Titel: Ueber den Werth von Heisswasserproben bei der Prüfung von Cement und hydraulischem Kalk.
Autor: Zg.
Fundstelle: Band 280, Jahrgang 1891, S. 183
Download: XML
Ueber den Werth von Heisswasserproben bei der Prüfung von Cement und hydraulischem Kalk. Ueber den Werth von Heisswasserproben bei der Prüfung von Cement und hydraulischem Kalk. Der Werth einer Untersuchungsmethode, welche uns in kurzer Zeit einen Einblick in das Verhalten der Cemente geben soll, kann nicht durch theoretische Betrachtungen, sondern nur durch praktische Prüfung ermittelt werden. Um die vielfach umstrittene Frage, ob die Anwendung von heissem Wasser bei Festigkeitsprüfungen von Cementen oder hydraulischen Kalken statthaft sei, oder nicht, vielleicht sogar gewisse Vortheile biete, ihrer Entscheidung näher zu bringen, hat Deval eine Reihe von hydraulischen Mörteln untersucht. Ueber die Resultate dieser Untersuchungen hat Le Chatelier der Société d'encouragement in ausführlicher Weise Bericht erstattet (Bulletin de la société d'encouragement, 1890 S. 560 bis 583). Nach der im Originale ausgesprochenen Ansicht besteht guter Portlandcement aus folgenden krystallisirten Bestandtheilen: dem Kalksilicat SiO23CaO, dem für die Erhärtung wesentlichen Bestandtheile: dem Kalkaluminat Al2O33CaO, dessen Anwesenheit die Erhärtung beschleunigt, und einem leichter schmelzbaren Kalkthonerdesilicat, dessen Anwesenheit für die Erhärtung unwesentlich ist, das aber beim Brande die Bildung obiger Verbindungen ermöglicht. Ausser diesen nützlichen Bestandtheilen können auch schädliche Bestandtheile im Cement enthalten sein: das Silicat SiO2, 2CaO, ein Körper, der beim Erkalten plötzlich zu Pulver zerfällt und dessen hydraulischer Werth nahezu gleich Null ist; ferner der freie Kalk, dessen Anwesenheit selbst in Mengen, welche weniger als 1 Proc. betragen, als sehr gefährlich bezeichnet werden muss. Verf. hat seine Versuche auf sechs Portlandcemente von verschiedenem Charakter ausgedehnt. 1) Normaler Portlandcement des gegenwärtigen Betriebes, ein Product erster Qualität mit SiO2 21,3 Proc. Al2O3 7,8 CaO 65,2 \frac{\mbox{CaO}+\mbox{MgO}}{\mbox{SiO}_2+\mbox{Al}_2\mbox{O}_3}=2,93 Rückstand auf dem 900-Maschensieb 3 Proc. 5000-Maschensieb 18 2) Guter Cement älterer Fabrikation, weniger fein gemahlen als 1): SiO2 23,8 Proc. Al2O3 8,4 CaO 58,3 H2O3 etc. 2,5 \frac{\mbox{CaO}+\mbox{MgO}}{\mbox{SiO}_2+\mbox{Al}_2\mbox{O}_3}=2,4 Rückstand auf dem 185-Maschensieb 3 Proc. 900-Maschensieb 11 5000-Maschensieb 35 3) Raschbindender Cement. Das Product wurde erhalten durch Verminderung des Kalkzusatzes bei geringerer Zufuhr von Brennmaterial und fand seine Verwendung bei Stadtbauten in Paris als Concurrent der natürlichen Cemente von Vassy: SiO2 22,1 Proc. Al2O3 8,0 CaO 63,4 \frac{\mbox{CaO}+\mbox{MgO}}{\mbox{SiO}_2+\mbox{Al}_2\mbox{O}_3}=2,6 4) Zu Staub zerfallener Cement: SiO2 28,2 Proc. Al2O3 8,1 CaO 58,4 \frac{\mbox{CaO}+\mbox{MgO}}{\mbox{SiO}_2+\mbox{Al}_2\mbox{O}_3}=1,98 5) Unvollständig gebrannter Cement, erhalten durch Mahlen nicht oder nicht vollständig gesinterter Stücke. Diese leicht zerreiblichen Theile des Brandes, auf welche