Titel: | Ueber neuere Kämmaschinen. |
Autor: | H. Glafey |
Fundstelle: | Band 289, Jahrgang 1893, S. 76 |
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Ueber neuere Kämmaschinen.
Von H. Glafey,
Ingenieur in Berlin.
(Fortsetzung des Berichtes S. 32 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Ueber neuere Kämmaschinen.
Auf dem Gebiete derjenigen Kämmaschinen, welche ohne Zangen arbeiten, deren
Hauptvertreter also die Maschinen von Noble und Holden
sind, sind bei weitem nicht so zahlreiche Erfindungen aufzuweisen, wie bei den in
den früheren Kapiteln besprochenen Kämmaschinen, d.h. denjenigen, welche mit Zangen
ausgestattet sind.
Fig. 54 veranschaulicht eine Kämmaschine, System Noble, welche unter Zugrundelegung der englischen
Patente Nr. 1806 A. D. 1883, Nr. 414 und Nr. 15245 A. D. 1884 und Nr. 273 A. D. 1885
durch John Charles Walker in Shipley, County of York,
von John Perry in Shipley gebaut wird und im J. 1887
auf der Jubiläumsausstellung zu England vertreten war. Die Maschine ist zum
Auskämmen von feinen australischen und südamerikanischen Wollen bestimmt und liefert
nur wenig Kämmlinge. Die Wickelrollen, von welchen die Florbänder nach den
Einschlagkästen laufen, sind nicht aus Holz hergestellt, sondern nach einem Walker'schen Patent aus Metallröhren und haben einen
besonderen Antrieb. Die Einschlagkästen dagegen sind aus Schmiedeeisen gefertigt,
können somit eine grössere lichte Weite bekommen, und ergeben mehr Spielraum. Die
Wolle wird in die Nadelringe, von denen die kleinen Nadelringe 45 Nadeln auf den
Zoll, die grossen dagegen deren 41 auf die gleiche Entfernung tragen, mit Hilfe von
Bürsten eingeschlagen, welche mit Hilfe eines besonderen nach Walker'schem Patent gebauten Antriebmechanismus bis zu
1000 Schläge in der Minute ausführen können, während der grosse Nadelkranz 3¼ bis 3½
Umdrehungen in der gleichen Zeit macht. Der vollständig von Staub befreite Kammzug
gelangt in einen Drehtopf.
In Fig. 55 ist eine weitere Ausführungsform einer Noble'schen Kämmaschine gegeben, welche von J. C. L.
und M. Jefferson in Bradford herrührt und deren
Eigenthümlichkeit in der besonderen An trieb Vorrichtung besteht, welche verhindert,
dass die Kammringe sich noch bewegen, während die Einschlagbürsten bereits
stillstehen. Die besondere Ausführungsform dieser Antriebvorrichtung ist Gegenstand
des englischen Patents Nr. 13839 A. D. 1884 und ergibt sich aus beistehender Fig. 56.
Textabbildung Bd. 289, S. 77Fig. 54.Walker's Kämmaschine nach Noble und Holden. Auf der Antriebwelle a der Maschine sitzen
die vier Riemenscheiben dbe und f, von denen die erste mittels des Riementriebes lg die Welle h in Umdrehung versetzt, die
wieder durch die Kurbelgetriebe ik den Bürsten die
erforderliche auf und ab gehende Bewegung ertheilt. Die Scheibe d sitzt hierbei lose auf der Haupttriebwelle a und ist mit einer langen Nabe c ausgestattet, auf der wieder die Scheibe b
lose läuft, während die Scheibe e fest mit derselben
verbunden ist. Die Scheibe f endlich sitzt fest auf der
Triebwelle a.
