande der Bessemerbirne übergeben, wo durch einen starken Strom comprimirter Luft die Metalloide oxydirt werden – oder doch der grösste Theil derselben – mit solch einer Wärmeentwickelung, dass die Masse, welche zu 99¾ Proc. aus reinem Eisen besteht, zur äussersten Weissglut erhitzt wird. Durch Zuschlag einer geringen Menge Kohle und Mangan, etwa eine Viertelstunde nachdem das Eisen den Hochofen verlassen hat, können wir 10 bis 15 t Roheisen auf einmal in Stahl von grosser Hämmerbarkeit und Zähigkeit überführen. Sie werden zugeben, dass diese Thatsachen – und ich könnte noch viele andere hinzufügen – uns berechtigen, die Fabrikation von Eisen und Stahl zu den erfolgreichsten und interessantesten Anwendungen der Chemie auf die Grossindustrie zu rechnen. Das Wesen des Hochofenprocesses. Eine grosse Anzahl von Untersuchungen über die chemischen Processe, welche im Hochofen stattfinden, ist gemacht worden, und doch ist unsere Kenntniss von denselben noch ziemlich unvollkommen. Das Brennmaterial, welches sich mit dem Sauerstoff der Gebläseluft verbindet, verbrennt zuerst zu Kohlendioxyd, welch letzteres durch Berührung mit glühender Kohle zu Kohlenoxyd reducirt wird. Dieses Gas, welches beständig mit den niedergehenden Chargen der Erze in Berührung kommt, reducirt die Sauerstoffverbindungen des Eisens zu metallischem Eisen (Eisenschwamm). Die Zone, in welcher die Reduction vorgeht, liegt höher oder niedriger im Hochofen, je nach der Natur der Erze, und ihre Temperatur schwankt zwischen 600 bis 900° C. Wenn dieser Eisenschwamm hinabsinkt, gelangt er in die heisseren Theile des Hochofens. Hier beginnt das fein vertheilte Eisen Kohlenstoff aufzunehmen, und man könnte daher diese Zone auch Carburationszone nennen. Cailletet weist darauf hinRoscoe Schorlemmer, 1889 Bd. 2 S. 53., dass selbst in den heissesten Theilen des Hochofens und an einer Stelle, wo die Verbrennung äusserst vollkommen ist, Kohlenstoff in fester Form als Dissociationsproduct von Kohlenoxyd zu Kohlenstoff und Kohlendioxyd bei sehr hoher Temperatur existirt. Meine eigenen Experimente haben mich zu der Ueberzeugung geführt, dass der Vorgang im Hochofen doch nicht ganz so einfach ist, als man aus der obigen Annahme schliessen könnte. Dass der grössere Theil des Erzes in der oberen Zone reducirt wird, unterliegt wohl keinem Zweifel. Es ist jedoch nichts erwähnt von der wichtigen Rolle, welche eine Höhe von 9 bis 18 m des inneren Hochofenraumes spielt, dadurch, dass sie die Wärme auffängt, welche sonst verloren gehen würde. In so hohem Grade ist dies der Fall, dass, wie ich bei einem Hochofen neuerer Construction geschätzt habe, für je eine Wärmeeinheit, welche an den Düsen entwickelt wird, 273 Wärmeeinheiten zu diesem Punkte durch die Anhäufung der Wärme in den niedergehenden Erzen zurückgeführt werden. Es wird weiter gezeigt werden, dass neben der Abscheidung von Kohlenstoff bei sehr hoher Temperatur, wie Cailletet erwähnt, derselbe Vorgang mit der Reduction der Erze schon bei etwa 150° C. beginnt. Ich werde ferner beweisen, dass, wenn die Reduction in der oberen Zone vollständig wäre, was mehr als zweifelhaft ist, der dort gebildete Eisenschwamm