Titel: Oscillirende Fördermaschine mit Druckluftbetrieb (System Naissant) von der Société des mines in Lens.
Autor: Fr.
Fundstelle: Band 281, Jahrgang 1891, S. 293
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Oscillirende Fördermaschine mit Druckluftbetrieb (System Naissant) von der Société des mines in Lens. Mit Abbildungen. Oscillirende Fördermaschine mit Druckluftbetrieb. Auf der im J. 1889 in Paris stattgefundenen Weltausstellung hatte die Société des mines zu Lens in der grossen Maschinenhalle eine vollständige Bergwerksanlage aufgestellt, welche mit ihren in Betrieb befindlichen Maschinen und Sicherheitsapparaten den Ausstellungsbesuchern die in derartigen Anlagen vor sich gehenden Arbeitsvorrichtungen klar und deutlich vor Augen führte. Ueber dem in allen Theilen zugänglichen Förderschachte von 4 m Tiefe und 2,8 m Durchmesser erhob sich ein 10 m hohes eisernes Gerüst, in dessen oberem Theile die Seilscheiben untergebracht waren, während auf einer zwischenliegenden, von unten mittels Treppe bequem erreichbaren und durch kräftige Stützen abgesteiften Plattform die Fördermaschine Aufstellung gefunden hatte. Diese mit vier zu je zwei über einander liegenden schwingenden Cylindern von 160 bezieh. 220 mm Durchmesser und 300 mm Kolbenhub versehene, mit comprimirter Luft betriebene Maschine findet in derselben Ausführung auch für den Betrieb im Inneren der Bergwerke Verwendung und soll nach Mittheilungen in Revue industrielle, 1890 S. 389, eine Leistung von ungefähr 40 entwickeln; sie bietet eine Menge von erwähnenswerthen Einzelheiten, welche wir in dem Nachfolgenden eingehender besprechen wollen. Textabbildung Bd. 281, S. 293Fördermaschine mit Druckluftbetrieb in Lens. Die beiden Kolben jeder Maschinenseite arbeiten auf gegenseitig um 90° versetzte Kurbeln, welche, wie auf den der genannten Zeitschrift entnommenen Abbildungen Fig. 1 bis 3 ersichtlich, an den beiden Enden einer Vorgelegswelle aufgekeilt sind; die Drehbewegung der letzteren wird durch Zahnräder einer zweiten Welle mitgetheilt, auf welcher wegen der Verwendung flacher, aus Stahl gefertigter Bandseile von 0,1 m Breite anstatt der sonst üblichen cylindrischen Seilkörbe sogen. Bobinen, d.h. mit seitlichen Rändern versehene Scheiben fest gemacht sind, auf denen sich die Bandseile spiralförmig auf- bezieh. von denselben abwickeln. Die Enden der Bandseile sind mit den je zwei Wagen mit 500 k Kohle aufnehmenden Förderkörben verbunden; letztere gleiten an eisernen Führungen und stellen sich bei eintretendem Seilbruche mit Hilfe einer Fangvorrichtung fest. Textabbildung Bd. 281, S. 294Fig. 2.Fördermaschine mit Druckluftbetrieb in Lens. Da die zusammengegossenen Cylinder einer jeden Maschinenseite in einfacher Weise von ein und demselben Vertheilungsschieber gesteuert werden, kommen die beim Uebertritte der Druckluft von dem einen in den anderen Cylinder auftretenden Spannungsverluste nahezu in Wegfall, zumal auch die schädlichen Räume nur einen verhältnissmässig niedrigen Betrag ausmachen. Die vollständige Nutzbarmachung der durch die Reibungsarbeiten der einzelnen Maschinentheile frei werdenden Wärme bezieh. diejenige der die letzteren umgebenden Luft gestattet in den meisten Fällen und namentlich auch, wenn die Maschine eine Umdrehung aussetzt, eine für den Auspuff der expandirten Luft genügende Spannung. Dennoch kommt es vor, dass z.B. beim Ingangsetzen der Maschine die Expansion der Druckluft ein derartiges Sinken der Temperatur nach sich zieht, dass das mitgerissene Wasser gefriert und sich als Eis am Austrittsrohre ansetzt, wodurch viele Unzuträglichkeiten entstehen. Textabbildung Bd. 281, S. 294Naissant's Apparat zum Einführen von Injectionswasser. Um diese Eisbildung zu vermeiden, hat man, wie dies u.a. Callon in seiner Abhandlung über den Betrieb in Bergwerken angibt