Titel: | Ueber Wasserröhrenkessel. |
Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 249 |
Download: | XML |
Ueber WasserröhrenkesselNach einem der Redaction seitens des Herrn Verfassers freundlichst übersandten
Sonderabdruck..
Mit Abbildungen.
Ueber Wasserröhrenkessel.
In einem bemerkenswerthen Vortrage, gehalten in der Versammlung der Fachgruppe der
Maschineningenieure am 10. Februar 1892, hat Inspector Fritz
Krauss nach der Zeitschrift des Oesterreichischen
Ingenieur- und Architektenvereins, 1892 Nr. 18, folgende Fragen
erörtert:
1) Welches sind die Vortheile eines lebhaften Wasserumlaufes?
2) Wodurch wird der Umlauf hervorgerufen?
3) Was beeinflusst seine Richtung, was seine Lebhaftigkeit?
Die Vortheile eines lebhaften, alle Kesseltheile durchströmenden
Umlaufes beruhen theilweise auf mechanischen, theilweise auf calorischen
Gründen, wenn ich mich so kurzer Ausdrücke bedienen darf. Werden alle Kesseltheile
von einem lebhaften Umlaufe erreicht, so ist die Voraussetzung gerechtfertigt, dass
der Wärmegrad im Kesselinneren wohl annähernd überall derselbe sei. Und weil der
Wärmegrad der Kesselwand auch an ihrer äussersten Schicht sich nur verhältnissmässig
wenig von der Temperatur des Kesselinneren unterscheidet, die Temperatur des
Materials somit überall annähernd dieselbe ist, können die in Folge ungleicher
Erwärmung des Kesselkörpers sonst entstehenden schädlichen Spannungen als vermieden
betrachtet werden. Ferner sind auch durch einen lebhaften Umlauf jene Erscheinungen
vermieden, die als Folge langsamer Erwärmung ruhender Wassermassen in Form von
inneren Abzehrungen oder Anfressungen an den Kesselplatten sonst beobachtet werden.
Theilweise sind auch die äusseren Abrostungen, welche durch die Condensation der in
den Gasen enthaltenen Wasserdämpfe an relativ kalten Kesselplatten beobachtet
werden, hintangehalten. Endlich aber muss erwähnt werden, dass in neuerer Zeit
vorgenommene Versuche unzweifelhaft dargethan haben, dass sowohl Wärmeabgabe als
Wärmeaufnahme fast im Verhältniss zu der Geschwindigkeit stehen, mit der die
wärmeabgebenden und wärmeaufnehmenden, durch die Heizfläche von einander getrennten
Medien an einander vorbeigeführt werden.
Die zweite Frage, die ich mir gestellt habe, lautet: Wodurch wird der Umlauf
hervorgerufen? Durch einen Versuch kann leicht gezeigt werden, dass schon bei der
blossen Erwärmung des Wassers ohne Verdampfung ein Umlauf eintritt, indem die wärmer
gewordenen Wassertheilchen durch die schwereren, kälteren Wassertheilchen, die nun
die tiefste Stelle einzunehmen trachten, nach oben gedrängt werden. Da nun die
Erwärmung nicht in sämmtlichen Theilen eines Wasserkörpers und in allen Punkten eine
gleich starke sein kann, werden in jedem Zeittheilchen ungleich warme, folglich
ungleich schwere Wassertheilchen vorhanden sein, welche den Umlauf veranlassen. Doch
ist die Lebhaftigkeit des Umlaufes, die bei der Erwärmung eintritt, so trag im
Verhältniss zu der bei der Verdampfung auftretenden, dass ihre gesonderte
Betrachtung wohl ganz bei Seite gesetzt werden könnte. Wenn wir den Gegenstand
einigermaassen gründlich betrachten, so lassen sich bis zur regelmässigen
Verdampfung drei Vorgänge unterscheiden, von denen diese den letzten bildet.
Der erste Vorgang, die Erwärmung ohne Verdampfung, kennzeichnet sich durch einen
äusserst trägen Umlauf.
