Titel: | Ueber eine wichtige Fehlerquelle der gewichtsanalytischen Methode der Gerbstoffbestimmung. |
Autor: | R. Koch |
Fundstelle: | Band 280, Jahrgang 1891, S. 141 |
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Ueber eine wichtige Fehlerquelle der
gewichtsanalytischen Methode der Gerbstoffbestimmung.
Von Dr. R. Koch in
Leipzig.
Ueber eine wichtige Fehlerquelle der gewichtsanalytischen Methode
der Gerbstoffbestimmung.
Schon vor längerer Zeit ist von verschiedenen Seiten auf Fehlerquellen der
gewichtsanalytischen Methode der Gerbstoffbestimmung hingewiesen worden. Eine sehr
ausführliche Arbeit in dieser Richtung wurde von Prof. v.
Schröder in D. p. J. 1888 269 88 und 82 veröffentlicht unter dem Titel: „Ueber
Differenzen, welche bei Gerbstoffbestimmungen entstehen können durch wechselnde
Ausscheidung schwer löslichen Gerbstoffes, sowie durch Gerbstoffabsorption des
Filtrirpapieres.“
Er gelangt zu folgendem Schluss:
„Es wird hiernach keinem Zweifel unterliegen, dass man im Allgemeinen beim
Arbeiten mit verdünnten Lösungen gleichmässigere und übereinstimmendere
Resultate zu erwarten haben wird, als beim Arbeiten mit concentrirten Lösungen.
Meiner Ansicht nach ist es am richtigsten, so zu arbeiten, dass man den
gesammten Gerbstoffgehalt möglichst vollständig findet. Dies wird geschehen,
wenn man bestes dünnes Filtrirpapier benutzt, wenn man mit verdünnteren Lösungen
arbeitet, alles zwecklose zu starke Kühlen und zu lange Stehen der Flüssigkeit
vermeidet, die Filtrationen rasch ausführt und dabei darauf achtet, dass die
Papiermasse, die mit einem und demselben Volumen Flüssigkeit in Berührung kommt,
nicht zu gross ist. Ueber alle diese Punkte muss eine Vereinbarung existiren,
sonst kann jeder Analytiker schliesslich finden, was er will.“
Was hier Herr Prof. v. Schröder ausspricht, dürfte im
Allgemeinen wohl zutreffend sein. Sollen die Analysenresultate
verschiedener Laboratorien in guter Uebereinstimmung stehen, so ist es, wie ich
ebenfalls schon öfter hervorgehoben habe, nothwendig, für jede einzelne Operation
der Analyse möglichst eine bestimmte einheitliche Schablone festzuhalten. Dazu ist
man auf anderen Gebieten der analytischen Thätigkeit schon längst gekommen, und es
ist unbedingt erforderlich, dass auch auf dem Gebiete der Gerbstoffuntersuchung
einheitliche Methoden vereinbart werden, wenn sich die chemische Untersuchung der
Gerbmaterialien noch mehr in der Praxis einbürgern soll. Nur wenn die Resultate der
analytischen Methoden der Gerbstoffbestimmung die genügende Sicherheit und
Zuverlässigkeit besitzen, wird es möglich werden, dahin zu gelangen, den doch allein
richtigen Bewerthungsmodus der Gerbmaterialien nach ihrem Gerbstoffgehalte praktisch
zur Durchführung zu bringen. Auch nach meiner Meinung ist die Gesammtmenge der
löslichen organischen Substanzen, sei es nun eines Extractes oder irgend eines
sonstigen Gerbmaterials, stets in verdünnter Lösung zu bestimmen; und zwar dürfte es
zur Erzielung übereinstimmender Resultate am zweckmässigsten in der für die Löwenthal'sche Methode vorgeschriebenen Concentration
geschehen. Für die meisten und wichtigsten Gerbmaterialien ist bei dieser
Concentration die Ausscheidung schwer löslichen Gerbstoffes auf ein Minimum
reducirt, so dass die Differenzen, welche dann noch durch Ausscheidung wechselnder
Mengen schwer löslichen Gerbstoffes in Folge kleiner Ungleichmässigkeiten beim
Kühlen, Filtriren u.s.w. eintreten können, keine bedeutenden sein werden. Bei der
Kühlung halte ich folgendes Verfahren für das zweckmässigste: Man stellt nach
beendeter Extraction bezieh. Lösung des Extractes die heisse Gerbstofflösung sofort
in ein grosses Gefäss mit kaltem Wasser, senkt ein Thermometer in die
Gerbstofflösung und lässt dieselbe unter öfterem Umschwenken so lange mit dem nach
Bedürfniss zu erneuernden kalten Wasser in Berührung, bis das Thermometer die
Temperatur von 17 bis 18° C. anzeigt.