und von Cornet (1890 276 109) zuerst ausgeführt wurde, Wassereinspritzungen angeordnet; der letztgenannte bediente sich zu dem Zwecke einer Injectionspumpe, deren Empfindlichkeit indess, namentlich wenn sie von einem schnellgehenden Motor betrieben wird, zuweilen derartige Störungen veranlasst, dass eine Verwendung derselben in Bergwerken, wo der Betrieb ein äusserst regelmässiger sein muss, nicht zweckmässig erscheint. Aus diesem Grunde hat der Director Naissant der Société des mines zu Lens eine einfache und praktische Einrichtung getroffen, mittels welcher die Einführung von Injectionswasser in die Luftcylinder und die Vermischung desselben mit der Pressluft in ähnlicher Weise, wie bei der bekannten Pitot'schen Röhre durch die lebendige Kraft der Pressluft selbst erfolgt. Der diesem Zwecke dienende, auf der Abbildung Fig. 1 mit p bezeichnete Apparat ist an das Hauptrohr der Pressluft, welches nach den Cylindern führt, angeschlossen, und besteht, wie die Abbildungen Fig. 4 und 5 erkennen lassen, aus einem nach Oeffnen der Schraube D mit Wasser angefüllten Behälter A, welcher durch zwei mit Durchlasshähnen R, R1 versehene Rohrstücke T, T1 mit dem genannten Hauptrohre in Verbindung steht; in letzteres ist noch ein zum Ingangsetzen der Maschine dienender Hahn M eingeschaltet. In das Rohrstück T mündet ein oben geschlossenes, mit seitlicher Oeffnung für den Eintritt der von A nach B in dem Hauptrohre sich bewegenden Pressluft dienendes Ansatzröhrchen t; durch dieses gelangt die Luft in den Recipienten Q und entweicht aus demselben angefeuchtet durch die, eine Verlängerung des zweiten Rohrstückes T1 bildende Röhre C, sowie das dem vorigen ähnliche, jedoch mit entgegengesetzter seitlicher Oeffnung versehene Ansatzröhrchen t1 in die Luftcylinder. Während dieses Vorganges zeigt sich am Apparat ein feiner Sprühregen in Gestalt von Nebel, welcher die Rohrleitung aufthaut. Zu den wichtigsten Einzelheiten der Maschine gehören die zweckmässigen und sinnreichen Vorrichtungen, welche zur Sicherheit des Befahrens der Schächte dienen. Diese Sicherheitsapparate sind von dem Chefingenieur Reumaux der Société de Lens erfunden und nach und nach an sämmtlichen Fördermaschinen dieser Gesellschaft angebracht worden; sie erlauben dem Maschinisten, eine zeitweise Entfernung von der Maschine, ohne dass irgend welche Gefahr eintreten kann, und bewirken bei der Ankunft des Förderkorbes an der Hängebank: 1) das selbsthätige Anhalten des Motors; 2) den selbsthätigen Anzug der Bremse und 3) das Einklinken von Knaggen behufs Verhütung eines unbeabsichtigten Niedergehens der Förderkörbe. Zur näheren Erläuterung der unter 1) und 2) genannten Sicherheitsvorrichtungen verweisen wir auf die Fig. 1 bis 3 ersichtlichen Abbildungen der gesammten Maschine, und geben nachstehend die Benennungen für einige der mit Buchstaben bezeichneten Einzeltheile: A Bremscylinder, P Bremskolben, O Zuführungsrohr der Pressluft, R Behälter mit comprimirter Luft, T Rückschlagventil, f Steuerapparat, n Mechanismus zum selbsthätigen Anhalten der Maschine, sowie zum Anziehen der Bremse, r Hauptleitung, v Leitung nach dem Bremscylinder für den Maschinisten, p Wasserzerstäuber, m Regulirhahn. Die Abbildung Fig. 6 zeigt einen Schnitt durch den Steuerapparat f und die Abbildungen Fig. 7 bis 9 veranschaulichen den mit n bezeichneten Mechanismus zum selbsthätigen Anhalten der Maschine bezieh. denjenigen zum Anziehen der Bremse in grösserem Maasstabe. Textabbildung Bd. 281, S. 295Fig. 6.Steuerapparat zur oscillirenden Fördermaschine. Der Steuerapparat f (Fig. 6) bildet einen Cylinder, in welchem sich quer zum Zuführungsrohre r der Pressluft ein Doppelkolben bewegt, dessen breiterer Theil als Abschlussorgan dient und ist direct unter dem Regulirhahn m angebracht; letzterer liegt vor den beiden inneren