Titel: | Ueber Vorrichtungen zur Verhütung des Durchgehens der Dampfmaschinen. |
Autor: | Fr. |
Fundstelle: | Band 280, Jahrgang 1891, S. 249 |
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Ueber Vorrichtungen zur Verhütung des
Durchgehens der Dampfmaschinen.
Mit Abbildungen.
Ueber Vorrichtungen zur Verhütung des Durchgehens der
Dampfmaschinen.
Obwohl die Deutsche Allgemeine Ausstellung für Unfallverhütung in Berlin 1889 eine
grosse Anzahl von Vorrichtungen zum Schütze der Arbeiter gegen die in maschinellen
Betrieben vorkommenden Gefahren zur Anschauung brachte, unter denen sich die, ein
mehr oder weniger schnelles Anhalten der Dampfmaschine bezieh. des von derselben
bethätigten Triebwerkes bewirkenden Abstellvorrichtungen (1889 273 * 385) in ziemlicher Vollständigkeit der auf diesem Gebiete bekannten
Systeme vorfanden, war doch nicht eine einzige besondere Sicherheitsvorrichtung zu
erblicken, welche im Stande gewesen wäre, das in vielen Fällen ebenfalls mit grosser
Gefahr verbundene Durchgehen einer Dampfmaschine vollständig zu verhindern.
Man spricht, wie G. Thareau in den Mémoires de la Société des ingénieurs civils, 1891 S.
20, berichtet, im Allgemeinen von dem Durchgehen einer Dampfmaschine, wenn die
Geschwindigkeit derselben derartig anwächst, dass die von ihr bewegten Massen eine
erheblich grössere Beanspruchung erfahren, als diejenige ist, für welche sie
berechnet sind. Sehr häufig haben die Dampfmaschinen Widerstände zu überwinden,
deren Grösse in kurzer Frist innerhalb weiter Grenzen schwankt, so dass dadurch der
ruhige Gang derselben bedeutend beeinflusst wird. Man ordnete Schwungräder an,
welche gewissermassen Sammlerdienste verrichten und die bei Verminderung des von der
Maschine zu überwindenden Widerstandes überschüssige Kraft in sich aufnehmen, um
dieselbe bei einer Vermehrung desselben wieder abgeben zu können. Solange die
Widerstände innerhalb kurzer Zeiträume schrittweise zu- und abnehmen, genügen die
Schwungräder allenfalls, um ein bedeutendes Wachsen der Geschwindigkeit der Maschine
zu verhüten, wenn indess eine Verminderung des Widerstandes längere Zeit anhält,
wird das zwischen demselben und der bewegenden Kraft der Maschine bestehende
Gleichgewicht gestört, und der durch die letztere in Bewegung versetzte Kolben nimmt
eine immer grösser und grösser werdende Geschwindigkeit an, welche schliesslich
diejenige ganz beträchtlich übersteigt, welche für den normalen Betrieb festgesetzt
wurde – die Maschine wird alsdann durchgehen.
Es kann dies z.B. dann eintreten, wenn die von dem Motor betriebenen Arbeitsmaschinen
in demselben Augenblicke ausgerückt werden, wo zufälliger Weise der die Bewegungen
der Dampfmaschine auf die Transmission übertragende Riemen von den Scheiben
herunterfällt oder zerreisst und die Maschine nur noch die Reibungswiderstände ihrer
zugehörigen Theile zu überwinden hat. Das von der Maschine in Umdrehungen versetzte
Schwungrad erlangt dann eine solche Geschwindigkeit, dass die Massentheilchen
desselben der gesteigerten Centrifugalkraft nicht mehr das Gleichgewicht zu halten
vermögen. Es fliegt in Stücke, welche je nach Umständen grössere oder geringere
Beschädigungen an Menschen, Gebäuden, Maschinen u. dgl. verursachen. Nur derjenige,
welcher die durch das Zerspringen des Schwungrades einer Dampfmaschine entstehenden
Verwüstungen angesehen hat, kann sich einen ungefähren Begriff von der furchtbaren
Gewalt machen, mit welcher die umherfliegenden Theile desselben buchstäblich
alles kurz und klein schlagen.
