Titel: | Elektrische Hilfseinrichtung zur Feststellung von Bremswirkungen. |
Autor: | L. Kohlfürst |
Fundstelle: | Band 288, Jahrgang 1893, S. 39 |
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Elektrische Hilfseinrichtung zur Feststellung von
Bremswirkungen.
Mit Abbildungen.
Elektrische Hilfseinrichtung zur Feststellung von
Bremswirkungen.
Bei den königl. preussischen Staatsbahnen werden seit Längerem eingehende Versuche
über die Wirkungsweise der Carpenter-Bremse angestellt,
und die hierbei erfolgten Feststellungen haben bereits ebenso reiche und
interessante, als wichtige und werthvolle Ergebnisse geliefert. Jedoch bilden nicht
diese letzteren den Gegenstand der nachstehenden Darlegungen, sondern hier sollen
vorläufig lediglich die Art und Weise der Versuchsdurchführung, sowie die
Hilfsmittel nähere Beleuchtung finden, welche bei den gedachten Feststellungen und
zwar im Besonderen bei den im Juli und August 1891 seitens der königl. Eisenbahndirection Frankfurt a. M. auf der
Strecke Hanau-Gelnhausen durchgeführten Versuchen in Anwendung gebracht worden
sind.
Der dort benutzte Probezug bestand aus zwei Personenzugslocomotiven, fünf Brems-
und fünfzehn gewöhnlichen Leitungswagen und war mit der Carpenter-Bremse (mit Brüggemann'schen
Luftauslassventilen) ausgerüstet. Das Gesammtgewicht des Zuges betrug 366,08 t. Die
eine der beiden Locomotiven konnte irgend eine verfügbare normale Personenzugsmaschine sein, während die zweite Locomotive von
derselben Gattung, aber für die Versuchszwecke eigens eingerichtet war, deshalb jedem Versuchszuge beigegeben wurde und die Führung
desselben zu übernehmen hatte. Für gewöhnlich durfte denn auch nur die Tenderbremse
der letztgedachten Locomotive in Verwendung kommen, wogegen die Triebradbremse
derselben, sowie die Tender- und Triebradbremsen der dem Zuge beigegebenen zweiten
Locomotive ausschliesslich in Nothfällen bei etwaigen aussergewohnlichen
Verkehrsereignissen benutzt werden sollten.
Von den zwanzig Wagen des Zuges waren drei Personenwagen (Bremswagen) mit den zur
Durchführung der Beobachtungen und Messungen nöthigen Einrichtungen versehen und
stand der erste davon – bei der Fahrt von Hanau nach Gelnhausen – als vierter Wagen
hinter der zweiten Locomotive, der zweite als zwölfter und der dritte als letzter
Wagen im Zuge. Bei der Rückfahrt standen die Wagen, da der Zug in Gelnhausen nicht
umgesetzt werden konnte, mit dem früheren Schlusswagen hinter der zweiten Locomotive
beginnend in umgekehrter Reihenfolge.
An den fünf Bremswagen – dreiachsigen Personenwagen dritter Klasse – waren zunächst
die Brüggemann'schen selbsthätigen Luftauslassventile
derartig angebracht, dass sie ausgeschaltet werden konnten. Hierdurch wurde es
ermöglicht, die Beobachtungen und Messungen am Versuchszuge sowohl für die Carpenter-Bremse ohne als mit den genannten Ventilen vorzunehmen. Schliesslich wurden bei dem
gleichen Zuge die Bremswagen auch noch mit Kappa-Ventilen versehen und auch hierfür unter sonst gleichen
Voraussetzungen dieselben Versuche und Feststellungen durchgeführt.
Die Feststellungen, um deren Gewinnung es sich nun in erster Linie handelte,
waren:
a) die Zeit von dem Augenblicke des Umlegens des
Bremshahnhebels auf „Bremse fest“ bis zum Beginne der Kolbenbewegung am
Bremscylinder;
b) die Zeit vom Beginne bis zur Vollendung der Bewegung
des Bremscylinderkolbens;
c) die Zeit von dem Augenblicke des Zurückstellens des
Bremshahnhebels auf „Bremse lösen“ bis zum Beginne der Rückkehr des
Bremscylinderkolbens;
d) die Zeit vom Beginne bis zur Vollendung des
Bremskolbenrückganges.
