Titel: Neuerungen an Kleinmotoren.
Autor: Fr.
Fundstelle: Band 280, Jahrgang 1891, S. 226
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Neuerungen an Kleinmotoren. Mit Abbildungen. Neuerungen an Kleinmotoren. Textabbildung Bd. 280, S. 226Sondermann's Kleinmotor. Der von dem Civilingenieur Conrad Sondermann in Konstanz für Leistungen von 2, 4, 6 und 10 nominellen entworfene Kleinmotor zeichnet sich besonders dadurch aus, dass der zugehörige unter D. R. P. Nr. 52550 geschützte, am Schwungrad untergebrachte Regulator nicht wie es sonst gewöhnlich der Fall ist, auf ein Drosselorgan arbeitet, sondern den Steuerungsschieber direct beeinflusst und dadurch eine grosse Regelmässigkeit der Bewegung sichert, wie auch den Dampfverbrauch dieser Motoren auf einen äusserst niedrigen Betrag zurückführt, so dass dieselben zum Betriebe kleinerer elektrischer Beleuchtungsanlagen ganz besonders geeignet erscheinen. Die dem Praktischen Maschinenconstructeur von Uhland, 1890 S. 27, entnommenen Abbildungen (Fig. 1 und 2) veranschaulichen einen derartigen, für einen Admissionsdruck von 8 at construirten Motor ursprünglicher Construction von 300 mm Cylinderdurchmesser und 300 mm Kolbenhub, welcher inzwischen mehrfache Verbesserungen erfahren hat und mit 300 minutlichen Umdrehungen bei 6 at Admissionsdruck und 20 Proc. Füllung eine Leistung von 3,8 indicirten oder 2,5 effectiven entwickeln soll, die sich bei der angenommenen Maximalfüllung von 60 Proc. bis auf nahezu 6 effective steigern lässt. Arbeitet der Motor im letzteren Falle auch weniger ökonomisch, so ist diese Leistung doch bei einzelnen Betrieben, z.B. bei Blechscheren, welche direct vom Motor angetrieben werden (durch eine Schnecke auf der Kurbelwelle, welche in ein zur Schere gehöriges Schneckenrad eingreift), gerechtfertigt, ebenso auch für Pressen, Steinbrecher u. dgl. Textabbildung Bd. 280, S. 227Fig. 3.Cylinder, Schieber und Kreuzkopf zu Sondermann's Motor. Der in Fig. 3 sammt den hauptsächlichsten Einzeltheilen der Maschine dargestellte Dampfcylinder neuerer Construction lässt sich ebenso wie auch die meisten übrigen zur Maschine gehörigen Theile ausschliesslich auf der Drehbank bezieh. bei grösseren Abmessungen auf der Cylinderbohrmaschine vollständig bearbeiten, so dass jede Hobelarbeit in Wegfall kommt und der Motor wegen der hierdurch erreichten constructiven Vollendung den grösseren Motoren vollständig gleichwerthig wird und sich auch aus diesem Grunde zu continuirlichen Betrieben eignet. Statt des auf der Abbildung ersichtlichen Dampfzuleitungsrohres schliesst für gewöhnlich ein Absperrventil am Cylinder an. Das Dichthalten des ohne Ringe in zwei Büchsen seines Gehäuses gleitenden, mit innerer Ein- sowie äusserer Ausströmung arbeitenden und sammt den Büchsen, ebenso wie auch der Dampfcylinder und Kolben aus derselben bewährten ziemlich harten Eisengattirung hergestellten Schiebers wird durch Einschleifen mit dem unschädlichen, sich todtschleifenden Oelsteinpulver (kein Schmirgel) gewährleistet und es ist nicht einzusehen, weshalb ein solcher Schieber, der wie ein Caliber in seinen Ring mit nahezu mathematischer Gleichheit in die Bohrung passt, besonders bei der senkrechten Anordnung nicht dauernd dicht halten sollte. Da der Kolben als Differentialkolben ausgebildet ist, sein geringes Gewicht demnach ebenso wie auch die Gewichte der Schieberstange, Schwinge und des Excenters nebst Stange ausgeglichen sind, wird der Regulator stets nur die äusserst geringe Reibung der Schieberstange in der Stopfbüchse, die unter Dampf nur dicht halten muss, zu überwinden haben. Die Kolbenschieber grösserer derartiger