auf seiner Wanderung durch die Zone des Hochofens, welche die Wärme absorbirt, und in einer stark desoxydirenden Atmosphäre wieder oxydirt wird und zwar durch dieselbe Reaction, welche das Niederschlagen des Kohlenstoffs auf den Erzen im Gefolge hat. Wie dem auch sein mag, wir haben guten Grund zu glauben, dass etwa 25 Proc. des Sauerstoffs, welche mit Eisen das Eisenoxyd bilden, zuweilen in den Erzen bis zu dem Punkte bleiben, wo vollständige Verflüssigung stattfindet. Wenn Kohlenoxyd eine Sauerstoffverbindung ihres Sauerstoffs ganz oder theilweise beraubt, so wird ein entsprechender Theil bekanntlich in Kohlendioxyd verwandelt. Da nun die Wärmemenge, welche beim Ueberführen von Kohlenstoff in Kohlendioxyd entwickelt wird, mehr als dreimal so gross ist, als wenn Kohlenoxyd gebildet wäre (8000 : 2400), so ist es augenscheinlich von sehr grosser Wichtigkeit, dass das Verhältniss von Kohlendioxyd in den Gasen beim Verlassen des Hochofens so gross sein sollte, als es der Natur der Verbrennung gemäss irgend möglich ist. Im Voraus seien zu dieser Frage die Umstände in Betracht gezogen, welche 1) zur Bildung von Kohlendioxyd führen und 2) wenn es gebildet ist, seine Existenz zu sichern suchen. Ich brauche nicht daran zu erinnern, dass Kohlendioxyd, wenn es an den Düsen erzeugt ist, als solches nicht lange existenzfähig ist, und dasselbe ist auch in dem grössten Theile der oberen Hochofenzonen der Fall. Ich habe experimentell bewiesen, und die Zusammensetzung der Gase in den verschiedenen Höhen des Hochofens zeigt, dass, wo das Kohlendioxyd den Kalkstein verlässt, die Temperatur so hoch ist, dass letzteres durch den glühenden Koks in Kohlenoxyd übergeführt wird. Nehmen wir an, dass je 10 Th. Roheisen 9,3 Th. Eisen enthalten, so werden 3,97 Th. Sauerstoff bei der Reduction dieser Eisenmenge in Freiheit gesetzt, welche im Stande sind, 2,99 Th. Kohlenstoff in Form von Kohlenoxyd in Kohlendioxyd überzuführen. Welcher Art nun auch die wahre Natur dieser Veränderungen sein mag, meine eigenen Erfahrungen und die aller anderen Beobachter, deren Arbeiten ich einer Prüfung unterzogen habe, haben mich zu der Annahme geführt, dass 3,0 hk Kohlenstoff als Kohlendioxyd für 1 t producirten Eisens das Maximum ist, welches wir in den Gichtgasen, die beim Schmelzen der Erze eine Rolle spielen, antreffen können. Es ist vollkommen richtig, dass Kohlenoxyd durch Berührung mit Eisenoxyd vollständig in Kohlendioxyd übergeführt werden kann, aber dies tritt nur unter Bedingungen (Temperaturen u.s.w.) ein, welche im Hochofen nicht erfüllt sind. Folglich dürfen wir schliessen, dass, wenn 3,0 hk Kohlenstoff als Kohlendioxyd für 1 t producirten Eisens überschritten ist, wir nicht das Durchschnittsgewicht der Menge Kohlenstoff haben, welche wir in dieser Form erwarten dürfen. Die Menge des als Kohlenoxyd im Hochofen vorkommenden Kohlenstoffs. Wenn die Richtigkeit obiger Annahme eingeräumt ist, so ist die natürliche Folge, dass der Rest der Wärme repräsentirt werden muss durch die Verbrennung des Kohlenstoffs zu Kohlenoxyd, angenommen, dass die Gebläseluft mit 0° C. in den Ofen tritt. Wie gross diese Wärmemenge sein kann, hängt von der