Um derartigen Unfällen vorzubeugen, kommen Geschwindigkeitsregulatoren in Anwendung,
die vor Allem verhüten sollen, dass, wie auch immer die von der Maschine zu
überwindenden Widerstände sich ändern, die Geschwindigkeit derselben dennoch eine
gewisse Grenze nicht übersteigt. Es sollten derartige Regulatoren an keiner
Dampfmaschine fehlen, und- nur da, wo eine solche zum Betreiben einer mit ihr direct
verbundenen Maschine mit gleichmässigem Widerstände dient, wie z.B. bei
Gebläsemaschinen, deren Kolben auf der gemeinschaftlichen durchgehenden Kolbenstange
der Dampfmaschine befestigt ist, kann von der Anbringung eines Regulators abgesehen
werden, nicht aber in dem Falle, wenn der Motor die mit constantem Widerstände
arbeitende Maschine, wie z.B. bei Flügelgebläsen, unter Vermittelung eines Riemens
betreibt, der von den Scheiben abfallen oder aber zerreissen könnte.
Die Regulatoren beeinflussen bekanntlich die Dampfeinströmöffnungen im Cylinder
derart, dass längere oder kürzere Füllungen innerhalb desselben möglich sind, und
zwar erfolgt dies meist unter Zuhilfenahme der Centrifugalkraft schwerer Kugeln,
welche um eine senkrechte Spindel rotiren und sich je nach der Geschwindigkeit der
Maschine von dieser entfernen oder aber derselben nähern; die auf und nieder
gehenden Bewegungen eines mit den Kugeln verbundenen Muffes werden auf die
Abschlussorgane übertragen.
Allein nicht nur ein Durchgehen der Dampfmaschine sollen die
Geschwindigkeitsregulatoren verhüten, sondern auch die Regelmässigkeit des Ganges
derselben sichern; namentlich in Bezug auf letzteres sind dieselben für elektrische
Beleuchtungsanlagen, nicht minder für den Betrieb in Spinnereien u. dgl. von grosser
Wichtigkeit. Um bei derartigen Betrieben eine äusserst regelmässige Bewegung der
Dampfmaschine zu erzielen, hat man besonders in neuerer Zeit die Regulatoren immer
mehr zu vervollkommnen und zu verbessern gesucht, was keinesfalls nöthig gewesen
wäre, sofern dieselben nur dazu dienen sollen, das Durchgehen der Dampfmaschine
bezieh. die Ueberschreitung einer festgesetzten Geschwindigkeit zu verhüten.
Bedauerlicher Weise findet man noch zuweilen Dampfmaschinen mit Regulatoren, welche
nicht einmal im Stande sind, den obigen Bedingungen Genüge zu leisten, weshalb auch
die durch ein Durchgehen der Dampfmaschine verursachten Unfälle durchaus nicht zu
den Unmöglichkeiten gehören werden, und dies um so weniger, als auch bei einem
Gleiten oder Reissen des Riemens, welcher sehr oft zur Uebertragung der Bewegung von
der Schwungradwelle auf den Regulator dient, Unfälle nicht ausgeschlossen sind. Wir
wollen die hauptsächlichsten Ursachen, welche das gute Functioniren eines Regulators
beeinflussen können, hierunter anführen.
Man unterscheidet zwei Arten von Regulatoren: diejenigen, welche auf ein Drosselorgan
wirken und diejenigen, welche einen directen Einfluss auf die Steuerung ausüben;
beide Arten von Regulatoren besitzen gemeinschaftliche und besondere Nachtheile.
Bei den auf ein Drosselorgan arbeitenden Regulatoren ist die Bewegung des Muffes nach
oben häufig durch einen Bund begrenzt, dessen Stellung wenigstens veränderlich und mittels
Druckschraube festgestellt sein sollte, der indess sehr oft überhaupt nicht
regulirbar ist und so niedrig sitzt, dass die Bewegung des Muffes nach oben schon
begrenzt ist, bevor das Drosselorgan die Dampfeinströmöffnung vollständig
abgeschlossen hat. Da ein Heruntergehen des Muffes im Laufe der Zeit aus irgend
welchem Grunde, z.B. durch Abnutzung der Stangen und Hebel in ihren Gelenken, sich
nicht vermeiden lassen wird, sollte von vornherein dafür Sorge getragen werden, dass
der Muff dann, wenn die Maschine erst kurze Zeit im Betrieb ist, etwas höher steigen
kann, als nöthig ist, um den vollständigen Verschluss der Dampfeinströmöffnung
bewirken zu können.