Maschinen, welche mit weniger als 280 Umdrehungen in der Minute arbeiten, werden übrigens mit Dichtungsringen ausgeführt. Der Dampfkolben ist äusserst leicht gehalten und mit gusseisernen Ringen versehen, welche sich nach eingehenden Versuchen bei abgenommenen Cylinderdeckeln als absolut und dauernd dampfdicht erwiesen haben. Die Stopfbüchsen liegen in verhältnissmässig grossen Bohrungen ihrer bezüglichen Deckel, so dass die Packung leicht entfernt und erneuert werden kann; gegen Anfressen an der Kolbenstange – bei geringen Schiefdrücken – ist die sehr kurze Innenbohrung der Cylinderstopfbüchse um 1 mm weiter gedreht als die genannte Stange. Die Schieberstangenstopfbüchse dient bei ihrer grossen Länge auch zur gleichzeitigen Führung der Schieberstange, welche, abgeflacht, die geringe Bogenhöhe des Weges der Schwinge (etwa 1 mm nach jeder Seite) aufnimmt. Die Kolbenstange ist in dem aus Stahlguss gefertigten Kreuzkopf von sehr leichter und eleganter Form eingeschraubt und gegen Lockerwerden durch eine mit angedrehter Kappe versehene Mutter gesichert, so dass das Gewinde selbst nicht sichtbar wird. Die in der Führung der Maschine verborgenen Gleitschuhe sind mit grossen Auflageflächen versehen und bei den kleineren Motoren angegossen, während sie bei grösseren Maschinen mit besonderen Zapfen versehen und aufgesteckt sind. Die beiden Enden der Kurbelstange sind von gleicher Breite, so dass eine genaue Verstellung derselben behufs paralleler Bohrung und Ausstanzen am Kreuzkopfende mit Leichtigkeit erreicht wird. Die Schrauben der Stellkeile sind durch kleine Pressschrauben mit Gegenmuttern gegen Verdrehen gesichert, während früher hierzu nur Gegenmuttern dienten, auch sind die mittels kleiner, in Vertiefungen des Kurbelstangenkopfes liegender Schrauben gegen Drehung gesicherten Muttern und ebenso auch die zugehörigen Köpfe dieser Stellschrauben cylindrisch gedreht und daher einfacher zu bearbeiten als wenn dieselben, wie es früher der Fall war, sechskantig ausgeführt werden. Sämmtliche aus zähem Gusseisen angefertigte Lagerschalen sind mit Weissmetall ausgegossen und so dimensionirt, dass sie bei 8 at Admissionsdruck nur geringe Flächenpressungen erleiden. Cylinder und Kolben, sowie der Schieber werden in der üblichen Weise durch einen an der Dampfzuleitung angebrachten automatisch arbeitenden und von Hand regulirbaren Dampfschmierapparat und alle übrigen Theile der Maschine ebenfalls selbsthätig durch Tropföler (bezieh. die Zapfen des Regulators durch Tovote'sche Schmierbüchsen für consistentes Fett) vor dem Inbetriebsetzen in Schmierung erhalten; die Kurbellager erhalten Dochtschmierung. Bei der Berechnung der mit Gegengewichten versehenen Kurbelwelle ist ebenso wie bei allen anderen Stahltheilen eine Beanspruchung von 400 k auf 1 qc zu Grunde gelegt, während die aus Schmiedeeisen gefertigten Theile der Maschine einer Beanspruchung von 200 k entsprechend gewählt sind. Textabbildung Bd. 280, S. 228Fig. 4.Regulator zu Sondermann's Motor. Der in Fig. 4 ersichtliche Regulator besteht aus zwei an dem angegossenen Gehäuse des Scheibenschwungrades drehbar befestigten kleinen Hebeln, welche an dem einen Ende Fliehhebel tragen, die zufolge ihrer Centrifugalkraft dem Drucke einer gemeinschaftlichen centralen und mit dem anderen Ende der genannten kleinen Hebel in Verbindung stehenden Feder entgegenwirken; die Spannung dieser Feder lässt sich, ohne dass dadurch eine Verstellung der Fliehhebel stattfindet, reguliren. Während nun bei anderen Anordnungen der Ausschlag der Fliehgewichte durch Zugstangen mit Zapfen, Hebeln und Wellen auf das an einer Schwinge