Natur des zu verarbeitenden Erzes und von der mehr oder weniger vollkommenen Construction des betreffenden Hochofens ab. Dies klar zu stellen, habe ich zwei Tabellen aufgestellt. Die erste TabelleDie nachstehend erwähnten Tabellen folgen bei Schluss des Artikels in Heft 5. enthält eine Zusammenstellung der Gewichte der verschiedenen bei dem Process consumirten und producirten Substanzen, ferner wie viel Wärme, und daraus, welche Menge Koks für jede Art von Verrichtungen consumirt ist. Die Factoren, welche benutzt sind, die Wärmemenge zu schätzen, sind in einer Anmerkung zu der Tabelle gegeben. Die zweite Tabelle gibt die Menge der durch die Verbrennung des Koks jeweils entwickelten Wärme, und es mag gleich an dieser Stelle bemerkt werden, dass alle Rechnungen auf der Annahme basiren, dass Koks als Brennmaterial benutzt ist. Es ist richtig, dass häufig Kohlen im unverkokten Zustande benutzt werden, aber das heisst nichts anderes, als dass die Verkokung im Hochofen selbst stattgehabt hat, und erst dann, wenn die flüchtigen Bestandtheile der Kohle entfernt sind, beginnt die eigentliche Thätigkeit des Hochofens. Einige wenige Bemerkungen in Bezug auf die Methode der Wärmeberechnung sind der Tabelle Nr. 2 beigefügt. Die Differenz zwischen den beiden Rubriken der Rechnung, d. i. der Ueberschuss der erzeugten Wärme über die absorbirte, ist als durch die Wände des Hochofens entwichen, durch Expansion der Gebläseluft verloren gegangen und durch geringe Fehler in den Zahlen selbst hervorgerufen, angenommen. Die Beziehungen zwischen Kohlenstoff als Kohlenoxyd und Kohlenstoff als Kohlendioxyd in einem Hochofen von 14,6 m Höhe und 170 cbm Rauminhalt mit kalter Gebläseluft betrieben. Der Betrieb mit kalter Gebläseluft, d. i. Luft bei atmosphärischer Temperatur, ist unter Rubrik A in beiden Tabellen angeführt. Die Production ist 90 t Eisen in der Woche mit einem Verbrauch von 20,4 hk Koks, 23,1 hk gerösteten Eisenerzes und 9,1 hk Kalkstein für 1 t Eisen. Die Wärmeproduction ist 5450 Cal. für die Gewichtseinheit des Koks und dieselbe wurde gebildet aus je einer Kohlenstoffeinheit in den Gasen in Form von Kohlendioxyd, begleitet von 6,12 Kohlenstoffeinheiten als Kohlenoxyd. Die totale, so erhaltene Wärmemenge betrug also 111180 Cal., von denen nicht weniger als 24148 Cal. mit den abziehenden Gasen entwichen, welche 4,4 hk Koks oder 21,7 Proc. des Wärmeeffects des angewandten Koks repräsentiren. Die Wirkung der auf etwa 485° C. vorgewärmten Gebläseluft in einem Hochofen von 14,6 m Höhe und 170 cbm Rauminhalt. Neilson, welcher die heisse Gebläseluft zuerst anwandte, war hoch erfreut, als er dieselbe auf 330° C. gebracht hatte. Auf den Clarence-Werken und auf anderen grösseren Werken erreichte man in den etwas modificirten Vorwärmern 485° C. Die Wirkung bezieh. der Vortheil der vorgewärmten Gebläseluft über die kalte ist aus den Rubriken B beider Tafeln ersichtlich. Diese Temperatur von 485° C. zu erreichen, wurden die Vorwärmer mit einer bestimmten Menge Brennmaterial angeheizt und so 35000 bis 40000 Cal. erhalten, von denen in diesem speciellen Falle jedoch nur 14488 Cal. den Hochofen erreichten; der Rest ging durch