Eine Abweichung von einem bestimmten ein für alle Mal bei der Filtration
festzuhaltenden Temperaturgrade muss namentlich dann vermieden werden, wenn eine
Gerbstofflösung mit verhältnissmässig viel schwer löslichem Gerbstoff zu filtriren
ist. Unter diesen Umständen üben kleine Temperaturunterschiede, besonders bei zu
starker Kühlung, schon einen wesentlichen Einfluss auf die Menge des sich unlöslich
abscheidenden schwer löslichen Gerbstoffes aus. Eine Abkühlung durch blosses
Stehenlassen im Zimmer halte ich, abgesehen von dem unnöthigen dadurch bedingten
Zeitverlust, schon deshalb für unzulässig, weil eine verschieden lange Zeit des
Stehens ebenfalls von Einfluss auf die Quantität des sich unlöslich abscheidenden
Gerbstoffes sein würde. Auch über die Grösse des Filters, die Art des zu
verwendenden Filtrirpapieres u.s.w. würden sich Vereinbarungen treffen lassen, um so
thunlichst den aus verschiedenen Verfahren möglicherweise hervorgehenden Differenzen
vorzubeugen. Ich verwende stets ein Faltenfilter von etwa 20 cm Durchmesser, giesse
die ersten 100 cc des Filtrates fort und filtrire dann noch etwa 200 cc zur Analyse.
Da ich nur 7 g Hautpulver und 100 cc Gerbstofflösung zur Bestimmung des
Nichtgerbstoffes verwende, genügt diese Menge vollständig. Man spart wesentlich an
Zeit, wenn man mit diesen Quantitäten Hautpulver und Gerbstofflosung arbeitet, als
wenn man etwa 200 cc Gerbstofflösung und 14 g Hautpulver verwenden wollte.
Einmal geht die Filtration gewisser Gerbstofflösungen, die viel schwer löslichen
Gerbstoff enthalten, sehr langsam von statten, weil der abgeschiedene fein
vertheilte Gerbstoff sehr rasch die Poren des Filters verstopft, so dass es sich oft
um Stunden handelt, wenn man 100 oder 200 cc Gerbstofflösung weniger oder mehr zu
filtriren hat. Sodann beträgt die Zeit, die 100 cc Gerbstofflösung gebrauchen, um
durch das Hautfilter zu laufen, nur etwa 2 Stunden, während 200 cc 4 Stunden
gebrauchen würden. Auf die Genauigkeit der Resultate ist es dagegen ganz ohne
merkbaren Einfluss, ob man 50 oder 100 cc Gesammtextractlösung oder Hautfiltrat zur
Verdampfung und Wägung des Rückstandes verwendet. Auch die erzielte Ersparniss an
Hautpulver dürfte zu beachten sein.
