Titel: | Neue Verfahren und Apparate in der Zuckerfabrikation. |
Fundstelle: | Band 280, Jahrgang 1891, S. 190 |
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Neue Verfahren und Apparate in der
Zuckerfabrikation.
(Fortsetzung des Berichtes S. 44 d.
Bd.)
Neue Verfahren und Apparate in der Zuckerfabrikation.
Zur Prüfung und Berichtigung der Saccharometerscala
benutzt K. Ulsch (Zeitschrift
für das gesammte Brauwesen, Bd. 13 S. 369) das folgende Verfahren, welches
ausschliesslich Wasser als Probeflüssigkeit verwendet und eine genaue Berichtigung
der Scala an beliebig vielen Punkten in sehr schneller Folge ermöglicht. Das genau
gewogene und gereinigte Saccharometer befindet sich in einem 8 cm weiten und 45 cm
hohen Glascylinder und wird an den längeren Arm einer mit Balkenarretirung
versehenen Reimann'schen Wage angehängt, welche ein
leichtes Wagschälchen von 4 bis 5 cm Durchmesser trägt. Befindet sich die Wage im
Gleichgewicht, so muss das untere Ende des Saccharometers um einige Millimeter vom
Boden des Cylinders abstehen. Der letztere ist unten tubulirt und mit einem ganz
gleich beschaffenen, höher aufgestellten Cylinder durch Kautschukschlauch verbunden,
welcher letztere mit einem Quetschhahne zur Regulirung der Verbindung versehen ist.
Der höher stehende Cylinder ist vollständig, der Saccharometercylinder so weit mit
Wasser gefüllt, dass das Saccharometer bis zum untersten Scalentheil eintaucht. Das
Wasser beider Cylinder hat genau die Normaltemperatur von 14° R. Das Gleichgewicht
wird durch Auflegen von Gewichten auf die Wagschale oder durch Einsetzen von
Reitergewichten in die Kerben des Wagbalkens hergestellt. Der Stand des Wassers an
der Saccharometerscala wird notirt, und hiermit beginnt die eigentliche Prüfung. Man
legt ein beliebiges Uebergewicht (z.B. 0,2 g) auf die Wagschale. Das Saccharometer
sinkt, bis es den Boden des Cylinders berührt, und die Zunge der Wage schlägt um
einige Grade nach rechts aus. Man lässt nun durch Oeffnen des Quetschhahnes Wasser
aus dem oberen Cylinder einströmen, wodurch sich das Saccharometer hebt und ins
Gleichgewicht zurückkehrt. Man notirt wieder den Stand der Saccharometerscala und
das aufgelegte Gewicht. Man fährt in der beschriebenen Weise fort, das Gewicht der
Schale zu vermehren und das Wasser im Saccharometercylinder steigen zu lassen,
bis der Nullpunkt der Scala fast vom Wasserspiegel erreicht ist. Man entfernt nun
das Saccharometer, lässt aber Glashaken und Schlauchstückchen, womit es an der
Wagschale befestigt ist, hängen, stellt durch Auflegen von Gewichten das
Gleichgewicht her und notirt die Summe aller aufgelegten Gewichte. Ist g der Betrag des Gewichtes, mit dem das Saccharometer
an der Wagschale wirkt, G das Gewicht des
Saccharometers, so ist G – g gleich dem Gewicht des zu Anfang des Versuchs durch das Saccharometer
verdrängten Wassers. In eine andere Flüssigkeit eingesenkt, bis zum gleichen
Scalentheile, wird das Instrument das gleiche Volumen Flüssigkeit verdrängen; soll
dabei das Instrument schweben, so ist die Dichtigkeit dieser Flüssigkeit
=\frac{G}{G-g}. Allgemein erfährt man also die auf jeden
Scalenpunkt aufzutragende Dichtigkeit, wenn man das Gewicht des Saccharometers durch
den Gewichtsverlust dividirt, welchen dasselbe erleidet, wenn es bis zu dem
betreffenden Scalenpunkte eingesenkt ist. Das Gewicht, mit welchem das Saccharometer
während des Versuchs an der Wage lastet, verringert sich mit dem Steigen des
Wasserspiegels im Saccharometercylinder fortwährend. Gleichgewicht der Wage
vorausgesetzt, ist für jeden einzelnen Fall dieses Gewicht gleich g – γ, wobei jedesmal γ
den auf der Schale befindlichen Betrag von Gewichten bezeichnet. Für jeden
Scalenpunkt ist der Gewichtsverlust des Instrumentes: G
– (g – γ) = G – g +
γ, die betreffende Dichtigkeit also:
\frac{G}{G-g+\gamma}.
Bei der immer allgemeiner werdenden Einführung der elektrischen Beleuchtung in Zuckerfabriken werden die Zuckerfabrikslaboratorien, welche Leuchtgas zu ihren Heizungsarbeiten verwenden können, immer seltener und
der Wunsch nach einem bequemen Ersatz für dasselbe stärker. Da die Verwendung von
Spiritus, namentlich von denaturirtem, viele Unbequemlichkeiten hat, so ist die
Versuchsstation des Oesterreichisch-Ungarischen
Centralvereins für Zuckerindustrie bemüht gewesen, einen Apparat herstellen
zu lassen, welcher die Zuckerfabrikslaboratorien auf billige und zweckmässige Weise
mit Heizgas zu versorgen vermag.
