Titel: | Der basische Martinofen mit Magnesiaausfütterung. |
Autor: | Leo |
Fundstelle: | Band 280, Jahrgang 1891, S. 261 |
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Der basische Martinofen mit
Magnesiaausfütterung.
Der basische Martinofen mit Magnesiaausfütterung.
Der Martinprocess an sich als ein durchaus intermolecularer gestattet die Abscheidung
der Verunreinigungen des flüssigen Metalles in denkbarster Vollkommenheit; der
flüssige Zustand des Bades gewährleistet die Möglichkeit der Erreichung einer
Gleichmässigkeit der Zusammensetzung des Productes, an welche die der
windgefrischten Birnenblöcke nicht heranreicht, die diese vielmehr in den weitaus
meisten Fällen in ganz erheblichem Masse übertrifft.
Dieser in qualitativer Beziehung schwerstwiegenden Thatsache reihen sich wesentliche
Vorzüge auf dem Felde der Oekonomie an und bewirken zusammen mit ihr, dass das
Flammofenfrischen in der Eisenindustrie nicht mehr übersehen werden kann.
Vor wenig mehr als zehn Jahren spaltete sich der Martinprocess, wie vorher bereits
das Windfrischen in der Birne, in zwei Arten: dem sogen. bis dahin allein üblichen
saueren trat das basische Verfahren zur Seite. Dasselbe hat seitdem durch seine
allmählich herausgebildete technische Vollkommenheit die ausserordentlichste
Bedeutung gewonnen, die sich in augenfälligster Weise durch die rapide, von Monat zu
Monat zunehmende Vermehrung der basischen Martin anlagen zu erkennen gibt.
Das basische Martin verfahren gestattet nahezu unbeschränkt die Verwendung
minderwerthiger Abfälle, die Zugutemachung jeden Roheisens, sofern dasselbe
bestimmte, enger gezogene Grenzen im SchwefelgehalteSchwefelreicheres Roheisen müsste vorher nach Rollet im basischen, mit Magnesiaziegeln ausgekleideten Cupolofen
unter reichlichem Kalkzuschlag langsam und bei auf 500 bis 600° geheiztem
Winde umgeschmolzen und entschwefelt werden. nicht überschreitet,
und man ist damit so weit gekommen, dass Einsätze mit bis sechzig und mehr
Gewichtsantheilen luxemburg-lothringischen Roheisens mit zweiprocentigem
Phosphorgehalt anstandslos im basischen Martinofen zu vorzüglichem Product
verarbeitet werden.
Selbst aus Rohmaterialien recht zweifelhafter Beschaffenheit erfrischt, ist der
basische Martinblock das vollkommenste und billigste Material für die Blech-,
Feinblech- und Drahterzeugung; seine weichen Sorten zeichnen sich aus durch
vorzüglichste Schweissbarkeit, die Darstellung beliebig harter Güsse selbst bis zum
härtesten Federstahl bereitet bekanntlich nennenswerthe Schwierigkeiten schon längst
nicht mehr und ist durch das Rückkohlungsverfahren mit festem Kohlenstoff (Darby, Thielen) in den letzten Jahren noch wesentlich
erleichtert worden.
Die Uebersichtlichkeit der Arbeit im Ofen, die Leichtigkeit der Controle des
qualitativen Fortschreitens derselben und dadurch die Ermöglichung jederzeit
leichter und sicherer Herstellung eines Productes von ganz bestimmter, verlangter
Beschaffenheit theilen beide Arten des Martinprocesses mit einander; während die
letztere im saueren Verfahren aber immer ein vorzügliches, reines Rohmaterial dazu
erheischt und mangels dessen für qualitative Ansprüche ausgeschlossen bleibt, ist
der basische Process, wie früher bereits gesagt, minder heikel, arbeitet erheblich
rascher und sein Ofen ist bis zur Gegenwart der einzige hüttenmännische Apparat
geblieben, in welchem die Mitverwendung von Erzen in grösserem Massstabe mit
leidlichem finanziellen Erfolge durchgeführt werden kann.