Strahlung und durch den Schornstein u.s.w. verloren. Trotz des 60 bis 70 Proc. betragenden Wärmeverlustes wird es sich zeigen, dass eine weit geringere Menge Koks für die Production einer Tonne Eisen nöthig gewesen ist, als es auf den ersten Blick den Anschein haben könnte, und zwar ist die Differenz so beträchtlich, dass man sich gratuliren kann, dass Neilson seinerzeit nicht eine gründliche wissenschaftliche Bildung besass. Wäre er diesen Betrachtungen damals in dieser Richtung nachgegangen, so wäre auch er auf die Schwierigkeiten gestossen, welche sich vielen wissenschaftlichen Chemikern bei der Erforschung dieses Phänomens in den Weg legten, und er hätte womöglich die praktische weitere Ausbildung seines vorzüglichen Verfahrens aufgegeben. Es steht andererseits fest, dass Leute der Wissenschaft in einem Zeitraume von nahezu 40 Jahren nach der ersten Anwendung der heissen Gebläseluft sich in gefährliche Speculationen einliessen und die thatsächliche Ersparung, welche die heisse Gebläseluft im Gefolge hatte, bei weitem überschätzten. Dr. Percy führt ganz richtig an, dass beim Vorwärmen der Luft auf 149° C. der Gesammtkohlenverbrauch für 1 t Eisen von 80,6 hk auf 51,6 hk reducirt wurde. Dabei war sicherlich ausser Acht gelassen, dass das Heizen mit Kohle anstatt Koks im Hochofen eine grosse und ganz nutzlose Verschwendung ist, abgesehen von anderen Umständen, welche für den Hochofenbetrieb fehlerhaft sind. In Wirklichkeit, z.B. bei dem Hochofen zu Clyde, beträgt die Ersparung an Koks nie mehr als 10 hk Koks für 1 t Eisen, aber dies, selbst wenn wir nur 6,1 hk Koksersparung bei einem Kohlen verbrauch von 2 bis 2,5 hk für die Heizung der Winderhitzer rechnen, ist schon genügend und einer Speculation werth, und ich hoffe, dass es mir gelingen wird, diese auffällige Erscheinung zu erklären. Das Erste, was beim Betrachten der Zahlen auf Tabelle 2 auffällt, ist die Wärmezunahme für eine Kokseinheit von 5450 Cal. für kalte Gebläseluft, auf 7220 Cal. für heisse, oder 34,3 Proc. der Gesammtwärmemenge. Dieses Plus ist folgenden Umständen zuzuschreiben: 1) einem Koks von ein wenig besserer Qualität, 2) einer grösseren Menge von in Kohlendioxyd übergeführtem Kohlenstoff und 3) der heissen Gebläseluft, welche in Anwendung gebracht wurde. Es ist klar, dass das grosse Volumen der durch die hohe Temperatur des Hochofens stark expandirten Gase bei seinem Austritt aus dem Ofen nicht alle Wärme verloren hat, dass die Gase also noch im Stande sind, diese Wärmemenge festen Körpern mitzutheilen; mit anderen Worten, es findet eine unnöthige Wärmevergeudung statt. Wenn wir die Wärmequellen des Hochofens mit Heissluftbetrieb ins Auge fassen, so zeigt sich, dass eine Wärmezunahme von 409 Cal. in Folge der grösseren in Kohlendioxyd übergeführten Kohlenstoffmenge dem Hochofen mit Kaltluftbetrieb gegenüber erzielt wird. Der Mangel an Calorien beim Kaltluftbetriebe kann seinen Grund in der Schnelligkeit haben, mit welcher der Gasstrom den Ofen durchstreicht, indem die Zeit in dem Falle nicht lang genug ist, den Kohlenstoff in Kohlendioxyd überzuführen, oder darin, dass die Temperatur in den höheren Zonen des Ofens eine derartige