Zu diesem Behufe war der Zug mit einer elektrischen Einrichtung versehen, wie sie in
Fig. 1 schematisch dargestellt erscheint. Die
Versuchzugslocomotive und die drei bereits oben namhaft gemachten Messwagen stehen
unter einander durch vier längs des ganzen Zuges
hingeführte Leitungsdrähte L1, L2, L3 und L4 in Verbindung. Auf
der Locomotive befindet sich erstens der Kurbelumschalter k, welcher bei seiner in der Zeichnung dargestellten Ruhelage keinen
Contact herstellt, hingegen, auf i gebracht, L1 mit L2 leitend verbindet;
es ist ferner der Bremshahnhebel K mit der Leitung L2 dauernd verbunden
und der
Bremshahn mit zwei derart angebrachten Contacten versehen, dass durch das Umlegen
von K auf „Bremse fest“
L2 mit L3, beim Umlegen auf „Bremse los“ hingegen L2 mit L4 in leitende
Verbindung gebracht wird.
Textabbildung Bd. 288, S. 40
Fig. 1.Schematische Darstellung der elektrischen Bremseinrichtung. (K und k in
Ruhelagen.)
Textabbildung Bd. 288, S. 40
Fig. 2.Elektrische Bremsvorrichtung. (Bei V sollte Feder x mit n in
Contact stehen.)
In den drei Messwagen befinden sich absonderlich zur Erlangung der obenstehend
angeführten Daten – was im zweiten Wagen noch Weiteres vorhanden ist, dient einem
anderen Zwecke und wird erst später in Betracht zu ziehen sein – je eine galvanische
Batterie b1, b2, b3, dann ein
achtspangiger, doppelarmiger Umschalter U1, U2, U3 ferner ein Federumschalter V1, V2, V3 und die Schreib- oder Registrirvorrichtung M1, M2 und M3. Die letztere
gleicht im Wesentlichen einem Morse-Farbschreiber, dessen Laufwerk jedoch mittels
eines besonderen Pendelwerkes regulirt wird, damit die Abwickelungsgeschwindigkeit
des Papierstreifens auf das Genaueste gleichmässig bleibt. Die Länge des in der
Minute ablaufenden Streifens lässt sich über dem durch Einstellen des Apparates so
wählen, dass selbst Aufschreibungen, welche nur kleinen Bruchtheilen von Secunden
entsprechen, abgelesen werden können. Die Ingangsetzungdes Laufwerkes bezieh.
des Papierstreifens kann mit Hilfe eines eigenen Elektromagnetes m1, m2, m3 bewirkt werden,
indem der Anker desselben, sobald er angezogen wird, ein kleines Hebelwerk
beeinflusst, welches dadurch die Hemmung des Papierstreifen-Laufwerkes löst. Was die
Umschalter U anbelangt, so gleichen sie den bekannten
Vorrichtungen dieser Art und wäre nur zu bemerken, dass die beiden Contactarme w und z durch ein
isolirtes Gelenkstück verbunden sind und gleichzeitig umgelegt werden, was der
Beobachter nach Erforderniss, und zwar mit der Hand, bewerkstelligt.
Der Federumschalter V ist es schliesslich, der die zu
prüfende Wagenbremse mit der Schreibvorrichtung in Beziehung bringt. Die beiden
Contactfedern x und y
(Fig. 1 und 2),
der regulirbare zweiseitige Contact w, sowie die beiden
Contactschrauben p und q
sind an der Gestellsplatte des Umschalters isolirt befestigt; an letzterer ist eine
mit zwei Seitenarmen versehene Rolle v angebracht, über
welche ein Drahtseil d (Fig.
