Titel: Neues über Druckluft.
Fundstelle: Band 287, Jahrgang 1893, S. 241
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Neues über Druckluft. (Fortsetzung des Berichtes * S. 223 d. Bd.) Mit Abbildungen. Neues über Druckluft. Die Commanditgesellschaft für Druckluft, A. Riedinger und Co. in Augsburg, welche die Einführung des sogen. Popp'schen Druckluftvertheilungssystems in Süddeutschland und Italien übernommen hat, errichtete zwecks Veranstaltung eingehender, gründlicher, auf praktischem Boden beruhender Versuche in Augsburg eine grosse Versuchsanstalt, welche mit einer vollständigen Kraftvertheilungsanlage in Verbindung gesetzt wurde. Eine ausführliche, durch zahlreiche Zeichnungen erläuterte Beschreibung dieser Anlage hat H. Lorenz in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure 1892 * 733 u. ff. gegeben. Wir bringen folgenden Auszug: Textabbildung Bd. 287, S. 241Riedinger's Druckluftversuchsanstalt. Die Versuchsstation besteht aus einer 20 m langen, 12 m breiten und 7 m hohen Halle. Dieselbe bietet Platz für zwei Verbundcompressoren von je 100 , von denen einer vorläufig an der nördlichen Seite aufgestellt ist. Unmittelbar an diesen auch zu Versuchszwecken dienenden Raum ist das sehr geräumige Kesselhaus von 13,3 m auf auf 8,3 m angebaut; es enthält ebenfalls nur einen Dampfkessel, während der Platz für einen zweiten vorgesehen ist. Da das Kesselhaus nicht die ganze hintere Längsseite der Maschinenhalle ausfüllte, so blieb noch zwischen dieser und dem Kamin Raum für eine Kühlkammer übrig, welche zweckmässig von dem übrigen Betriebe getrennt angelegt wurde. Die Luft, welche den Hochdruckcylinder des Compressors mit einer normalen Betriebsspannung von 7 k/qc Ueberdruck verlässt, wird durch die mit D bezeichnete, in einem leicht zugänglichen Rohrgraben befindliche Hochdruckleitung einem Wasserabscheider A (Fig. 1 und 2), und von da den Windkesseln WW zugeführt. Diese 5 m hohen und 1,5 m weiten Windkessel dienen weniger als Behälter, sondern vielmehr zum Druckausgleich und ebenfalls zum Abscheiden des der Luft noch beigemischten und mit fortgerissenen Kühlwassers. Sie sind durch drei Leitungen mit einander so verbunden, dass durch die unterste Leitung die Luft aus der Hochdruckleitung D eintritt, von der mittleren die Versuchsrohrleitung E und von der oberen die nach der Fabrik führende Leitung F gespeist wird. Sämmtliche Leitungen haben 100 mm lichter Weite. Durch drei Dreiweghahne ist ausserdem dafür gesorgt, dass jeder der beiden Windkessel abgesperrt werden kann, während der andere im Betriebe ist. Nahe dem Erdboden befindet sich eine Ausblaseleitung, um das sich in den Kesseln ansammelnde Wasser zu entfernen, dessen Menge durch lange Wasserstandsgläser jederzeit controlirt werden kann. Jeder Kessel ist noch mit einem Manometer und Thermometer versehen. Sicherheitsventile an den Kesseln waren nicht nothwendig, weil die Hochdruckleitung D dicht hinter der Maschine ein solches enthält. Von den Windkesseln wird die Luft der Fabrik durch die Leitung F zugeführt, welche innerhalb der Station in denselben Rohrgraben wie D, ausserhalb dagegen etwa 0,7 m tief in den Erdboden verlegt ist. Dort wird sie in erster Linie zum Betriebe der Dampfhämmer verwendet, wodurch die ausserordentlichen Condensationsverluste in den bisherigen rund 150 m langen und theilweise im Freien verlaufenden Dampfleitungen vermieden werden. Nach ihrer Arbeitsleistung in den Hämmern dient die durch einen Auspufftopf entströmende kalte Luft noch zur Kühlung und Lüftung der Hammerschmiede, ein im Sommer und bei der Nähe zahlreicher offener Feuerherde nicht zu unterschätzender Vortheil. Wird auf diese Annehmlichkeit verzichtet, so ist es leicht möglich, durch wirksame Vorwärmung der Luft, die alsdann vor ihrem Eintritt in den Hammer durch eine in den Schmiedefeuerkamin gelegte Spirale strömen muss, den Luftverbrauch bedeutend zu verringern. Ein anderer Theil der erzeugten Druckluft wird einem