aufgehängte oder um eine Hilfsscheibe sich drehende Steuerungsexcenter übertragen wird, erfolgt dies hier ohne alle Zwischenglieder direct auf das leichte Stahlgussexcenter, welches mit zwei kurzen Armen und Zapfen an den Fliehhebeln aufgehängt ist. Ein derartiger Regulator ist nicht wesentlich theurer als ein minderwerthigerer Drosselregulator, der bei Riemenbetrieb leicht gefährlich werden kann und ausserdem nicht im Stande ist, den Dampfverbrauch der jedesmaligen Leistung anzupassen. Textabbildung Bd. 280, S. 228Fig. 5.Diagramm zu Sondermann's Motor. Für die Maximalfüllung von 60 Proc. beträgt das Voreröffnen der Kanäle 1 Proc. und vergrössert sich auf 3 Proc. bei der Minimalfüllung von 3 Proc; es wird hierdurch einer übermässigen Compression, wie sie durch den bei der Minimalfüllung eintretenden frühen Kanalschluss entsteht, vorgebeugt. Die Regulatordiagramme sind in Fig. 5 ersichtlich. Der Verbrauch eines derartigen Motors beträgt nicht mehr als 20 k Dampf bezieh. 3 k Kohlen incl. Anheizen für Stunde und . Der Dampf wird in einem Kleinkessel mit innerer Röhren- und äusserer Mantelheizung erzeugt. Die Betriebskosten stellen sich hiernach für diesen Motor erheblich niedriger als diejenigen der in neuerer Zeit vielfach verwendeten Druckluftmotoren und gehen aus den nachstehenden Angaben hervor, welche auf den Grundlagen eines in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1891 S. 39, gebrachten Aufsatzes über die Betriebskosten von Kleinmotoren beruhen. Anschaffungskosten des 2pferdigen Motors: 1) Motor mit Kessel, Vorwärmer und Pumpe (wirk-licher Einkaufspreis) 1600 M. 2) Fracht und Aufstellung (20 M. + 2 Proc. vom Preisedes Motors) 52 3) Fundamentirung (20 + 15 Nn) 50 4) Schornstein bezieh. Anschluss an den vorhandenenSchornstein 70 5) Für verschiedene Anschaffungen 28 –––––––––– Summa 1800 M. Betriebskosten für 300 Arbeitstage zu 10 Stunden: 6) Für Verzinsung, Abschreibung und Reparaturenbezieh. 4, 5½ und 2½ Proc. gerechnet 216 M. 7) 3 k Kohlen für Stunde und + je 15 k zum An-heizen (1000 k zu 16 M. gerechnet) 288 8) Kosten des Speisewassers 20 9) Oel- und Putzmaterial (ersteres ist sehr gering) 15 10) Wartung u. Reinigung (2–3 Std. tägl.) zu 0,40 M 266 11) Beleuchtung des Maschinenraumes, Versicherungund verschiedene Ausgaben 15 –––––––––– Summa der jährlichen Ausgaben 820 M. Kosten für 1 und Stunde 0,137 M. Kosten an Brennmaterial und Wasser allein für 1     und Stunde 0,051 Uebrige Kosten demnach 0,086 Die Betriebskosten eines 2pferdigen Luftmotors be-    laufen sich nach dem Aufsatz in der Zeitschrift    des Vereins deutscher Ingenieure für 1 und    Stunde auf 0,54 Ausgaben für Luft und Brennmaterial für 1     und Stunde 0,49 Uebrige Kosten also 0,05 Textabbildung Bd. 280, S. 229Steuerungshebel zu Sondermann's Motor. Diese Kosten würden natürlich bei Wegfall der Miethe des Aufstellungsraumes um ein Geringes niedriger ausfallen, immerhin aber den Beweis liefern, dass ein Dampfkleinmotor erheblich billiger zu unterhalten ist, als ein dieselbe Leistung erzeugender Druckluftmotor, selbst wenn die Kosten der Druckluft sich noch ganz erheblich reducirten. Zu berücksichtigen bleibt auch noch die Verwendung des Abdampfes bei Dampfmotoren im Winter. Textabbildung Bd. 280, S. 229Achsenlager zu Sondermann's Motor. Ein Kleinmotor (System Dörfel-Pröll), dessen Steuerungsorgan ebenfalls von einem Schwungradregulator beherrscht wird, ist durch die Abbildungen Fig. 10 und 11 dargestellt. Wie Dr. Pröll in Uhland's Praktischem Maschinenconstructeur, 1891 S. 71, berichtet, sollen Kolbenschieber, welche, wie es bei dem Kleinmotor von Sondermann der Fall