Titel: Ueber Aluminiumstahl.
Autor: R. A. Hadfield, B.
Fundstelle: Band 280, Jahrgang 1891, S. 208
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Ueber Aluminiumstahl. Von R. A. Hadfield, Sheffield. (Journal of Society of Chemical Industry, 1890 S. 1131). Ueber Aluminiumstahl. Die guten Eigenschaften, welche das Aluminium in Legirungen mit anderen Metallen letzteren verleiht, machen seine Verwendung zu Legirungen äusserst wichtig. Eine in der Technik vielfach angewandte Legirung von Aluminium mit Kupfer hat man Aluminiumbronze genannt. Die Eigenschaften derselben gehen aus einer von J. Dagger aufgestellten Tabelle hervor: Zugfestigkeitin Tonnenfür 1 qc Längen-ausdehnung Spec.Gew. Aluminium-bronze ent-haltend   11 Proc. Al 6,4  –7,2 8 Proc. 7,23   10 5,2  –6,4 14 7,69     7,5 4,0  –4,8 40 8,00 5–5,5 2,4  –2,0 40 8,37     2,5 2,0  –2,4 50 8,69     1,25 1,70–2,0 55 Enthalten diese Aluminiumbronzen über 11 Proc. Al, so werden sie für praktische Zwecke zu spröde. Mit 20 Proc. Al ist ihre Farbe gelblich weiss, der des Wismuths ähnlich, und die Bronze so spröde, dass man sie im Mörser pulverisiren kann. Von 30 Proc. aufwärts fängt dieselbe an weicher zu werden, und mit 50 Proc. Al ist dieselbe äusserst weich. Steigt der Gehalt an Al weiter bis 60 oder 70 Proc. an, so wird die Sprödigkeit ganz bedeutend und die Bronze zeigt eine schön krystallinische Structur. Eine höchst werthvolle Eigenschaft der in obiger Tabelle angeführten Legirungen ist ihre Schmiedbarkeit bei Rothglut. Nachfolgende Tabelle ist von Prof. Tetmayer, Zürich, zusammengestellt und gibt einen Vergleich zwischen Aluminiumbronze und Aluminiummessing. AluminiumProc. Zugfestigkeitin Tonnenfür 1 qc Längen-ausdehnungProc. Aluminium-bronze 11,511,010,0  9,5  9,0  8,5  5,5 8,37,06,76,45,95,24,4   0,5  1,011,019,032,052,564,0 Aluminuim-messing 4,03,02,52,01,51,0 7,26,25,45,04,44,0   6,5  7,520,030,039,050,0 Die Tabelle zeigt, dass die Zugfestigkeit mit dem Aluminiumgehalt anwächst, und zwar erst langsam, dann rascher. Legirung von Gusseisen und Aluminium. Aluminiumgusseisen, wenn man die Legirung so benennen darf, kommt in Folge seiner Hämmerbarkeit unter eine andere Kategorie als Gusseisen. Keep fand, dass Aluminium auf das Gusseisen eine ähnliche Wirkung hat, wie das Silicium; wir werden später durch Versuchsresultate, welche Verf. bei Einwirkung von Aluminium auf gebundenen Kohlenstoff im Spiegeleisen erhielt, beweisen, dass dies thatsächlich der Fall ist. Es bestehen Zweifel, ob die Verwendung von Aluminiumstahl für viele Zwecke rationell ist. Verf. selbst ist der Ansicht, dass, wenn die Preise für Aluminium nicht bedeutend billiger werden, seine Verwendung nur auf einige specielle Fälle beschränkt bleiben wird. Der Aluminiumzusatz zu geschmolzenem Eisen oder Stahl scheint in den Fällen die besten Dienste zu leisten, wenn sich in den Metallen grössere Mengen von Oxydverbindungen finden, was bei rationeller Stahlfabrikation nicht häufig vorkommen darf. Wie bereits erwähnt, spielt das Aluminium im Eisen eine ähnliche Rolle, wie das Silicium (vgl. Hadfield, 1890 278 45): könnte man Silicium ebenso rein als Aluminium darstellen, so würde man jedenfalls finden, dass der Erfolg in beiden Fällen ziemlich der gleiche ist. So lange man also Siliciumeisen mit 8 bis 20 Proc. Si für 70 bis 200 M. pro 1 t darstellen kann, wird man