hydraulisch-pneumatischen Aufzuge zugeführt, wie er in Fig. 3 bis 5 dargestellt ist. Dieser unterscheidet sich von einem hydraulischen nur durch die Zwischenschaltung eines cylindrischen Gefässes, welches Wasser enthält. Auf das letztere wirkt die Druckluft, welche so gleichzeitig nach aussen abgedichtet wird. Die Einzelheiten, insbesondere die Umsteuerung, dürften aus den Figuren zur Genüge hervorgehen. In den Fig. 3 bis 5 bedeutet A hydraulischer Cylinder; B Terminklappe des Druckwassers (Absperrklappe); C Dreiweghahn der Druckluft; D Betriebswasser und Windkessel; E Steuerhebel; a Wasserleitung zur Füllung des Windkessels; b Druckluft vom Behälter; c Druckluftleitung zum Windkessel; d Druckluftleitung ins Freie; e Druckwasserleitung; f Sicherheitsventil; g Wasserablauf vom Sicherheitsventil; h Lufthahn; i Steuerarm zum selbsthätigen Oeffnen und Schliessen des Dreiweghahnes und der Terminklappe; k Rolle zum Drehen der schiefen Ebene m; l Stange zum Drehen des Dreiweghahnes; m schiefe Ebene; n Zugstange zum Hebel o der Terminklappe; o Hebel der Terminklappe; p Anschlag der Zugstange zum Hebel o der Terminklappe; q Führungsrolle der Bühne. Eine dritte Verwendungsart ist der Betrieb einiger Maschinen in der Fabrik an Stellen, wo sich keine Haupttransmission (die von Wasserkraft angetrieben wird) befindet, z.B. in der Giesserei zur Bewegung der Kollergänge, dann in zwei etwas abseits gelegenen Mechanikerwerkstätten. Eine grössere Luftmaschine von rund 30 i wird demnächst in der neuerbauten Kesselschmiede aufgestellt. Eine der eben erwähnten Maschinen ist eine gewöhnliche alte Dampfmaschine von etwa 6 , unmittelbar neben welcher früher ein Kessel aufgestellt war, der jetzt durch einen kleinen Vorwärmofen ersetzt ist. Auf diese Weise ist der Mann zur Bedienung erspart, da die Maschine jetzt nur einer Füllung Koks im Vorwärmer bei Beginn der Arbeitsschicht, sonst aber keiner weiteren Beaufsichtigung bedarf. Textabbildung Bd. 287, S. 242Hydraulisch-pneumatischer Aufzug. Von weiterem Interesse dürfte noch der Betrieb von Nähmaschinen in einigen zur Fabrik gehörigen Privatwohnungen sein, welche an das Luftrohrnetz angeschlossen sind. Hierfür hat die Firma A. Riedinger und Co. eigene kleine Motoren construirt, welche an jeder Nähmaschine leicht angebracht werden können. Dass bei so kleinen Maschinen von einer Vorwärmung abgesehen wird, braucht wohl kaum erwähnt zu werden. Textabbildung Bd. 287, S. 242Fig. 5.Hydraulisch-pneumatischer Aufzug. In der Hammerschmiede werden die Gebläse theilweise durch DruckluftstrahlapparateWie vortheilhaft der Betrieb mit diesen Apparaten ist, geht am besten daraus hervor, dass die 13 Schmiedefeuer der Fabrik, von denen 12 stündlich je 7, eines dagegen 12 cbm Druckluft, bezogen auf atmosphärische Spannung, verbrauchen, vorher durch einen sogen. Blower von 12 Kraftbedarf bedient wurden. Letzterer war bisher auch in Thätigkeit, wenn die Schmiedefeuer keine Luft benöthigten, was bei den Strahlapparaten natürlich ausgeschlossen ist. Da die Feuer nur etwa ⅔ der Arbeitszeit im Betriebe sind, so beträgt ihr stündlicher Luftverbrauch rund 64 cbm, was, mit den späteren Versuchen verglichen, einer Leistung von rund 6 e entspricht. bedient, eine Anwendung, die sich durch besondere Einfachheit und Handlichkeit auszeichnet. Die Befürchtung, man würde den zur Bewegung der Luft nöthigen Druck mit diesem Apparat nicht erreichen, hat sich als vollkommen hinfällig erwiesen; ausserdem ziehen die Schmiede dieses Gebläse dem von einem Blower herrührenden Luftstrome seiner Gleichmässigkeit wegen vor, weil hier die Gefahr des oberflächlichen Anbrennens der Schmiedestücke, scheinbar eine Folge des stossweisen Luftzutrittes durch die Flügel des Blowers, ausgeschlossen ist. Auch für Löthrohrgebläse, welche ganz ähnlich ausgeführt wurden, hat der Strahlapparat Eingang gefunden. Es hat sich herausgestellt, dass bei zweckmässig gewählten Abmessungen durch diese einfachen Strahlgebläse, welche im