die Hitze nicht genügend gewirkt hat, enthalten ungebundenen Kalk und werden gewöhnlich nicht von den gut gesinterten getrennt, so dass sie deren Eigenschaften beeinflussen. SiO2 20,1 Proc. Al2O3 7,7 CaO 65,0 \frac{\mbox{CaO}+\mbox{MgO}}{\mbox{SiO}_2+\mbox{Al}_2\mbox{O}_3}=2,93 6) Cement mit einem Ueberschuss von Kalk: SiO2 20,0 Proc. Al2O3 6,3 CaO 66,0 \frac{\mbox{CaO}+\mbox{MgO}}{\mbox{SiO}_2+\mbox{Al}_2\mbox{O}_3}=3,1 Der Magnesiagehalt der sechs Cemente schwankt zwischen 0,9 und 1,4 Proc., der Eisengehalt zwischen 2,2 und 2,6, SO3 zwischen 0,7 und 1,4. Die Probekörper (1 Cement: 3 Sand) wurden 24 Stunden nach ihrer Anfertigung in kaltes bezieh. heisses Wasser gebracht. Die Temperatur des heissen Wassers betrug 80° C. Zugfestigkeit der Probekörper nach dem Verweilen in kaltem Wasser in heissem Wasser nach 7 Tagen nach 28 Tagen nach 2 Tagen nach 7 Tagen k/qcm k/qcm k/qcm k/qcm 1) 15 23,2 17,2    24,3 2)     6,7 13,7   7,6 11 3)     6,2 16,5   7,3    16,2 4)5)6)     2,9    6,1    7,6   3,912,220,2 Sind zerfallen. Wie man aas der Tabelle ersieht, haben nur die Cemente guter Qualität die Heisswasserproben bestanden, die schlechter Qualität sind alle zerfallen. Wenn man beim Cement Nr. 4 dagegen 48 Stunden wartet, bevor er in heisses Wasser gebracht wird, so zerfallen die Probekörper nicht und man erhält die folgenden Festigkeitszahlen für heisses Wasser: 2 Tage 3,2 k/qcm 7 4,3 In ähnlicher Weise wirkt das Aufbewahren der kalkreichen Cemente an feuchter Luft. Eine Probe des Cementes 6) hatte, in dieser Weise behandelt, 1 und 5 Proc. Wasser aufgenommen. Die Festigkeitsproben ergaben folgende Resultate: Heisses Wasser Kaltes Wasser                      k/qcm               k/qcm                  k/qcm Ursprüngl. Cement 7 Tage  7,6 28 Tage 20,2 + 1 Proc. H2O 2 Tage 2,5 7    „   12 28     „   24,5 + 5    „     H2O 7    „    4,3 7    „     4 28     „   20,5 Die Ergebnisse der ersten Versuchsreihe lassen sich in folgender Weise zusammenfassen: 1) Die Festigkeitsproben mit kaltem Wasser lassen manche Cemente mit schlechten Eigenschaften nicht sogleich erkennen. 2) Mörtelproben aus Portlandcement guter Qualität widerstehen der Einwirkung von heissem Wasser. Sie geben nach 2 und 7 Tagen ungefähr dieselben Festigkeitszahlen, wie im kalten Wasser nach 7 bezieh. 28 Tagen. 3) Cemente geringer Festigkeit, welche hydraulisch geringwerthige Substanzen enthalten (Nr. 4), zerfallen, wenn man sie 24 Stunden nach dem Anmachen in heisses Wasser bringt. Nach längerer Erhärtung an der Luft widerstehen sie dem heissen Wasser, und die Festigkeitszahlen für heisses und kaltes Wasser verhalten sich etwa so, wie bei den vorhergehenden Cementen. 