schwingenden Cylinderzapfen, in deren Höhlungen aussen mittels Stopfbüchse abgedichtete Rohre untergebracht sind, durch welche die comprimirte Luft in die Cylinder selbst gelangt. Beim normalen Betriebe stehen die Räume l und l1 des Steuerapparates mit der durch die Mitte des Gehäuses sich bewegenden comprimirten Luft durch an den Enden von Bohrungen eingeschraubte kurze Krümmer in Verbindung, welche derart angeordnet sind, dass, wie auf der Abbildung (Fig. 6) ersichtlich, der Kolben in der gezeichneten Stellung verbleibt; auf jeder Kammer ist ein kleines Ventilgehäuse festgeschraubt, mit Hilfe dessen man abwechselnd die eine oder andere Kammer mit der äusseren Luft in Verbindung bringen kann. Textabbildung Bd. 281, S. 295Fig. 7.Steuerapparat zur oscillirenden Fördermaschine. Wenn ein Förderkorb eine festgesetzte Höhenlage erreicht hat, hebt der mit n (Fig. 3 und 7 bis 9) bezeichnete Mechanismus während eines kurzen Augenblickes das Ventil der Kammer l; die in der letzteren eingeschlossene comprimirte Luft strömt dann aus und der breitere Theil des Doppelkolbens verengt plötzlich nach rechts gehend den Durchgangsquerschnitt der comprimirten Luft derart, dass die Spannung in den Cylindern der Fördermaschine auf einen Betrag sinkt, welcher nothwendig ist, um das Zurückgehen des Förderkorbes in den Schacht zu verhüten; eine Schraube erlaubt, ein für alle Mal die Drosselung der comprimirten Luft bei jeder Maschine festzustellen. Ohne dass der Maschinist irgend welche Kenntniss von dem Functioniren dieses Sicherheitsapparates zu haben braucht, schliesst derselbe aus Gewohnheit den Regulirhahn m; mit dem Hebel dieses letzteren ist indess das Ventil der Kammer l1 derart verbunden, dass sich dasselbe gleichzeitig mit öffnet und die in der Kammer l1 befindliche Pressluft ins Freie entweichen kann. Der Doppelkolben geht dann in seine ursprüngliche Stellung zurück, welche er bis zum Aufsteigen des folgenden Förderkorbes beibehält. Wenn der Maschinist in Folge von Unachtsamkeit den Regulirhahn zu schliessen vergisst, so bleibt die Maschine, da der Doppelkolben in seiner Rechtsstellung verharrt, einfach stehen und es ist keinen Augenblick etwas zu befürchten. Da der Apparat beim Aufsteigen jedes Förderkorbes functionirt, bleibt er auch stets in brauchbarem Zustande; ein unregelmässiges Arbeiten desselben lässt sich an einem Druckmesser leicht erkennen. Textabbildung Bd. 281, S. 295Fig. 8.Steuerapparat zur oscillirenden Fördermaschine. Die zweite Vorrichtung, welche das selbsthätige Anziehen der Bremse bewirkt, ist ebenfalls von grosser Wichtigkeit in Bezug auf die Sicherheit der Arbeiter in Bergwerken. Es kann z.B. ein plötzlicher Bruch der Leitung entstehen, welche die über Tage stehenden Druckbehälter mit der unterirdisch aufgestellten Maschine verbindet. Wenn in einem derartigen Augenblicke eine Mannschaftsförderung vor sich geht und dem Maschinist nur eine gewöhnliche Dampf- oder Luftbremse zur Verfügung steht, oder derselbe aus Mangel an Geistesgegenwart nicht zeitig genug die Bremse mit Contragewicht ausrückt, so wird ein Unfall in vielen Fällen unvermeidlich sein; der selbsthätige Anzug der Bremse wird diese verhindern. Textabbildung Bd. 281, S. 295Fig. 9.Steuerapparat zur oscillirenden Fördermaschine. Die Abbildungen Fig. 1 und 2 lassen erkennen, dass sich zwischen den beiden Luftcylindern der Maschine ein senkrechter Cylinder A befindet, in welchen ein Kolben P eingeschlossen ist, dessen untere Fläche C1 gewöhnlich mit dem Luftrohre O in Verbindung steht, welches von dem nach der Maschine führenden Rohre r abzweigt. Der über dem Bremskolben in seiner höchsten Stellung verbleibende Raum C steht ebenfalls durch ein Rohr mit einem kleinen Pressluftbehälter R in Verbindung, in welchen die comprimirte Luft bei geöffnetem Rückschlagventil T eintreten