ist, dass das gebildete Kohlendioxyd durch den glühenden Koks zu Kohlenoxyd reducirt wird. Es ist auch möglich, ja wahrscheinlich, dass der Mangel an Kohlendioxyd das Resultat beider Ursachen zusammengenommen ist. Neben der vollständigeren Oxydation des Kohlenstoffs in dem Hochofen mit heisser Gebläseluft findet noch eine Wärmezunahme von 481 Cal. statt, welche in der Luft enthalten sind. Diese machen mit den oben erwähnten 409 Cal. zusammen 890 Cal., welche ohne Vergrösserung des Gasvolumens erzielt werden. Die Folge davon ist, dass für eine bestimmte Menge Eisen, mit kalter Gebläseluft dargestellt, die Gasmenge im Hochofen ungefähr um 40 Proc. grösser ist, als für das mit heisser Luft verhüttete Eisen. Die Verminderung des Gasvolumens ist aber nicht der alleinige Vortheil des Heissluftbetriebes; ich habe noch einen anderen Punkt im Auge. Der Heissluftbetrieb ermöglicht 220 t Eisen in der Woche zu produciren, während wir gesehen haben, dass mit kalter Luft es nur möglich ist, 90 t zu produciren. Es passiren demnach 75 Proc. mehr an Gasen in der gleichen Zeit durch den Hochofen mit heisser Gebläseluft, als durch den mit kalter betriebenen. Man könnte darauf erwidern, dass, wenn in Folge der grösseren Geschwindigkeit des Gasstromes Wärme verloren geht, man sich leicht dadurch helfen könnte, dass man die Geschwindigkeit desselben verringerte. Die Erfahrung hat das Gegentheil gelehrt, und der Grund ist folgender: Wenn ein erwärmter Gasstrom über kalte, feste Körper streicht, so gibt es eine ganz bestimmte Geschwindigkeit, bei welcher die festen Körper am besten erwärmt werden unter entsprechender, vortheilhaftester Abkühlung der erwärmten Gase. Ich will versuchen, hierfür ein Beispiel anzuführen. Denken Sie sich einen grossen senkrechten Cylinder, angefüllt mit Stücken von Metall oder Thon, und damit der Gasstrom besser hindurchstreichen kann, wollen wir die Thonkugeln rund und von der Grösse der sogen. Springkugeln annehmen. In den unteren Theil des mit diesen Kugeln gefüllten Cylinders wird ein heisser Luftstrom eingeleitet, und nach einiger Zeit 20 dieser Kugeln in der Minute herausgenommen, welche sehr heiss sind. Trotzdem genügt diese Zahl nicht, der Luft alle Wärme zu entnehmen, daher besitzen auch die dem Cylinder entweichenden Gase noch eine hohe Temperatur. Dies zu verhindern nehmen wir jetzt 200 Kugeln in der Minute fort und finden, dass die mit der Luft entweichende Wärmemenge bedeutend reducirt ist, aber die Temperatur der 200 Kugeln ist nicht so hoch, als wir sie wünschen. Es handelt sich nun in praxi im Hochofen darum, das Optimum zwischen 20 und 200 Kugeln, welche in unserem Beispiel die Rolle der Erze gespielt haben, ausfindig zu machen. Dasselbe ist für den Hochofen mit kalter Gebläseluft 90 t Eisen in der Woche, also auf 28,3 cbm Rauminhalt 15 t, in dem mit heisser Luft betriebenen 220 t in der Woche oder 37 t für 28,3 cbm Rauminhalt. Es ist auch erwähnenswerth, dass je heisser die Gebläseluft, desto schneller der Betrieb und desto kälter die entweichenden Gase. Die Brennstoffersparung beim Schmelzen der Eisenerze mit heisser Gebläseluft ist zwei Ursachen zuzuschreiben. Jede Brennstoffeinheit