Titel: Neuere Fräsemaschinen.
Fundstelle: Band 285, Jahrgang 1892, S. 255
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Neuere Fräsemaschinen. Mit Abbildungen. Neuere Fräsemaschinen. Die Arbeitsgeschwindigkeiten fein gezähnter Fräser. R. R. Lister in Keighley hat in einer Verhandlung der Manchester Association of Engineers über die Arbeitsbedingungen fein gezähnter Fräser gesprochen, welches nach Industries, 1891 Bd. 11 * S. 554, bezieh. Engineering, Bd. 53 * S. 27, in Kürze mitgetheilt werden soll. Textabbildung Bd. 285, S. 254Fig. 1.Textabbildung Bd. 285, S. 254Fig. 2.Textabbildung Bd. 285, S. 254Fig. 3.Textabbildung Bd. 285, S. 254Fig. 4. Die Cylinder-, Mantel- oder Kolbenfräse (Fig. 1 und 2) wirkt ausschliesslich mit den am Cylinderumfang vorhandenen geraden oder gewundenen Fräsezähnen, wobei die Schaltbewegung der Schnittrichtung genau gegensätzlich verläuft und der Span mit gleicher Geschwindigkeit, aber in einer von Null ansteigenden Stärke abgehoben wird. Nur bei vollem Eingriff der Cylinderfräse in einer dem Fräserdurchmesser entsprechenden Schlitzweite nimmt die Spandicke von Null zu und wieder bis Null ab. Textabbildung Bd. 285, S. 254Fig. 5.Textabbildung Bd. 285, S. 254Fig. 6. Dagegen wirkt die Stirnfräse (Fig. 3 bis 7) entweder ausschliesslich mit den radial stehenden Fräsezähnen der einen oder der beiden Stirnflächen zugleich, oder mit den Zähnen der Mantelfläche in der vorher beschriebenen Art. In der in Fig. 3 dargestellten Angriffsweise steht die Schaltbewegung zur Schnittrichtung annähernd winkelrecht, wobei die abgehobenen Späne nur bei tangentialem Schnittangriff von Null aus zunehmende Stärke erhalten. Es wird daher bei theilweisem Eingriffbogen und einer zur Achsenebene der Fräse symmetrischen Anlage des Werkstückes ein stärkerer Andruck beim Schnittbeginn unvermeidlich sein, welcher nur durch Feinheit der Zahntheilung oder durch geringere Schaltbewegung abgemindert werden kann. Uebrigens steht bei gewöhnlichen einseitigen Stirnfräsen nur ein kurzer Theil der Mantelzähne im Eingriff, so dass bei denselben die Ecken dieser Fräsezähne sehr stark in Anspruch genommen und bald stumpf werden. Die Wirkung der reinen Stirnfräse ist nur dann eine vollkommene, wenn die Schaltbewegung mit der Achsrichtung der Fräse zusammenfällt, also wenn der Hauptdruck in der Achsrichtung liegt. Sonst fällt den Stirnzähnen nur eine nebensächliche, glättende Arbeitswirkung zu, während die Hauptarbeit von den Mantelzähnen verrichtet wird. Textabbildung Bd. 285, S. 255Fig. 7.Textabbildung Bd. 285, S. 255Fig. 8.Textabbildung Bd. 285, S. 255Fig. 9. Die Zähne dieser Fräsen werden nur an den schmalen Rückenflächen angeschliffen, wobei das Schmirgelschleifrad die in Fig. 5 bis 8 gezeichnete Anlage erhält, während die Einspannung der verschiedenen Feinzahnfräsen in die Schleifmaschine in Fig. 9 bis 12 zur Darstellung gebracht ist. Textabbildung Bd. 285, S. 255Fig. 10.Textabbildung Bd. 285, S. 255Fig. 11.Textabbildung Bd. 285, S. 255Fig. 12. Wichtiger sind die Arbeitsergebnisse, welche von J. C. Park der North London Eisenbahnwerkstätte mitgetheilt sich finden und die in der nebenstehenden Taf. 1 zusammengestellt sind. Auf Grund dieser und anderer Erfahrungen ist Taf. 2 zusammengestellt, in welcher für verschiedene Cylinderfräsen in Maschinenstahl arbeitend die Umlaufszahlen, die Schnitt- und Schaltgeschwindigkeiten in angenäherten und abgerundeten Werthen angegeben sind. Hieraus erkennt man leicht, dass die Schnittgeschwindigkeit mit abnehmender Eingriffstiefe