4) Cemente, welche entweder in Folge schlechten Brandes oder übermässigen Zusatzes einen Ueberschuss von freiem Kalk enthalten, widerstehen, nach 24 Stunden in heisses Wasser gebracht, der Einwirkung desselben nicht. Eine zweite Reihe von Versuchen über natürliche und künstliche Portlandcemente führte zu ähnlichen Resultaten. Mit Schlackencementen hat Verf. selbst keine Versuche angestellt. Er entnimmt die hier angeführte Tabelle einer Arbeit des Ingenieurs Prost aus den Annales des Mines, Bd. 16.1891 279 70. Die graphische Darstellung der Resultate der betreffenden Arbeit ist im Originale nachzusehen. Zusammensetzung der Schlacke ProcenteCa(OH)2 Druck-festigkeitnach7 Tagenbei 90° Druck-festigkeitnach28 Tagen inder Kälte 2SiO2, 0,25Al2O3, 2,25CaO 32   0   0 2SiO2, 0,5 Al2O3,  2,50CaO 37 25 26 2SiO2, 0,50Al2O3, 3,50CaO 25 35 29 2SiO2, 0,25Al2O3, 3,25CaO 25 36 36 2SiO2, Al2O3, 3CaO 40 53 65 Boulogner Cement 65 82 2SiO2, Al2O3, 4CaO 34 77 75 Die Prüfung der Romancemente ergab, wie aus der folgenden Tabelle ersichtlich, sehr verschiedene Werthe für heisses und für kaltes Wasser und auch für das spätere Verhalten der Cemente. Heisses Wasser Kaltes Wasser 2 Tage 7 Tage 7 Tage 28 Tage 1 Jahr k/qcm k/qcm k/qcm k/qcm k/qcm A      6,10 11,15   (1) 4,20   7,70   (2) 17,50   (2) B      3,80   8,85   (2) 4,10 11,25   (1) 22,25   (1) C      6,05   8        (3) 2,20   5,45   (3) 17,50   (3) D 2   7,40   (4) 0,80   4,10   (4) 12,50   (7) E      2,05   7,25   (5) 1,70   2,25   (8) 14        (6) F      0,85   6,35   (6) 0,99   2,10   (9)   8,35   (9) G      1,30   6,20   (7) 0,80   3,05   (6) 15        (4) H      2,50   5,20   (8) 0,80   2,05   (10) 14,75   (5) I      1,70   5,10   (9) 0,70   0,90   (11)   6,40   (11) J      0,95   3,55   (10) 0,70   3        (7)   7        (10) K      0,90   2,50   (11) 1,15   3,35   (5) 11,50   (8) Die eingeklammerten Ziffern dienen zur Klasseneintheilung. Das Verhalten der Romancemente ist noch zu wenig studirt, um sagen zu können, ob eine Prüfung derselben mit heissem Wasser vortheilhaft sein wird. Die Festigkeitsprüfung gibt für heisses Wasser nach 7 Tagen meist weit höhere Zahlen als für kaltes Wasser nach 28 Tagen. Während für die Festigkeitsproben der Cemente eine möglichst geringe Wassermenge zum Anmachen verwendet wurde, wurde dem hydraulischen Kalke viel Wasser zugesetzt, um die Versuchsbedingungen der Praxis nach Möglichkeit anzupassen. Es ergab sich denn auch, dass die fraglichen Versuche durchaus nicht vergleichbar seien; der grosse Ueberschuss von Wasser hat das Abbinden derart verlangsamt, dass man die Probekörper erst 6 bis 30 Tage nach dem Anmachen in heisses Wasser bringen konnte. 2 Th. Kalk wurden mit 70 Proc. Wasser und 5 Tb. Sand angemacht. Die Versuchsresultate finden sich in folgender Tabelle geordnet nach der Festigkeit, welche ein 7tägiges Verweilen in heissem Wasser ergeben hat. Kalk Heisses Wasser Kaltes Wasser Zeitdauer, ver-flossen zwischender Anfertigungder Probekörperund ihrer Ein-führung inheisses Wasser Festigkeitnach7 Tagen 28 Tage 6 Monate Tage k/qcm k/qcm k/qcm A 10    8,4 3 11 B   6    8,4      2,15      7,6 C   6    7,8      1,45        5,50 D 26    7,1      1,70        7,05 E 20 6    2,2      5,6 F 20    5,4      1,95      7,0 G 18    5,2      2,15      7,9 Man bemerkt, dass der Kalk G, der im heissen Wasser besonders schlechte Resultate ergeben hat, nach der Probe mit kaltem Wasser zu den besten zu zählen wäre. Offenbar enthält derselbe überschüssigen ungelöschten Kalk. Le Chatelier erwähnt im Anschlusse daran Versuche, die er selbst mit hydraulischem Kalk, welcher bei