Titel: Zur Entstehung des Erdöles.
Fundstelle: Band 280, Jahrgang 1891, S. 234
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Zur Entstehung des Erdöles. Zur Entstehung des Erdöles. In der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1891 Bd. 39 S. 145, publicirte H. Höfer eine Abhandlung, in welcher er wiederumH. Höfer, Das Erdöl und seine Verwandten, 1888 S. 108. für die Entstehung des Erdöles aus thierischen Resten eintritt und für diese Theorie aus dem Stickstoffgehalt der Erdgase eine neue Stütze ableitet. Wir entnehmen der Höfer'schen Abhandlung das Folgende: Der wesentliche, ja fast einzige Einwurf, den die Theorie des animalischen Ursprunges des Erdöles insbesondere von Seite der Chemiker erfuhr, war dahingehend, dass das Erdöl stickstofffrei sei, und Stickstoff oder dessen Verbindungen nachweisbar sein müssten, wenn thierische Reste durch eine chemische Umwandlung Erdöl geliefert haben. Trotz dieses scheinbar sehr begründeten Einwandes sprachen die Verhältnisse des Vorkommens sehr entschieden zu Gunsten des animalischen Ursprunges und fast alle hervorragenden Karpathengeologen kommen zu derselben genetischen Folgerung wie vordem Höfer. In Amerika jedoch hatte der erwähnte Einwand der Chemiker tiefere Wurzeln geschlagen; ihm fügten sich auch die Geologen. Erst als PeckhamRep. geol. Survey Calif. Geology, II 89. in den Erdölen von Californien, Texas, Westvirginien und Ohio Stickstoff nachwies, bekannte er sich ebenfalls zu der von Höfer vertretenen Theorie; doch da er jenen Bestandtheil im Erdöle von Pennsylvanien-New York nicht fand, so sprach er diesem ökonomisch wichtigsten Gebiete die Entstehung des Oeles aus Pflanzen zu. Nach den Entdeckungen Peckham's wurde von den meisten Geologen und Chemikern Nordamerikas der zweifache Ursprung des Erdöles, je nach dem Stickstoffgehalte desselben, vorausgesetzt. Doch die geologischen Verhältnisse von Pennsylvanien-New York liessen sich mit der pflanzlichen Entstehung des dortigen Erdöles nicht befriedigend in Uebereinstimmung bringen. Der Kreislauf des Stickstoffes, ursprünglich thierischen Leibern angehörend, musste verfolgt werden. Bei der Zersetzung der letzteren bilden sich bekanntlich auch Gase; es war somit die Frage naheliegend, ob der Stickstoff nicht etwa in den das Oel begleitenden Erdgasen vorhanden sei? Und thatsächlich ist dies in Pennsylvanien-New York in hervorragendem Masse und durchwegs der FallH. Höfer, das Erdöl und seine Verwandten, S. 66.; ja es steigt dieser Antheil daselbst sogar bis zu 27,87 Proc. Höfer hat ferner nachgewiesen, dass dieser Stickstoff nicht etwa auf beigemengte Luft zurückgeführt werden kann, oder dass er nicht aus letzterer durch Bildung von Kohlensäure oder Kohlenoxyd abgeschieden sein kann. So bekamen die Analysen der Erdgase, zumeist aus technischen Gründen veranlasst, auch eine erhöhte wissenschaftliche Bedeutung. Jene von Pennsylvanien-New York lassen zwischen dem Stickstoff- und Sauerstoffgehalte, welch letzterer auch an CO2 und CO gebunden sein kann, gar keinen nachweisbaren Zusammenhang erkennen, woraus Höfer folgert, dass die beiden Kohlenstoffoxyde nicht durch das Zuthun der atmosphärischen Luft entstanden sein können, sondern dass sie, ebenso wie der freie Stickstoff, Spaltungsproducte