Titel: Bemerkungen zu der Abhandlung von H. Kast und S. Seidner „Zur Bildung des Erdwachses“.
Autor: R. Zaloziecki
Fundstelle: Band 284, Jahrgang 1892, S. 253
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Bemerkungen zu der Abhandlung von H. Kast und S. Seidner „Zur Bildung des Erdwachses“.Vgl. D. p. J. S. 143 d. Bd. Von R. Zaloziecki. Bemerkungen zu der Abhandlung von Käst und Seidner „Zur Bildung des Erdwachses“. Durch die Zuvorkommenheit der Herren H. Kast und S. Seidner war ich in die Lage versetzt, von ihrer interessanten Beobachtung noch vor der Publication Kenntniss zu bekommen, und bei dem Interesse, welches ich dem Gegenstande ihrer Mittheilung entgegenbringe, sei es mir gestattet, mit einigen Worten darauf einzugehen. Kast und Seidner haben aus dem Erdöle zweifellos einen erdwachsartigen Körper isolirt und dadurch den Zusammenhang zwischen den beiden Substanzen festgestellt. Obwohl dies nicht besonders hervorgehoben ist, glaube ich doch annehmen zu können, dass die Ausscheidung dieses „amorphes Paraffin“ genannten Körpers aus einem ohne Destillation dargestellten Rohölpräparat geschehen ist, denn, falls die Cylinderöle ein Destillationsproduct der Oelrückstände wären, müsste an Stelle von amorphem, kristallinisches Paraffin auftreten. Es drängt sich mir die Vermuthung auf, die fragliche Substanz sei in den Cylinderölen bezieh. in den Rohölen fertig gebildet. Ursprünglich in Lösung in den dicken Oelen, konnte sie sich freiwillig beim längeren Lagern oder durch Erwärmen in kürzerer Zeit ausscheiden; besonders da ja durch den letzteren Vorgang immerhin, wenn auch geringe Aenderungen physikalischer Eigenschaften eintreten können. Die Thatsache an und für sich spricht meiner Meinung nach ebenso gut für die Bildung des Erdwachses aus Erdöl wie umgekehrt; denn vergegenwärtigen wir uns einmal den umgekehrten Vorgang und setzen wir Erdwachs einem allmählichen Bituminisationsvorgange aus, d.h. der fortschreitenden Verflüssigung durch die von mir seinerzeit zu Hilfe genommenen Factoren, so lässt sich demselben ohne weiteres eine Grenze setzen, ja in der Mehrzahl der Fälle ist diese Annahme sogar geboten. Eine solche nicht vollständig durchgreifende Veränderung wird schliesslich an dem Vorhandensein eines nicht zersetzten Restes, im vorliegenden Falle eines verschieden grossen Antheiles der Zersetzung entgangenen Erdwachses, welches in der Hauptmasse der verflüssigten (event. vergasten) Zersetzungsproducte sich gelöst erhält, zu erkennen sein. Dass man dieses nicht umgewandelte Erdwachs durch geeignete Behandlungsweise zur Ausscheidung und zum Nachweise bringen kann, haben die Untersuchungen von H. Kast und S. Seidner dargethan. Es ist mir auch gelungen, direct aus dem Erdöle einen festen Körper zu isoliren, mit dem Erdwachs analogen Eigenschaften, und zwar aus dem gelben Rohöl von Klentschany, spec. Gew. 0,795 bei 20° C. Durch Fällung mit Amyläthylalkoholgemisch in der Kälte erhielt ich eine Substanz, welche vollständig mit der von den Verfassern beschriebenen übereinstimmte, denn sie war gleichfalls von dunkelgelber Farbe, wachsartiger Consistenz, undeutlich strahligem Gefüge, zwischen den Fingern knetbar, hatte das spec. Gew. 0,897 und 56° C. Schmelzpunkt und stellte demnach eine weichere Gattung amorphes Paraffin, Oelwachs oder, wie ich es zur Unterscheidung von krystallinischem bei der Destillation sich bildenden (Pyroparaffin) nenne, Protoparaffin