Pariser Reservoirs verwendet wurde, angestellt hatte. Die Mörtel wurden mit Normalsand (1 : 2) und mit möglichst wenig Wasser angemacht. Die Probekörper konnten alle nach 48 Stunden in heisses Wasser gebracht werden. Die Druckfestigkeit wurde nach 7 Tagen Wasserlagerung bestimmt. Bei einer zweiten Versuchsreihe wurden dieselben Kalksorten mit 10 Proc. Wasser angemacht, 48 Stunden auf 100° C. und 48 Stunden auf 150° C. erhitzt und erst nach dem Erkalten zu Mörteln angemacht. Diese Operation hatte den Zweck, das Löschen des Kalkes zu vollenden, konnte aber gleichzeitig die activen Bestandtheile des hydraulischen Kalkes theilweise hydratisiren. Das Resultat dieser beiden entgegengesetzten Wirkungen war eine Verbesserung der schlecht gelöschten und eine Verschlechterung der besseren Kalksorten. Druckfestigkeit für den Quadratcentimeter. Nach 48 Stunden Luftlagerung und 7 Tagenin heissemWasser und 7 Tagenin kaltemWasser k k X Im ursprünglichen ZustandeNach dem zweiten Löschen 107  82 2814 D Im ursprünglichen ZustandeNach dem zweiten Löschen   43  28 1412 F Im ursprünglichen ZustandeNach dem zweiten Löschen   43  57 1212 G Im ursprünglichen ZustandeNach dem zweiten Löschen   46  68 1414 Der Kalk X hat, wie man sieht, durch das abermalige Löschen an Güte sehr abgenommen, ebenso der Kalk D, beide waren gut gelöscht. Die schlecht gelöschten Kalksorten F und G sind im Gegentheil durch diese Behandlung bedeutend verbessert worden. Sowohl bei Cementen, als auch bei hydraulischen Kalken zeigen die Versuche mit heissem Wasser einen Ueberschuss von freiem Calciumoxyd an. Zu ähnlichen Resultaten führten auch die 1889 angestellten Versuche über das Verhalten der hydraulischen Producte von Teil, von Saint-Astier und von Pavier. Le Chatelier empfiehlt besonders den Fabrikanten von Cement und hydraulischen Bindemitteln die Heisswasserprobe zur Controle ihrer Betriebe. In verhältnissmässig kurzer Zeit kann dieselbe über gewisse Fehler der hydraulischen Producte Aufschluss geben. Für die Untersuchung der Cemente im Handel wird sich diese Methode kaum grosser Beliebtheit erfreuen. Sonderinteressen, herkömmliche Ansichten und Gewohnheiten werden ihrer Verwendung im Wege stehen. Die Abnehmer von Cement haben sich daran gewöhnt, die Resultate der Kaltwasserprobe für vollständig richtig zu halten. Nun hat der erste Vertreter der Anwendung von heissem Wasser die Festigkeitszahlen für heisses und kaltes Wasser als einander nahezu proportional hingestellt, was nach späteren Versuchen sich als unrichtig erwiesen hat. Dieser Umstand hat das Vertrauen in die Heisswasserproben erschüttert, und gerade er spricht zu Gunsten derselben. Um die Heisswasserproben, deren Aufnahme Le Chatelier den staatlichen Prüfungsanstalten empfiehlt, durchzuführen, hat man die Probekörper 24 Stunden nach ihrer Anfertigung in Wasser von 80° C. zu bringen und 7 Tage in demselben zu belassen. Schwach hydraulische Producte werden dagegen erst nach 3 Tagen in heisses Wasser gelegt. Die Festigkeitszahlen für heisses Wasser nach 7 Tagen werden dann mit den Ergebnissen der Prüfung bei 28 Tage langer Kaltwasserlagerung verglichen. Zg.