Die Anordnung eines derartigen Bundes ist im Uebrigen ganz unnöthig, da die
Aufwärtsbewegung des Muffes durch nichts anderes begrenzt sein sollte, als durch den
vollständigen Verschluss desjenigen Abschlussorganes, welches das Eintreten von
Dampf in den Cylinder regulirt.
Bei einigen Regulatoren schwächt man die heftigen Bewegungen des Muffes durch eine
darüber liegende Spiralfeder ab, welche um die Regulatorspindel gelegt und mitunter
so schwer zusammendrückbar ist, dass der Muff sich nicht weit genug nach oben
bewegen kann.
Sehr oft besitzen auch die Stangen und Hebel, welche das Abschlussorgan mit dem
Regulatormuff verbinden, ein so beträchtliches Spiel in ihren Gelenken, dass der
Muff einen gewissen Theil seines Hubes zurücklegen muss, ohne eine Bewegung auf das
betreffende Abschlussorgan zu übertragen; ferner sind die Stangen und Hebel in der
Regel sehr leicht und können sich deshalb leicht verdrehen.
Eine andere Ursache, welche das Durchgehen einer Dampfmaschine zur Folge hatte, war
mangelhafte Schmierung und ungenügende Instandhaltung des Regulators. Derjenige
Theil der Regulatorspindel, auf welcher sich der Muff auf und ab bewegt, war in dem
vorliegenden Falle mit einer dicken Schicht alter klebriger Schmiere bedeckt, welche
man fortzunehmen unterlassen hatte. Zufolge der gleichzeitigen Ausrückung des
grössten Theiles der von dem Motor betriebenen Arbeitsmaschinen nahm die
Geschwindigkeit desselben plötzlich ganz erheblich zu, ohne dass der Regulatormuff
im Stande gewesen wäre, so hoch zu steigen, als nöthig war, um den Dampfzutritt nach
dem Cylinder abzusperren. Die Antriebsscheibe des Regulators zersprang in Folge
dessen unter dem Einflüsse der erheblich gesteigerten Centrifugalkraft und einzelne
Stücke derselben fielen in die Grube des Schwungrades, so dass dieses letztere
plötzlich gebremst und hierbei einer derartigen Erschütterung ausgesetzt wurde, dass
es aus einander sprang und die umher fliegenden einzelnen Theile desselben das ganze
Gebäude zerstörten.
Was nun im Besonderen die auf eine Drosselklappe wirkenden Regulatoren betrifft, so
ist hier von vornherein zu bemerken, dass diese ganz besonders häufig in
mangelhaftem Zustande anzutreffen und viele derselben gar nicht einmal im Stande
sind, ein Durchgehen der Dampfmaschine zu verhüten.
Ausser den bereits genannten Uebelständen dürften bei diesen Regulatoren noch die
folgenden Mängel zu erwähnen sein: Die Drehbewegung der Drosselklappe wird in der
Regel dadurch vermittelt, dass die vom Regulator kommende Zugstange auf einen Hebel
wirkt, welcher ausserhalb des Gehäuses auf der Welle der Drosselklappe
befestigt ist; der Winkel, welchen diese Stange mit dem genannten Hebel
einschliesst, ist indess mitunter ein so spitzer oder stumpfer, dass die
Todtpunktlage dieses Hebels beinahe erreicht ist und die Wirkung der Regulatorkugeln
oft nicht genügt, der Drosselklappe eine derartige Drehbewegung zu ertheilen, dass
dadurch das Oeffnen oder Schliessen der Dampfdurchgangsöffnung erreicht wird; auch
klemmt sich die genannte Welle oft in der zu ihrer Abdichtung nach aussen dienenden
Stopfbüchse, so dass eine Bewegungsübertragung überhaupt nicht möglich ist.