ist, ohne Dichtungsringe in cylindrischen Gehäusen eingeschliffen sind, nicht lange dicht halten, sondern nach Otto Müller in Budapest heftig ausblasen, sobald man das Dampfventil auch nur ein ganz klein wenig öffnet; der letztere behauptet, dass sich diese Schieber meist schon beim Probelaufen verfressen, da ihnen, aus der Dampfleitung allerlei Sand und Schmutz zugeführt wird; reinigt man dann die Bohrung eines Kolbenschiebers wieder und schabt den Schieber nach, so ist er schon undicht. Dr. Pröll erwähnt namentlich auch, dass die Verwendung eines Kolbenschiebers bei wagerechten Maschinen, bei denen das Eigengewicht mit daran arbeitet, ein schnelles Undichtwerden herbeizuführen, wie die Versuche mit Armingtonmaschinen zur Genüge bewiesen hätten, ganz verfehlt sei. Ohne dieser letzteren Behauptung alle Berechtigung absprechen zu wollen, glauben wir doch anführen zu müssen, dass die Firma Thomos Powell in Rouen (Frankreich), welche besonders die Ausführung von Armingtonmaschinen betreibt, nach uns vorliegenden glaubwürdigen Angaben den Vorwurf des leichten Undichtwerdens der zu diesen Maschinen gehörigen Kolbenschieber mit dem Einwände zurückweist, dass derartige Schieber ohne Ringdichtung bereits seit 10 Jahren mit ausgezeichnetem Erfolg in Betrieb seien und bei sorgsamer Wartung sich gut und länger dicht hielten als Flachschieber. Es scheint demnach doch, als wenn, namentlich bei sehr schnell laufenden Maschinen, wenn auch die Kolbenschieber sich mit grösserer Geschwindigkeit bewegen, ein Durchblasen des Dampfes bei gehöriger aufmerksamer Behandlung der ersteren nicht so ohne weiteres stattfinden kann. Textabbildung Bd. 280, S. 229Motor nach Dörfel-Pröll. Der vorliegende Kleinmotor soll sich nun vor allen Dingen dadurch vortheilhaft auszeichnen, dass bei ihm ein unter Dampfdruck stehendes, dauernd dicht haltendes Steuerungsorgan am Cylinder A zur Verwendung gekommen ist; es ist dies ein schwingender Hahnschieber S, dem Corlisshahn nachgebildet, welcher, auf einer wagerechten Spindel befindlich, ohne Zwischenübertragung von einem verdrehbaren Excenter E mittels Stange L bethätigt wird und wie ein gewöhnlicher Planschieber arbeitet. Die Verstellung des Excenters erfolgt unmittelbar durch einen Schwungradregulator R, in welchem eine gespannte, axial durchs Wellenmittel gehende Feder sich wieder mit der Fliehkraft in den beiden um Z drehbaren Pendeln P ins Gleichgewicht setzt. Von letzteren wird durch die Stangen Z unmittelbar das Excenter verdreht und dadurch sowohl Voröffnung als auch Excentricität verändert. Die Veränderung beider erfolgt so, dass die Füllung zwischen 0 und 0,55 verstellt und die Compression bei allen Füllungsgraden bis in den Admissionsdruck geführt wird. Eine Folge dieser durch vielfache gelungene Ausführungen erprobten Verstellung der Expansion in Verbindung mit dem fortgesetzt dampfdicht bleibenden Steuerungsorgan ist grösste Dampfökonomie und Ruhe des Ganges. Der Regulator ist mit einem solchen Arbeitsvermögen ausgerüstet, dass er genügend schnell anspricht. Neuerdings laufen diese Pröll'schen Regulatoren auf Schneiden, um alle Zapfen- und Wellenreibungen zu vermeiden; in Folge dessen zeichnen sie sich durch grösste Empfindlichkeit aus. Die kleinen auf der Abbildung ersichtlichen prismatischen Gewichte i dienen zur Einstellung des mit Gehäuse B versehenen Regulators. T bezeichnet das Schwungrad, W die Kurbelwelle und G die Kurbel. Im Uebrigen ist die Maschine sehr solid construirt, mit einem festen, geschmackvoll geformten Ständer versehen und mit allen zum stetigen Betriebe erforderlichen Schmiervorrichtungen (s) ausgerüstet. Fr.