Dies alles wie die unbestrittene Güte seines Endproductes stellen den Process im
basischen Martinofen, der. durch den fast unbegrenzt dauernd haltbaren,
betriebssicheren Magnesiaherd seine Vollkommenheit erhielt, ausserordentlich hoch
und sein Werth wird sicher nicht dadurch herabgesetzt, dass es in Folge der weniger
kostbaren Ofenanlage und der Möglichkeit kleineren Zuschnitts derselben nicht zu den Seltenheiten
gehört, dass Werke, denen nur geringe Abfallmenge zur Verfügung steht, bezieh.
kleinere Werkstätten und Giessereien basisch ausgefütterte Oefen von nur 2 bis 3 t
Fassung mit Vortheil betreiben. Der letztere Fall bedingt, da die Betriebsthätigkeit
so kleiner Oefen meist nur eine intermittirende zu sein pflegt, die Benutzung von
Magnesia zur Ausfütterung, weil Dolomit in Folge seiner hygroskopischen Eigenschaft
einen derartigen Betrieb nur schlecht gestattet.
Nach menschlichem Ermessen darf man vom basischen Martinprocess mit Anspruch auf
Sicherheit annehmen, dass ihm, obwohl er unter den gegenwärtigen Methoden der
Darstellung schmiedbaren Eisens die jüngste, zweifellos die Zukunft gehört, und es
kann nicht Wunder nehmen, dass unter den dargelegten Umständen jede neue Woche neue
Oefen für denselben errichten sieht, nicht allein in Districten, wo in Folge
geringerer Qualität der nutzbar erreichbaren Erze nur Roheisen minderer Güte erzeugt
wird, sondern dass auch in solchen Revieren, deren Eisenproducte von je sich eines
hohen Rufes erfreuen, die Umwandeluug sauerer Oefen in basische immer öfter und in
immer rascherer Aufeinanderfolge sich vollzieht.
Es liegt auf der Hand und bedarf nicht besonderer Hervorhebung, dass in gewissem
Sinne die Umwandelung eines sauer zugestellten Martinofens in einen basischen und
die Neuerrichtung eines der letzteren Art gefördert oder verhindert wird durch
leichte oder erschwerte Beschaffung geeigneten Zustellungsmaterials, als welches, im
Grossen und Ganzen genommen, heute nur mehr Dolomit und Magnesit in Frage kommen,
beide in Form von gebrannter, mehr oder weniger vorgerichteter Ware und als Ziegel.
Chromerz wird durch seinen überaus hohen Preis und durch die in Folge seines sehr
hohen specifischen Gewichtes bedeutende Frachtrate neben keineswegs stets
zuverlässiger Qualität fortschreitend immer weiter zur Seite gedrängt, und
zahlreiche Hüttenmeister, welche früher ohne Chromerz auszukommen nicht für möglich
hielten, haben auf den Gebrauch desselben bei ihren Oefen schon gänzlich verzichtet.
Auch der sogen. neutrale, aus Chromerz hergestellte Herd hat grössere Verbreitung zu
erringen bisher nicht vermocht.
Das zuverlässigste von beiden Zustellungsmaterialien ist der Magnesit, der schon
allein durch das Fehlen jeglicher hygroskopischen Eigenschaft dem Dolomit weit
überlegen ist, denn weder lässt sich gebrannter Dolomit während längerer Zeit
magaziniren, ohne aus der Atmosphäre Feuchtigkeit aufzunehmen und unverwendbar zu
werden, noch auch bleibt selbst bei nur wenigtägigem Kaltlager ein schon längere
Zeit hindurch in Betrieb gestandener dolomitgefütterter Ofen im betriebsfähigen
Bauzustande aus demselben Grunde. Andererseits aber ist auch die Haltbarkeit des
Dolomitfutters im Betriebe selbst stets eine beschränkte, Reparaturen sind bei ihm
überraschend häufig erforderlich und nehmen vielfach grossen Umfang an. Von dem
allen ist bei Verwendung von Magnesit nicht die Rede. Schliesslich ist ein Dolomit
von völlig befriedigender Beschaffenheit relativ selten und stellt sich fertig zum
Gebrauch den Werken nichts weniger als billig. Als Beleg für diese Behauptung sei
nur angeführt, dass ein bedeutendes Werk in Steiermark Jahre hindurch zur Zustellung
seiner basischen Oefen Dolomit aus Belgien beziehen musste und bezog.
Ist auch Magnesit in für den Martinofen vollkommen brauchbarer Beschaffenheit
nur in den steirischen Kalkalpen vorhanden und aufgeschlossenDie
analytische Bestimmung C. Später's, Veitsch,
Steiermark, in Debit kommenden sintergebrannten Magnesits ergab: SiO2 3,07, FeO 7,72, Al2O3 0,43,
CaO 3,48 und MgO 83,84, Rest: Calo.Ueber die Feuerfestigkeit Veitscher Magnesiaziegel spricht sich Professor Dr.