Grundgedanken ähnlich dem Stephenson'schen Blasrohr nur aus einer Düse für die Druckluft und einem weiteren Rohr bestehen, bedeutend grössere Mengen atmosphärischer Luft gefördert werden, als durch die bekannten abgestuften Düsenapparate mit mehrfacher Erweiterung. Es liegt dies daran, dass die der Düse entströmende Luft stossweise auf die angesaugte wirkt, mithin hier die Gesetze des unelastischen Stosses einzutreten scheinen, da die beiden Luftmengen sich mischen und mit gemeinsamer Geschwindigkeit weiter gehen. Es werden also die Bewegungsgrössen einestheils des der Düse entweichenden Luftstrahles, andererseits der im Rohre fortbewegten Luft nach vollendeter Mischung und Ausgleichung der Geschwindigkeit einander gleich sein. Textabbildung Bd. 287, S. 242 Fig. 6.Düse. Bezeichnet man die der Düse Fig. 6 entweichende Menge mit m1, ihre Geschwindigkeit mit w1, die angesaugte Luftmenge mit m2 und die Geschwindigkeit nach vollendeter Mischung mit w2, so besteht die BeziehungIst das Rohr zu kurz, als dass sich eine mittlere Geschwindigkeit w2 darin einstellen kann, so hat man statt 1) die allgemeine Gleichungm1w1 = ∫ w . dm,wobei sich die Integration auf den ganzen Querschnitt, in welchem gemessen wird, zu erstrecken hat. Diese Integration wird man, da die Geschwindigkeiten durch Anemometermessungen bestimmt werden, am zweckmässigsten entsprechend der Wassermessung in Kanälen graphisch ausführen. m1w1 = (m1 + m2) w2 . . . . . 1) Ist der Ueberdruck in der Druckleitung nicht sehr gross (nicht über 2 at), so darf man annehmen, dass der Mündungsdruck dem atmosphärischen Drucke nahezu gleich ist. Dies hat zur Folge, dass während des Ausströmens und des Mischungsvorganges keine wesentlichen Druckschwankungen bezieh. Veränderungen der specifischen Gewichte entstehen, so dass man statt der Massen einfach die Raummengen einsetzen darf, also wenn bei einem specifischen Gewichte γ der atmosphärischen Luft \left.\ \ \ \ \ \ \ m_1=\frac{V_1\gamma}{g}\atop m_1+m_2=\frac{V_2\gamma}{g}\right\}\ .\ .\ .\ .\ .\ (2) ist, so wird V1w1 = V2w2 . . . . . . 3) Nun ist aber, wenn d1 den Düsen- und d2 den Bohrdurchmesser bedeutet: V_1=\frac{\pi\,{d_1}^2}{4}\,w_1 und V_2=\frac{\pi\,{d_2}^2}{4}\,w_2, oder durch Elimination von w1 und w2 V12 : V22 = d12 : d22 oder V1 : V2 = d1 : d2 . . . . . 4) d.h.: für geringe Ueberdrucke verhält sich die der Düse entströmende Luftmenge zu der im Rohre bewegten wie der Düsendurchmesser zum Rohrdurchmesser, ein Satz, der durch zahlreiche Versuche bestätigt worden ist. Man erkennt hieraus, dass es, um eine bedeutende Luftmenge zu fördern, zweckmässig ist, die Rohrdurchmesser möglichst gross zu wählen bei kleinen Düsenöffnungen. Selbstverständlich verliert diese Beziehung bei sehr grossen Rohrdurchmessern ihre Gültigkeit, weil alsdann der Strahl die Luftmenge nicht mehr erfassen kann. Ist der Ueberdruck in der Leitung beträchtlich höher, also über 2 k/qc, so wird die in 2) gemachte Annahme der Gleichheit der specifischen Gewichte hinfällig, weil alsdann auch in der Düsenmündung ein nicht unbeträchtlicher Ueberdruck herrscht, welcher zur Folge hat, dass auch die Ausströmungsgeschwindigkeit geringer ist, als wenn die Luft in der Mündung etwa die atmosphärische Spannung angenommen hätte. In diesem Falle wird demnach auch das Verhältniss 4) nicht mehr bestehen, sondern es wird V1 : V2 > d1 : d2 . . . . . . 5) Da nun kein Grund vorliegt, dass unter diesen Verhältnissen die Beziehung 1), welche lediglich die Stosswirkung betrifft, geändert werden sollte, so haben wir alsdann ausser 1) die Gleichungen \left.\ \ \ \ \ \ \ m_1=\frac{V_1\gamma_1}{g}\atop m_1+m_2=\frac{V_2\gamma_2}{g}\right\}\ .\ .\ .\ .\ .\ 2\mbox{a}) worin γ1 das specifische Gewicht und V1 die Raummenge im Mündungsquerschnitt der Düse bedeutet, während γ2 das specifische Gewicht der äusseren atmosphärischen Luft, bezieh. auch des Gemisches im Rohr und g = 9,81 die Beschleunigung der Schwere bezeichnet. Nennt man nun V0 die der Düse entströmende Raummenge bezogen auf atmosphärische Spannung, so ist auch m_1=\frac{V_1\gamma_1}{g}=\frac{V_0\gamma_2}{g} . . . . . . 