Titel: Die H. F. Eckert'sche Patent-Hebelpflugkarre.
Autor: Schacht
Fundstelle: Band 280, Jahrgang 1891, S. 148
Download: XML
Die H. F. Eckert'sche Patent-Hebelpflugkarre. Von Dr. Schacht in Kappeln. Mit Abbildungen. Die Eckert'sche Patent-Hebelpflugkarre. Unter der Bezeichnung Hebelkarre hat die Actiengesellschaft für den Bau landwirtschaftlicher Maschinen H. F. Eckert in Berlin sich eine Pflugkarre patentiren lassen, über welche ich auf Grund einer genauen Prüfung und nach Vornahme umfassender Versuche nachstehend berichte: Dieselbe hat eine für beide Räder gemeinsame durchgehende Achse, welche aber an der rechten Seite eine Kröpfung erfahren hat, wie aus den Fig. 2 bis 5 ersichtlich ist. Diese Kröpfung dient dazu, die Achse wagerecht und damit den ganzen Pflug aufrecht zu stellen, wenn das rechte Bad entweder in Folge hängenden Terrains oder einer mehr oder weniger tiefen Pflugfurche tiefer als das linke geht. Bewegen sich beide Räder auf wagerechter Linie, was auch dann der Fall sein kann, wenn das Terrain nach links geneigt ist, dagegen das rechte Rad in der Furche geht, so wird das Knie wagerecht eingestellt, wie die letzten vier Figuren es zeigen. Läuft das rechte Rad aber tiefer, so wird das Knie gesenkt, um dadurch den Pflug aufzurichten. In der Stellung der stärksten Neigung steht das Knie senkrecht, so dass die Achse von oben gesehen eine gerade Linie vorstellt. Die Umstellung erfolgt in einer ausserordentlich einfachen Weise durch einen kurzen Hebel mit Riegel, der in ein Zahnradsegment eingreift. Von diesem Hebel hat die Karre ihren Namen. Textabbildung Bd. 280, S. 149Fig. 1. Wenn wir einen etwas scholligen, stückigen oder steinigen Acker pflügen, so wird der Pflug nicht nur in senkrechter Richtung durch das Uebersetzen der Räder über die Hindernisse in seinem ruhigen Gange gestört, auch innerhalb der wagerechten erfährt die Karre Schwankungen, indem bald das rechte, bald das linke Rad durch ein zu überwindendes Hinderniss vorübergehend zurückgehalten wird, während gleichzeitig das andere Rad vorgreift. Bei diesen letzteren Schwankungen der Karrenachse, bei denen sie ihre rechtwinkelige Lage zur Zuglinie cd verändert, treten nun eigentümliche Hebelarmverschiebungen sowohl an jedem zweirädrigen Gefährt, insbesondere aber an der Eckert'schen Hebelpflugkarre ein, um so mehr, als die Stellung des Knies sich der wagerechten Lage nähert, während die Verschiebungen ausbleiben, wenn das Knie senkrecht steht. Die hier gemeinten Hebelarmverschiebungen sind ideeller Natur und haben nichts mit dem Hebel, nach welchem die Pflugkarre ihren Namen führt, zu thun. Sie beziehen sich auf die beiden Achsenhälften zu einander. Textabbildung Bd. 280, S. 149Fig. 2.Fig. 1 ist die geometrische Zeichnung eines beliebigen zweirädrigen Gefährtes mit gerader Achse von oben gesehen. Ich habe angenommen, dass, während im Achsenmittelpunkte d die Zugkraft wirkt, das rechte Rad in halber Höhe der Achse, also im Punkte e durch ein Hinderniss vorübergehend zurückgehalten wird. Das Gefährt nimmt dann die Stellung ein, welche durch die punktirten Linien angedeutet wird, indem der Punkt c sich ideell nach e', der correspondirende Punkt a des linken Rades nach a' bewegt. In der rechtwinkeligen Lage der Achse zur Zuglinie befinden sich beide Punkte natürlich in gleicher Entfernung vom Mittelpunkte d. Durch die schiefe Stellung wird der Punkt e aber um das Stück ff' von der Zuglinie entfernt, der Punkt a wird ihr dagegen um das noch viel grössere Stück bb' genähert. Nehmen wir nun an, dass sich jetzt auch in dem Punkte a' des linken Rades ein gleiches Hinderniss wie im