Textabbildung Bd. 289, S. 77Fig. 55.Jefferson's Kämmaschine nach Noble und Holden. Sobald nun mittels des Handhebels n die
Ausrückstange m verschoben wird, erfährt auch die
Riemengabel o
und mit ihr der Riemen l1 eine Verstellung. Steht derselbe auf der Scheibe b, so steht die Maschine still; wird er jedoch von hier auf die
Triebscheibe f für den Stuhl überführt, so gelangt er
zunächst auf die Scheibe e und setzt somit durch den
Riementrieb dlg die Bürsten in Bewegung, welche er auch
noch in Bewegung erhält, sobald er ganz auf der Scheibe f steht. Es arbeiten also die Bürsten bereits, wenn der Nadelkamm, durch
den Antrieb fa veranlasst, seine Bewegung beginnt, und
umgekehrt laufen die Bürsten noch weiter, sobald der Nadelkranz ausgerückt ist. Auf
diese Weise wird erreicht, dass das Material stets richtig in den Nadelkamm
eingeschlagen wird.
Eine Noble'sche Kämmaschine, bei welcher das Ausziehen
der langen Wollhaare aus den Kammringen unter Mitwirkung einer Leitwalze erfolgt,
deren Walzendurchmesser so klein ist, dass sie zwischen Kammring und den bisher
schon angewendeten Abzugswalzen Raum hat, ist die in den Fig. 57 bis 59 dargestellte. Sie
rührt von John Midgley in Pawtucket, Nordamerika; her
und besitzt folgende Einrichtung:
Textabbildung Bd. 289, S. 77Fig. 56.Kämmaschine nach Noble und Holden.aa sind zwei neben den Kämmen des äusseren rotirenden
Kammringes oder der inneren Arbeitskammringe angeordnete Abzugswalzen, welche nach
der Kämmoperation die überstehenden Fasern der Kammwolle erfassen und diese durch
neben einander laufende Bänder ohne Ende dem Sammelgefäss zuführen. Diese Walzen aa bilden aber an der Abzugsstelle einen sehr stumpfen
Winkel, und die Folge hiervon ist, dass von den abgezogenen Wollfasern, besonders
von den kürzeren Fasern, ein nicht unbedeutender Theil nach unten fällt und verloren
geht.
Zur Beseitigung dieses Uebelstandes ist nun der Abstreicher b zwischen den Kämmen und Abzugs walzen a
vorgesehen. Dieser Abstreicher kann die Form eines Stabes, einer Spindel oder eines
Drahtes oder sonst eine geeignete Gestalt erhalten und ist am Rahmenwerk t der Abzugsrollen aa
mittels der Schrauben vv oben oder unten oder an beiden
Enden (Fig. 59) fest
oder einstellbar gegen die Walzen a und Kammringe
befestigt. Er kann aus Holz oder Metall o. dgl. hergestellt und seine Oberfläche m rund, gekantet oder in sonst einer Weise gestaltet
sein.
Textabbildung Bd. 289, S. 78Kämmaschine von Midgley. Der im Allgemeinen feststehende Abstreicher b
kann umschlossen werden von einem lose auf ihm sitzenden Cylinder n (Fig. 59), welcher unten
von einem Scbraubenköpf o oder in irgend einer anderen
Weise gehalten wird, derart, dass er sich leicht um m
drehen kann, so dass jede Reibung und Beschädigung der abgezogenen Wolle an dem
Abstreicher b vermieden wird.
Die an der Noble'schen Kämmaschine zur Verwendung
kommenden Bürsten zum Eindrücken des Materials in die Kämme nutzen sich bekanntlich
sehr schnell ab und müssen deshalb häufig durch neue ersetzt werden, was die
Productionskosten wesentlich vertheuert. Daneben beansprucht die Bewegung der
Bürsten einen ziemlich bedeutenden Aufwand an Kraft. Trotz mehrfacher Verbesserungen
am Bewegungsmechanismus und der Schmier Vorrichtung für die Bürste blieben die
erwähnten Misstände zum grössten Theil bestehen.
In den beistehenden Fig.
60a bis 60c
ist nun eine Kämmaschine wiedergegeben, bei welcher die kostspieligen Bürsten
entbehrlich gemacht sind. Die Maschine besitzt nach Angabe des Deutschen Wollengewerbes die folgende Einrichtung:
A ist der grosse Nadelkamm, B einer der kleinen Nadelkämme.