nicht zu Aluminium oder Ferroaluminium mit 8 bis 20 Proc. Al bei einem Preise von 2240 bis 5000 M. pro 1 t greifen. Aluminiumgussstahl. Das Schmelzen. Diese Legirung wurde auf die gewöhnliche Weise durch Schmelzen von gutem Stabeisen mit Aluminium in Tiegeln hergestellt. So schwierig die Aufgabe auch schien, eine Legirung zu erhalten, welche womöglich nur aus Eisen und Aluminium bestand, sie wurde gelöst, indem das Schmelzproduct nur 0,5 Proc. fremde Substanzen enthielt. Ihren Eigenschaften nach kann man diese Legirungen in zwei Klassen theilen: 1) die im gegossenen, 2) die im geschmiedeten Zustande. Aluminiumstahl im gegossenen Zustande. Während des Schmelzens wurden auffällige Erscheinungen nicht beobachtet; in allen Fällen trat beim Zusatz von Aluminium eine kurzdauernde intensive Lichterscheinung auf. Dieselbe Erscheinung hat man auch bei Aluminiumkupferlegirungen Wahrgenommen. Es wäre denkbar, dass beim Zusammenbringen von Eisen mit Aluminium sich eine chemische Verbindung anstatt einer Legirung bildete, da, wie wir wissen, bei Reactionen häufig Feuererscheinungen auftreten. Die specifischen Eigenschaften des Manganstahls scheinen auf eine wahre, chemische Verbindung hinzudeuten und beim Aluminiumstahl scheint dasselbe der Fall zu sein. Fluss. Es ist fraglich, ob Aluminium den Stahl leichtflüssiger macht; wenn dies aber Thatsache ist, so vermuthet Verf., dass dies eher durch Wärmezufuhr (Reaktionswärme) bewerkstelligt wird, als dass die Legirung wirklich einen niederen Schmelzpunkt besitzen sollte. Wenn der Aluminiumgehalt 0,5 Proc. übersteigt, so wird das Metall ganz zähflüssig und erstarrt schnell. Dies hat jedenfalls seinen Grund darin, dass das Aluminium in Thonerde übergeführt wird, welche als Schlacke in dem Stahl suspendirt ist, wie wir dieselbe Erscheinung bei dem in Kieselsäure übergeführten Silicium antreffen. Enthält der Stahl 0,75 Proc. Al, so tritt diese Zähflüssigkeit in dem Masse zu Tage, dass er sich nicht mehr bequem formen lässt. Keep nahm selbst bei Gusseisen eine durch Aluminiumzusatz verursachte Zähflüssigkeit wahr. Letzteres ist natürlich nur bei hohen Procentsätzen von Aluminium im Eisen der Fall. Man hat gewöhnlich angenommen, dass Aluminium den Schmelzpunkt des Eisens erniedrige. Osmond stellte Versuche mit dem „Le Chatelier“-Pyrometer an und bestimmte den Schmelzpunkt einer Legirung von 94,5 Proc. Fe und 5 Proc. Al zu 1475° C, während mittels desselben Instrumentes weicher Stahl allein bei 1500° C. schmolz. Wenn diese Schmelzpunktdepression für 5 Proc. Al nur 25° C. beträgt, so kann bei 0,1 Proc. Al, dem üblichen Procentsatze, bei dem man Schmelzpunktserniedrigung beobachtet haben will, wohl kaum davon die Rede sein. H. M. Howe fand bei seinen Versuchen ähnliche Resultate (vgl. Journal of Society of Chemical Industry, 1890 S. 517. 865. 946). Wenn Wärme und Flüssigkeitsgrad durch Zusatz geringer Mengen von Aluminium zum Stahl erhöht werden, so ist dies nach Ansicht des Verf. folgenden Ursachen zuzuschreiben: Erstens kann durch Oxydation von Aluminium, dessen Verbrennungswärme sehr gross ist, Wärme erzeugt werden. Nach Berthollet werden bei der Ueberführung von 1 k Al in Al2O3 7900 Cal. frei, während die Wärmemenge bei der Ueberführung von 1 k Si in SiO2 nur 7800 Cal. beträgt. Bei den Versuchen des Verf. fand stets ein grösserer oder geringerer Verlust