5) und wir erhalten nunmehr durch Elimination der Massen m und der Geschwindigkeiten w an Stelle von 4) die Beziehung \left(\frac{V_0}{V_2}\right)^2=\left(\frac{d_1}{d_2}\right)^2\ \frac{\gamma_1}{\gamma_2} . . . . . . 6) Bei den Versuchen trat keine merkbare Temperaturänderung auf, weshalb in den obigen Entwickelungen auch darauf keine Rücksicht genommen wurde. Die Gl. 6) hat aber eine Bedeutung insofern, als sie eine zuverlässige Bestimmung des Mündungsdruckes erlaubt, der sich bekanntlich bis jetzt auf unmittelbarem Wege der Messung entzog. Bei den dazu nöthigen Versuchen ergeben sich durch unmittelbare Messung (an einer genau geaichten Gasuhr) die Luftmengen V0, indem man die Düse ohne Ansaugung fremder Luft in die Gasuhr hineinblasen lässt, während man die Luftmenge V2 dadurch erhält, dass man durch das Gebläse, das ist Düse und weites Rohr, entweder Luft in die Gasuhr hineinführt oder auch solche aus der Gasuhr absaugt. Durch die Kenntniss obiger Gleichungen dürfte die Berechnung von Düsengebläsen vorläufig für homogene Medien (welche keine Aggregatzustandsänderungen erleiden), bedeutend erleichtert worden sein. Es ist ohne weiteres ersichtlich, dass diese Betrachtungen ebenfalls die Grundlage zur Behandlung von Lüftungseinrichtungen mittels Druckluftgebläse enthalten. Endlich mag noch die Verwendung der Druckluft, die in dem weit verzweigten Rohrnetz von der Versuchsstation aus allen Theilen der Fabrik zugänglich gemacht ist, zum Prüfen von Röhren, Kesseln und Gasbehältern auf ihre Dichtheit und Festigkeit erwähnt werden. Hierbei ist auch der Fall eingetreten, dass man Spannungen bis zu 100 k/qc benöthigte. Dieser Druck wurde leicht dadurch erreicht, dass man aus dem Druckluftrohrnetz mittels eines kräftig gebauten Kohlensäurecompressors die Luft mit 8 k/qc ansaugte und sie alsdann auf die verlangte hohe Spannung brachte. Da der Compressor der Versuchsstation schon in zwei Stufen die Luft verdichtet, so stellt dieses Verfahren im Ganzen eine dreistufige Verdichtung dar, wobei wegen geringerer Erhitzung der Luft wesentlich an Arbeit gespart wird. Compressoranlage der Versuchsstation. Die im Maschinensaale der Versuchsstation befindliche Compressoranlage besteht aus einer Verbunddampfmaschine mit Condensation von 600 mm Hub mit einem Hochdruckcylinder von 325 mm und einem Niederdruckcylinder von 475 mm Durchmesser. Der Hochdruckdampfcylinder besitzt eine Expansionsschiebersteuerung (System Guhrauer), der Niederdruckcylinder einen Trick'schen Kanalschieber. Die Kolbenstangen (Durchmesser auf der H.-D.-Seite 55 mm, auf der N.-D.-Seite 60 mm) sind mittels Stopfbüchsen durch die hinteren Cylinderdeckel hindurchgeführt und tragen entsprechend die Kolben der Compressorcylinder, welche wiederum in einen Hochdruck- und Niederdruckcompressor zerfallen. Diese Luftcylinder von 225 mm und 400 mm Durchmesser sind mit dem Gestell der Dampfmaschine durch kräftige Zugstangen verbunden und ausserdem noch im Maschinenfundamente solid verankert. Die Umdrehungszahl der Maschine schwankt je nach dem Luftbedarf zwischen 50 und 150, der Ueberdruck der Luft ist normal 7 k/qc, kann aber ohne Schwierigkeit auf 10 k/qc gesteigert werden, während der Ueberdruck des Betriebsdampfes zwischen 7,5 und 8 k/qc schwankt. Der letztere wird dem im Kesselräume befindlichen Cornwall-Kessel mit Wellrohr und Cario-Feuerung, sowie zwei Vorwärmern mit einer gesammten wasserberührten Heizfläche von 93 qm entnommen. Die Kesselspeisung erfolgt entweder durch einen Injector oder eine Speisepumpe von gewöhnlicher Construction. Die Luftcompressionscylinder der Maschine sind mit gesteuerten Ventilen versehen, welche sich in den hohlen, durch einen Steg in Saug- und Druckraum getrennten Deckeln befinden. Die tellerförmigen Saugventile werden durch einen von der Steuerung (ein um rund 