Einige Constructeure bestimmen die Lage der Drosselklappe in der Weise, dass, wenn
der Regulatormuff am höchsten steht, die Dampfdurchgangsöffnung noch nicht
vollständig geschlossen ist; abgesehen davon, dass durch die im Laufe der Zeit in
den Gelenken der Stangen und Hebel eintretenden Abnutzungen der im Gehäuse
vorgesehene Spielraum noch grösser werden kann, als anfänglich der Fall war, ist
demnach hier ein vollständiger Verschluss der Einströmung durch den Regulator
überhaupt nicht zu bewirken. – Eine grössere Sicherheit gegen das Durchgehen einer
Dampfmaschine bieten diejenigen Regulatoren, welche direct auf die Steuerungsorgane
einwirken, nur ist in der Regel zur Bewegung der letzteren eine grössere vom
Regulator ausgehende Kraft nöthig, als wenn dieser nur eine Drosselklappe zu
verstellen hätte, weshalb auch in derartigen Fällen, gleiche
Umdrehungsgeschwindigkeiten des Regulators vorausgesetzt, die in Bewegung kommenden
Massen desselben grössere Gewichte besitzen müssen als vordem; das öftere Nachsehen
und die sorgfältige Unterhaltung aller einzelnen Theile ist noch besonders
anzurathen.
Dolfus, Mieg und Co. in Mühlhausen haben, um jede
Möglichkeit des Durchgehens einer Dampfmaschine abzuwenden, die in Fig. 1 bis 5 dargestellte, an einer
Verbundmaschine der Société Alsacienne in Belfort (1890
277 * 338) angebrachte Vorrichtung erfunden, mit
deren Hilfe auch bei eintretenden Gefahren der sofortige Stillstand der
Dampfmaschine bewirkt werden kann. Sobald diese Vorrichtung nämlich in Wirksamkeit
tritt, erfolgt gleichzeitig:
1) der Verschluss des Dampfeinströmventiles,
2) der Verschluss des Einspritzhahnes am Condensator und ferner
3) das Oeffnen eines Dampfhahnes, durch welchen behufs Vernichtung der lebendigen
Kraft des Schwungrades eine Bremse in Thätigkeit gebracht wird.
Auf dem Schieberkasten der Maschine ist zu dem Zwecke eine Büchse T (Fig. 3) befestigt, die
einen Zapfen h (Fig. 5) trägt, um welchen
sich die mit einem Sperrrad r zusammengegossene Trommel
t bewegt; mit der letzteren ist das eine Ende einer
dünnen Schnur verbunden, welche aus der Büchse heraustritt und über zwei Rollen G und G1 (Fig. 1) geleitet,
an ihrem anderen Ende ein Gewicht P trägt, welches sich
an zwei am Maschinenfundament fest gemachten Stangen ZZ1 führt. Die Nabe der Trommel t ist nach aussen geschlossen und trägt hier ein
Vierkant f, über welches, um die Schnur auf die Trommel
aufwickeln zu können, eine Kurbel greift, durch deren Drehung das Gewicht P in seine aus Fig. 1
ersichtliche höchste Lage P1 gebracht werden kann; eine auf ihrem unteren Theile mit einer Nase d (Fig. 3) versehene Klinke
c greift in die Zähne des Sperrrades r und verhütet so die Rückwärtsbewegung der Trommel und
des Gewichtes.
Textabbildung Bd. 280, S. 251Fig. 1.Dampfmaschine mit Sicherung gegen Durchgehen.Textabbildung Bd. 280, S. 251Fig. 2.Regulator mit Sicherung gegen Durchgehen der Maschine. Auf dem freien Ende der Regulatorantriebswelle ist ein Excenter E (Fig. 1) befestigt,
welches einer mit ihr verbundenen langen Stange H eine
auf und nieder gehende Bewegung ertheilt, die unter Zwischenschaltung einer Stange
I auf einen um den Zapfen i (Fig. 4)
frei beweglichen Winkelhebel ll1 übertragen wird; der Schenkel l1 dieses Hebels
bethätigt bei seiner Bewegung das auf einem kleinen Stifte g desselben frei liegende, aus weichem Eisen gefertigte Plättchen p, deren anderes Ende auf einem festen Bolzen g1 ruht und eine
ununterbrochen hin und her gehende Bewegung ausführt. Die Platte p ist ebenfalls mit einer Nase d1 versehen, die bei ihrer Bewegung