Seger, Berlin, welcher um Bestimmung
derselben ersucht worden war, wie folgt aus: „Wir haben aus
Retortengraphit, also nur Kohlenstoff ohne eine nennenswerthe
Aschenbeimengung (unter 0,1 Proc.) Platten geschliffen; die eine dem
Thonkegel 35 unterlegt, drei andere seitwärts aufgestellt, so dass die
Berührung desselben mit den Wänden des aus Magnesit mit Mehlkleister
geformten Tiegels vollkommen ausgeschlossen war. Ausserhalb dieses aus
Kohle im Tiegel gebildeten Behälters wurde ein Splitter des
Magnesiaziegels aufgestellt, an der einen Seite an der Tiegelwand, an
der anderen an Kohle anliegend. Dieser Tiegel wurde im Devilleofen bis
aufs Aeusserste erhitzt und etwa 2 Stunden im Gebläsefeuer desselben
gelassen. Gefeuert wurde mit zu Haselnussgrösse zerschlagenem
Retortengraphit. Jedenfalls ging die Hitze des Ofens weit über das Mass
hinaus, welches wir sonst zur Prüfung von feuerfesten Thonen verwenden,
denn kein feuerfester Thon hält diese Temperatur aus und sämmtliche
Tiegel und geglühte Massen gehen dabei zu einer unförmlichen Schlacke
zusammen. Nur die Magnesittiegel halten sich in diesem Feuer
unverändert, werden nur schwarz und völlig krystallinisch, erhalten aber
ihre Form unverändert. Verbrannt wurden dabei 4 k Retortengraphit,
während wir bei Thonprüfungen in der Regel mit 2 bis 2 72 k ausreichen.
Hierbei war der Kegel 35 vollständig niedergegangen und hatte sich in
ein Haufwerk kleiner Krystalle verwandelt, in und auf einer
geschmolzenen Masse sitzend. An dem Tiegel aber sowie an dem
Magnesiaziegelsplitter war dagegen nichts von Schmelzung zu sehen; nicht
einmal die scharfen Kanten desselben waren geändert. Es geht hieraus
zweifellos hervor, dass die Magnesia des Ziegels jedenfalls viel
feuerfester ist, als die besten Thone nur sein können. Die angewendete
Temperatur lag weit über Platinaschmelzhitze. Nur die Theile des Tiegels
und der Probe, welche an der Kohle anlagen, zeigten ein weissliches
Aussehen, aber keine Schmelzung. 4. Februar 1891. und
deshalb für von da weit entfernt gelegene Districte ein vergleichsweise nicht eben
billiges Ofenmaterial, so wird dies doch mehr als gut gemacht durch seine
vorzüglichen Eigenschaften, die ihn hoch über den Dolomit stellen und ihm im
basischen Martinbetriebe weit über die Grenzen seines Vaterlandes hinaus heute schon
eine bevorzugte und vielfach unerschütterlich gewordene Stellung verschafft
haben.
Aus dem weiter oben Angedeuteten geht hervor, dass der sintergebrannte Magnesit
nichts von Hygroskopie kennt. Aufgenommene Feuchtigkeit treibt vorsichtige Erhitzung
vor seiner Verwendung wieder aus, ohne irgend nachtheilige Folgen zurückzulassen; er
verhält sich der Kieselsäure gegenüber vollständig indifferent und nur Thonerde muss
von ihm so fern als möglich gehalten werden. Die ersterwähnte Eigenschaft gestattet
seine Magazinirung auf jede Zeitdauer und seine Versendung über weite Meere; sein
Indifferentismus gegen Kieselsäure macht die Einschaltung eines isolirenden Mediums
zwischen dem Silicatgewölbe des Martinofens und der aus ihm hergestellten Umwandung
entbehrlich, er ist selbst zu verwenden und wird vielfach verwendet als solches
zwischen Dolomitwand und Silicatgewölbe; ein Dolomitherd kann ohne Gefahr auf einem
Unterbau aus Magnesiaziegeln aufgestampft, es kann eine Dolomitschicht auf einen
Magnesiastampfherd aufgebrannt werden und der corrodirende Einfluss der Kieselsäure
basischer Schlacken hat nur verschwindend Wirkung auf MagnesitIn neuerer
Zeit haben Magnesiaziegel ihre Widerstandsfähigkeit gegen Kieselsäure in
glänzender Weise bei Verwendung im Glaswannenofen und als Ausfütterung des
Untergestelles eines Eisenhochofens erhärtet.. In Folge dessen
sind die nach jeder Hitze gewöhnlichen Reparaturen an Herd und Umwandung des basischen
Martinofens, welche beim Dolomitofen bis zu 100 k und mehr Material auf die
Productionstonne ausgeschlagen und bis zu 120 Minuten und mehr Zeit zur Ausführung
pro Hitze erheischen, meist klein, mit wenigem Material und in kürzester Zeit
auszuführen, Vortheile, die der Betriebschef jeder Martinhütte zu schätzen weiss,
dem Arbeits- und Zeitersparung Steigerung der Production, Verringerung der
Selbstkosten, überhaupt erhöhte Fructificirung des in seinem Werke investirten
Kapitals bedeuten.