Der zweite Vorgang ist die Bildung von Dampfblasen an den der Einwirkung des Feuers
zuerst und unmittelbar ausgesetzten Heizflächen und nachfolgende Condensation der
Dampfblasen in den kälteren Schichten. Dabei zeigt sich, dass die sich von der
Feuerplatte ablösenden Dampfblasen während ihres Weges nach oben immer kleiner
werden und gänzlich verschwinden, bevor sie den Wasserspiegel erreichen. Der Umlauf
ist jedoch bedeutend und ungleich lebhafter als bei dem ersten Vorgang.
Der dritte Vorgang kennzeichnet sich durch eine regelmässige Verdampfung. Die sich
von der Feuerplatte ablösenden Dampfblasen werden während ihres Weges nach oben
immer grösser, und durchbrechen endlich, in den Dampfraum platzend, den
Wasserspiegel. Für diesen lebhaftesten Umlauf interessiren wir uns und dieser
kann somit als von der stattfindenden Verdampfung hervorgerufen bezeichnet
werden.
Wir sind somit bis zur Beantwortung der dritten Frage vorgeschritten, welche lautet:
Was beeinflusst ihre Richtung, was ihre Lebhaftigkeit? Diese Frage kann allgemein
nicht beantwortet werden. Die Richtung und Stärke des Umlaufes ist für jede
besondere Bauart, ja sogar für jeden einzelnen Kessel ganz specifisch. Um hierüber
Aufschluss zu erhalten, ist es zunächst erforderlich, die Beschleunigung und daraus
die Geschwindigkeit zu bestimmen, mit welcher eine Dampf blase bestimmter Grösse
nach oben eilt. Eine Kraft P, welche der Masse m die Beschleunigung f
ertheilt, steht in folgender bekannter Beziehung zu den beiden Grössen P = mf; P ist = W–D, wenn D das absolute
Gewicht der Dampf blase, W das absolute Gewicht eines
gleich grossen Wasserkörpers bedeutet, m ist
=\frac{D}{g}, wenn g die
Beschleunigung der Schwere bedeutet. Es ist somit
W-D=\frac{D}{g}\,f\ \mbox{oder}\ f=g\,\left(\frac{W}{D}-1\right).
Für W = 1000 und D = 5 für
Dampf von 10 at absolut, wird f = 199 g oder etwa 200 g
und v die erreichte Geschwindigkeit bis zu dem h Meter der Höhe nach entfernten Wasserspiegel
=\sqrt{2\,.\,200\,g\,.\,h} Auf die Bewegungswiderstände,
welche in der Erzeugung von Wirbeln bei der seitlichen Verdrängung der Wassermassen
entstehen, ist hierbei keine Rücksicht genommen. Ferner ist es auch Bedingung, dass
die seitliche Verdrängung der Wassermassen überhaupt möglich sei. Denkt man sich
aber etwa über die aufstrebende Dampf blase ein Rohr geschoben, so ist sofort klar,
dass die Dampfblase bei ihrem Wege nach oben sowohl die darauf liegende, als auch
die an ihr hängende Wassersäule mitnehmen muss. Die potentielle Energie hierzu kann
etwa von einer neben ihr gedachten gleich hohen Wassersäule ausgehend angenommen
werden. Wird das Rohr mit der Dampfblase unten verschlossen, so bleibt die
Dampfblase überhaupt stehen, da die potentielle Energie keine Gelegenheit hat, sich
in kinetische umzusetzen. Ist der Querschnitt des Rohres unten verengt, so wird die
Dampf blase wesentlich langsamer aufsteigen, als wenn der Querschnitt ganz geöffnet
bleibt. Die Geschwindigkeit, mit welcher das Wasser in das Rohr einströmt, ist nun
nach der Formel v=\sqrt{2\,g\,m\,h} zu berechnen, worin h die Höhe des Rohres, m
das Verhältniss des Dampfvolumens zum Inhalt des ganzen Rohres bedeutet, wobei das
absolute Gewicht der Dampfblase als im Verhältniss zur Wassermasse sehr klein
betrachtet und die Widerstände vernachlässigt sind. Ist also etwa das Rohr ganz mit
Dampf erfüllt, dann ist die Geschwindigkeit obiger Formel gemäss, für m = 1, v=\sqrt{2\,g\,h}
, was übrigens auch von vornherein einleuchtend ist.
Für den unten verengten Querschnitt bezieht sich die Geschwindigkeit auf die
Verengung.