Ausser den von Prof. v. Schröder ausführlich erörterten
Fehlerquellen der gewichtsanalytischen Methode der Gerbstoffbestimmung gibt es nun
aber noch eine weitere Fehlerquelle und zwar, wie es mir scheint, nicht die am
wenigsten wichtige und vielleicht auch am schwierigsten zu vermeidende, die
merkwürdiger Weise bisher noch von Niemand beachtet worden ist. Ich meine die
Fehlerquelle, die in der ungleichen Beschaffenheit des zur Analyse verwendeten
Hautpulvers liegt und der damit verknüpften ungleichen Absorptionsfähigkeit
desselben für gewisse in den Gerbstofflösungen sich findende, theilweis mehr
färbende als gerbende Substanzen. Allem Anschein nach hat man bisher bei der
Anfertigung von Hautpulver vielfach noch nicht erkannt, worauf bei Herstellung eines
brauchbaren Hautpulvers hauptsächlich zu achten ist. Ausser dem in Tharand
angefertigten Hautpulver ist mir unter den im Handel zu habenden Hautpulversorten
kaum ein wirklich tadelloses Hautpulver zu Gesicht gekommen, trotzdem ich eine ganze
Anzahl derselben aus verschiedenen Bezugsquellen geprüft habe.
Die Aufgabe der Gerbstoffsbestimmungsmethoden für die Zwecke der Gerberei besteht
doch darin, die für den Gerber werthvollen gerbenden Substanzen eines Gerbmaterials
zu bestimmen, also Substanzen, die die gereinigte und entsprechend vorbereitete
Thierhaut aus wässeriger Lösung aufzunehmen und auf ihre Faser niederzuschlagen im
Stande ist. Soll diese Aufgabe aber in möglichst zweckentsprechender Weise gelöst
werden, so muss das bei der Analyse verwendete Hautpulver
auch wirklich zerkleinerte Blöse sein, wie sie der Gerber in Leder verwandelt,
und nicht zum mehr oder minder grossen Theile ein undefinirbares
Zersetzungsproduct derselben. Der Hauptfehler, der bei der Anfertigung von
Hautpulver begangen wird, liegt nun darin, dass bei der Reinigung der Blöse der
Vermeidung des beginnenden Zersetzungsprocesses der thierischen Haut zu wenig
Beachtung geschenkt wird. Der Fäulnissprocess auch in seinen allerersten Stadien
bewirkt eine allmählich fortschreitende Veränderung der thierischen Hautfaser und
ihm ist es hauptsächlich zuzuschreiben, wenn ein Hautpulver ungewöhnlich grosse
Mengen lösliche organische Substanzen enthält. Diese Veränderung der thierischen
Hautfaser durch den mehr oder weniger vorgeschrittenen Fäulnissprocess bedingt dann
auch eine verschiedene Absorptionsfähigkeit des Hautpulvers für gewisse, streng
genommen eigentlich nicht unter die gerbenden Substanzen eines Gerbmaterials zu
rechnende Stoffe, wie ich später ausführlich zeigen
werde. Als Kennzeichen eines guten, brauchbaren Hautpulvers glaube ich folgende anführen
zu dürfen:
1) Ein gutes Hautpulver muss gut gemahlen, d.h. von feiner, wolliger Beschaffenheit
sein.
2) Es muss eine weisse, nicht ins Graue, sondern mehr ins Gelbliche spielende Farbe
besitzen, auch wenn es mit Wasser gewaschen, abgepresst und nochmals getrocknet
wurde. Dabei dürfen die durch Abpressen erhaltenen, in kleine Stücke zertheilten
Ballen in Folge eines zu hohen Gehaltes an leimartigen Zersetzungsproducten nicht zu
fest verkleben und eine gewissermassen hornige Beschaffenheit erhalten, sondern mehr
porös und zwischen den Fingern zerreib lieh bleiben.
3) Auch im ungereinigten Hautpulver, direct durch Vermählen der in Stücke
geschnittenen, an der Luft getrockneten Blöse erhalten, dürfen die in Wasser
löslichen organischen Substanzen eine gewisse Menge nicht überschreiten, wenn nicht
von vornherein der Verdacht gerechtfertigt sein soll, dass der Zersetzungsprocess
bereits zu weit vorgeschritten war. 16 bis 18 mg pro 50 cc Hautfiltrat (7 g
Hautpulver im Hautfilter mit 100 cc Wasser behandelt) dürfte für den organischen
Verdampfungsrückstand etwa die Grenze sein, wo anzunehmen ist, dass der
Zersetzungsprocess die Faser noch nicht zu stark beeinflusst hat, und durch
nochmalige Reinigung mit Wasser ein Hautpulver erhalten wird, dessen
Absorptionsfähigkeit als normal angesehen werden kann.