kann. Beim normalen Gange ist der Kolben vollständig entlastet, wenn aber die Hauptleitung zerbricht oder das Ventil O mit der äusseren Atmosphäre in Verbindung tritt, sinkt die Spannung unter dem Kolben plötzlich, während die comprimirte Luft aus dem mit Rückschlagventil versehenen Behälter R nicht entweichen kann; die erstere tritt demnach über den Kolben P und drückt ihn nach unten, so dass durch die mit einem langen Hebel verbundene Stange desselben ein Anpressen des Bremsbandes auf der zugehörigen Scheibe erfolgt, wodurch die lebendige Kraft der Maschine schnell vernichtet wird. Wir wollen nunmehr den eigenthümlichen Mechanismus beschreiben, welcher die selbsthätige Einstellung des Doppelkolbens im Steuerapparate f und den selbsthätigen Anzug der Maschinenbremse bewirkt. Die auf den Abbildungen Fig. 7 und 8 ersichtliche Schraube ohne Ende ist in dem ausgehöhlten Ende der Maschinenwelle mittels Keil befestigt und demnach gezwungen, die Bewegungen der letzteren mitzumachen; eine auf dem Gewinde sitzende Mutter trägt auf jeder Seite Daumen, welche im geeigneten Augenblicke mit Winkelstücken in Berührung kommen, die, um Zapfen eines festen Supports drehbar, zu zwei und zwei mit den Stangen der auf der Abbildung Fig. 1 mit s und s2 bezeichneten Ventile verbunden sind, von denen s mit dem Bremscylinder und s2 mit dem Steuerapparate durch eine Leitung in Verbindung steht. Auf der zur Bethätigung des Steuerkolbens dienenden Seite der Schraube trägt die Mutter vier Daumen (Fig. 7), von denen zwei auf die Winkelstücke einwirken, wenn sich die Maschine in dem einen Sinne dreht, und die beiden anderen, sobald dieselbe im entgegengesetzten Sinne ihre Bewegungen ausführt. Wenn bei der durch Schwalbenschwanzführung im Support gesicherten geradlinigen Fortbewegung der Mutter der erste Daumen gegen das eine Winkelstück des Ventiles s2 anstösst, so öffnet sich dieses und die in der Kammer l des Steuerapparates eingeschlossene comprimirte Luft entweicht quer durch die Oeffnung einer mit dem Ventile s2 verschraubten Pfeife. Es ist weiter oben bereits erläutert, welche Wirkung dieses Entweichen der comprimirten Luft aus der Kammer l des Steuerungsapparates hervorbringt, und sehen wir ferner, dass dieser Vorgang auch durch ein akustisches Signal angezeigt wird. Der selbsthätige Anzug der Bremse erfolgt in ähnlicher Weise, nur trägt die Mutter zu diesem Zwecke zwei Daumen (Fig. 8). Die Verdoppelung der auf den Steuerungskolben wirkenden Daumen bietet insofern eine erhöhte Sicherheit, als dadurch die Folgen einer Nachlässigkeit des Maschinisten behoben werden. Befindet sich z.B. der Förderkorb in einer Entfernung von 40 m unterhalb der Hängebank, so öffnet der erste Daumen des einen Paares das Ventil in Bezug auf den Steuerkolben derart, dass die comprimirte Luft in den Motor nur gedrosselt eintreten kann; wenn dann der Maschinist, durch das Signal beim Ausströmen benachrichtigt, den Steuerkolben in eine für das allmähliche Aufsteigen des Förderkorbes bis zur Hängebank geeignete Stellung gebracht hat und es gelangt derselbe bei Unachtsamkeit des Maschinisten über die Hängebank, so findet durch den anderen Daumen des ersten Paares bei fortschreitender Bewegung der Mutter ein nochmaliges Abschneiden der Pressluft in dem Augenblicke statt, wo auch die auf der anderen Seite der Mutter gelegenen Daumen auf den Bremsmechanismus einwirken und das gleichzeitige Anspannen des Bremsbandes veranlassen. Um ein unbeabsichtigtes Niedergehen der Förderkörbe zu verhüten, hat Rumaux mit Glockensignalen in Verbindung stehende Sicherheitseinrichtungen getroffen, welche ebenfalls nach und nach in allen Gruben der Bergwerke zu Lens zur Ausführung gekommen sind und im Wesentlichen aus Klinken bestehen, welche durch ein auf der Schachtsohle liegendes Schlagwerk ausgelöst werden. Fr.