90° gegen die Kurbel versetztes Excenter, dessen Stange ein Walzhebelpaar bewegt) bethätigten Stempel aufgedrückt, während der Schluss durch die Spannkraft einer Feder vor Beginn der Compressionsperiode erfolgt. Die glockenförmigen Druckventile haben scharfkantige Sitze und werden ebenfalls durch mit der Steuerung verbundene Stempel elastisch auf ihren Sitz gedrückt. Die Bewegung der Stempel erfolgt unter Hubverkleinerung von der Kolbenstange aus, was zur Sicherung des Schlusses während des Saugspiels, mithin zur Vermeidung des Rückströmens comprimirter Luft aus dem Druckraume nach dem Cylinder wesentlich beiträgt. Zur Beobachtung der Temperaturen, welche nebenbei auch eine fortlaufende Aufsicht über die Wirkung einer weiter unten zu besprechenden Einspritzkühlung ermöglicht, ist auf jeder Cylinderseite vor den Saugventilen und hinter dem Druckventil je ein Thermometer eingeschaltet. Die Gesammtzahl der Umdrehungen wird durch einen dauernd angebrachten Hubzähler angezeigt. Die Regulirung der Maschine geschah bislang durch einen gewöhnlichen Centrifugalregulator, der aber zurzeit durch einen früher hier beschriebenen Weiss'schen Leistungsregulator ersetzt wird. Die Nothwendigkeit derartiger Regulirvorrichtungen, welche unter Beibehaltung der Cylinderfüllung eine grosse Veränderung der Umdrehungszahl und der Leistungsfähigkeit der Maschine ermöglichen, ist um so mehr anzuerkennen, als eine Aufspeicherung von gespannten Gasen in grossem Maasstabe bis jetzt noch nicht ausführbar ist. Auf die noch weiter unten zu besprechenden Versuche hatte dieser Punkt schon aus dem Grunde keinen Einfluss, weil man naturgemäss für eine möglichst constante Umdrehungszahl während derselben Sorge trug. Der Verlauf der Compression in der Maschine ist nun folgender: Der Niederdruckcylinder entnimmt die Luft durch eine 250 mm weite Saugleitung, welche an der südwestlichen Giebelseite des Gebäudes emporgeführt ist, von aussen, comprimirt sie auf einen Ueberdruck von 2,3 bis 2,5 at und befördert sie in ein im Fundament liegendes cylindrisches Gefäss. Hier wird die Bewegung der Luft ganz erheblich verlangsamt, so dass ihr die überschüssige Compressionswärme entzogen werden kann. Aus diesem Zwischenkühler, in welchen zur weiteren Abkühlung ebenfalls fein vertheiltes Kühlwasser eingespritzt wird, tritt die Luft durch Kupferrohre in den Hochdruckcylinder, welcher genau dieselbe Construction wie der Niederdruckcylinder besitzt. Dort wird die Compression auf 8 at im Durchschnitt fortgesetzt, worauf die Luft durch die Hochdruckleitung D in die Windkessel W gelangt. Bemerkenswerth ist noch eine mit zwei Schiebern ausgestattete Umschaltleitung zwischen dem Hochdruckrohr und dem Saugrohr sowie dem Zwischenkühler, welche ermöglicht, dass die Maschine mit leergehenden Compressionscylindern anlaufen kann. Das Kühlwasser wird den Compressionscylindern durch eine kleine doppeltwirkende Pumpe, welche von der Maschinenwelle mittels eines Excenters angetrieben wird, zugeführt. Die Einspritzung geschieht während der Saug- und DruckperiodeDie Unzweckmassigkeit der Kühlwasserzuführung nur während der Saugperiode ist nach dem Bekanntwerden der Resultate an den älteren Davey-Paxman-Compressoren der Pariser Anlage als festgestellt zu betrachten. In diesem Falle verläuft die Compression nahezu adiabatisch, und zwar ist bei einer theoretischen Behandlung die Sättigung der Luft mit Wasserdampf, die übrigens nahezu überall vorausgesetzt werden kann, zu berücksichtigen. Eine erschöpfende Darstellung dieses Vorganges gibt Zeuner in seiner Thermodynamik, Bd. II S. 317. durch besondere Apparate, in denen dem Druckwasser bei seinem Austritt aus der Mündung Luft beigemischt wird, so dass es sehr fein zerstäubt, fast in Nebelform, in den Cylinder eintritt. Diese Erscheinung lässt sich durch Oeffnen eines Indicatorhahnes an den Compressorcylindern leicht feststellen; es tritt alsdann zuerst eine Wolke, bestehend aus gespannter Luft und fein vertheilten Wasser tropfen, und darauf ein kräftiger, kurzer Wasserstrahl aus. Der letztere entsteht dadurch, dass bei Ende des Hubes der schädliche Raum nahezu vollständig mit Wasser angefüllt ist, welches während des Ganges der Maschine durch das Druckventil mit entfernt werden muss. Lorenz gibt dann eine Theorie der Compression, um endlich folgende Mittheilungen über die Versuche an der Anlage zu machen. Diese Versuche wurden angestellt bei einer mittleren Min.