Der basische Martinofen Deutschlands und Oesterreich-Ungarns wird in den
verschiedensten Abmessungen aufgeführt; im Allgemeinen lässt sich erkennen, dass der
erste basische Ofen eines Werkes meist geringerer Fassung ist als seine Nachfolger
und gewissermassen als Experimentir-, als Lehr- und Lernofen dient.
Vielfach ist dieser Erstling ein Siebentonnenofen und acht-, zehn-, zwölf- und
fünfzehntonnige bilden seine spätere Gefolgschaft. Wenige Hütten sind über die
letztere Grösse hinaus gegangen und basische Oefen von 20 und 25 t Fassung sind nur
ganz vereinzelt in den genannten Ländern vorhanden.
Nachstehend folgen die Hauptmasse einer Anzahl von Martinöfen mit Magnesiafutter:
Der Herd eines Siebentonnenofens misst 7,0 bis 8,3 qm bei 3,2 bis 4,2 m Länge und 1,9
bis 2,3 m Breite: der achttonnige Ofen hat eine Herdfläche von 9,8 bis 10,4 qm bei
4,4 m Länge und 2,4 m Breite; normaler Zehntonner Herdfläche wechselt von 9,2 bis
12,5 qm, ihre Herdlänge von 3,8 bis 5,0 m und ihre Herdbreite von 2,3 bis 2,7 m.
Beim Zwölftonnenofen findet man einen Herd von 14,0 qm, der 5,4 m lang und 2,6 m
breit; andererseits aber ist dem Schreiber dieses ein Dreizehntonner bekannt, dessen
Herdfläche nur 12,3 qm enthält und der 4,4 m + 2,8 m im Herde misst.
Als normal sind auf Grund erzielter bester Resultate für den Sieben-, Acht-, Zehn-
und Zwölftonnenofen zu betrachten eine Herdfläche von 8, 10, 12,5 und 14 qm, eine
Herdlänge von 4,2, 4,4, 5,0 und 5,4 m und eine Herdbreite von 1,9, 2,4, 2,5 und 2,6
m.
Die Einströmungsöffnungen für Gas (a) und für
Verbrennungsluft (b) haben fast bei jedem Ofen andere
Querschnitte und vielfach Verhältnisse zu einander, die unter ein bestimmtes Gesetz
nicht mehr zu bringen sind und manchmal den Eindruck willkürlicher Wahl machen. Die
Zahl der von den Regeneratoren zu den Ofenköpfen führenden Kanäle wechselt für Gas
von 2 bis 4 und für Luft von 2 bis 5 (letztere fand Referent beim Fünfzehntonner).
Beim Siebentonnenofen misst a = 1570 und b = 2180, bei einem anderen 2162 und 3850, bei einem
dritten aber a wie b 2300,
und dies letztere Mass bezieh. dies Verhältniss beider zu einander wird auf Grund
erreichter Resultate als zweckentsprechend und richtig zu betrachten sein.
Ein mit vorzüglichem Erfolg arbeitender Zwölftonnenofen misst in den
Einströmungsöffnungen für Luft und Gas gleichmässig je 4135, ein unter Staatsregie
betriebener ungarischer Achttonner, dessen Leistungen ebenfalls nichts zu wünschen
übrig lassen, gibt beiden nahezu den gleichen Querschnitt, wie der eben erwähnte
Zwölftonner (4128 und 4080), dagegen hat ein anderer ungarischer basischer
Martinofen von 13 t Fassung, der nicht ungünstig arbeitet, dieselben gleichmässig
auf 2300 verkleinert.
Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass hervorragend gut arbeitende Oefen
beiderlei Einströmungsöffnungen gleich gross dimensioniren und dass Oefen, bei denen
die Querschnitte derselben sich zu einander verhalten wie 22 (a) zu 39 (b) oder wie 216
zu 385 besonders günstige Ergebnisse nicht eben oft erreichen.
Man verlegt fast ausnahmslos den Luftzutritt über die Gaseinströmungen, erstreckt
denselben über den ganzen Kopf des Ofens und gibt ihm einen gegen den Herd
gerichteten Stich. Es ist hierbei zu beachten, dass der Querschnitt der über die
ganze Schmalseite des inneren Ofens reichenden Ausströmungsöffnung die Summe der
Querschnitte der sämmtlichen aufsteigenden Luftkanäle an Grösse nicht übertrifft,
weil dadurch der Zug bezieh. die Einströmungsgeschwindigkeit der Verbrennungsluft
retardirt und die Mischung von Luft und Gas beeinträchtigt werden würde.
Die Gaseintrittsöffnungen legt man nicht durchaus symmetrisch zur langen Achse des
Ofens; zu mehrerer Schonung der Rückwand wird die dieser zunächst liegende
Eintrittsöffnung dem Ofenmittel um 15 bis 20 cm näher gerückt, als bei gleich
massiger Vertheilung der Fall sein würde.
Das Silicatgewölbe des Ofens erlangt eine grössere Dauer bei höherer Lage und diese
Bauart bevorzugt man immer mehr. Eine der renommirtesten Stahlhütten Europas
betreibt basische Oefen, deren Gewölbe völlig kuppelförmigen Zuschnitt haben, und
erzielt damit bezüglich der Dauer ganz vorzügliche Resultate. Die Höhe des Gewölbes
über dem Herde misst bei den basischen Oefen Steiermarks 1,050 bis 1,200, bei denen
Ungarns 1,350 bis 1,420 m und die vorher erwähnten kuppelförmigen Gewölbe überhöhen
den Herd in mehr als 2 m Entfernung.
Der Rauminhalt der Wärmespeicher für die Verbrennungsluft und für das Gas ist bei
vielen Anlagen gleich gross, bei einzelnen ist der der ersteren grösser als der der
letzteren, bei anderen wieder findet das
Entgegengesetzte statt. Eines der renommirtesten basischen Martinwerke Oesterreichs
mit Zwölftonnenöfen gibt bei derlei Wärmespeichern den gleichen Rauminhalt: 16,4
cbm.
Nach den jahrelangen Erfahrungen eines Werkes, welches seine drei Zwölftonnenöfen
ausschliesslich mit Magnesit ausfütterte, die Wände, Feuerbrücken und den ganzen
Herd aus sintergebranntem Magnesit mit Theer aufstampft, berechnet sich der ganze
Verbrauch an letzterem Material im Durchschnitt auf 2 Proc. vom Gewichte der
Production an Stahl, er beträgt gewöhnlich aber nur nach jeder Hitze 50 bis 100 k
und die laufenden Reparaturen erfordern zur Ausführung nie über 30 Minuten Zeit. Die
aus mit wasserfreiem Theer gemischtem Magnesit aufgestampften Herde haben niemals
einen Unfall veranlasst, sie hielten 700 und mehr Hitzen aus, während nach 250 bis
300 Hitzen ein neues Gewölbe aus Silicatsteinen aufgelegt und nach etwa 500 die
Umfassungswände erneuert werden mussten.