2) läuft, das durch eine Oeffnung des Wagenfussbodens, sowie über die
nöthigen Führungsrollen geleitet ist und mit einem Ende an einer Spiralfeder f, mit dem anderen aber an der Kolbenstange des
Bremscylinders des betreffenden Wagens befestigt wird. Mittels dieses Seiles wird
die Rolle v durch das Einziehen des Bremskolbens im
Sinne des eingezeichneten Pfeiles gedreht, ebenso aber auch beim Lösen der Bremse,
d.h. beim Rücklauf des Bremskolbens durch die Feder f
in entgegengesetzter Richtung bewegt und in die Ursprungslage zurückgebracht. Dabei
wirken die Seitenarme der Rolle v auf die Contactfedern
x und y der Reihe nach
so ein, wie dies in Fig. 2 unter I, II, III, IV und V
dargestellt erscheint. Demgemäss ist bei der gewöhnlichen Ruhelage I die Verbindung p, x,
sowie jene zwischen n und y vorhanden; sobald beim Bremsen die Bremskolbenstange ihren Weg beginnt,
verlässt die Feder y den Contact n – Stellung II – und legt
sich auf q – Stellung III
–, d.h. die Verbindung n, y hört auf und y, q wird dafür hergestellt. Der letztgenannte Contact
erfährt nun bis zum Rückgange des Bremskolbens keine Aenderung mehr, dagegen wird
beim Abschlusse der Bremskolbenbewegung für „Bremse fest“ der bisher
bestandene Contact p, x gelöst – Stellung IV – und dafür die Verbindung w, x Stellung V – hergestellt. Die gleichen
Contactänderungen erfolgen auch wieder beim Lösen der Bremse, nämlich beim Rückgange
des Bremskolbens, jedoch selbstverständlich in umgekehrter Reihenfolge.
Die Darstellung der früher angeführten vier Zeitabschnitte vollzieht sich nun mit
Hilfe der Schreib Vorrichtungen M1, M2 und M3 in folgender Weise: Vorerst wird auf der
Locomotive einige Secunden vor dem Bremsen die Umschalterkurbel k auf i gelegt und dadurch
eine im mittleren Messwagen aufgestellte Batterie B
(Fig. 1) wirksam gemacht. Durch den Strom dieser
Batterie werden, wie es sich in der Zeichnung leicht verfolgen lässt, sämmtliche in die Leitung L1 eingeschalteten
Elektromagnete m erregt und demgemäss in der schon oben
erwähnten Weise die Laufwerke sämmtlicher Schreibvorrichtungen ausgelöst. Nachdem
hiermit die letzteren schreibbereit gemacht sind, wird der Bremshahnhebel K auf der Locomotive auf „Bremse fest“ umgelegt. Hierdurch gelangen die Batterien b1, b2, b3 in Wirksamkeit und
die angezogenen Ankerhebel der Schreibvorrichtungen M1, M2, M3 schreiben, weil der betreffende Strom in jedem der
drei Messwagen seinen Weg über die Spulen des Elektromagnetes (M1, M2, M3), dann über 5, w, n, y, x, p, 2, 3, z, 7, L3, K, L2 zum Zinkpol geschlossen findet. Jeder dieser
Ströme dauert so lange, als der Bremskolben der zugehörigen Wagenbremse nach dem
Umlegen des Bremshahnhebels der Locomotive noch in Ruhe verbleibt; es tritt aber
vermöge der sich ändernden Lage des Federumschalters V
eine Stromunterbrechung ein, sobald der Bremskolben des Wagens seinen Weg beginnt
und dabei y von n abhebt.
Diese Unterbrechung dauert jedoch nur einen Augenblick, nämlich so lange, bis die
Feder y sich auf q gelegt
hat, da dann die Batterie b1 bezieh. b2
oder b3 über den
Elektromagnet der Schreibvorrichtung, dann über das zugehörige 5, w, 1, q, y, x, p, 2, 3, z, 7, L3, K, L2 geschlossen ist. Immerhin ist die dazwischen
gefallene Stromunterbrechung aber genügend, sich am Papierstreifen durch eine kleine
Lücke im geschriebenen Striche erkennen zu lassen. Bis dann der Bremskolben
schliesslich seinen Weg vollendet hat und im Federumschalter F die Stellung IV und V (Fig. 2) erreicht wurde, hört die
zugehörige Schreibvorrichtung auf zu schreiben, da nunmehr ersichtlichermaassen ein
Stromschluss zufolge Aufhebung des Contactes p, x auf
keinem Wege mehr möglich ist.
Nachdem nun der gebremste Zug vollständig still steht, wird auf der Locomotive der
Bremshahnhebel K in die Mittelstellung zurückgebracht
und werden in jedem Messwagen die Umschalter U durch
den Beobachter nach rechts gekippt (wie es z.B. Fig.