-Umdrehungszahl von 80 und dabei der Druck in den Windkesseln möglichst constant gehalten. Da es ausserdem von grossem Interesse war, diejenige Spannung zu ermitteln, bei welcher die Anlage thermodynamisch am günstigsten arbeitete, so entschloss man sich, die Versuche mit Ueberdrucken von 6, 8 und 10 k in den Windkesseln durchzuführen. Die mittleren Werthe der Versuchsdaten sind in der nebenstehenden Tabelle zusammengestellt. Hierzu ist zu bemerken, dass des besseren Vergleiches halber die indicirten Arbeiten sowie die angesaugten Luftmengen sämmtlich auf 80 Min.-Umdr. bezogen sind. Nimmt man an, dass die Compression in beiden Cylindern polytropisch erfolgt, so ergibt sich für den Niederdruckluftcylinder in allen Fällen ein Exponent μ = 1,21 bis 1,22, während er für den Hochdruckcylinder zwischen μ = 1,15 und μ = 1,2 schwankt. Dies wird auch ersichtlich aus der Betrachtung des zusammengelegten Diagramms, Fig. 7, welches dem Versuche 1 entspricht. In diesem Diagramm sind die Verluste gegenüber dem isothermischen Process durch Schraffur angedeutet. Die aus den Versuchen ermittelten Werthe der relativen Mittelwerthe der Versuche an der Compressoranlage. Versuchs-Nr. I II III Datum des Versuches 17. 3. 91 17. 3. 91 17. 3. 91 Mittlere Min.-Umdr. der Ma-    schine 80,5 81,3 83,8 Dampfkesselüberdruck           k/qc 8 8 8 Mittl. Druck H.-D.-Dampfcyl.    „ 2,54 2,676 2,913     „       „     N.-D.-       „          „ 0,85 0,97 1,13     „       „     H.-D.-Luftcompr.   „ 2,8975 3,81 4,518     „       „     N.-D.-       „          „ 1,3675 1,43 1,435 Temperatur der Luft vor dem    N.-D.-Luftcompr.             Gr. C. 12 18 19 Temperatur der Luft hinter    dem N.-D.-Luftcompr.        „   „ 47 50 52 Temperatur der Luft vor dem    H.-D.-Luftcompr.               „   „ 31 32 34 Temperatur der Luft hinter    dem H.-D.-Luftcompr.        „   „ 37 50 50 Ueberdruck im Zwischen-    kühler                               k/qc 2,26 2,45 2,5 Ueberdruck im Windkessel      „ 6,0 8,0 10,0 Indicirte Arbeit des H.-D.-    Dampfcylinders                 i 43,6 46,5 50,0 Indicirte Arbeit des N.D.-    Dampfcylinders                    „ 31,6 36,1 42,0 Indicirte Arbeit des H.-D.-    Luftcompressors                  „ 23,8 31,3 37,1 Indicirte Arbeit des N.-D.-    Luftcompressors                  „ 36,2 38,0 38,1 Gesammte ind. Dampfarbeit     „ 75,2 82,6 92,0 Gesammte ind. Compressions-    arbeit                                  „ 60,0 69,3 75,2 Mechanischer Wirkungsgrad 0,80 0,839 0,817 Volumetrischer          „ 0,94 0,92 0,925 Stündlich angesaugte Luft      cbm 673 660 662        „              „            „           k 814 798 801 Stündlich angesaugte Luft    für 1 Compressor-i      cbm 11,20 9,55 8,803 Stündlich angesaugte Luft    für isothermischen Process    für 1 Compressor-i        „ 13,40 11,9 10,88 Thermodyn. Wirkungsgrad    der Compression                 „ 0,84 0,802 0,808 Stündlich angesaugte Luft    für 1 i Dampfarbeit        „ 9 8 7,2 Stündliche Kühlwassermenge   k 1065 1092 1046 Stündliche Kühlwassermengefür 1 k Luft \frac{K}{G} 1,31 1,37 1,30 Anfangstemperatur des Kühl-    wassers                             Gr. C. 11,9 11,25 11,25 Endtemperatur des Kühl-    wassers nach Verlassen    des Zwischenbehälters         „   „ 32,5 40 37,5 Kühlwassermenge, K : G, stimmen, wie man aus einem Vergleich mit der obigen kleinen Tabelle entnehmen kann, nicht unmittelbar mit den theoretischen Werthen überein. Wenn man aber berücksichtigt, dass von der versuchsmässig