Mit Bequemlichkeit werden in den Oefen des eben angezogenen Werkes arbeitstäglich
über 4 Hitzen abgeführt, deren Einzeldauer einschliesslich der Reparaturen 5 Stunden
10 Minuten ausmacht. Volle 2 Stunden hiervon werden zum Eintragen der stets kalt
gegebenen Ladung verbraucht, welche aus 18 Gewichtstheilen Roheisen und 82
Gewichtstheilen sperrigem Materialeisen geringerer Qualität (verrostetes Blech,
Drahtgeflechte u.s.w.) besteht, und die Jahresproduction eines Ofens beläuft sich auf 11800 t
Blöcke und mehrIm Jahre 1890
waren ständig nur zwei der Oefen dieses Werkes im Feuer, während der dritte
als Reserve diente. Beide Oefen führten zusammen 2130 Hitzen ab und
lieferten damit 25040 t Blöcke, wobei nur 0,05 Proc. Ausschuss fiel und für
1 t erzeugte Blöcke nur 340 k Glanzkohlen vergast wurden., da die
Summe seiner Hitzen im Jahre bei der hier üblichen sorgfältigen Behandlung und
exacten Bedienung die Zahl 1000 erheblich zu übersteigen pflegt. Man kohlt auf
diesem Werke bereits seit Jahren mit festem Kohlenstoff (Koks) wieder auf und hat,
von kleinen Anfängen in dieser Beziehung ausgehend, mittels des einfachsten
Apparates dieses Verfahren lange vor Darby und Thielen angewendet und immer weiter ausgedehnt. Da man
hier vom Martinofen auch vielfach Gussstücke (Herzstücke und anderes
Eisenbahnmaterial) zu liefern hat, setzt man in diesem Falle, um blasenfreien festen
Guss zu erreichen, neben Ferrosilicium auch kleine Mengen Ferroaluminium in der
Giesspfanne zu und erreicht damit äusserst zufriedenstellende Resultate.
Bei einem anderen Werke (Steiermark), dessen basischer Ofen nur 7 t Blöcke in der
Hitze liefert, ging im October 1890 die 960. Hitze über einen und denselben
Magnesitstampfherd und es war noch keine Veranlassung vorhanden, denselben zu
erneuern.
Diese Ergebnisse sind allerdings mit der ausgezeichneten Schulung der dort leitenden
Ingenieure und Meister zu verdanken, von denen keiner die Entphosphorung seines
Bades vom Magnesit verlangt, sondern dieselbe allein den basischen Zuschlägen
überweist.
Beklaglicherweise ist eine solche Schulung nicht überall von vornhinein zu finden und
die für den Erfolg grundlegende Erfahrung und Uebung muss trotz aufgewendeter
Sorgfalt zuweilen recht theuer erkauft werden.
Der Aufbau eines Magnesiaherdes kann in zweierlei Weise erfolgen, die nachstehend
kurz skizzirt werden soll; werde die eine oder die andere eingehalten, immer muss
die peinlichste Auswahl des Materials und die allerschärfste Ueberwachung der
Arbeitsausführung dabei walten, soll die Möglichkeit späterer, ärgerlichster
Betriebsstörungen ausgeschlossen bleiben, zu denen oft schon anscheinend
unbedeutende Verstösse gegen dieses Grundgesetz führen.
Der Magnesiaherd des basischen Ofens, als Stampfherd oder als Sinterherd hergestellt,
erhält in beiden Fällen einen Unterbau aus scharfgebrannten feuerfesten Ziegeln, als
welche Magnesiaziegel, obschon theuerer, sich wegen des mit der daraufliegenden
Magnesiamasse gleichen physikalischen Verhaltens – gleiche Ausdehnung, gleiches
Wiederzusammenziehen bei Erhitzung und Wiedererkaltung – am meisten empfehlen.
Dinas- wie Quarzziegel wachsen in der Hitze, während der Magnesiaziegel darin
unverändert bleibt, und Thon-Chamotteziegel sind auszuschliessen, weil Thonerde und
Magnesia in hoher Temperatur mit einander Schmelzung eingehen; bei Verwendung der
ersteren Sorten unter Magnesia kann leicht durch das Wachsen und Wiederschwinden
eine Lockerung des Verbandes eintreten und ist dann eine Spaltung der oberen
Herdfläche nicht völlig sicher ausgeschlossen.
Die zu verwendenden Materialien: Magnesiaziegel, Stampf- oder Sintermagnesit und beim
Stampfherde der als Bindemittel dienende Steinkohlentheer sollen absolut wasserfrei
sein und werden mit Ausnahme des Sintermagnesits so heiss als möglich
verarbeitet; Feuchtigkeit in ihnen enthalten entwickelt bei Inbetriebnahme des Ofens
Dämpfe, die in Folge des starken Niederdruckes der Stampfarbeit schwer zu entweichen
vermögen, hohe Spannung annehmen und leicht zum Abschalen mit der Möglichkeit des
Baddurchbruches führen können.
Selbstverständlich ist es, dass der Ziegelunterbau des Herdes nur enggefugt
ausgeführt werde und dass man Sorge trägt, dass auch der kleinste Fugenhohlraum zur
Ausfüllung gelangt.