Diese Erkenntniss gestattet schon, über die Bewegung des Wassers und des Dampfes in
geneigt liegenden, engen Röhren einen Ueberblick zu erhalten. Ein Rohr besitze die
bei Wasserrohrkesseln gebräuchliche Länge von 4 m, den gebräuchlichen Durchmesser
von 10 cm und die gebräuchliche Neigung von 10° gegen die Wagerechte. Die
Enden des Rohres seien in grosse Wasserkammern gefügt. Einer darunter gebauten
Feuerung bietet das Rohr eine Heizfläche von 1,2 qm. Für einen
Transmissionscoefficienten von 20 Calorien bezogen auf Stunde, Quadratmeter
Heizfläche und Grad Temperaturdifferenz ergäbe sich eine stündliche Dampferzeugung
bei Dampf von etwa 10 at absolut, wenn die Temperatur im Feuerraum mit 1200°, die
Temperatur im Kesselinneren mit 180° angesetzt wird, von stündlich 42,5 k Dampf.
Verlegen wir nun die Entstehung der Dampfblasen etwa in die Mitte des Rohres, so
entfallen für das halbe Rohr 0,6 qm Heizfläche oder 25,5 k Dampf stündlich,
entsprechend einem Volumen von 5,1 cbm oder 1,42 l in der Secunde. Die zur Erzeugung
der Geschwindigkeit verfügbare Druckhöhe beträgt 2 sin
10° = 0,348 m, und aus der Formel \sqrt{2\,.\,200\,g\,.\,0,348}
die Ausflussgeschwindigkeit am Ende des Rohres mit 36 m, die mittlere
Geschwindigkeit 18 m. Wenn nun der Dampf den x-fachen
Theil des ganzen Rohrquerschnittes einnimmt, so berechnet sich der Querschnitt des
Dampffadens zu
1,42 . = 0,785 . x . 180, demnach
x=\frac{1}{100}.
Der Querschnitt des Dampffadens beträgt somit ungefähr 0,8 qc. Hierbei war
vorausgesetzt, dass das Wasser vollkommen bewegungslos verharre. Soll aber der Dampf
auch die Wassersäule beschleunigen, so muss er von seiner Geschwindigkeit verlieren;
damit nun die berechnete Dampfmenge aus dem Rohre austrete, muss der Querschnitt des
Dampffadens wesentlich grösser angenommen werden, mit einem Worte, die Dampf blasen
müssen grösser ausfallen. Die Berechnung der Geschwindigkeit müsste nach der Formel
v=\sqrt{2\,g\,m\,h} erfolgen. Stellen wir uns nun die Frage
nach der grössten Geschwindigkeit, welche der Dampf dem Wasser überhaupt ertheilen
kann, so könnte die Antwort folgendermaassen gefunden werden: Der Querschnitt des
Rohres, welches zum Theil mit Wasser, zum Theil mit Dampf erfüllt ist, sei = 1; der
Querschnitt des Dampffadens m, des Wasserfadens 1 – m. Dann ist die erreichbare Geschwindigkeit
v=\sqrt{2\,g\,m\,h} und die bewegte Wassermenge
(1-m)\,\sqrt{2\,g\,h\,m} oder \sqrt{2\,g\,h}.\
(\sqrt{m-m}\,\sqrt{m}). Soll nun dieser Ausdruck ein Maximum werden,
so muss der Ausdruck innerhalb der Klammer ein Maximum werden. Den ersten
Differentialquotienten gleich 0 gesetzt, ergibt:
{\frac{1}{2}\,m}^{-\frac{1}{2}}-{\frac{3}{2}\,m}^{\frac{1}{2}}=0;\
\frac{1}{\sqrt{m}}=3\,\sqrt{m},\ \mbox{also }m=\frac{1}{3}
Nimmt daher der Dampffaden ⅓ des Querschnittes vom ganzen Rohre ein, dann ist das
Maximum des möglichen, regelmässigen Umlaufes erreicht. Für unseren Fall betrüge der
Querschnitt \frac{0,785}{3}=0,261 und die erforderliche
Geschwindigkeit 0,262 . v = 1,42 l, also v = 0,54 m. Die zur Erzeugung dieser Geschwindigkeit
erforderliche Höhe 0,54=\sqrt{2\,.\,g\,.\,\frac{h}{3}} ergibt
sich mit 0,045 m. Es würde daher bereits eine Neigung von 2° weitaus genügen, um die
erforderliche Geschwindigkeit hervorzurufen. Mit Rücksicht auf die bedeutenden
Widerstände dürfte indessen eine grössere Neigung gerechtfertigt erscheinen. Doch
bleibt hierbei vorausgesetzt, dass auch für die Wasserzuführung an allen Stellen ein
verfügbarer Querschnitt von mindestens ⅔ Rohrquerschnitt vorhanden sei.