dar. Ich bin eher geneigt, solche aus den Rohölen oder deren Producten ohne Destillation erhaltene wachsartige Substanzen als nicht zersetzten Rückstand, denn als ein Verdickungsproduct aufzufassen; will jedoch nicht abstreiten, dass durch ein entsprechendes künstliches Verfahren, event. auch natürliches Eindicken Erdwachs rückgebildet werden kann. Ich bin mir bewusst und habe das auch bereits hervorgehoben, dass meine Bituminisationstheorie einer Einschränkung bedarf, speciell was die charakteristischen Bildungsstadien anbetrifft, indem das Auftreten der erdwachsartigen Vermittelungsstufe von ganz besonderen und nicht immer vorhandenen Bedingungen abhängen wird. Mit H. Kast und S. Seidner stimme ich vollständig darin überein, dass ein definitives Urtheil über den Bildungsvorgang noch eingehender Untersuchungen des chemischen Charakters des Erdwachses erheischt, muss aber der Schwierigkeiten solcher Arbeiten gedenken, welche zu einer eingehenden Beschäftigung mit diesem Gegenstande nicht besonders einladen. Es ist jedoch die Lösung der Aufgabe auf indirectem Wege nicht ausgeschlossen und dürfte sich die Untersuchung der Gase der Erdwachslager am besten zu diesem Zwecke eignen. Da es mir verhältnissmässig leicht ist, die Untersuchung der fraglichen Gase vorzunehmen, so werde ich demnächst mich dieser Aufgabe unterziehen. Bemerkungen zur vorstehenden Abhandlung. Von H. Kast. Aus der oben stehenden Mittheilung des Herrn Zaloziecki geht hervor, dass der Herr Verfasser Zweifel hegt, ob die Cylinderöle, aus welchen das Erdwachs isolirt wurde, nicht etwa Destillationsproducte aus Oelrückständen gewesen seien. Diesbezüglich kann ich auf unsere Abhandlung (S. 143 d. Bd.) verweisen, in welcher es ausdrücklich heisst, dass das Präparat aus Cylinderölen, „die durch Eindicken amerikanischen Rohöles erhalten waren“, hergestellt wurde, demgemäss nicht aus destillirten Cylinderölen. Auch die Vermuthung, welche sich Herrn Zaloziecki aufdrängt, die fragliche Substanz sei in den Cylinderölen bezieh. Rohölen fertig gebildet, ist in unserer Publication klar ausgesprochen, insofern wir den Nachweis führten, dass Erdwachs als solches im amerikanischen Erdöl gelöst enthalten ist. Der von uns hervorgehobenen Schwierigkeit der Erklärung des Vorkommens von Erdwachs im Roherdöle mit Hilfe der Bituminisationstheorie glaubt Herr Zaloziecki durch die Annahme begegnen zu können, es sei bei der Bildung des Erdöles aus Erdwachs die Verflüssigung des letzteren in einem gewissen Stadium inhibirt und dadurch ein Theil des ursprünglich vorhandenen Erdwachses der Zersetzung entzogen worden. Diese Erklärungsweise ist naheliegend, scheint uns aber eine ungezwungene Deutung für das Vorkommen des Erdwachses im von der Stelle seiner Bildung unter dem Einflüsse der Wärme dislocirten Roherdöle immer noch nicht zu ermöglichen. Die Angabe Zaloziecki's, dass es ihm gelang, aus dem Rohöle von Klentschany durch Fällung mit einem Gemisch von Amyl- und Aethylalkohol ebenfalls Erdwachs zu isoliren, ist uns eine willkommene Bestätigung unserer Beobachtung und der gleichzeitig (l. c.) ausgesprochenen Vermuthung es werde sich Erdwachs ausser im amerikanischen Oel auch noch in anderen Rohölen nachweisen lassen. Wie in unserer ersten Abhandlung erwähnt, haben übrigens Engler und Böhm schon im J. 1886 auf die Aehnlichkeit der in rohen Erdölen nachgewiesenen festen Kohlenwasserstoffe mit dem Erdwachs aufmerksam gemacht.