hat, wie wir beim Hochofen B gesehen haben, ihre Heizkraft von 5450 Cal. im Hochofen mit Kaltluftbetriebe auf 7220 Cal. im Hochofen mit Heissluftbetriebe vergrössert, während die gesammte Wärmemenge von 111180 Cal. im Hochofen A in Tabelle I auf 104336 Cal. bei B zurückgegangen ist. Wir wollen sehen, wie diese Differenz von 6844 Cal. zu erklären ist und müssen deshalb unsere Aufmerksamkeit einem neuen Thema, der „Nutzbarmachung“ der oben bereits angeführten erzeugten Wärme widmen. Diese Nutzbarmachung der Wärme wird durch die „Constanten“ und die „Variabeln“ bedingt; die ersteren sind so bezeichnet, weil man annimmt, dass für dieselbe Eisensorte für die Reduction der darin enthaltenen Metalloide dieselbe Wärmemenge erforderlich ist, die letzteren variiren mit den wechselnden Mengen des angewandten Koks und Kalksteins und mit dem Procentgehalt der in den Erzen enthaltenen schlackenbildenden Bestandtheile. Zu der Wärmemenge (Tabelle 1), welche für jeden Factor bei der Ausnutzung der Wärme erforderlich ist, ist das Aequivalent Koks hinzugefügt, und obwohl die wirkliche Zahl der den Constanten entsprechenden Calorien unverändert bleibt, so wird die der letzteren entsprechende Koksmenge beeinflusst durch die bessere oder schlechtere Qualität des Koks. Auf diese Weise ist durch die Heissluft eine Ersparung von 1,85 hk Koks für 1 t Eisen bei einer Gesammtmenge von 45322 Cal. bewirkt worden. In den Variabeln betrug die Gesammtmenge der Calorien 59014 bei Heissluftbetrieb, und die Gesammtmenge des ersparten Koks ist 4,3 hk, welche zerlegt werden können in 2,6 hk Koksersparung durch bessere Qualität desselben, und 1,7 hk Koksersparung, bewirkt durch einen geringeren Arbeitsaufwand. Der letztere wurde ermöglicht durch die in der geringeren Gesammtmenge Koks enthaltene geringere Wassermenge, welche theils verdampft und theils zersetzt worden wäre. Die geringere Menge von Koksasche hat zu ihrer Verflüssigung naturgemäss auch weniger kohlensauren Kalk nöthig, und die kleinere Menge Kalkstein braucht wiederum weniger Wärme zum Austreiben und darauf folgender Dissociation des darin enthaltenen Kohlendioxyds. Ersparung an Brennmaterial und Kalkstein wirkt bedeutend auf das Volumen der entweichenden Gase, und auf diese Weise werden beim Hochofen B allein 2,96 hk Koks für 1 t Eisen gespart. Der Vortheil des möglichst hohen Hochofens. Aus dem, was wir oben über die Wirkungsweise des heissen Windes des Hochofens kennen gelernt haben, geht hervor, dass der Effect des Heissluftbetriebes gleichbedeutend ist mit einer Vergrösserung der Dimensionen des Hochofens; mit anderen Worten: es findet nicht nur Koksersparung statt, sondern, wie wir gesehen haben, liefern 28,3 cbm Rauminhalt des Hochofens mit Heissluftbetriebe 37 t Eisen in der Woche gegenüber 15 t bei Kaltluftbetriebe. Die natürliche Folge davon ist, dass man möglicher Weise aus einem Hochofen mit mehr Rauminhalt, wie dieselben vor etwa 28 Jahren existirten, grössere Vortheile ziehen könnte. Dies führt uns zurück auf die Zeit, wo John Vaughan einen Hochofen von 21,5 m Höhe baute, nicht etwa, weil er davon überzeugt war, dass er Vortheile dadurch erzielen könnte, sondern