an Al statt, wenn er dieses Metall zu flüssigem Stahl setzte, was jedenfalls einer Oxydation desselben zuzuschreiben ist. Das Aluminium findet sich dann in Form eines weissen Pulvers oder als Schlacke im Stahl. Wenn also der Zusatz gering ist, so wird man das Aluminium kaum bei der Analyse des Stahls finden. In der oben erwähnten 5 Proc. Al haltigen Probe waren nicht weniger als 2 Proc. zur Schlackenbildung verbraucht. Gegen diese Annahme, dass durch Oxydation Wärme erzeugt wird, muss angeführt werden, dass, wenn der Procentsatz von Aluminium etwa 0,75 Proc. übersteigt, das Product immer weniger flüssig bleibt und immer mehr Aluminium durch Oxydation verloren geht; bei niederen Procentsätzen unter 0,5 Proc. trifft das oben Gesagte zu. Zweitens kann man folgende wahrscheinlichere Annahme machen. Wie Galbraith (Journal of Society of Chemical Industry, 1890 S. 864) nachwies, hängt der Fluss vom geschmolzenen Eisen und Stahl nicht nur von der zugeführten, oder durch Oxydation in der Masse erzeugten Wärmemenge ab, sondern häufig von der im Eisen suspendirten Menge von Schlacke bezieh. Eisenoxydverbindungen. Er fand, dass Stahl, welcher einen aussergewöhnlichen Betrag an Eisenoxyd in sich barg, trotz des für gewöhnliche Fälle zureichenden Wärmegrades nicht flüssig wurde. Es wäre interessant, diesen Punkt mittels genauer pyrometrischer Messungen, z.B. mittels des „Le Chatelier“-Pyrometers, näher zu studiren. Ledebur ist der Ansicht, dass die Rolle des Aluminiums keine andere sei, als diese Oxydverbindungen zu zerstören. Dieses überoxydirte Metall besitzt andere Eigenschaften als gewöhnlicher Stahl, und Verf. hat Fälle beobachtet, dass überoxydirtes Eisen sich aufblähte unter Abgabe gasförmiger Producte, und dass sich dasselbe durch Umschmelzen. selbst mit beträchtlichem Aluminiumzusatz, nicht wesentlich verbessern liess. Solche Fälle sind natürlich selten und scheinen nach den von Galbraith gemachten Beobachtungen erklärlich. Wie Versuche bewiesen haben, kann im Gussstahl mehr Aluminium als Silicium vorhanden sein, ehe das Product spröde wird. Ist durch Zusatz von Aluminium die Sprödigkeitsgrenze erreicht, so bekommt der Stahl durch weiteren Zusatz von Aluminium nicht etwa wieder grössere Festigkeit, wie diese merkwürdige Thatsache beim Manganstahl beobachtet ist. Biegungsfestigkeit. Die bis zu 0,85 Proc. Al haltigen, getemperten Proben hatten die doppelte Biegungsfestigkeit als die ungetemperten; letztere waren überhaupt nicht so gut. Die allmähliche Steigerung des Aluminiumzusatzes hatte bei den getemperten, wie bei den ungetemperten, eine entsprechende Verminderung der Zähigkeit zur Folge. Die Eigenschaften des Aluminiumgussstahls waren nicht besser als die des Siliciumgussstahls bei entsprechendem Gehalt an Silicium. Härte. Wie der weichen Beschaffenheit des Aluminiums gemäss zu erwarten war, vermehrt dasselbe die Härte des Eisens bezieh. Stahls nicht wesentlich, indem das Aluminium auch in dieser Hinsicht von den Eigenschaften des Siliciums nicht viel abweicht. Gussstahl mit 7 bis 8 Proc. Al kann noch bequem gefeilt und angebohrt werden. Auch verändert der Aluminiumzusatz die magnetischen Eigenschaften des Eisens nicht, wie z.B. Mangan. Aluminium macht die Bruchfläche des Stahls krystallinischer, so dass bei höheren Procentsätzen von Aluminium im Stahl es schwierig wird, Aluminiumgussstahl