Nicht jeder entwässerte Steinkohlentheer ist als Bindemittel für Magnesiastampfmasse
und Mörtel verwendbar, sondern nur solcher, welcher in hoher Hitze zusammensintert,
nicht aber bei der Koksbildung sich aufbläht. Sich aufblähender Theer veranlasst
eine gewisse Porosität der aufgestampften Partien, bei der ein Eindringen des Bades
in dieselben nicht immer sicher ausgeschlossen bleibt und die der Corrodirung durch
das Verkochen des Bades und mechanischen Angriffen beim Eintragen des kalten
Chargenmaterials nicht den erforderlichen Widerstand zu leisten vermag.
Ist zu Theermörtel feingemahlener sintergebrannter Magnesit zu nehmen, so widersteht
allen Betriebsangriffen eine Stampfmasse energischer, welche nur etwa 25
Gewichtstheile Mehl enthält, sonst aber aus Körnern von 2 bis 5 mm und von Erbsen-,
Bohnen- und Nussgrösse besteht.
Der Theerzusatz im Mörtel wie in der Stampfmasse schwankt zwischen 8 und 12 Proc. vom
Gewichte des Magnesits, die natürlich möglichst gleichmässig in der ganzen Masse
vertheilt sein müssen.
Das Eintragen der hoch zu erhitzenden Theerstampfmasse hat stets nur in schwachen
Schichten zu erfolgen, die mit rothwarmen eisernen Stampfern so lange gleichmässig
und fest niedergeschlagen werden, als sich in ihnen noch die geringste Spur von
Elasticität zeigt. Diese Arbeit, von deren guter Ausführung die Dauerhaftigkeit des
Herdes zum guten Theile bedingt wird, ist mit peinlichster Sorgfalt zu überwachen
und es ist streng darauf zu achten, dass kein Theil der ganzen Herdfläche, sei er
auch noch so klein, locker bezieh. elastisch bleibe.
Der Magnesiaumwandung des Ofens, gleichviel ob aufgestampft oder aus Ziegeln
aufgemauert, gibt man gegen den Herd gerichtet eine Dossirung bezieh. einen
treppenförmigen Zuschnitt, der sie gegen die obere Partie nach unten hin um etwa 20
cm verstärkt und gegen die Angriffe des kalten, starren Chargenmaterials beim
Eintragen wesentlich widerstandsfähiger macht. Defecte, durch solche Angriffe
entstanden, werden leicht durch Anwerfen ausgesiebten Magnesitmehls, welches einige
Stunden vor Verwendung massig und gleichmässig angefeuchtet wurde, reparirt.
Es empfiehlt sich, zwei grosse Einsatzthüren und zwischen ihnen eine erheblich
kleinere Arbeitsthür anzuwenden, um einer übermässig schroffen, sich oft
wiederholenden Abkühlung beim Oeffnen während der Hitze möglichst enge Grenzen zu
ziehen.
Langdauernde Aufbewahrung fertigen Theermörtels und fertiger Theerstampfmasse ist
nicht räthlich;. beide nehmen leicht Feuchtigkeit aus der Atmosphäre auf, deren
mögliche schädliche Wirkungen bereits weiter oben angedeutet wurden.
Weniger oft als das Aufstampfen ist bislang das Aufsintern
bei Herstellung eines Magnesiaherdes angewendet worden, obwohl damit eine
ausserordentlich bedeutende Haltbarkeit neben anderen weiterhin zu berührenden
Vortheilen erreicht wird.
Dass bereits seit längerer Zeit einzelne Werke den Magnesit anstatt mit
Steinkohlentheer mit Dolomitmilch gebunden und dadurch ein Zusammensintern desselben
in der Hitze herbeigeführt haben, ist aus einschlägigen Reiseberichten bekannt;
andere Werke haben das gleiche Verfahren versucht, loben aber die damit erreichten
Resultate nicht. Jene Berichte erzählen auch von Verwendung trockenen
Magnesitpulvers ohne jedes Bindemittel an Stelle von Mörtel, die jedoch kaum eine
wirkliche Festigung des Magnesiaziegelmauerwerks gewähren dürfte. Feinstgemahlener,
sintergebrannter Magnesit ist – und dies ist durch die oben mitgetheilte Seger'sche Feuerfestigkeitsuntersuchung genügend
festgestellt – ein zu schwer schmelzendes Material, als dass er bei Fugenausfüllung
ein sicheres Verbindungs- bezieh. Verkittungsmedium an sich zwischen den Ziegeln
abzugeben vermöchte; und gegenüber dem Metallbade ist er von zu geringem
specifischen Gewichte, um, lose und ohne Bindemittel zwischen den Ziegeln
eingebettet, nicht von dem Metalle verdrängt und auf die Oberfläche des Bades
getrieben zu werden.