4) Der Geruch eines in einem gut schliessenden Gefässe aufbewahrten Hautpulvers darf
vor allen Dingen kein auf einen vorgeschrittenen Fäulnissprocess hindeutender
sein.
Nur ein Hautpulver, welches diese angegebenen Eigenschaften besitzt, ist nach meinem
Dafürhalten für eine genaue Gerbstoffbestimmung nach gewichtsanalytischer Methode
zulässig, sollen nicht erhebliche Differenzen auch bei sonst regelrechtem,
gleichmässigem Verfahren die Folge sein.
Zur Darstellung des Hautpulvers verwende man nur beste, frische mit Kalk enthaarte
Blöse, wässere dieselbe nur möglichst kurze Zeit in einem möglichst kalten Wasser
und suche durch mechanische Bearbeitung die Reinigung derselben von Kalk u.s.w. zu
beschleunigen. Auch das Trocknen der Blöse muss durch vorhergehendes mechanisches
Entfernen des aufgenommenen Wassers thunlichst beschleunigt, und das erste Trocknen
selbst bei gewöhnlicher Temperatur an einem luftigen Orte vorgenommen werden. Werden
diese Vorsichtsmassregeln befolgt, so wird man auch ein gutes Hautpulver
erzielen.
Um nun den Einfluss von Hautpulver verschiedener Qualität auf das Resultat der
Analyse zu zeigen, habe ich mit verschiedenen Hautpulversorten eine Anzahl
vergleichender Gerbstoffbestimmungen nach gewichtsanalytischer Methode ausgeführt,
und wird sich hieraus der Beweis dessen, was ich oben sagte, ergeben.
Schon das äussere Aussehen der Hautpulver aus den verschiedenen Bezugsquellen war ein
total verschiedenes.
Ein Hautpulver, das ich mit Nr. I bezeichnen will, war ein nicht so gut wie sonst
gerathenes Hautpulver aus Tharand, das aus diesem Grunde hauptsächlich für die
Zwecke der Löwenthal'schen Methode bestimmt war. Es
enthielt die für ein gutes Hautpulver schon etwas zu hohe Menge von 0,020
organischen löslichen Stoffen in 50 cc Hautfiltrat (7 g Hautpulver im Hautfilter mit
100 cc destillirtem Wasser behandelt). Aeusserlich zeigte dieses Hautpulver
eine mehr pulverförmige und mehlartige, als wollige Beschaffenheit. Auch der
Geruch war ein derartiger, dass schon ein etwas vorgeschrittener Zersetzungsprocess
erkennbar war, Beweis dafür, dass die zur Reinigung bestimmten vorbereitenden
Arbeiten: Wässern u.s.w. hier nicht in zweckmässiger Weise ausgeführt worden
waren.
Nochmals mit Wasser gewaschen u.s.w. ergaben sich bei derartigem gereinigten
Hautpulver verschiedener Darstellungen 0,005 bis 0,006 wasserlösliche organische
Substanzen in 50 cc Hautfiltrat.
Hautpulver Nr. II, das ich mir selbst anfertigen liess, ist ein vollständig
tadelloses Hautpulver, wie es auch in Tharand stets für die Zwecke der
gewichtsanalytischen Methode benutzt wurde. Es besitzt eine schöne weisse Farbe,
ausgezeichnet wollige Beschaffenheit und hat einen kaum merklichen Geruch, so dass
es in jeder Beziehung den von mir oben für ein gutes Hautpulver aufgestellten
Anforderungen entspricht. Gereinigt hinterlässt es in 50 cc Hautfiltrat 0,004 bis
0,005 lösliche organische Stoffe.