Punkte e' des rechten Rades geltend macht, so wird das rechte Rad mit dem weit längeren Hebelarme cf' wirksamer als das linke Rad mit dem kürzeren Hebelarme cb' zurückgehalten. Die Folge davon kann keine andere sein, als die, dass das Gefährt in der schief winkeligen Stellung zur Zuglinie verharrt. Die Sache wird nicht anders, wenn wir uns an den thatsächlich häufigeren Fall halten, in welchem das linke Rad nicht durch ein besonderes Hinderniss, sondern nur durch die gewöhnliche Wirkung der rollenden Reibung am Boden in dem Punkte des Radreifens, welcher senkrecht unter der Achse liegt, zurückgehalten wird. Der linke Hebelarm verkürzt sich gleichfalls, wenn auch nicht in dem Masse der ersteren Annahme. Es kommt aber noch hinzu, dass bei letzterer Annahme die rechtsseitige Zurückhaltung eine weit stärkere ist als die linksseitige. Nachdem das Hinderniss überwunden ist, werden beide Räder durch die gewöhnliche Reibung auf ebener Fläche gleich stark zurückgehalten. Sie haben also keine Veranlassung, in die rechtwinkelige Stellung zur Zuglinie einzulenken, wenn dies nicht durch eine besondere Kraft bewirkt wird. Textabbildung Bd. 280, S. 149Fig. 3. Durch unsere Annahme, dass sich dem rechten Rade ein Hinderniss in halber Höhe der Achse entgegenstellt, welche Annahme bei der Kleinheit der Pflugräder mit der Wirklichkeit vielfach übereinstimmen wird, ist schon eine gewisse Aehnlichkeit mit der gekröpften Achse der Eckert'schen Pflugkarre erreicht, indem die wagerechte Entfernung des in dem Radreifen liegenden Punktes e (bezieh. e') die Länge des Knies der Eckert'schen Achse vorstellt. Bei dieser ist der Einfluss einer seitlichen Schwankung noch ungünstiger. Nehmen wir zunächst an, das linke Rad werde zurückgehalten (Fig. 2), dann bewegt sich der Mittelpunkt a des Achsenschenkels, welcher dem Punkte entspricht, in welchem das Rad den Boden berührt, nach a', der correspondirende Punkt e im rechten Achsenschenkel nach e' (die Kader sind an den Fig. 2 bis 5 weggelassen, weil sie die Deutlichkeit nur stören würden). Damit hat sich der zurückgebliebene linke Hebelarm um bb' verkürzt, der rechte vorgeschrittene ist aber um das grössere Stück f'f kürzer geworden, jener zurückgebliebene ist also der längere und daher wirksamere. Ist die Achse also einmal aus der rechtwinkeligen Lage zur Zuglinie abgewichen, so wird sie in der abgewichenen Stellung zurückgehalten, auch dann noch, wenn ein Hinderniss sie nicht mehr zurückhält. Die gewöhnliche Reibung der Räder auf dem ebenen Boden ist hinreichend, dieses zu veranlassen. Etwas anders, jedoch mit demselben Resultat spielt sich der Vorgang ab, wenn das rechte Rad zurückbleibt (Fig. 3). Der rechte zurückgebliebene Hebelarm wird hier, wie in Fig. 1, sogar um ff' verlängert, der linke vorgeschrittene um bb' verkürzt. Der längere Hebelarm befindet sich also wieder an der zurückgebliebenen Seite und verhindert, dass die Karre wieder in die Normalstellung zur Zuglinie einlenken kann. Textabbildung Bd. 280, S. 149Fig. 4. Die Wirkung einer Drehung zeigt sich aber ganz anders, wenn die Achse nicht nach vorn, sondern nach hinten gekröpft ist (Fig. 4 und 5). Nehmen wir zunächst wieder einmal an, das linke Rad bliebe zurück (Fig. 4), so wird der linke Hebelarm um bb' verkürzt, der rechte aber um ff' verlängert. Jetzt ist der vorgetriebene der längere, in Folge dessen die Karre, sobald das Hinderniss bei a' überwunden ist, sofort in die rechtwinkelige Stellung zur Zuglinie zurückkehren wird. Die Abweichung wird bis zur Ueberwindung überhaupt eine geringere sein, da die Längenverhältnisse der beiderseitigen Hebelarme der