etwas zunimmt und mit zunehmender Tafel 1. Cylinderfräse in Schmiedestücken. Fräse-durch-messer inmm Eingriffs-tiefein mm Schnitt-breitein mm Umlaufszahlin Minuten Schnitt-geschwin-digkeitmm/Sec. Vorschubfür 1 Umlaufin mm   50 6,35   19 150 400 0,43   90 0,35   90   70 320 0,73 190 6,35 127   35 340 1,1 Cylinderfräse von 76 mm Durchmesser inRoth-guss inSchmie-deeisen inWeich-stahl inGuss-stahl inGuss-eisen mm mm mm mm mm Schnittgeschwin-    digkeit 548 300 165–300 165 90 Vorschub für eine    Umdrehung    der Fräse 0,4 0,33–0,4 0,3–0,4 0,21 0,21–0,26 Cylinderfräsen in verschiedenem Werkstückmaterial. Werkstück Fräse-durchm.in mm Eingriffs-tiefe in mm Schnitt-breite inmm Umlaufs-zahl inMinuten Schnitt-geschwin-digkeitin mm/Sec. Vorschubin 1 Minutein mm Weicher Stahl 12,7 127 250 19 SchroppenSchlichten   0,8 127 300 25 Stahlschienen 190 25 50 15 160 3,6 SchmiedeeisenFederkasten 305 38 50 15 240 3,6 GusstahlAchsgabeln 152 6,35 66,6 14 108 6,35 SchmiedeeisenMuttern 152 1,58–3,18 30 240 12,7 RothgussFlanschen 89 80 310 45 Weicher Rothguss 38 3,18 90 180 60 GusseisenSchieberkastendeckel 89 25 100 12 Schnittbreite stark abnimmt. Die Schaltung ist nur für das Schlichten etwas verstärkt, sonst ist die auf je eine Fräseumdrehung entfallende Schaltung bei starken Fräsen selbstverständlich auch stärker, während der geradlinige minutliche Vorschub bei den schwachen Fräsen grösser wird. So wird für 25 mm Schnittbreite für die Fräsen 19 bis 64 mm Durchmesser bei einer entsprechenden Eingriffstiefe von 2,4 bis 8 mm für die minutlichen Umlaufszahlen von 230, 170, 130, 116, 87 und 71 der Vorschub für eine Fräserumdrehung 0,25 bis 0,5 mm betragen, so dass eine minutliche Vorrückung von 57,5 mm bis 35,5 mm entsteht, wobei aber zu beachten ist, dass die Eingriffstiefe 2,4 und 8 mm beträgt, so dass eigentlich das Product beider Grössen ins Verhältniss gebracht werden müsste. Tafel 2. Cylinderfräse in Stahl. Durch-messer derFräse UmfangdesCylinders Eingriffstiefe Umlaufszahlen in 1 Minute Schnittgeschwindigkeit in mm/Sec. Schaltungfür eineUmdrehungmm für Schnittbreiten in mm für Schnittbreiten in mm 6,25 12,5 25 50 100 6,25 12,5 25 50 100 mm mm mm 12,7 40 12,71,600,8 360400440 330365400 335365 240265290 220245265 225245   0,23 Schlichten 480 440 400 320 290 265 0,3 19,1 60 192,41,2 240280300 220255275 230250 240280300 220255275 230250   0,25 Schlichten 320 290 265 320 290 265   0,33 25,4 80 2531,5 180200220 165185200 170185 150165 240265290 220248265 225250 200220   0,28 Schlichten 240 220 200 180 320 290 265 240   0,37 31,8 100 3262 145160175 130150160 120130145 120130 240265275 215250265 200215240 200220 0,3 Schlichten 190 175 160 145 316 290 265 240 0,4 38,1 120 38105 120130140 110120130 100108116   92  96106 240260280 220240260 200215230 185195215   0,36 Schlichten 160 150 130 120 320 300 260 240   0,48 50,9 160 25126 95100105   88  92  96   80  84  87   72  75  80 586064 256265280 235245255 215225235 195200215 145160171 0,4 Schlichten 120 108 100   90 72 320 290 265 240 195   0,56 63,6 200 32168   75  80  85   70  74  77   64  68  71   58  60  64 474951 250265280 234245256 215225235 195200215 155165170 0,5 Schlichten   95   88   80   72 58 320 290 265 240 195   0,68 So wird 57,5 . 2,4 = 137 bezieh. 35,5 . 