Von den käuflich bezogenen Hautpulversorten war Nr. III zwar vorzüglich in der
Mahlung, hatte jedoch schon eine mehr ins Graue gehende Farbe und verwandelte sich,
sobald Wasser hinzukam, in einen vollständig klebrigen leimartigen Brei, der einen
ganz intensiven Fäulnissgeruch besass. Erst nach einigen missglückten Versuchen
gelang es mit dem von mir benutzten Hautfilter, die Menge der wasserlöslichen
organischen Stoffe darin zu ermitteln. Dieselbe war so hoch, dass wohl unbedingt,
auch bei Anwendung concentrirter Lösungen zur Bestimmung des Nichtgerbstoffes, von
der Benutzung eines so beschaffenen Hautpulvers für die Zwecke der
gewichtsanalytischen Methode hätte abgesehen werden müssen. Bei Behandlung von 7 g
dieses Hautpulvers mit 100 cc Wasser gingen bei einem Versuche nicht weniger als
0,129 g organische Substanz in 50 cc Hautfiltrat in Lösung. Auch eine nachträgliche
Reinigung erwies sich als gänzlich unausführbar, da schon eine vollständige
Zersetzung der ganzen Hautfaser stattgefunden hatte. Wird ein derartiges Hautpulver,
welches mehr lösliche organische Stoffe enthält, als unter Umständen auch in
concentrirter Lösung der Nichtgerbstoffgehalt einer zur Analyse verwendeten
Gerbstofflösung beträgt, für die Untersuchung nach gewichtsanalytischer Methode
benutzt, so ist es dann allerdings nicht zu verwundern, wenn allein schon wegen der
durch die grosse Menge löslicher Bestandtheile der Haut bedingten Fehlerquelle
Resultate erhalten werden, die von den in anderen Laboratorien gefundenen ganz
bedeutend abweichen. Und in der That ist nach der Mittheilung des betreffenden
Lieferanten derartiges Hautpulver bis dahin anstandslos zur Gerbstoffbestimmung nach
gewichtsanalytischer Methode verwendet worden.
Eine weitere Sorte Hautpulver, Nr. IV, die ich aus der gleichen Quelle bezog, nachdem
ich den betreffenden Verfertiger dieses Hautpulvers auf die wahrscheinlich gemachten
Fehler aufmerksam gemacht hatte, war erheblich besser als das vorher gelieferte
Muster. Die Untersuchung dieses Hautpulvers ergab jetzt einen ganz wesentlich
geringeren Gehalt an wasserlöslichen organischen Substanzen. 50 cc Hautfiltrat
hinterliessen einen organischen Rückstand von nur 0,018 g. Auch liess sich dieses
Hautpulver mit Leichtigkeit nachträglich reinigen. Gereinigt hinterblieben (7 g
Hautpulver mit 100 cc Wasser im Hautfilter behandelt) in 50 cc Hautfiltrat nur
0,004 bis 0,005 g lösliche organische Stoffe. Ein wesentlicher Unterschied gegenüber
einem als normal zu bezeichnenden Hautpulver ergab sich jedoch insofern, als auch
jetzt noch die einzelnen Fasern des ausgewaschenen und abgepressten Hautpulvers beim
Trocknen vollständig zusammenklebten, die einzelnen zerkleinerten Ballen eine sehr
dunkle Farbe erhielten, und ein ziemlich intensiver Fäulnissgeruch vorhanden war.
Erklärlich wird dieses Resultat wohl durch den Umstand, dass nach der Angabe des
Verfertigers nicht durch Kalk, sondern durch Schwitzen enthaarte Blöse verwendet
worden war. In Anbetracht des äusserst billigen Preises dieses Hautpulvers (für 1 k
2 Mk.) hatte jedenfalls auch nur minderwerthiger Abfall das Material dazu
geliefert.