Textabbildung Bd. 280, S. 190Fig. 1.Luftgasapparat für Zuckerfabrikslaboratorien. Diesen Zweck scheint nach A. Stift (Oesterreichisch-Ungarische Zeitschrift für
Zuckerindustrie, 1890 Bd. 19 H. 4 S. 399) der Luftgasapparat „Eureka“ (Fig. 1),
welcher bereits in verschiedenen Fabriken zur vollen Befriedigung eingeführt wurde,
zu erfüllen. Derselbe wird von der Firma Gerson, Böhm und
Rosenthal in Wien angefertigt und kostet in einer Grösse für 20 Flammen 360
Gulden.
Der Apparat liefert eine Flamme, welche sowohl in Bezug auf Leucht- wie auch
Heizkraft der des Leuchtgases zum mindesten gleichwerthig ist, ausserdem ist
derselbe auch im Stande, Flammen von hohen Temperaturen, wie es für Gebläse- und
Muffelöfenflammen erfordert wird, zu erzeugen.
Das Princip des hier abgebildeten patentirten Apparates ist ein sehr einfaches und
besteht in der Carbonisirung der atmosphärischen Luft mit einem flüchtigen
Kohlenwasserstoff. Die Arbeitsweise und nähere Beschreibung desselben ist
folgende:
Der Apparat besteht aus drei Theilen: 1) dem Flaschenzug D und der Welle B, 2) dem Gebläse H und dem Regulator L, und
3) dem Carburator, welcher bei kleineren Apparaten aus vier, bei grösseren aus
sieben und noch mehr Kammern besteht.
Die Welle B dient zum Aufziehen des -Flaschenzuges D und des Gewichtes E und
ist mittels eines Zahnrades F mit zwei Federn G mit einem Schaufelrade in Verbindung, welches sich im
Gebläse H befindet. Letzteres wird durch die Oeffnung
K mit Wasser bis zu dem im Standglase I befindlichen Striche gefüllt, welches Volumen immer
eingehalten werden muss. Durch das Gewicht E des
Flaschenzuges wird das Schaufelrad in Bewegung gesetzt, welch letzteres zum
Weitertreiben der atmosphärischen Luft, die ebenfalls bei K eintritt, dient. Zur Unterstützung dieses Zweckes ist weiter der
Regulator L angebracht, der ebenfalls mit Wasser
gefüllt wird. Ist der Apparat nun mit Wasser gefüllt, so muss die Glocke M beim Regulator zu ihrem höchsten Punkte steigen, wie
es die Abbildung zeigt. Sollte sich die Glocke gar nicht oder nur ungenügend heben,
so ist das Gewicht E zu leicht und muss noch ein
Gewicht zugefügt werden. Sollte das Wasser oben beim Regulator L überlaufen, so ist das Gewicht zu schwer und muss ein
Theil davon entfernt werden.
Im Falle das Gebläse H überfüllt wird, muss das Wasser
bei dem Entleerungshahn O entfernt werden. Desgleichen
kann sich durch Ueberfüllung das Luftrohr im Gebläse mit Wasser füllen, was auf die
Thätigkeit des Apparates sehr störend wirkt. Durch Aufdrehen des kleinen
Entleerungshahnes N wird diesem Uebelstande sofort
abgeholfen.
Durch die Bewegung des Schaufelrades einerseits und durch den Druck der Glocke
andererseits wird die Luft in dem Luftleitungsrohr nach dem Carburator getrieben.
Die Verbindung der beiden letzteren wird durch die Holländer PP hergestellt. In dem Carburator erfolgt nun die Carbonisirung der Luft
durch Gasolin, ein aus dem Erdöl durch vielfache Destillation erhaltener
Kohlenwasserstoff vom spec. Gew. 0,632 bis 0,660.
Die Füllung des Carburators geschieht durch die Oeffnung T in der obersten Kammer. Man öffnet hierbei sämmtliche Zuflusshähne E und giesst bei T so
lange Gasolin nach, bis sämmtliche Abtheilungen des Carburators bis zu den Strichen
bei den Oelstandsgläsern S gefüllt sind. Einer
eventuellen Ueberfüllung, die unter keinen Umständen stattfinden darf, wird durch
die Oeffnung der Entleerungsschraube U Abhilfe
geleistet.
Die carbonisirte Luft gelangt nun durch die Hähne V V in
das Gasleitungsrohr und zur weiteren Verwendung. Je nach Verbrauch können beide
Hähne oder auch nur ein Hahn geöffnet werden. Wird nur ein Hahn geöffnet, so
bleiben drei Kammern ausser Thätigkeit, wie aus der Abbildung ersichtlich ist.
Die Anzahl der Flammen kann bis auf 500 ausgedehnt werden. Der Verbrauch an Gasolin
ist gering, so dass die Erhaltungskosten nur massig sind.
(Fortsetzung folgt.)