unterhalb der Nase d der Klinke C bleibt und dieselbe für gewöhnlich nicht berührt; sobald aber die Platte
p von dem Elektromagneten a angezogen wird, trifft sie mit dieser zusammen; die Klinke c kommt nun ausser Eingriff mit dem Sperrrad r und das Gewicht P fällt
herunter. Die Stromunterbrechung des Elektromagneten a
kann von verschiedenen Stellen der Werkstätte aus bewirkt werden und erfolgt auch,
wie wir weiter unten sehen werden, durch den Regulator selbsthätig, sobald die
Geschwindigkeit der Maschine einen gewissen Betrag überschreitet. Auf dem äussersten
Ende der Spindel des Einströmventiles V (Fig. 1) ist eine kleine mit dem Gewicht P durch eine darüber gelegte Schnur K1 verbundene Rolle A befestigt, deren Durchmesser so bemessen ist, dass
das Ventil die Dampfeinströmöffnung vollständig schliesst, wenn das Gewicht P in seiner unteren Stellung angelangt ist. Beim Fallen
des Gewichtes trifft dasselbe mit dem Hebel L zusammen,
den es mitnimmt, so dass dadurch der Winkelhebel M,
welcher durch die Stange S mit dem Einspritzhahn B am Condensator verbunden ist, eine derartige Drehung
erleidet, dass letzterer geschlossen wird; in gleicher Weise erfolgt auch durch den
Hebel U das Oeffnen des Dampfhahnes C und der nun gegen den Kolben des kleinen
Dampfcylinders F drückende Dampf bewirkt den Anzug des
um eine Scheibe Q der ersten Vorgelegswelle gelegten
Bremsbandes.
Um das Durchgehen der Maschine zu verhüten, ist noch ein kleiner von dem
Steuerungsregulator betriebener Sicherheitsregulator R
(Fig. 1) mit festem Muff und beweglicher Spindel
angeordnet, dessen beim Wachsen der Geschwindigkeit über eine gewisse Grenze hinaus
aufwärts steigende Regulatorkugeln die Spindel mit einem Stromunterbrecher n (Fig. 2) in Berührung
bringen und damit durch das jetzt erfolgende Fallen des Gegengewichtes P den sofortigen Stillstand der Maschine bewirken.
Indess ist bei dieser Vorrichtung ein Durchgehen der Maschine immer noch nicht
ausgeschlossen, da das die Bewegungen von dem Steuerungsregulator auf den
Sicherheitsregulator übertragende Hilfsorgan (Riemen oder Schnur) mancherlei
Betriebsstörungen verursachen und auch die Bewegung des von der Schwungradwelle aus
betriebenen Steuerungsregulators durch die Zwischenmechanismen oft mehr oder weniger
beeinflusst werden kann.
Der Steuerungsregulator wird entweder ebenfalls durch einen Riemen, oder aber durch
conische Räder unter Zwischenschaltung einer Hilfswelle von der Schwungradwelle aus
betrieben; letzteres ist sicherer und wird deshalb auch vielfach ausgeführt,
obgleich diese Einrichtung die kostspieligere ist. Beim Riemenbetrieb kann auch hier
leicht wieder ein Zerreissen oder Herunterfallen des Riemens von den Scheiben
eintreten; letzteres lässt sich indess dadurch verhüten, dass man die Scheiben mit
Rändern versieht.
Textabbildung Bd. 280, S. 251Sicherung gegen Durchgehen der Dampfmaschine. Bei den von der Firma Powell in Rouen in
Paris 1889 ausgestellt gewesenen Maschinen (1890 276 *
402), waren zur Sicherung der Bewegungsübertragung auf den Regulator zwei Riemen und
vier Scheiben angeordnet, so dass wenn der eine Riemen versagte, der andere noch die
nöthigen Dienste verrichten konnte.
Einige Maschinenfabrikanten haben versucht, das selbsthätige Stillstehen ihrer
Maschinen auch in dem Falle zu ermöglichen, wenn der Regulator, sei es in Folge des
Reissens eines Riemens oder aus irgend welchem anderen Grunde in seine tiefste Lage
fällt und ein Durchgehen der betreffenden Maschine unausbleiblich sein würde.
Derartige Constructionen bieten in der That eine grosse Sicherheit und sind
namentlich an Corlissmaschinen vielfach mit Erfolg zur Ausführung gekommen.