Wesentlich anders gestalten sich aber die Vorgänge, wenn vorn und hinten räumlich
beschränkte Wasserkammern vorhanden sind. Diese sind dann wie früher das Rohr zu
betrachten, die maximale Stromgeschwindigkeit tritt auch in diesen ein, wenn die
Kammer zu ⅓ mit Dampf erfüllt ist. Da aber hauptsächlich die untersten Rohre,
welchen die grösste Druckhöhe vom Wasserspiegel ab zur Verfügung steht, die
Wasserzuführung besorgen werden, entfällt diese Aufgabe für die oberen Rohre, diesen
bleibt daher keine Gelegenheit, sich an dem Umlaufe zu betheiligen. Wenn nun weiter
der Querschnitt der Wasserkammern und der Anschlüsse an den Oberkessel so eng
gewählt ist, dass er kaum den untersten zwei oder drei Rohrreihen entspricht, so
kann auch nur in diesen die erwünschte und behauptete Richtung des Umlaufes nach
vorn und oben zutreffen. In den darüber liegenden Rohren ist die Stromrichtung, was
das Wasser anbelangt, umgekehrt, während die wenigen dort entstehenden Dampfblasen,
mit Mühe gegen den Strom ankämpfend und mannigfache Wirbel erzeugend, der
Dampfkammer zustreben.
Textabbildung Bd. 285, S. 250Fig. 1.Textabbildung Bd. 285, S. 250Fig. 2. Zur Begründung der Richtigkeit dieser Ansicht will ich noch einiges
hinzufügen. Wenn in Fig. 1
A den Oberkessel darstellt, mit welchem durch zwei ganz
enge Stutzen BB die Wasserkammern CC verbunden sind, die mit einander wieder durch
zahlreiche Rohre verbunden sind, die einer Feuerung von unten ausgesetzt sind, so
muss es doch wohl eine starke Zumuthung genannt werden, den Glauben erwecken zu
wollen, dass der lebhafte Umlauf durch alle Rohre in derselben Richtung und durch
die engen Stutzen hindurch gehe. Allerdings wird eine Strömung im Oberkessel, wie
die Pfeilrichtung anzeigt, stattfinden, ein zweiter Kreislauf muss indessen auch im
Röhrenbündel entstehen. Denn das noch weiter schematisirte Bild des Kessels sieht
etwa aus, wie in Fig. 2 gezeichnet ist, und darin
bedeutet D einen cylindrischen Körper, dessen
Querschnitt dem Gesammtquerschnitt der Rohre im Bündel gleichkommt. Diesen Körper
der Einwirkung der Flamme von unten ausgesetzt gedacht, kann es nicht mehr
zweifelhaft erscheinen, dass ein engerer und ein weiterer Umlaufstrom, welch
letzterer auch den Oberkessel durchströmt, durch den Kessel geht.
Auch eine andere Ueberlegung führt zu dieser Ueberzeugung. Der über dem Rohrbündel
gelagerte Oberkessel stellt eigentlich auch nur ein sehr erweitertes Verbindungsrohr
der beiden Kammern vor, in welchem die Strömungsrichtung entgegengesetzt der in den
unteren Rohren vorhandenen Strömung ist. Denkt man sich nun den sonst frei
bleibenden Raum zwischen Oberkessel und Röhrenbündel mit lauter Verbindungsrohren
ausgefüllt, so sieht man sofort ein, dass in einem grossen Theil dieser Rohre eine
Strömung von genau derselben Richtung wie im Oberkessel stattfinden muss. In dem bis
zum Oberkessel
reichenden Röhrenbündel findet demnach in den obersten Rohren und im Oberkessel
eine Strömung nach rückwärts, in den untersten Rohren eine Strömung nach vorn statt.