Zur Herstellung eines Magnesiasinterherdes verwendet man mit bestem Erfolg
feingemahlenen sintergebrannten Magnesit, vermischt mit 5 Gewichtstheilen ebenso
gemahlener reiner basischer Martinschlacke, welche 10 bis 15 Proc. Kieselsäure, 2,5
bis 3,5 Thonerde und 18 bis 30 Theile Kalk enthält; diese Mischung wird zu gedachtem
Zweck von einem Werke angewendet, dessen Betrieb basischer, mit Magnesia
ausgefütterter Martinöfen als mustergültig erklärt werden kann und erklärt wird.
Andere Werke benutzen dazu, angeblich mit zufriedenstellendem Erfolg, feingemahlenen
Walzsinter und Hammerschlag.
Auch der Sinterherd erfordert einen Unterbau von Magnesiaziegeln, die von dem
gedachten Werke nicht mit Theermörtel verlegt, sondern mit dem vorher erwähnten
Schlackenmagnesitpulver fugendicht versetzt werden. Weil dieser Unterbau vor und bei
dem Einsintern des Herdes selbst hoch erhitzt wird, erfolgt ein Zusammensintern der
Fugenfüllung und ein Festverkitten der Magnesiaziegel unter einander gleichwie beim
Gebrauche des Lürmann'schen Hochofencementes bei den
Chamotten eines Hochofens. Dass hierbei nicht weniger Sorgfalt auf dichteste
Fugenfüllung verwendet werden muss, bedarf besonderer Hervorhebung nicht; man
erreicht dieselbe leicht und sicher, indem man die aufrecht versetzte obere
Ziegelschicht mit dem Hammer leicht überklopft, wobei in Folge der Erschütterung die
Fugenpulverschicht sich zusammensetzt; Auffüllen und Ueberklopfen werden so lange
wiederholt bezieh. fortgesetzt, als sich dabei noch die Entstehung eines Hohlraumes
beobachten lässt.
Auf so vorbereiteten Unterbau wird in Schichten von nicht über 10 mm Höhe das
Schlacken-Magnesitgemisch zum Einsintern des Herdes nunmehr eingetragen, sorgsam
geebnet und eingesintert. Mit drei derartig behandelten Schichten erreicht der Herd
völlig ausreichende Stärke. Ist die letzte (dritte) Schicht durch die gegebene Hitze
erweicht, wird sie mit Schaufelschlägen geglättet und gegen den Abstich
herabgezogen, worauf der Herd für die Betriebseröffnung fertig ist.
Die Fertigstellung eines solchen Sinterherdes erfordert allerdings das Gas von
vier Generatoren während 42 bis 48 Stunden, beansprucht andererseits aber wieder
eine viel geringere Arbeitsaufwendung als der Aufbau eines Stampfherdes und eine
erheblich geringere Menge von Material, so dass er sich trotz des Kohlen Verbrauchs
ganz erheblich billiger stellt als dieser. Wäre dies aber auch nicht der Fall, so
würde der Sinterherd dennoch nicht als zu theuer bezeichnet werden können, denn die
ausführenden Ingenieure erklären seine Dauer als zeitlich nahezu unbegrenzt, sie
halten ihn für absolut gefeit gegen jeden Durchbruch und bezeichnen seine
Reparaturen als wesentlich geringfügiger, weniger Material beanspruchend und in
kürzerer Zeit zu erledigen, als bei einem Stampfherde der Fall ist; ausserdem wird
behauptet, dass die Hitzen darauf in merkbar kürzerer Zeit verlaufen als auf
jenen.
Zum Schlusse sei noch bemerkt, dass das weiter oben erwähnte Werk mit drei
Zwölftonnern 1889 für die erzeugte Blocktonne nicht mehr als 350 k Glanzkohlen in
Siemensgeneratoren ohne Unterwind vergaste und dass diese Kohle nicht mehr als 35
Volumprocente brennbaren Gases entwickelt.
Dr. Leo.