V. Brasseur in Lille hat zu dem Zwecke die aus Fig. 6 ersichtliche Einrichtung getroffen. Ein Hebel
B dreht sich um einen am Regulatorständer S befestigten wagerechten Zapfen A und trägt an seinem äussersten Ende einen
rechtwinkligen Ansatz, welcher über dem gebogenen Ende der auf die Stangen V, welche zu den aussen auf den Hahnspindeln sitzenden
Hebeln führen, wirkenden Klinken P liegt. Wenn die
Regulatorkugeln fallen, sinkt der Hebel oder Schwengel F, die regulirbare Schraube D legt sich auf
einen Ring C des Hebels B
und drückt den letzteren herunter, so dass sich dessen rechtwinkliger Ansatz auf die
Klinken legt, diese auslöst und durch den nun unter Mitwirkung eines Luftpuffers
erfolgenden Verschluss der Dampfeinströmöffnungen im Cylinder die Maschine zum
Stillstehen bringt.
Textabbildung Bd. 280, S. 252Fig. 6.Sicherung gegen Durchgehen der Dampfmaschine von
Brasseur.Lecouteux und Garnier haben eine ähnliche Construction
an ihren Maschinen zur Ausführung gebracht.
Textabbildung Bd. 280, S. 252Fig. 7.Sicherung gegen Durchgehen der Dampfmaschine von Lecouteux und
Garnier. Wie aus Fig. 7 ersichtlich, steht der die
Klinken bethätigende Schwengel A wieder durch eine
Zugstange mit dem Regulator in Verbindung und trägt an seinem hinteren Theile einen
Daumen B, welcher beim Fallen der Regulatorkugeln in
ihre tiefste Lage die Klinken so hoch hebt, dass dieselben auf die nach den
Hahnspindeln führenden Stangen nicht mehr einwirken können – die Einlassöffnungen
bleiben dann geschlossen und die Maschine kommt zum Stillstand. Um die Ingangsetzung
derselben wieder herbeizuführen, hebt man mit Hilfe eines Hebels den Regulatormuff
so hoch, dass die Klinken wieder frei werden, und sichert die Stellung des Muffes
durch eine auf die Stange der Oelbremse wirkende Schraube; sobald die Maschine dann
in Bewegung ist, hat der Maschinist, damit ein selbsthätiges Abstellen derselben
wieder eintreten kann, die Schraube entsprechend zurückzudrehen.
Bei den von der Firma Matter und Cie. in Rouen erbauten
Maschinen (System Frikart) wird derselbe Zweck auf
folgende Weise erreicht: Der Regulator beeinflusst unter Vermittlung einer Achse b (Fig. 8) einen
dreiarmigen Hebel B; die Stellung b entspricht hierbei dem höchsten Regulatorstande, wenn
die Geschwindigkeit am grössten, diejenige b1 der Füllung Null, wenn die Geschwindigkeit am
kleinsten ist, so dass beim normalen Arbeiten des Regulators der Hebel B zwischen b1 und b zu liegen kommt
– die Stellung b2
entspricht dem tiefsten Regulatorstande. Der am Hebel B
befestigte Kopf C sowie der Daumen B nehmen die auf der Abbildung ersichtlichen
bezüglichen Stellungen CC1C2 und BB1B2 ein, und es ist
leicht einzusehen, dass wenn die vom Hebel E in der
eingezeichneten Pfeilrichtung mitgenommene Klinke F mit
der auf der Hahnspindel festgekeilten Kurbel G
zusammentrifft, ein Oeffnen der Dampfeinströmöffnung im Cylinder durch den Schieber
stattfindet; wenn indess der Daumen B die Stellung B2 annimmt, d.h. der
Regulator ganz nach unten gefallen ist, kommt der erstere mit der Klinke F in Berührung und bewirkt eine derartige Drehung
derselben, dass sie nicht mehr auf die Kurbel G
auftrifft und in Folge dessen die Einströmkanäle geschlossen bleiben.
Um die Maschine wieder in Gang zu bringen, hebt man den Regulatormuff oder verhütet
vor dem Stillstand der Maschine durch eine besondere Vorrichtung das vollständige
Fallen des Regulators in seine Endstellung; beim Arbeiten der Maschine löst sich
dann diese Vorrichtung selbsthätig aus.
Textabbildung Bd. 280, S. 252Fig. 8.Sicherung gegen Durchgehen der Dampfmaschine von Matter u.