Die Strömung aus der rückwärtigen Wasserkammer in die vordere dampfführende Kammer
wird durch den Unterschied der specifischen Gewichte der die Kammern füllenden
Medien bewirkt. Der Vorgang könnte daher mit dem Abfliessen von Wasser aus einem
hochgelegenen Gefäss in die Luft verglichen werden. Besitzt ein solches Gefäss eine
senkrechte Abfalleitung von durchaus gleicher Weite, so strömt das Wasser unten mit
der Geschwindigkeit v=\sqrt{2\,g\,h} aus. Wird die Rohrleitung
aber an irgend einem Punkte oberhalb der Mündung angebohrt, so strömt bei der
entstandenen Oeffnung keineswegs auch Wasser aus; ganz im Gegentheil, es wird Luft
eingesogen und so auch bei jeder etwa noch höher angebrachten Oeffnung. Erst wenn
der untere Querschnitt verengt wird, so dass Druck in die Leitung kommt, strömt bei
den unteren Oeffnungen Wasser aus. Sobald aber die Summe der offenen Querschnitte
den Querschnitt des Zuleitungsrohres übersteigt, findet eine Umkehrung des Stromes,
ein Einsaugen statt. So liesse sich also die genaue Höhenlage der Umkehr bestimmen.
Sie tritt in jenem Horizontalschnitt der Wasserkammer ein, für welchen der
Gesammtquerschnitt der darunter liegenden Rohre grösser als ihr eigener wird.
Endlich hat mich aber zu meiner Ueberzeugung die aufmerksame Beobachtung der Vorgänge
des Umlaufes bei meinen Glasmodellen gebracht.
Textabbildung Bd. 285, S. 251Fig. 3.Textabbildung Bd. 285, S. 251Fig. 4. Diese Bemerkungen beziehen sich auf alle Wasserrohrkessel, mögen dieselben
dem Zweikammer-, Einkammer- oder Kapselsystem angehören. Ich will zunächst zeigen,
dass zwischen Zweikammer- und Einkammerkessel gar kein grundsätzlicher Unterschied
besteht. Stellt man sich zu diesem Zwecke etwa einen Zweikammerkessel vor, dessen
Rohre vorn und hinten verschiedene Weite besitzen, so wäre das schematische Bild wie
in Fig. 3 gezeichnet. Die wünschenswerthen
Umlaufrichtungen sind durch Pfeile angegeben. Der Oberkessel habe dieselbe Neigung
wie die Rohre. Wird nun dieses Bild in der Mitte um die Achse XX so zusammengeklappt, dass die Hälften auf einander
fallen, so entsteht das folgende Bild (Fig. 4). Die
engen Rohrstücke sind nun zu Einlageröhrchen geworden, die eine Kammerwand zur
Scheidewand in der Wasserkammer des Einkammerkessels. Im Oberkessel laufen nun aber
zwei einander entgegengesetzte Strömungen. Damit diese sich nicht stören oder sich
gegenseitig aufheben, muss der Oberkessel, wenn ein Umlauf darin stattfinden soll,
in zwei Theile getrennt werden. Diese Theilung kann etwa durch eine Querwand
geschehen, wie es die Düsseldorf-Ratinger Röhrenkesselfabrik
Dürr und Co. in Ratingen, Willmann in
Dortmund, ausführt; oder es können zwei Oberkessel angeordnet werden, von denen
jeder nur mit einer Kammerseite in Verbindung steht; oder es kann ein Rohr
eingelegt werden, wie es Dürr, Gehre und Co. in Mödling
ausführen. Diese Theilung des Oberkessels ist aber eine Nothwendigkeit, die in der
Bauweise begründet ist. Manche Firmen glauben dadurch etwas Besonderes geleistet zu
haben und kündigen ihre Kessel als Umlaufkessel mit räumlich von einander getrennten
Wasser- und Dampfwegen an. Es ist aber nun begreiflich, dass diese räumliche
Trennung durchaus nichts Besonderes bedeutet, sondern vielmehr geradezu ein
Erforderniss ist. Bei den Einkammerkesseln ist aber der Querschnitt der Wasser- und
Dampfwege in den Rohren, bei gleichem Durchmesser derselben, wesentlich enger als
bei Zweikammerkesseln, und dies ist wohl zu beachten.