Abweichung von vornherein entgegenwirken. Dasselbe Resultat ergibt sich, wenn das rechte Rad zurückgehalten wird. Der rechtsseitige Hebelarm verkürzt sich um f'f, der linksseitige aber nur um das kürzere Stück bb', bleibt also der längere und lenkt die Karre wieder ein. Der Unterschied in der Verschiebung des Hebelarmes in Folge Zurückbleibens des einen oder anderen Rades ist hier also derselbe wie bei nach vorn gekröpfter Achse, jedoch mit der Abweichung, dass in dem letzteren Falle der Unterschied der Länge beider Hebelarme dadurch entsteht, dass sich der rechte Arm verlängert und der linke verkürzt, wenn das rechte Rad zurückbleibt (Fig. 3), während bei der Kröpfung nach hinten dieses bei links zurückgebliebenem Rade eintritt (Fig. 4). Umgekehrt entsteht der Unterschied in der Länge durch beiderseitige, aber verschieden starke Verkürzung bei nach vorn gekröpfter Achse, wenn das linke Rad (Fig. 2), bei nach hinten gekröpfter Achse, wenn das rechte Rad zurückbleibt (Fig. 5). Ob der Unterschied in der Länge der beiderseitigen Hebelarme auf die eine oder andere Weise entsteht, ist insofern nicht gleichgültig, als bekanntlich ein langer Wagebalken empfindlicher ist als ein kurzer, aber langsamer schwingt. Textabbildung Bd. 280, S. 149Fig. 5. Je flacher gepflügt wird, desto mehr nähert sich die Stellung des Knies der Wagerechten, desto grösser sind, wie ich schon oben erwähnte, bei seitlichen Schwankungen der Karre die Verschiebungen der Hebelverhältnisse. Das ist bei nach vorn gekröpfter Achse um so unangenehmer, als der Pflug bei flacher Furche ohnehin unsicherer geht, weil er weniger Halt im Boden findet und die Karre weniger belastet ist. Es macht sich aber noch eine Kraft geltend, welche trotz widerstrebender Hebelverhältnisse die Karre wieder einlenkt. Leider ist diese schwächer, je leichter der Pflug geht, also bei flacher Furche. Der Zug erfolgt nämlich an einer im Mittelpunkte d in seitlicher Richtung unbeweglich befestigten Deichsel (beim Pfluge „Zunge“ genannt). Je länger diese Zunge ist, desto länger ist der Hebel, an welchem die Zugkraft, welche die Einlenkung der Karre veranlasst, wirkt. Es ergibt sich das praktisch bei jedem schwer beladenen vierpferdig bespannten Wagen. Lässt man auf holpriger Strasse das vordere Pferdepaar stark ziehen, so geht der Vorderwagen ruhig, gehen aber die Vorderpferde schlaff, so schleudert die Deichsel oft so stark, dass die Hinterpferde und das zwischen ihnen hängende Bein des Stangenreiters starken Schlägen ausgesetzt sind. Das Schleudern nimmt zu mit der Breite der Wagenspur, weil sich mit ihr der Hebelarm, an welchem die das Schleudern veranlassende Kraft wirkt, die Hälfte der Achse, verlängert. Dadurch, dass der Zug an einer seitlich unbeweglichen Zunge erfolgt, verliert es an praktischer Bedeutung, ob die Achse nach vorne oder nach hinten gekröpft ist. Für die Kröpfung nach vorne, die von der Fabrik gewählt ist, spricht der Umstand, dass bei nach hinten gekröpfter Achse beim Rechtsumwenden die Spitze des Schälschars leicht in das rechte Rad geräth und sich oft nur schwer wieder herausbringen lässt. Auch ist es unbequem, dass, wenn still gehalten wird, die Karre sich in Folge des durch den Pflugbaum auf sie ausgeübten Druckes unter den Pflug schiebt, während dieser Druck die Karre aufrecht und die Verbindungsketten straff erhält, wenn die Achse nach vorn gekröpft ist. Natürlich kommen diese Vortheile der Kröpfung nach vorne, sowie die Nachtheile der Kröpfung nach hinten um so mehr zur Geltung, je näher das Knie wagerecht steht, während Vorzüge wie Nachtheile verschwinden bei senkrechter Stellung.