im Zersetzungsprocesse, den die thierischen Reste erfuhren, sind. Es musste insbesondere mit Rücksicht auf den Streit um die Erdölgenesis von Interesse sein, auch die Analysen anderer Erdgase zu würdigen, unbekümmert darum, welche Anschauung über die Entstehung des Erdöles des betreffenden Gebietes die jeweilig herrschende ist. Schon früherDas Erdöl u.s.w., S. 66. hat Höfer auf die Schmidt'schen Analysen der Erdgase von Apscheron (Baku), also des wirthschaftlich zweitwichtigsten Oelgebietes, hingewiesen, welche ebenfalls Stickstoff constatirten. Nach EnglerIbid., S. 163. schwankt der Stickstoffgehalt der Erdgase von Pechelbronn ira Elsass zwischen 8,9 und 17,2 Proc; berechnet man in diesen Analysen den Gehalt an freiem und gebundenem Sauerstoff und aus diesem die hierfür zur Luftbildung nothwendige Stickstoffmenge, so ist diese gegenüber der durch die Analyse gefundenen meist zu klein, so dass selbst unter den ungünstigsten Annahmen ein Gehalt an freiem Stickstoff verbleibt. In neuester Zeit wurden Ohio und Indiana in den Vereinigten Staaten eifrigst nach Erdgasen, und zwar wiederholt mit sehr günstigen Erfolgen, durchschürft. Für ersteres Gebiet hat, wie bereits erwähnt, Peckham wegen des im Erdöle von Mecca nachgewiesenen Stickstoffes für dieses den thierischen Ursprung als erwiesen betrachtet, wozu man um so mehr genöthigt war, als hier das Oel in enger Verbindung mit marinen Kalken auftritt.Orton, Econom. Geology Ohio, VI, 409. CC. Howard, Mineral Resources U. S., 1888 490. Auch in diesen beiden genannten Staaten wurde in den Erdgasen durchwegs ein ansehnlicher Gehalt an Stickstoff neben einem solchen an Sauerstoff nachgewiesen. In der nachstehenden Tabelle wurden die seither bekannt gewordenen Analysen zusammengestellt, überdies in der vorletzten Reihe der ganze Gehalt an Sauerstoff (frei und gebunden) berechnet und in der letzten Reihe der für diesen Sauerstoff zur Bildung von Luft nothwendige Stickstoff angegeben. Es sind somit die für die genetische Bedeutung des letzteren ungünstigsten Momente vorausgesetzt worden; trotzdem ist in fünf Analysen der nachgewiesene Stickstoffgehalt immerhin noch grösser, als der in der letzten Reihe angegebene. Mindestens dieser freie Stickstoff muss somit unbedingt auf die zersetzte Substanz, also auf thierische Reste, bezogen werden. Ein anderes Erdölgebiet, welches in der erwähnten genetischen Frage bisher nicht näher berücksichtigt wurde, bietet Italien, insbesondere in dem unter dem Namen Emilia bekannten, am Nordostfusse der nördlichen Apenninen gelegenen Landstriche. Die Erdgase (Paludite), welche hier manchmal die bekannten Schlammvulkane aufwerfen, wurden wiederholt untersucht. Die nachfolgende zweite Tabelle ist nach den von Gugl. JervisI tessori sotteranei dell' Italia, Parte II, Regione dell'Apennino.C. E. Zincken veröffentlichte in: „Das Vorkommen der natürlichen Kohlenwasserstoff- und der anderen Erdgase“ die Analysen von Fouqué und Gorceis vollständig unrichtig, da er im Kopfe der Tabelle N mit C2H5J, C2H4 mit CO2, C4H6 mit N und CO mit CH4 verwechselt. an verschiedenen Orten mitgetheilten Angaben zusammengestellt. Die Analysenergebnisse lassen auch hier gar keinen Zusammenhang zwischen dem Gehalte an Stickstoff und jenem der Kohlensäure