er stand auf einem ähnlichen wissenschaftlichen Standpunkte wie Neilson, als er heissen Wind in Vorschlag brachte. Vaughan's Idee war, die Production des Hochofens zu erhöhen, und von diesem Standpunkte aus hatte er sich auch nicht getäuscht, ja sein Hochofen leistete noch mehr; wenn ich mich recht entsinne, ersparte er etwa 2 hk Koks für 1 t Eisen. Auf den Clarence-Werken ging man dann so weit, dass man Oefen von 24,4 m Höhe und 340 bis 707 cbm Rauminhalt baute. Hier wurde nur eine Koksersparung auf Kosten der Eisen ausbeute erzielt, da man bei einem Betriebe mit heisser Luft von 485° C. und Clevelanderzen nicht über 22 t Eisen für 28,3 cbm kam. Die Temperatur ist dieselbe, als bei dem Ofen von 14,6 m Höhe, und wie die Zahlen in der Rubrik C auf beiden Tafeln zeigen, wird man die Vergrösserung des Rauminhalts als vortheilhaft anerkennen müssen. Die Menge des gebrauchten Kalksteins und das Gewicht der entweichenden Gase ist verringert, während gleichzeitig die Wirkungsweise des Koks erhöht ist durch die grössere Menge des in Kohlendioxyd übergeführten Kohlenstoffs für 1 t Eisen. Die Folge davon ist, dass die Kokseinheit nun 8070 Cal. statt 7220 Cal. repräsentirt, wie dies in dem kleineren Hochofen B der Fall war. Das macht ein Plus von 11 Proc. der Calorien aus, während die Gesammtmenge der erforderlichen Calorien von 104 336 auf 91194 Cal. oder 13 Proc. vermindert ist. Das Resultat ist, dass statt 14,3 hk Koks nur 11,3 hk für 1 t Eisen erforderlich war. Zur Bestätigung, dass das Winderhitzen den gleichen Effect hat, wie das Vergrössern des Hochofens, habe ich die Resultate in Tabellen beigefügt. A und C sind Hochöfen mit Kaltluftbetrieb, B mit Heissluftbetrieb. A B C Höhe in m   14,6   14,6   21 Rauminhalt in cbm 170 170 212 Wind kalt 485° kalt Geröstetes Eisenerz für 11 Eisen in hk   23,1   24,0   25,0 Kalkstein für 1 t Eisen in hk     9,1     8,0     6,5 Koks für 1 t Eisen in hk   20,4   14,3   16,0 Wöchentliche Production für 28,3 cbm    Rauminhalt des Ofens in t   15,0   36,7   19,3 Durch Vergrösserung der Dimensionen des Hochofens ist also in. diesem speciellen Falle der Koksverbrauch um 4,4 hk für 1 t Eisen verringert. Dies führte mich dazu, Untersuchungen über die Wirksamkeit der oberen Hochofenzone anzustellen. Wie die Zahlen unter C (Tabelle 2) zeigen, ist die Anzahl der Calorien, erzeugt durch Verbrennung des Kohlenstoffs = 46224 + 33432 = 79656 Cal., von denen 33432 oder 42 Proc. der Gesammtmenge durch Verbrennung des Kohlenstoffs in Form von Kohlenoxyd zu Kohlendioxyd erhalten sind. Es ist zu bemerken, dass diese Verbrennung fast sofort nach der Einführung der Chargen beginnt und innerhalb 4,5 m von der Oberfläche der Materialien abwärts in einem Hochofen von 24,4 m beendet ist. Praktisch jedoch kann man annehmen, dass sehr wenig von dieser Wärme sich in fühlbarer Form in den Gasen kundgeben wird, weil ein grösser Theil derselben – und zwar die grössere Hälfte der 33108 Cal. – durch die Reduction der Sauerstoffverbindungen des Eisens in Anspruch genommen wird. Ich habe experimentell festgestellt, dass durch verzögerte Reduction der Erze in der oberen Hochofenzone die Temperatur der