Eine fünfte Sorte Hautpulver, Nr. V, wurde erhalten, indem Hautpulver Nr. II nicht
mit Wasser, sondern mit verdünntem Alkohol von etwa 60 bis 70 Proc. Alkoholgehalt
gereinigt wurde. Diese Art der Behandlung lässt das äussere Ansehen des Hautpulvers
fast unverändert und macht die einzelnen Hautfasern nur etwas härter und
elastischer. Dagegen musste das Hautfilter sehr sorgfältig gefällt werden, da
derartiges Hautpulver der Benetzung mit Wasser oder Gerbstofflösung einen gewissen
Widerstand entgegensetzt und bei nicht sehr sorgsamer Füllung leicht Partien des
Hautpulvers im Hautfilter mit der Gerbstofflösung nicht in Berührung kamen. Schon
aus diesem Grunde ist daher derartig gereinigtes Hautpulver für Anwendung im
Hautfilter nicht zu empfehlen. Der organische Rückstand von 7 g Hautpulver in 50 cc
Hautfiltrat betrug in einem Falle 0,006 g.
Hautpulver Nr. VI ist ein von Dr. H. König in Leipzig
bezogenes Hautpulver, das ungefähr dem Hautpulver Nr. I in Aussehen und
Eigenschaften entspricht. Ungereinigt hinterliess es (7 g Hautpulver mit 100 cc
Wasser im Hautfilter behandelt) in 50 cc Hautfiltrat 0,0225 g lösliche organische
Stoffe, gereinigt 0,004 g.
Hautpulver Nr. VII, von H. Trommsdorf in Erfurt bezogen,
war zwar nicht fein genug gemahlen, aber sonst von guter Beschaffenheit. Nochmals
bis zur richtigen Feinheit gemahlen hinterliess es, ungereinigt, in 50 cc
Hautfiltrat 0,0115 g, gereinigt, 0,004 g organische Substanz.
Endlich Hautpulver Nr. VIII war ein von Dr. Schuchardt
in Görlitz bezogenes Muster. Dieses Hautpulver bildete gewissermassen die Ausnahme
von der Regel.
Es war ein vollständig unansehnliches; dunkelgraues Hautpulver von mittelmässiger
Mahlung und ziemlich starkem Geruch, das, ungereinigt, in 50 cc Hautfiltrat 0,058 g
lösliche organische Substanz hinterliess, von vornherein also ungenügend erscheinen
musste. Gleichwohl stellte es sich nach der Reinigung und weiteren Prüfung heraus,
dass sich doch noch ein recht gut brauchbares Hautpulver daraus herstellen liess.
Dies erklärt sich aus folgendem Umstände: Verwendet war zu diesem Hautpulver, wie
sich aus einigen ungemahlen gebliebenen Blösenstückchen ersehen liess, nicht
Rindshaut, sondern irgend ein anderes, sehr wahrscheinlich wenig kostbares,
jedenfalls aber sehr dünnes Hautmaterial.
Die Dicke dieser einzelnen von der Mühle nicht gefassten Hautstückchen betrug kaum 1
bis 1,5 mm. Wegen dieser geringen Dicke nun wird auch das Trocknen der frischen
ausgewaschenen Blösenstücke rasch vor sich gegangen sein, und so der an der
Oberfläche bereits eingeleitete Zersetzungsprocess nicht Zeit gefunden haben,
sich auch auf das Innere der Faser zu übertragen. So wird es erklärlich, dass nach
der vorgenommenen Reinigung sich noch ein ganz brauchbares Hautpulver ergab, das in
seiner Absorptionsfähigkeit nicht von einem aus un zersetzter Blöse hergestellten
Hautpulver abwich. – Sehr wahrscheinlich wird sich hieraus ein werthvoller Wink für
die leichte und billige Darstellung eines guten tadellosen Hautpulvers von genügend
übereinstimmender Absorptionsfähigkeit ergeben, und hoffe ich bald über weitere
Versuche in dieser Richtung Mittheilung machen zu können.
(Schluss folgt.)