bestimmten Menge etwa ⅔ während der in der Theorie nicht mitberücksichtigten Saugperiode in den Cylinder treten, so wird die Uebereinstimmung eine sehr befriedigende. Es liefert dies auch den Beweis, dass die Vertheilung des Wassers ausserordentlich fein sein musste, um einen Verlauf nach der Druckcurve 1,2 zu ergeben. Die Luftförderung ergibt sich unmittelbar aus der Umdrehungszahl der Maschine und dem Hubvolumen des Niederdruckluftcylinders mit Rücksicht auf den oben angegebenen, den Diagrammen entnommenen volumetrischen Wirkungsgrad. In diesem ist die bei dem grossen Querschnitte der Saugleitung nur unbedeutende Saugdepression schon inbegriffen, während der hierdurch hervorgerufene, übrigens äusserst geringe Arbeitsverlust in der indicirten Arbeit zur Erscheinung gelangt. Textabbildung Bd. 287, S. 245Fig. 7.Diagramm. Der thermodynamische Wirkungsgrad ergibt sich aus der Division der für den günstigsten Fall (also bei isothermischer Compression) für 1 Compressor- anzusaugenden Luftmenge zur wirklich angesaugten. Er kann auch erhalten werden, wenn man aus der Temperatursteigerung der angesaugten Luft vor und nach der Compression in beiden Cylindern den unnöthiger Weise noch aus den Compressorcylindern mitgeführten Wärmeüberschuss Q1 berechnet und diesen, in Arbeitseinheiten ausgedrückt, mit der indicirten Compressorarbeit in Beziehung setzt. Ist also die Temperatur der angesaugten Luft t0, die Temperatur hinter dem N.-D.-Cylinder t1, vor dem H.-D.-Cylinder t2 und hinter ihm t3, so ist für das Luftgewicht G diese Wärme Q1 = G cp (t1t0 + t3t2) Auf diese Weise erhält man für die obigen Versuche I II III Summe der Temperatur-    unterschiede 35 + 6 38 + 12 33 + 16 Entsprechende Wärmeein-    heiten in der Stunde 7933 9484 9330 Entsprechende Arbeit in    mk der Stunde 3363600 4021200 3955900 Entsprechende Arbeit in 12,46 14,9 14,65 Gesammte Compressor-    arbeit                                 i 60,0 69,3 75,20 Nutzbare Compressorarbeit   e 47,54 54,4 57,55 Thermodynamischer Wir-    kungsgrad 0,795 0,79 0,797 Die Werthe der letzten Zeile müssten streng genommen mit dem aus den Diagrammen berechneten thermodynamischen Wirkungsgrade übereinstimmen. Die immerhin nur geringen Abweichungen dürften in der Mannigfaltigkeit der beiden Bestimmungen zu Grunde liegenden Beobachtungen eine hinreichende Erklärung finden. Im Allgemeinen ist die Uebereinstimmung als sehr befriedigend zu bezeichnen. Bemerkenswerth ist noch die Verschiedenheit der Temperatursteigerung in beiden Cylindern. Sie ist nur abhängig vom Verhältniss der Endspannung zur Anfangsspannung, welches Verhältniss aber für den Niederdruckcylinder bei sämmtlichen Versuchen grösser war als im Hochdruckcylinder. Durch Steigerung der Umdrehungszahl war es möglich, den Temperaturunterschied im Hochdruckcylinder noch weiter zu verringern, weil die unmittelbar von der Kurbelwelle angetriebene Pumpe alsdann mit höherem Druck arbeitete und dem Hochdruckcylinder mehr Wasser zugeführt wurde. Man erkennt ohne weiteres, dass es nach diesen Versuchen keine Schwierigkeiten hat, Compressoren mit Einspritzkühlung mit bedeutend höheren Umdrehungszahlen und Kolbengeschwindigkeiten arbeiten zu lassen, als man bisher, z.B. in der Pariser Druckluftanlage, gewohnt war, ein Punkt, der auf das Anlagekapital für die Maschinen von nicht zu unterschätzendem Einfluss ist. Eine genaue calorimetrische Untersuchung hätte noch einen Vergleich der im Kühlwasser abgeführten Wärme erfordert, welche einander äquivalent sein müssen. Wohl war es möglich, das Kühlwasser, welches im Niederdruckcylinder und Zwischenkühler thätig gewesen und dessen Endtemperatur auch bestimmt wurde, aufzufangen, es wurde indessen davon abgesehen, weil es sich als unthunlich erwies, das im Hochdruckcylinder verwendete Wasser in gleicher Weise zu untersuchen. Es wurde grösstentheils mit der Luft durch die Hochdruckleitung nach den Windkesseln geführt und erlitt auf dem Wege nach dort, wo es sich