bezieh. deren Sauerstoff erkennen; so z.B. entspricht dem grössten Gehalte an Stickstoff (Analyse 2) der fast kleinste an Kohlensäure. Auch hier wird man zu der Ueberzeugung gedrängt, dass der Stickstoff nicht durch die Bildung von Kohlensäure aus der Luft abgeschieden sein kann, sondern dass die gesammten Erdgasantheile unmittelbar aus dem Zerfall der thierischen Organismen abzuleiten sind. In diesen vorstehenden Analysen nimmt insbesondere jene des Erdgases aus dem Torrente Sillaro durch den bedeutenden Gehalt an Aethyljodid das Interesse um so mehr in Anspruch, als diese Verbindung bisher in keinem anderen Erdgase nachgewiesen werden konnte. Eine Wiederholung der Analyse dieses Erdgases wäre insbesondere zu empfehlen. Auch Engler sagtZur Bildung des Erdöles, 1888 269 184. Erdöl und Erdgas, Vortrag gehalten auf der 6. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Bremen 1890., dass sich das Fehlen des Stickstoffes im natürlichen Erdöle sehr leicht erklären lässt, ja unter Berücksichtigung der hier in Betracht kommenden Thierleiber eigentlich eine Notwendigkeit ist. v. GümbelDie min.-geol. Beschaffenheit der auf der Forschungsreise S. M. S. „Gazelle“ gesammelten Meeresgrundablagerungen. veröffentlichte im letzten Sommer eine sehr interessante Abhandlung über seine Untersuchungen der von der „Gazelle“ gesammelten Meeresgrundproben; Erdgase in Ohio und Indiana. Nr. CH4 N H C2H4 O CO2 CO H2S Zusammen O imGanzen Hiefür N zurLuftbildungnöthig 1 Findlay, Ohio 93,35 3,41 1,64 0,35 0,39 0,25 0,41 0,20 100,00 0,80 2,66 2 Fostoria,   „ 92,84 3,82 1,89 0,20 0,35 0,20 0,55 0,15 100,00 0,81 2,70 3 St. Marys, „ 93,85 2,98 1,74 0,20 0,35 0,23 0,44 0,21 100,00 0,77 2,56 4 Muncie, Indiana 92,67 3,53 2,35 0,25 0,35 0,25 0,45 0,15 100,00 0,79 2,62 5 Anderson,   „ 93,07 3,02 1,86 0,49 0,42 0,26 0,73 0,15 100,00 1,02 3,34 6 Kokoma,     „ 94,16 2,80 1,42 0,30 0,30 0,29 0,55 0,18 100,00 0,82 2,73 7 Marion,       „ 93,58 3,42 1,20 0,15 0,55 0,30 0,60 0,20 100,00 1,11 3,69 Italienische Erdgase. Nr. Jervispag. Provinz Fundort CH4 N CO2 C2H5J Analysirt von 1234567 130130130130130132132 Bologna Monte Sasso CardoFosso dei BagniSorgente dei BoviSorgente di MarteSorgente del Leone ff.Porretta VecchiaSorgente d. Puzzola Poretta 94,8291,3592,2292,1689,4290,7591,48 3,138,042,062,784,617,236,68 2,050,615,725,065,972,021,84 Fouqué und Gorceix?? 8 146 Torrente Sillaro 80,60 0,39 1,14 17,87 ? 9 154 Florenz Firenzuola (Pietremala) 96,19 2,27 1,54 ? 10 154        „ 97,48 0,77 1,75 ? 11 154        „ 98,85 0,41 0,74 ? 12 155 Bologna Bergullo 98,93 0,59 0,48 ? 13 157 Ravenna Rio dei Bagni (Riolo) 97,35 1,64 1,01 ? in solchen aus Tiefen von 500 m und mehr stammenden fand er Fettkügelchen, deren Bedeutung hinsichtlich der Erdölentstehung er auch vollends würdigte. Da manchmal derartige Grundproben dadurch genommen werden, dass sich an ein am Boden mit Unschlitt versehenes und an den Meeresgrund hinabgelassenes Gewicht Schlamm anheftet, wodurch in die Probe Fett gelangt, so ist es nothwendig zu wissen, dass nach einer Mittheilung v. Gümbel's dieses Fett unbedingt nicht vom Probenehmer herrührt. Es kann sich somit auch jetzt noch im Meeresschlamme das Leichenwachs der kleinen thierischen Organismen mehr oder weniger ansammeln. Hierbei werden