7 zeigt); schliesslich wird K auf „Bremse los“ umgelegt. Hierdurch gelangen die
Batterien b1, b2, b3 aufs Neue zur
Wirksamkeit, indem ein Strom weg vom Kupferpol über die zugehörige
Schreibvorrichtung, dann über 5, 6, w, w, p, x, y, q, 4, z,
8, L4, K und
L2 zum Zinkpol
hergestellt worden ist. Dieser Strom erfährt nun wieder eine momentane
Unterbrechung, sobald in V die Lage IV (Fig. 2) eintritt,
d.h. sobald der Bremskolben des bezüglichen Wagens seinen Rückweg beginnt; er
entsteht jedoch neuerdings, wenn sich x, von v losgelassen, wieder auf p gelegt hat, da nunmehr ein Stromschluss über die Spulen der
Schreibvorrichtung, ferner über 6, w, 2, p, x, y, q, 4, z,
8, L4, K und
L2 entstand, der
erst wieder aufhört, bis in V die Feder y wieder von q abgehoben
wird, d.h. bis der Bremskolben vollkommen zurückgelaufen ist und die normale
Ruhelage wieder gewonnen hat.
Das durch die geschilderten Vorgänge am Papierstreifen erzeugte Bild besteht sowohl
für „Bremse fest“ als für „Bremse los“ aus je zwei dicht hinter
einander liegenden Strichen, wie dies Fig. 3 und 4 zeigen. In Fig. 3 stellt, wie aus
den bisherigen Klarlegungen bereits hervorgeht, die Linie PT die Zeit dar, vom Momente der Umlegung des Bremshahnhebels auf der
Locomotive bis zur Beendigung der Bremskolbenbewegung am betreffenden Wagen und ist
zusammengesetzt aus dem Stücke PQ, das der Zeit
entspricht, welche die Wagenbremse nach Umlegung des Bremshahnhebels (K in Fig. 1) brauchte,
umthätig zu werden, und aus dem Stücke Q T, das
die Zeit darstellt, welche vom Beginne bis zur Beendigung der Bewegung des
Bremscylinderkolbens verlief. Die Linien XZ bezieh. XY und YZ in Fig. 4 geben dieselben
Daten hinsichtlich der Lösung der Bremse; d.h. XZ gibt das Bild der Gesammtzeit vom Zurückstellen des
Bremshahnhebels auf „Bremse los“ bis zur
völligen Beendigung des Bremskolben-Rücklaufes und XY
stellt die Zeit dar, welche zwischen der gedachten Bremshebelumlegung und dem
Beginne des Bremskolben-Rücklaufes verfliesst. Da nun die Ablaufgeschwindigkeiten
der Papierstreifen an den Schreib Vorrichtungen genau gemessen, bezieh. eingestellt
und sonach bekannt sind – bei den hier in Betracht genommenen praktischen Versuchen
lief der Papierstreifen in allen Schreibvorrichtungen 4 mm in der Secunde – so sind
die Striche P, Q, T sowie X, Y,
Z unmittelbare, genaue Maasse der Zeitgrössen, durch welche sie gewonnen
wurden.
Textabbildung Bd. 288, S. 41
Papierstreifen zur Bremsvorrichtung.
Des weiteren war es nun wichtig und eine Hauptaufgabe der Versuche, die bezüglich des
Festbremsens gewonnenen Zeitdaten und ausserdem die Zeit, welche vom Momente des
Umlegens des Bremshahnhebels auf der Papierstreifen zur Brems Vorrichtung.
Locomotive bis zum völligen Stillstande des Zuges verfliesst, als Weg darzustellen, bezieh. auf Radumdrehungen zu
beziehen. Diesem Zwecke diente die bereits früher erwähnte ausserordentliche
Einrichtung des mittleren Messwagens, welche aus einer zweiten Schreibvorrichtung
MS (Fig. 1), dem
Relais B, dem Taster T und
den Batterien b, B1 und
B2 besteht. Die
Schreibvorrichtung MS hat zwei Schreibhebel, wovon der
eine durch den Elektromagnet M thätig gemacht wird und
mittels der Batterie B1
im Localschlusse des Schreibhebels der früher in Betracht gezogenen
Schreibvorrichtung M2
steht. Dieser Schreibhebel macht also dieselben Zeichen, wie der Schreibhebel der
Vorrichtung M2,
schreibt sie jedoch, weil er nach bekannter Art eines gewöhnlichen elektrischen
Rasselweckers auf Selbstunterbrechung eingerichtet ist, nicht in der Form eines
gleichmässigen Striches, sondern als feinpunktirte Linien. Der zweite Schreibhebel
der Schreib Vorrichtung MS wird vom Elektromagneten S thätig gemacht, der im Localschlusse des Relais R, der Batterie B2 und der Contactvorrichtung ac liegt. Letztere ist an der ungebremsten Achse des Messwagens – von den
drei Achsen dieses Wagens waren nur zwei mit der Bremse verbunden – so angebracht,
dass bei der einen halben Umdrehung der Wagenachse die metallische Verbindung
zwischen den Gleitfedern a und c hergestellt, dagegen während der zweiten Umdrehungshälfte aufgehoben
wird. Die zweihebelige Schreib Vorrichtung MS hat
schliesslich gleich allen anderen Schreibvorrichtungen eine elektrische Auslösung
ihres Laufwerkes, welche durch den Elektromagnet m
genau so bewirkt wird, wie es bei M1, M2 und M3 durch m1, m2 und m3 geschieht.