von Siliciumgussstahl zu unterscheiden. Bei über 5 Proc. Al im Stahl lassen sich Krystalle wie beim Spiegeleisen abspalten. Das Tempern ist in solchen Fällen von wenig Belang, da durch dasselbe die Eigenschaften kaum geändert werden. Aluminiumschmiedestahl. Ein Stahl kann 5,6 Proc. Al enthalten, ohne seine Hämmerbarkeit einzubüssen. Dies ist ungefähr auch die Grenze bei Siliciumstahl. Die daraufhin untersuchten Proben enthielten wenig Mangan; trotzdem war ihre Hämmerbarkeit befriedigend. Mechanische Eigenschaften. Bis zu 2,3 Proc. Al haltiger, getemperter Stahl hatte die doppelte Biegungsfestigkeit als ungetemperter, als jedoch 5 Proc. Al erreicht wurden, zeigte sich das Tempern für diese Proben praktisch wirkungslos. Eine Thatsache ist völlig erwiesen, dass nämlich Aluminiumstahl nicht dieselbe Zugfestigkeit besitzt als der entsprechend Silicium haltige Stahl; die des letzteren ist höher. Geringe Mengen von Aluminium erhöhen die Elasticität des Stahls bedeutend, jedoch zeigt Silicium diese Eigenschaft in noch höherem Masse. Härten. Wie man erwarten konnte, verleiht das Aluminium weder dem Guss- noch dem Schmiedestahl eine nennenswerthe Härte; dasselbe ist mit dem Silicium beim Stahl der Fall. Mit 5 Proc. Al lässt sich der Schmiedestahl noch gut anbohren und feilen. In dieser Hinsicht gleicht das Aluminium dem Silicium, Schwefel, Phosphor, Arsen und Kupfer, während Kohlenstoff, Mangan, Chrom und Nickel die Härte erhöhen. Der glühende Aluminiumstahl, schnell in Wasser getaucht, verändert, wenn nur geringe Mengen Kohlenstoff vorhanden sind, seine Eigenschaften kaum, selbst wenn er von Weissglühhitze schnell abgekühlt wird. Es ist behauptet worden, dass der Einfluss von Aluminium auf kohlenstoffreichen Werkzeugstahl die Härte desselben verringere. Dies ist unrichtig, da ein Zusatz von 1½ Proc. Al zu Stahl mit 1 Proc. Kohlenstoff ein Product ergab, welches Glas ritzte. Obwohl Mangan, Nickel, Chrom u.s.w. zu Stahl legirt, letzterem einen höheren Härtegrad ertheilen, so zeigen diese Legirungen in Wasser geschreckt doch nicht die Härte, wie sie geschreckter Kohlenstoffstahl besitzt. Bruch. Die zähen Aluminiumlegirungen haben einen dunkeln faserigen Bruch, ähnlich wie bei Schmiedeeisen (wrought iron). Einige Bruchflächen zeigten eine gerippte Oberfläche, was auf Auflockerung der Structur schliessen lässt. Wenn der Preis der Aluminiumlegirungen mit dem gebräuchlicherer Legirungen wird besser concurriren können, so ist es wahrscheinlich, dass sich dieselben eine weite Verwendung verschaffen werden. Der Hauptvortheil scheint darin zu bestehen, dass das Aluminium in diesen Legirungen die guten Eigenschaften des Siliciums und Mangans vereinigt. Unter der Annahme, dass Aluminium wie Silicium, Graphit aus dem Eisen niederschlagen würde, setzte Verf. 3 bis 4 Proc. Al zu gewöhnlichem Spiegeleisen mit 12 bis 25 Proc. Mangan. Dadurch wurde letzteres in ein Product übergeführt, dessen Bruchfläche der von gewöhnlichem Gusseisen glich. Obgleich auf diese Weise viel Kohlenstoff ausgeschieden war, so hatte das Eisen doch keine magnetische Eigenschaften erhalten. Dieser Versuch zeigt also, dass die Aufhebung der specifisch magnetischen Eigenschaften des Eisens bei manganhaltigen Verbindungen ganz unabhängig von dem Zustande und der Form ist, in welcher der Kohlenstoff darin enthalten ist. B.