wir unwillkürlich an das häufige Auftreten des Erdöles in den Nummulitenschichten erinnert. Mit Rücksicht auf die leichte Zersetzbarkeit des stickstoffhaltigen und auf die schwere des stickstofffreien (fettigen) Antheiles der Thierleiber wird die Zersetzung des ersteren häufig schon sehr weit vorgeschritten, ja kann schon abgeschlossen sein, bevor die des letzteren beginnt. Die gasförmigen, stickstoffhaltigen Zersetzungsproducte können somit in porösen Gesteinen sich bereits irgendwo angesammelt haben, bevor die Fettzersetzung, also die eigentliche Erdölbildung, eingeleitet wird. Engler verdanken wir auch Analysen der sich bei der Destillation des Fischthranes unter grösserem Druck bildenden Gase, welche dieselben Bestandtheile wie die Erdgase, wenn auch in anderen Mengenverhältnissen, enthalten. Immerhin ist da wie dort das Methan der vorherrschende Bestandtheil, und der Stickstoff ist auch im Thrangase (2 bis 2,5 Proc.) aufgefunden worden. Ein wesentlicher Unterschied liegt in dem grösseren Antheile an den Kohlenoxyden, welche, wenigstens theilweise, als Spaltungsproducte anzusehen sind. Diese Differenzen in der Zusammensetzung des Thran- und Erdgases dürften weniger befremden, wenn man den Wechsel in der Zusammensetzung des letzteren berücksichtigt; ja das Erdgas desselben Bohrloches wechselt in seiner Constitution innerhalb weniger Tage oft ganz bedeutend.Höfer, Das Erdöl und seine Verwandten, 1888 S. 66; vgl. die Analysen Nr. 14 bis 18. Es wäre gewiss in hohem Masse interessant, wenn man die bei der Destillation des Thrans abgehenden, uncondensirten Gase in den verschiedenen Stadien des Processes analysiren würde. In neuester Zeit setzen mehrere amerikanische Geologen, insbesondere Orton, zwar für das im Kalksteine vorkommende Erdöl den thierischen Ursprung voraus, weigern sich jedoch, diesen auch für das in Sandstein, Conglomerat und Schieferthon zuzugestehen. Zur Bestätigung dieser neuerlichen Zweitheilung hat jüngst J. T. KempEng. and Ming. Journ. Vol. L., 1890 689. auch darauf hingewiesen, dass die dem Kalksteine entstammenden Erdgase, zum Theile auch Oele, Schwefelwasserstoff enthalten, welcher in Silicatgebieten fehlt. Es ist aber zu berücksichtigen, dass der Schwefelwasserstoff vielfach der Zersetzung der im Wasser enthaltenen Sulfate seinen Ursprung verdankt, da die Erdgase kräftige, bisher gar nicht genügend gewürdigte Reductionsmittel sind, die bei der Bildung der Metallsulfide in den Erzlagerstätten eine hervorragende Rolle spielten. Uebrigens sei noch erwähnt, dass in Italien Schwefelwasserstoff führende Wasser in den Erdölgebieten auftreten, obzwar in letzteren das Oel nicht den Kalkstein, sondern milden Silicatgesteinen angehört. Der Stickstoff – und dieser bildete den wesentlichen Einwurf der Chemiker gegen die Theorie vom thierischen Ursprünge des Erdöles – findet sich in allen Erdgasen, ob sie im Kalksteine (Ohio, Indiana) oder im Conglomerate und Sandsteine (Pennsylvanien-New York), Schieferthone, Sande oder Thone (Apscheron, Baku, Italien) erschlossen werden. Bezüglich der reducirenden Wirkung des Erdöles, bezieh. Erdgases sei noch auf die Thatsache hingewiesen, dass Höfer in vielen diese Bitumen begleitenden Mineralwässern den gänzlichen Mangel an Sulfaten nachweisen konnte.