Titel: Vervollkommnete Haltsignale für Eisenbahnen.
Autor: K.
Fundstelle: Band 287, Jahrgang 1893, S. 162
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Vervollkommnete Haltsignale für Eisenbahnen. Vervollkommnete Haltsignale für Eisenbahnen. An E. Wiseman in Luton, Bedfordshire, wurde verflossenen Jahres ein englisches Patent (Nr. 9180 vom 1. Juni 1891) für eine Vorrichtung ertheilt, welche laut des von Industries, 1892 S. 454, gebrachten Auszuges der betreffenden Patentbeschreibung den wichtigen Zweck hat, das sichtbare Haltsignal auf den Strecken oder vor den Stationen der Eisenbahnen durch ein hörbares zu verschärfen, was insbesondere bei Nebel, Schneesturm oder Nachts bei etwaigem zufälligen Erlöschen der Signallaterne von grösstem Werthe ist. Wenn der Locomotivführer irgendwie das Haltsignal übersehen würde oder überhaupt nicht wahrnehmen könnte, so soll ihn also das zweite hörbare Zeichen unbedingt ausser allen Zweifel setzen, dass der Zug anzuhalten hat. Solche Signalanordnungen werden bekanntlich in Frankreich seit Decennien vielfach angewendet und kommen auch in Deutschland vor (vgl. 1892 283 * 266), sind aber in der Regel elektrisch eingerichtet, während die eingangs erwähnte die gleiche Aufgabe lediglich mit mechanischen Hilfsmitteln löst. Die ganze Einrichtung besteht aus zwei von einander völlig getrennten Haupttheilen, wovon der eine auf den Zugslocomotiven, der andere hingegen in der Bahnstrecke, in angemessener Entfernung vor dem zugehörigen optischen Signal (Semaphor), Platz findet. Den ersten dieser Theile bildet ein einfaches, an der Feuerboxwand der Locomotive angebrachtes Hebelwerk, welches die Dampfpfeife öffnet, sobald eine Gelenkstange, welche durch den Boden des Maschinenführerstandplatzes auf eine bestimmte Tiefe nach abwärts reicht, ein Stückchen nach aufwärts gehoben wird. Letzteres hat der vorgedachte zweite Theil der Einrichtung zu bewirken. Es ist das der Hauptsache nach ein knieförmiger, an einem Fussgestelle gelagerter, einarmiger stählerner Anlaufhebel, der auf den Querschwellen des Gleisoberbaues so befestigt wird, dass er bei seiner natürlichen Lage von den über ihm weggehenden Fahrzeugen der Züge in keiner Weise berührt werden kann. Unter diesem Anlaufhebel befindet sich ein keilförmiger Steg, Schieber oder Rollenständer, der in den Drahtzug der Signalstellvorrichtung eingeschaltet ist. Wird das Signal auf Halt gestellt, so zieht der Drahtzug den Keil, Schieber oder Rollenständer in den Winkel hinein, welchen der Hebelarm mit seiner Lagerplatte bildet. Hierdurch wird der Anlaufhebel bis zu einem passend angebrachten Anschlag, nämlich so hoch gehoben, dass sein oberer, knieförmig gebogener Theil in das Bereich der von der Locomotive herabreichenden Gelenkstange gelangt. Nähert sich ein Zug dem auf Halt stehenden Signale und überfährt er den Anlaufhebel, so trifft die mehrfach erwähnte Gelenkstange auf den Hebel und läuft auf demselben, dessen obere Fläche zu dem Ende mit einer entsprechenden Führungsrille versehen ist, empor. Es erfolgt hierdurch die Auslösung der Dampfpfeife, welcher Umstand den Locomotivführer auf das Verbot der Fahrt aufmerksam macht, oder vielmehr an sich als Haltsignal gilt. Die Anordnung der Dampfpfeifenauslösung ist dabei so getroffen, dass sie so lange aufrecht bleibt, d.h. dass die Dampfpfeife so lange forttönt, bis der Locomotivführer die Hebelvorrichtung mittels eines Handgriffes wieder in die Normallage zurückstellt. Desgleichen ist die Drahtzugsvorrichtung mittels Gegengewichte so eingerichtet, dass sich das Signal selbsthätig auf Halt stellt und der Anlaufhebel in beschriebener Weise gehoben wird, wenn etwa der Leitungsdraht reissen würde. Steht aber das Signal regelrecht auf Frei, dann hat die Drahtzugsleitung den keilförmigen Steg, Schieber oder Rollenständer unter dem Auflaufhebel aus dem Wege gerückt, demzufolge der Hebel seiner Schwere folgen und seine natürliche niedrige Lage einnehmen konnte, in welcher er natürlich bei den vorbeifahrenden Zügen eine Auslösung der Dampfpfeife nicht mehr herbeizuführen vermag. Hinsichtlich der näheren Ausführung und Anbringung des Auflaufhebels und seiner Verbindung mit der Signalstellvorrichtung, sowie betreffs der Anordnung des Auslösungsgestänges der Dampfpfeife sind in der Patentbeschreibung dreizehn verschiedene Abarten angegeben, die jedoch im Principe mit der geschilderten Einrichtung durchwegs übereinstimmen. K.