Titel: Strassenlocomotive von Ch. Burrell and Sons in Thetford.
Autor: Fr.
Fundstelle: Band 280, Jahrgang 1891, S. 253
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Strassenlocomotive von Ch. Burrell and Sons in Thetford. Mit Abbildungen. Strassenlocomotive von Ch. Burrell and Sons. Auf dem vorjährigen Plymouth Show der Royal Agricultural Society in London befand sich unter anderem eine von der Firma Charles Burrell and Sons in Thetford ausgestellte Strassenlocomotive, welche sowohl zur Fortbewegung schwerer Lasten auf mehr oder weniger gut chaussirten Wegen, wie auch für das Grossgewerbe und namentlich die Landwirthschaft vortheilhaft verwendet werden kann. Wie Engineering, 1890 S. 739, bezieh. Engineer, 1890 S. 469, und Revue industrielle, 1891 S. 41, berichten, hat die Locomotive, anderen Constructionen gegenüber, insofern grosse Vorzüge aufzuweisen, als sie nach dem Verbundsystem mit zwei Cylindern arbeitet, deren Kolben eine gemeinschaftliche Kurbel bethätigen und ausserdem auf ihrer Treibachse nicht unvermittelt, sondern unter Zwischenschaltung von Federn ruht, so dass heftige Erschütterungen, welche für die Maschine sowohl als auch für die gute Instandhaltung der durchfahrenen Strecken von grossem Nachtheil sein würden, nicht eintreten können. Textabbildung Bd. 280, S. 253Burrell's Strassenlocomotive. Wie die Abbildungen Fig. 1 und 2 erkennen lassen, sind die beiden zusammengegossenen Cylinder schräg über einander gestellt, sowie mit einem Mantel umgeben, der gleichzeitig als Dampfdom dient und auf seinem oberen Theile ein Doppelsicherheitsventil, System Ramsbottom, welches die Ueberschreitung eines bestimmten Dampfdruckes verhindert, trägt. Die Stangen der beiden Kolben sind mit einem entsprechend geformten Kreuzkopf verbunden, welcher mittels gusseiserner Schuhe von bedeutender Länge auf den aus Stahl gefertigten Schienen gleitet und seine hin und her gehende Bewegung durch eine Stange auf die Kröpfung der Schwungradwelle überträgt. Es ist bei dieser Anordnung, im Gegensatz zu den mit zwei neben einander liegenden gekuppelten Cylindern arbeitenden Maschinen, deren Kolben mit zwei Kurbeln verbunden sind, die Schwungradwelle zu beiden Seiten der Kurbelkröpfung noch um so viel frei, dass sich hier Lager mit verhältnissmässig langen Schalen anordnen lassen, die eine geringe Abnutzung der Welle sichern. In gleicher Weise sind auch die Schieberstangen beider Cylinder mit einem Querriegel verbunden, der seine Bewegungen von einer Stephenson'schen Coulisse ableitet. Der im Hochdruckcylinder wirksam gewesene Dampf geht direct in den Niederdruckcylinder, so dass ein Zwischenbehälter entbehrlich wird und, wie die abgenommenen Diagramme erkennen lassen, ein Spannungsabfall des Arbeitsdampfes beim Uebertreten von dem einen in den anderen Cylinder nicht eintritt; der Abdampf des Niederdruckcylinders wird durch ein vorn in eine Düse endendes Rohr dem Stutzen des Schornsteins zugeführt und trägt hier durch die beim Abblasen geäusserte absaugende Wirkung zur Erhöhung des Zuges im Kessel bei. Die Kurbelwelle A (Fig. 3) überträgt ihre empfangene Drehbewegung mittels zweier Getriebe von verschiedenem Durchmesser, welche durch eine gewöhnliche Einrückvorrichtung mit dem einen oder anderen Zahnrade C in Eingriff gebracht werden können, auf die Welle B, welcher demnach zwei verschiedene Geschwindigkeiten ertheilt werden können. Die Räder C drehen sich auf einer Verlängerung D des hohlen Rohres Q, welches zur Absteifung der beiden Achsenhalter dient; sie übertragen ihre Bewegung unter Zwischenschaltung eines Universalgelenkes E (Fig. 5) derart auf die Welle B, dass diese bei ihrer Drehbewegung um die wagerechte Achse des letzteren schwingt. An ihrem anderen Ende ist die Welle B von einem Lager F (Fig. 4) umgeben, welches sich in einer Büchse G auf und nieder bewegen kann und durch die Stange H mit der Achsbüchse J verbunden ist, die in senkrechter Richtung zwischen angenieteten Führungen S der Achsenhalter X beweglich ist. Es wird demnach die Entfernung zwischen dem Lager F und der Achsbüchse J stets eine unveränderliche bleiben, selbst wenn bei unebenem Terrain durch heftige Erschütterungen die Tragfedern der Achse O zusammengedrückt werden. Das am äussersten Ende der Welle B aufgekeilte Getriebe M bleibt deshalb mit dem Rade N in beständigem Eingriff und bewirkt durch die mit diesem auf der Achse O sitzenden Treibräder P eine stete Fortbewegung der Locomotive. Das Stahlrohr Q ist mit der ebenfalls aus Stahl hergestellten, am Achsenhalter X befestigten Büchse G vernietet und verhütet in Folge seines bedeutenden Durchmessers etwaige bei auftretenden Stössen leicht eintretende Biegungen und Krümmungen der Achsenhalter. Die Federn, welche sich bequem mittels der an ihrem unteren Ende befindlichen Muttern anspannen lassen, können, wenn es nothwendig ist, ohne die Maschine aus einander nehmen zu müssen, erneuert werden. Das Vordertheil der Locomotive wird ebenfalls von einer Feder getragen, die in einem unterhalb des Kessels angenieteten gusseisernen Kasten liegt und durch eine im Innern der Rauchkammer zugängliche Mutter nachgespannt werden kann; in den vorgenannten Kasten greift auch ein Zapfen des mit zwei seitlich vom Kessel befindlichen Rädern versehenen Laufgestelles, welches vom Führerstande aus mittels Handrad, Schnecke, Schneckenrad und Kette in wagerechter Richtung gedreht bezieh. gelenkt werden kann. Textabbildung Bd. 280, S. 254Burrell's Strassenlocomotive. Der mit kupferner Feuerbüchse und Messingrohren versehene Kessel ist einem Dampfdrucke von 150 Pfd. auf einen englischen Quadratzoll entsprechend ausgeführt; die Speisung erfolgt mittels Handpumpe oder Injector, System Gresham. Die Locomotive entwickelt nach den angestellten Versuchen mit 200 minutlichen Umdrehungen und 11,24 at Dampfspannung im Kessel eine Leistung von 80 ; zur Fortbewegung einer Last von 20,5 t mit einer Geschwindigkeit von 3,5 km in der Stunde auf einer Steigung von 1 : 13 genügten 33 indicirte ff und für dieselbe Steigung brauchte die Locomotive beim Leerlauf nur 13 ff; es ist demnach zum Transport einer Tonne auf einer Steigung 1:13 mit der genannten Geschwindigkeit eine indicirte erforderlich. Fr.