8 = 284 das Verhältniss der Spanvolumen vorstellen, welche erst eine Vergleichung ermöglichen. Durch eine stärkere Schaltung wird naturgemäss auch der Druck auf den einzelnen Tafel 3. Stirnfräse mit Mantelzähnen. AeussererDurch-messer AeussererUmfang Schnitt- Gusseisen Maschinenstahl Gusstahl Angriff n* v** λ*** n* v** λ*** n* v** λ***   95   300 Anfräsen¼ DurchmesserSchlichten 364045 180200225   1,5  2,0  3,0 293236 145160180 1,01,22,5 242630 120130150 0,81,02,0 127   400 Anfräsen1/16 DurchmesserSchlichten 293236 195215240   2,0  2,5  4,0 232629 155175195 1,21,53,0 192124 125140160 1,01,252,25 160   500 Anfräsen1/16 DurchmesserSchlichten 242730 200220250   2,25  3,0  5,0 192124 160175200 1,41,74,0 161820 130150170 1,21,53,0 190   600 Anfräsen1/16 DurchmesserSchlichten 19,52125 195210250   2,8  3,5  6,0   15,5  17,5  19,5 155175195 1,62,04,5 131516,5 130150165 1,41,83,5 223   700 Anfräsen1/16 DurchmesserSchlichten 16,318,021,4 190210250   3,0  4,0  7,0   12,8  14,6  16,7 150170195 1,82,55,0 11,112,813,7 130150160 1,62,24,0 254   800 Anfräsen1/16 DurchmesserSchlichten 141618 190210240   3,5  5,0  8,0 111214 145165190 2,02,76,0   91012 125145160 1,82,55,0 286   900 Anfräsen1/16 DurchmesserSchlichten 12,714,016,0 190210240   4,0  6,0  9,0     9,7  10,7  12,7 145160190 2,23,07,0   8,3  9,710,7 125145160 2,02,86,0 318 1000 Anfräsen1/16 DurchmesserSchlichten 11,412,514,1 190210235   4,5  7,010,0     8,7    9,6  11,4 145160190 2,43,58,0   7,5  8,4  9,6 125140160 2,23,37,0 350 1100 Anfräsen1/16 DurchmesserSchlichten 10,411,512,5 190210230   5,0  8,011,0     8,0    8,7  10,4 145160190 2,64,29,0   6,8  7,6  8,7 125140160 2,54,08,0 * Umlaufszahl für 1 Minute. ** Schnittgeschwindigkeit in mm/Sec. *** Schaltung für einen Umlauf in mm. Fräsezahn wachsen, welcher durch verschiedene Verhältnisse, wie Schneidwinkel, freie Zahnlänge, Schärfe der Schneidkante, Härte und Materialfestigkeit, Schnittgeschwindigkeit, Erwärmung u.s.w. seine Begrenzung findet. Ueber die Geschwindigkeiten der Stirnfräsen mit Mantelzähnen oder richtiger über Mantelfräsen mit geringer Schnittweite und Schlicht Wirkung der Stirnfläche gibt Taf. 3 einigen Aufschluss. So schwankt die Geschwindigkeit für die Bearbeitung von gewöhnlichem Maschinenstahl und bei einer Eingriffstiefe von 175 bis 160 mm/Sec., während für die gleichen Verhältnisse die Umfangsgeschwindigkeit beim Schlichten von 200 bis 190 mm beträgt. Für die Gesammtleistung ist wieder das minutlich gelieferte Spanvolumen maassgebend bezieh. das Product aus Schnittbreite, Schnittiefe und minutliche Schaltung. Für die Schnittbreite 0,5 d, die Schnittiefe \frac{1}{16}\,d=0,0625\,d und die Schaltung stellt sich für die beiden Stirnfräsen d = 160 und d1 = 320 mm gelieferte Spanvolumen in folgenden Verhältnissen x . d2 . nλ = d12 n1 λ1 oder x=\left(\frac{d_1}{d}\right)^2\ \frac{n_1}{n}\ \frac{\lambda_1}{\lambda} und da nach Taf. 3 \frac{d_1}{d}=2\ \mbox{bezieh. }\frac{n_1}{n}=\frac{9,6}{21}=0,46 und \frac{\lambda_1}{\lambda}=\frac{3,5}{1,7}\,\sim\,2 angenommen ist, so folgt x = 4 . 0,46 . 2 = 2,76 als das Verhältniss der Spanleistungen zwischen beiden Fräsen. Die grosse Fräse liefert daher annähernd das dreifache Spanvolumen von jenem der kleineren Fräse. Werden aber bloss die gelieferten Arbeitsflächen in Betracht gezogen, wie es beim Schlichten der Fall ist, so liefert die Taf. 3 das Verhältniss y=\frac{d_1}{d}\,.\,\frac{n_1}{n}\ \frac{\lambda_1}{\lambda}=\frac{320}{160}\ \frac{11,4}{24}\,.\,\frac{8}{4}\,.