erst abschied, eine bedeutende Abkühlung, so dass zuverlässige Messungen undurchführbar wurden. Jedenfalls geht aus den obigen Versuchszahlen hervor, dass die Leistung der verhältnissmässig kleinen Maschine durch Steigerung der Kühlwasserzufuhr recht wohl noch um einige Procent gehoben werden könnte, eine Erfahrung, welche auch bei neuen, grösseren Maschinen für gleiche Zwecke erfolgreich benutzt worden ist. Der mechanische Wirkungsgrad, der in den obigen Versuchsangaben enthalten ist, ergab sich durch unmittelbare Vergleichung der indicirten Dampf- und Compressorarbeit. Er war innerhalb der Versuchsgrenzen nur sehr geringen Schwankungen unterworfen, so dass darin eine Bestätigung der neuerdings öfter ausgesprochenen Ansicht liegen dürfte, dass die Reibungsarbeit von Kolbenmaschinen in viel geringerer Weise von ihrer Belastung abhängig ist, als man früher anzunehmen pflegte. Bei Vorausberechnungen wird man darum, ohne grosse Fehler zu begehen, diesen Werth als eine Constante für jede einzelne Maschine auch unter verschiedener Belastung ansehen dürfen. Die Grösse des mechanischen Wirkungsgrades, im Mittel nach den oben angegebenen Versuchen 0,822, entspricht nahezu dem Werthe (0,84), welcher sich aus der Untersuchung der relativ langsam laufenden Cockerill'schen CompressorenDiese Untersuchungen wurden veröffentlicht als Anhang zu einer Abhandlung von Deschamps in der Revue universelle des Mines et de la Metallurgie, Bd. 10 Nr. 3, Juni 1890. (von je 400 ) ergab, während der thermodynamische Effect als ungleich günstiger zu bezeichnen ist. Das ist wesentlich der Zweistufigkeit des Processes, sowie der zweckmässigen Kühlvorrichtung zuzuschreiben, trotzdem die Luftcylinder an der Augsburger Versuchsmaschine des besseren Aussehens halber mit Blechverschalungen versehen sind, von denen man bei den sämmtlichen Maschinen in Paris abgesehen hat. Principiell ist dieser Fortfall als richtig anzuerkennen, da hierdurch auch die Cylinderwandungen eher befähigt sind, einen Theil der Compressionswärme nach aussen hin abzugeben und somit die Kühlwirkung zu erhöhen; praktisch jedoch fällt dieser Betrag so gering aus, dass der Einfluss der Wandungen besonders bei starker Innenkühlung vollkommen vernachlässigt werden kann. Als praktisches Ergebniss dieser Versuche ist zu erwähnen, dass der Druck im Zwischenkühler nahezu unabhängig von der gesammten Endspannung der Luft nach dem Verlassen des Hochdruckcylinders ist, so dass auch der Arbeitsverbrauch des Niederdruckluftcylinders bei 6,8 und 10 k/qc Ueberdruck in den Windkesseln fast genau derselbe (36 bis 38 ) bleibt, während die indicirte Arbeit im Hochdruckcylinder je nach den Endspannungen von 24 bis zu 37 i schwankte. Erst bei 10 k/qc Ueberdruck wurde für die Luftcylinder (deren Verhältniss 1 : 3,22 war) eine nahezu gleiche Arbeitsvertheilung erzielt. Die indicirte Arbeit der Dampfmaschine vertheilte sich übrigens ganz unabhängig von dem Arbeitsverbrauche der Luftcylinder in nahezu constantem Verhältniss auf den Hoch- und Niederdruckdampfcylinder (Cylinderverhältniss 1 : 2,17), woraus hervorgeht, dass die Kurbelwelle durch Vermittelung des Schwungrades in nicht unbedeutender Weise die Arbeit von einer Maschinenseite nach der anderen überträgt. Es dürfte sich empfehlen, diese Erscheinung bei NeuconstructionenBei den Maschinen der Offenbacher Druckluftcentrale, auf welche wir in kurzer Zeit ausführlich zurückzukommen hoffen, ist die gleichmässigere Arbeitsvertheilung durch ein etwas anderes Cylinderverhältniss erreicht. im Auge zu behalten und eventuell durch etwas andere Wahl der Cylinderverhältnisse ganz zu beseitigen, zumal da man aus praktischen Gründen das Gestänge mit den Kurbelzapfen gern für beide Maschinenseiten gleichmässig ausführt. Auf den mechanischen Wirkungsgrad, der ja ohnehin mit der Grösse der Maschine wächst, kann eine gleichmassige Vertheilung der Arbeit auf beide Maschinenhälften nur von günstigem Einfluss sein. (Schluss folgt.)