Wenn nun bei einem Bremsversuche, wie er vorhin beleuchtet wurde, die Kurbel k auf i gebracht wird,
gelangt der Strom
der Batterie B ersichtlichermaassen auch nach m, und der Papierstreifen der Schreib Vorrichtung MS fängt zu laufen an; kommt dann K auf „Bremse
fest“, so schreibt die Batterie b2 die Striche PQ und
QT (Fig. 4) auf dem Streifen
der Schreib Vorrichtung M2 (Fig. 1), deren Schreibhebel diese
Zeichen durch den Localschluss der Batterie B2 auf den zum Elektromagneten M gehörigen Hebel der Schreibvorrichtung MS überträgt. Auf dem Papier st reifen des letzteren
entsteht aber gleichzeitig noch eine zweite gestrichelte Linie, die der vom
Elektromagneten S thätig gemachte Schreibhebel
hervorbringt, da das Relais R bezieh. die
Linienbatterie b des Relais in demselben Augenblicke
zur Wirksamkeit gelangt ist, als K mit der Leitung L3 (Bremse fest) in
Berührung gebracht wurde. Jeder Punkt oder vielmehr jedes Strichelchen dieser
zweiten, genau parallel oberhalb der ersten erscheinenden Linie entspricht einer
Umdrehung des nichtgebremsten Rades, und die einzelnen Strichelchen und leeren
Zwischenpausen werden gegen das Ende der Linie stetig länger, weil die Contactdauer
zwischen a und c natürlich
in eben demselben Verhältnisse zunimmt, als die Zugsgeschwindigkeit abnimmt. Sobald
der Zug nach erfolgtem Bremsen zum Stillstande kommt, drückt der Bahnbeamte, welcher
im mittleren Messwagen die Beobachtungen vornimmt, den Taster T nieder und kennzeichnet dadurch auch noch den
gedachten Moment auf dem Streifen der Schreibvorrichtung MS, so dass schliesslich das in Fig. 5 dargestellte Bild
gewonnen wird. Die Linien PQ und QT sind dieselben wie in Fig. 3; D ist das Zeichen für den eingetretenen Stillstand des
Zuges und die Strichlein in der oberen Zeile sind die Radumdrehungen, deren Anzahl
für die einzelnen Entfernungen PQ, QT und TD ohne weiteres abgezählt werden kann.
Die hiermit gewonnenen Grössen bieten alle nöthigen Anhalte, um für die
Bremswirkungen Schaulinien anzufertigen, welche, sei es in Bezug auf die
verschiedenen Anordnungen der Carpenter-Bremse, sei es in Betreff der
Gefällsverhältnisse der Bremsversuchsstellen, ebenso übersichtliche als genaue
Vergleiche ermöglichen.