Co.J. Farcot in Saint-Ouen verwendet bei seinen
Dampfmaschinen mit schwingenden Schiebern einen bereits 1886 262 * 148 beschriebenen Steuerungsmechanismus, der ebenfalls bei einem
Schadhaftwerden des Regulators das sofortige Schliessen der Dampfeinströmkanäle
bewirkt und damit ein Durchgehen der Maschine verhütet. Die Wiederinbetriebsetzung
derselben wird dadurch erreicht, dass man den Regulatormuff mittels Schraube und
Handrad wieder etwas in die Höhe hebt, so dass die betreffende, auf der Führung der
Schieberspindel lose bewegliche Scheibe (vgl. 1886 262 *
148) durch die mit dem Regulatormuff in Verbindung stehenden Glieder in Umdrehung
gebracht wird und durch das hierdurch erfolgte Freiwerden des zur Klinke gehörigen
Stiftes dieser in Folge der auf ihn einwirkenden Schraubenfeder in eine für die
Mitnahme der Einlassschieber günstige Stellung gelangt; sobald die Maschine ihre
regelmässigen Umdrehungen wieder ausführt, hat der Maschinist, in ähnlicher Weise
wie bei der Vorrichtung von Lecouteux und Garnier, die
Schraube wieder zurückzudrehen.
Es gestatten diese letzterwähnten Einrichtungen demnach das Abstellen und
Ingangsetzen einer Dampfmaschine ohne Zuhilfenahme des Einströmventils, was noch
insofern von ganz besonderem Werthe ist, als dadurch der Cylindermantel in steter
Verbindung mit dem Kessel bleibt und eine Abkühlung der Wandungen desselben nicht
eintreten kann.
Besondere Vorsicht ist indess mitunter auch noch dann nöthig, wenn der Regulator nach
erfolgtem selbsthätigem Stillsetzen der Dampfmaschine aufgehört hat, seine
Functionen zu verrichten und, namentlich bei gekuppelten Maschinen in dem Falle; wo jede Seite von einem besonderen Regulator
beeinflusst wird. Wenn nämlich die beiden Regulatoren unabhängig von einander
arbeiten, kann es vorkommen, dass der eine aus irgend welchem Grunde seine tiefste
Lage eingenommen hat und den selbsthätigen Abschluss des Dampfes in den Cylinder der
zugehörigen Maschine bewirkt, während die andere Maschine ihre Bewegungen fortsetzt
und die erstere leer mitnimmt; arbeiten dann die Maschinen mit Condensation, so kann
sehr leicht ein ziemlich heftiger Wasserschlag eintreten. Um dieses Vorkommniss zu
umgehen, ist es zweckmässig, die Regulatoren von einander abhängig zu machen und
zwar vielleicht in der Weise, dass, wie dies unter Anderen auch Lecouteux und Garnier bereits mehrfach ausgeführt
haben, beide Regulatoren durch ein und dieselbe Welle angetrieben werden, welche
ihre eigene Bewegung von der Schwungradwelle aus durch einen Riemen oder ein
Zahnrädervorgelege und zwar für jede Maschine besonders, erhält; wenn dann irgend
welche Ereignisse das Nichtfunctioniren des einen zur Fortpflanzung der Bewegung
dienenden Hilfsorganes herbeiführen, wird doch das andere wirksam bleiben und beide
Regulatoren gleichzeitig in Umdrehung versetzen, so dass auch beide Maschinen ihre
Bewegung ungestört weiter fortführen können.
Man kann auch die wechselseitige Bewegung zweier Hebel, welche behufs selbsthätiger
Abstellung der Dampfmaschine auf die Daumen von Klinken wirken, dazu benutzen, bei
einem Unfall an dem Bewegungsmechanismus des einen Regulators und erfolgtem
Stillstand der zugehörigen Maschine, auch die andere Maschine gleichzeitig mit
abzustellen.
Eine derartige Einrichtung (Fig. 6) hat kürzlich auch
in der Spinnerei von Hirson der Director Jlantin derselben getroffen, nachdem durch die
gegenseitige Unabhängigkeit der Regulatoren einer gekuppelten Maschine ein grösseres
Unglück herbeigeführt wurde.
Häufig findet man auch für beide Maschinenseiten eines gekuppelten Motors nur einen
einzigen Regulator angeordnet, wodurch dann selbstverständlich die mit der
Verwendung zweier Regulatoren bezüglichen Uebelstände vollständig in Wegfall
kommen.
Fr.