\,y=1,9. Die Schlichtleistung der grossen Fräse ist daher annähernd nur das Doppelte von jener der kleineren Stirnfräse. Nach Engineering, 1891 Bd. 52 * S. 395, sind die höchsten erreichbaren Geschwindigkeiten angegeben, welche beim Schlichten von Stahl 228 mm/Sec. Schmiedeeisen 305 Gusseisen 457 Rothguss 538 Messing 610 in Verwendung gelangen können, welche aber für das Schroppen auf die Hälfte herabzusetzen wären. So sind für Cylinderfräsen von Durchmessern über 152 mm als brauchbare Arbeitsgeschwindigkeiten angeführt: Schnittgeschwindigkeitin mm/Sec. Schaltungin mm/Min. Für Stahl 182 12,7 Schmiedeeisen 244 25,4 Gusseisen 305 42,0 Rothguss 610 67,0 während im gewöhnlichen Werkstattbetrieb die folgenden Geschwindigkeiten als höchst zulässig bezeichnet werden. Eingriffs-tiefein mm Schnitt-geschwin-digkeitin mm/Sec. Ab-gerundeteWerthe Schaltungin mmin derMinute Schmiedeeisen 25,4 180–203 \left( {{180}\atop{200}} \right) 16 Weicher Stahl    6,35 152 150 19 Zäher Rothguss 12,7 406 400 19 Gusseisen (Zahnräder) 12,7 135 130 19 Hartes feinkörniges Gusseisen 63,5 152 150   8 Rothguss 35,0 269 270 16 Stahlstäbe    0,8 107 100 19 Eine Cylinderfräse von 101 mm Durchmesser und 305 mm Länge wurde mit grosser und kleiner Schnittgeschwindigkeit, kleiner und grosser Eingriffstiefe, starker und schwacher Schaltung in derselben Fräsemaschine und bei gleichbleibender Schnittbreite von 267 mm auf die minutliche Leistung in Spanvolumen geprüft. Das Ergebniss war folgendes, wenn b . h() = V das minutliche Spanvolumen darstellt: 267 . 8 . (33) = 70488 bezieh. 267 . 9,5 . (16) = 40584 cbmm, wobei die Schnittgeschwindigkeit 213 bezieh. 96,5 mm betragen hat, wobei das Rädervorgelege bei kleiner Schnittgeschwindigkeit eingerückt wurde. Sollen nun in einer Fräsemaschine ohne Rädervorgelege für Fräsewerkzeuge von bestimmtem Durchmesser die passenden Arbeitsgeschwindigkeiten hervorgebracht werden, so können für die Berechnung der Abmessungen der vier Stufenscheiben entweder die verschiedenen Werkstücksmaterialien, oder für ein bestimmtes Material ebenso vier einzeln entsprechend abgestufte Fräsewerkzeuge zu Grunde gelegt werden. Eine geschickte Wahl der Uebersetzung im Rädervorgelege am Spindelstock erweitert selbstverständlich den Wirkungsbereich der Maschine. Die unmittelbare Ableitung der Schaltbewegung von der Fräsespindel bezieh. der unzureichende Wechsel in der Schaltgeschwindigkeit beschränken dagegen wesentlich die Wirkungsfähigkeit der Fräsemaschine, so dass in der Zukunft eine ausgedehntere Verwendung von Reibungs- oder Versatzrädertriebwerken zur Ableitung der Hauptschaltbewegungen nicht ausgeschlossen ist, wobei ein ausgiebiger Wechsel der Schaltungen leicht erreichbar wird. Bei Ableitung der Schaltbewegung mittels dreifacher Stufenscheibe können leicht Missverhältnisse eigener Art eintreten. Beispielsweise würde sich zum Abschlichten einer 25 mm breiten Arbeitsfläche die minutliche Schaltleistung für einen schwachen Fräser 12,7 mm und für einen starken Fräser 50,9 mm zu 0,3 bezieh. 0,6 mm für je eine Fräserumdrehung und zu 400 bezieh. 100 minutlichen Fräserumdrehungen auf 400 . 0,3 = 120 mm bezieh. 100 . 0,6 = 60 mm, also bei doppelter Schaltungsgrösse doch nur auf die Hälfte stellen. Um eine gleich grosse Schlichtleistung anzustreben, müsste daher in den Stufenscheiben für die Schaltbewegung eine Uebersetzung (4 : 1) vorgesehen sein. Gute Dienste in jeder Beziehung dürften Geschwindigkeitsdiagramme, gleichseitige Hyperbeln ergeben, an deren wagerechten Grundlinien die Fräserdurchmesser in natürlicher Grösse, als senkrechte Standlinien aber die Umlaufszahlen in irgend einem Maasstabe abzunehmen sind, während die Schnitte gegebener Geschwindigkeitscurven mit den in der Maschine selbst erhältlichen Umlaufszahlen die jeweiligen Durchmesser der Fräsewerkzeuge bestimmen.