Textabbildung Bd. 285, S. 251Fig. 5. Endlich will ich auch noch die Kapselkessel in den Kreis meiner
Betrachtung ziehen. Kapselkessel (Fig. 5) bestehen
aus einem Oberkessel und einem darunter liegenden Röhrensystem. Die Rohre sind unter
einander durch Köpfe, und diese wieder durch Kapseln verbunden. Die obersten Köpfe
sind durch mehrere Rohre mit dem Oberkessel verbunden, während die unteren Köpfe
durch ein Querrohr vereinigt und durch ein weiteres Rohr ebenfalls mit dem
Oberkessel in Verbindung stehen. Ebenso wenig wie bei den schon betrachteten
Anordnungen kann hier vorausgesetzt werden, dass ein lebhafter Strom durch alle
Rohre in gleicher Richtung und durch die vordere und hintere Verbindung den
Oberkessel durchziehe. Auch hier muss daher eine Rückkehr des Wassers in dem
Röhrenbündel angenommen werden. Bei einem solchen Kessel belgischen Ursprunges
ereignete sich gelegentlich eines in Oesterreich vorgenommenen Versuches folgendes
Vorkommniss: Während des Versuches sank plötzlich das Wasser im Wasserstandsglas und
verschwand ganz aus dem Glase. Trotz eifrigen Nachspeisens dauerte es geraume Zeit,
bis der Wasserspiegel im Glase wieder sichtbar wurde. Dann aber stieg das Wasser
ebenso schnell, als es früher gefallen war, wieder über das Glas hinaus und der
Oberkessel war voll Wasser. Dieses merkwürdige Spiel, das sich mehrmals wiederholte,
machte natürlich die Fortsetzung des Versuches unmöglich. Doch kann der geschilderte
Vorgang leicht erklärt werden, wenn man bedenkt, dass die Wege durch die Kapseln
sowohl für Dampf und Wasser ausserordentlich gedrosselt sind. Beim gleich- und
regelmässigen Betrieb läuft der Strom im Röhrenbündel und durch den Oberkessel um.
Wird in diesen nun gespeist, so fällt sofort das kalte Wasser wie Blei in die
unteren Rohre, in welchen nun plötzlich die Dampfentwickelung, damit aber auch der
Umlauf zum Stillstand kommt. Der Strom bewegt sich nur noch in den oberen Rohren,
die wenigen Dampf blasen, die sich in den unteren Rohren bilden, setzen sich an
irgend einer Stelle fest und finden keine Gelegenheit, sich dem oben umgehenden
Strom anzuschliessen oder in denselben einzutreten. Findet nun eine plötzliche
Abkühlung etwa in Folge Oeffnung der Feuerthür statt, so condensiren sofort die
angesammelten Dampfblasen und das Wasser sinkt plötzlich aus dem Oberkessel. Wird
nun etwa wieder gespeist, so wiederholt sich der
Vorgang, bis endlich eine grössere Dampfblase das Wasser in den Oberkessel
zurückwirft und den ursprünglichen Kreislauf wieder herstellt.
Am Schlusse möchte ich nochmals ausdrücklich hervorheben, dass es mir einzig und
allein um die Darstellung der Umlaufvorgänge ohne Rücksicht auf den Einfluss
derselben auf sparsamen Betrieb, Dauer der Kessel u.s.w. zu thun war. Auch bedeuten
die beigefügten Figuren keineswegs Kessel bestimmter Typen und bestimmten
Fabrikates, sie waren mir nur als schematische Bilder zur Darstellung meiner
Ansichten dienlich.
Wenn ich nun endlich das Ergebniss meiner Untersuchung zusammenfasse, so kann ich
dies in folgendem Satze thun: Ein regelmässiger lebhafter
und gleichgerichteter Umlauf in allen Röhren eines Wasserrohrkessels ist nur
dann möglich, wenn – geringe Rohrneigung und mindeste Beanspruchung des Kessels
vorausgesetzt – der Gesammtquerschnitt des Rohrbündels um nicht mehr als die
Hälfte des sonst engsten Querschnitts grösser bemessen ist. Der Umlauf kann aber
unter normalen Umständen und bei den gebräuchlichen Rohrneigungen nur dann
sicher erzielt werden, wenn der Gesammtquerschnitt durch die Rohre überhaupt der
engste des Kessels wird.