Gase abfiel. Dies wurde ausgeführt, indem ich statt der Erze Schlacken und Feuerstein chargirte. Nach kurzer Zeit fiel die Temperatur der entweichenden Gichtgase und als dieselbe constant geworden war, begann ich wieder Erze zu chargiren; die Gichtgase wurden heisser und erlangten schnell wieder ihre alte Temperatur. Die Differenz in der Temperatur betrug 220° C, und bei Annahme von 6,85 hk Gas für 1 t Eisen würde dies 7138 Cal. ausmachen, oder nahezu 8 Proc. der Gesammtwärmemenge (91194 Cal.). Ich schliesse aus diesem Experiment, dass eine gewisse Höhe bei einem Hochofen zu überschreiten völlig nutzlos ist, wie sich dies auch in praxi bestätigt hat. Der Grund ist der, dass die Reductionszone, und somit die Zone der Wärmeerzeugung in einem höheren Hochofen entsprechend höher rückt, wodurch die Temperatur der Gase dieselbe und der daraus erwachsende Verlust ebenfalls der gleiche bleibt. Für Clevelanderze halte ich einen Ofen von 24,4 m Höhe und etwa 450 cbm Rauminhalt für den zweckmässigsten. Die neuerliche Steigerung der Temperatur des Windes. Als auf den Clarence-Werken eine Temperatur des Windes von 535° C. in den 14,6 m hohen Oefen erzielt war, welche den Koks verbrauch auf 12,5 hk für 1 t Eisen herabsetzte, ging man daran, das von Siemens vorgeschlagene Regenerativsystem zur Winderhitzung einzuführen. Man glaubte mit Hilfe dieses Systems höhere Temperaturen als mit den eisernen Oefen hervorzubringen. Cowper und Cochrane hatten Oefen construirt aus Chamottesteinen, welche nach Cowper den Namen erhalten haben. Mit Hilfe dieser Winderhitzung soll es möglich geworden sein, die Koksmenge für 1 t Clevelandeisen auf 6,5 bis 8 hk zu reduciren, was ich doch bezweifeln möchte, da nach meiner Erfahrung 10 hk Koks das Minimum war. Die Thatsachen und Zahlen, welche oben angeführt sind, machen es leicht, sich einen Begriff von der Schwierigkeit zu machen, den Koksconsum unter eine gewisse Grenze herabzusetzen. Um dies zu zeigen, habe ich dieselbe Rechnungsart gewählt wie auf den Tabellen bei der Annahme, dass 9 hk der Koksconsum für 1 t Eisen ist. Mit der Reduction der verbrauchten Koksmenge ist auch die Menge des Kalksteins von 5,2 bis 5,5 auf 4,5 hk herabgesetzt worden. 9 hk Koks bringen 3 hk Kohlenstoff in Form von Kohlendioxyd hervor, und der Rest als Kohlenoxyd gibt 1 Kohlenstoff als Kohlendioxyd zu 1,81 als Kohlenoxyd; diese Möglichkeit ist beim Schmelzen von Clevelanderzen sehr zweifelhaft. Eins jedoch stände fest, dass das Windquantum unter diesen Umständen das geringste wäre, welches in Cleveland erreicht ist. Das Gewicht würde nur 89 hk für 1 t Eisen betragen, und die noch nöthige Wärmemenge zu ergänzen, würden noch 16 900 Cal. in der Gebläseluft nöthig sein, welche einer Temperatur von 914° C. für dieselbe entspräche. Dies würde selbst nach dem Cowper-Regenerativsystem äusserst schwierig sein. Um zu zeigen, wie schnell diese Schwierigkeit zunimmt mit der Herabsetzung der Koksmenge, habe ich berechnet, dass für 8 hk Koks für 1 t Eisen die Gebläseluft nur 33,86 hk für 1 t Eisen betragen würde, und dass, um die fehlende Wärmemenge zu ergänzen, 1605° C. für den Wind erforderlich würde. (Schluss folgt.)