Für die letzte Periode der Versuchsfahrten zwischen Hanau und Gelnhausen, in der die
Carpenter-Bremse bei Einschaltung von Carpenter-Schulze'schen Kappaventilen geprüft
worden ist, hatte die Anordnung der drei Messwagen noch eine Vervollständigung
erhalten, indem in den Stromweg zwischen dem Elektromagneten der Schreib Vorrichtung
M1, M2, M3 (Fig. 1) und der Spange 5
des zugehörigen Umschalters U noch je eine besondere
Contactvorrichtung a, c, t (Fig. 6 und 7) eingelegt wurde. Diese
Einschaltung geschah mit der Absicht, in den Linien QT
(Fig. 3) und YZ (Fig. 4) jene Momente zu
kennzeichnen, in welchen die Bremsklötze an den Messwagen mit den Radreifen in
Berührung gelangen, bezieh. dieselben wieder loslassen. Zu dem Ende ist an dem über
die Rolle v des Federumschalters V laufenden Drahtseil d,
wie es Fig. 6 unter I,
II und III darstellt, mittels einer
Schraubenklamme r ein zweites kurzes Stück h genau so befestigt, dass
in dem Augenblicke, wo sich die Bremsklötze an die Radreifen legen, h straff gespannt wird und den durch die Spiralfeder
s auf die Contactschraube c festgepressten Contactarm a auf die
Contactfeder t legt. Beim Uebergange der Umschalterlage
von I in III wird durch
die dabei eintretende Zwischenstellung II, wie aus dem
Stromschema(Fig. 7) hervorgeht – es darf
übrigens bei der Betrachtung der Stromwege in Fig. 7
nicht vergessen werden, dass der Umschalter U bereits
für „Bremsen los“ gestellt ist, „Bremse fest“ jedoch die in Fig. 1 dargestellte Lage haben muss –, eine kurze
Unterbrechung des den Elektromagnet M der Schreib
Vorrichtung erregenden Stromes verursacht und sonach in dem Striche QT (Fig. 3) eine kleine Lücke
hervorgebracht. Dasselbe wird bei der Lösung der Bremse hinsichtlich der Linie YZ (Fig. 4) bewirkt werden,
sobald a (Fig. 6 und
7) wieder auf c
zurückgelangt, d.h. sobald die Berührung zwischen den Bremsklötzen und Radreifen
wieder aufhört. Die auf diese Weise gewonnenen Bilder haben nunmehr die in Fig. 8 und 9 dargestellte Form und –
das bisher Betrachtete nochmals zusammengefasst – gibt also PQ in Fig. 8
die Zeit vom Umlegen des Bremshahnhebels der Locomotive auf „Bremse fest“ bis zum Beginne der Bewegung des
Bremscylinderkolbens, Qq die Zeit vom Beginne der
Kolbenbewegung bis zu dem Augenblicke, in welchem sich die Bremsklötze des
Messwagens an die Radreifen anlegen und qT die Zeit vom
letztgedachten Augenblicke bis zum Abschlusse der Bremskolbenbewegung.
Uebereinstimmend damit gibt in Fig. 9 die Linie XY die Zeit vom Umlegen des
Bremshahnhebels auf. „Bremsen los“ bis zum
Beginn des Bremskolbenrücklaufes, Yy die Zeit vom
Anfange des Kolbenrücklaufes bis zum Momente, wo die Berührung zwischen Bremsklötzen
und Radreifen aufhört, und yZ schliesslich die Zeit bis
zur Vollendung des Kolbenrücklaufes.
Textabbildung Bd. 288, S. 42
Fig. 6.Contactvorrichtung zur Bremse.
Textabbildung Bd. 288, S. 42
Fig. 7.Conractvorrichtung zur Bremse.
Der Vollständigkeit wegen muss schliesslich noch der Umstand Erwähnung finden, dass
seitens des Beobachters auf der Locomotive ausser den gewöhnlichen Aufschreibungen
über die allgemeinen Verhältnisse des Versuchszuges und die örtlichen Umstände jeder
Versuchsstelle auch noch für jeden einzelnen Versuch die Geschwindigkeit des Zuges
beim Einschalten
der Bremse nach Angabe eines eigens zu diesem Behufe vorhandenen Messapparates von
Buss, Bombart und Co. (Magdeburg), ferner den
Atmosphärendruck in der Bremsleitung bei der Umschaltung des Bremshahnes, sowie die
Abnahme der Atmosphärendruckes im Hauptreservoir möglichst genau festzustellen und
anzumerken ist.
Betreffs der oben geschilderten, sinnreichen elektrischen Anordnung und Ausrüstung
des Versuchszuges wäre aber noch zu bemerken, dass dieselbe für den angestrebten
Zweck einen wesentlichen Fortschritt bedeutet und sowohl einfacher als auch genauer,
kurz weitaus vollkommener ist, als jene Hilfsmittel waren, welche bei den im Jahre
1887 in Burlington stattgehabten „Concurrenzversuchen“ (vgl. Lumière électrique, Bd. 26 S. 301), sowie zwei Jahre
später gelegentlich des Eisenbahncongresses in London (vgl. Engineering vom 20. December 1889 Bd. 48 S. 703) für die Gewinnung
vergleichender Feststellungen über die Wirkungen der Eisenbahnzugsbremsen in
Benutzung kamen.
L. Kohlfürst.