Statt der grossen Bürste zum Eindrücken der Wolle in den Kamm kommen hier zwei Reihen
gezahnter Scheiben in Anwendung. Die erste derselben de
drückt das Material wieder bis nahezu an die Spitzen der Nadeln des Kammes. Die
zweite, ab besteht aus schwächeren Scheiben als die
erstere, so dass dieselben bequem zwischen den Nadeln durchgehen und die Wolle in
den Kamm eindrücken können. Beide Scheibenreihen werden durch Räder positiv
getrieben (s. Fig.
60a) und erhalten eine solche Geschwindigkeit, dass sie das Durchziehen der
Wolle nicht aufhalten bezieh. zu Ansammlungen an der Arbeitsstelle keinen Anlass
geben. Die aus Stahl gefertigten Scheiben sind so gut wie gar keiner Abnutzung
unterworfen und arbeiten ebenso gut wie die Bürsten und ohne Nachtheil für das
Material.
Textabbildung Bd. 289, S. 78Noble's Bürsten. Um zu verhindern, dass sich das letztere nach dem Passiren der Scheiben
ab wieder aufrichtet und aus dem Kamm heraustritt,
kommt eine kleine Bürste G in Anwendung, die durch
einen Riemen in der in Fig.
60a gezeigten Weise bewegt wird. Da diese Bürste bedeutend kleiner ist als
die sonst gebräuchlichen Bürsten, ausserdem auch nicht so schnell bewegt wird, um
das Material nicht niederzudrücken, sondern nur in dem Kamm festzuhalten braucht, so
sind die durch den etwaigen Ersatz derselben entstehenden Kosten bedeutend geringer
als bei dem alten System. Statt der sonst gebräuchlichen zwei Pfeiler ist hier nur
ein Centralpfeiler J vorhanden, durch welchen die
Hauptwelle nach dem Rädergetriebe F führt, von welchem
aus die Eindrückvorrichtung bewegt wird. Diese Einrichtung gestattet ein schnelleres
und bequemeres Herausnehmen der kleinen Circularkämme.
Eine Kämmaschine mit zwei neben einander angeordneten Nadelkränzen zur Aufnahme der
aufzukämmenden Faserbärte, bei welcher die Uebertragung der letzteren von einem
Kranz zum anderen mit Hilfe zweier Luftströme erfolgt, von denen der eine das
ausgekämmte Bartende über die Nadeln des zweiten Kranzes hebt, worauf ein zweiter
Luftstrom dieses Bartende in den zweiten Nadelkranz eindrückt, ist durch D. R. P.
Nr. 66521 vom 24. Januar 1892 geschützt. Sie rührt von David
Black und David Barnett in Bradford her und
ist folgendermaassen eingerichtet:
A ist das Maschinengestell (Fig. 61), A1BCE bezeichnen den
Speiseapparat (Fig. 62), welcher derselbe ist, wie
bei den Lister'schen Kämmaschinen älterer Construction,
und D ist der Nadelkranz, in dessen Nadeln die Fasern
F zuerst eingeschlagen werden. GHH1H2K(Fig. 61 und 62) bezeichnen einen Kämmapparat, deren beliebig viele
auf der Peripherie des Nadelkranzes vertheilt sein können.
Textabbildung Bd. 289, S. 79Fig. 61.Kämmaschine von Black und Barnett. Jeder dieser Kämmapparate ist folgendermaassen eingerichtet:
Durch eine Antriebsscheibe werden eine Anzahl mit Kratzenbeschlag versehene Walzen
H in Umdrehung versetzt; von der letzten dieser
Walzen H2 geht ein
endloses Krempelband H1
zu einer Walze, welche dicht an der Peripherie des Nadelkranzes gelagert ist. Hinter
der Walze H ist eine Putzvorrichtung angebracht.
N ist ein Verticalgebläse und P ein Horizontalgebläse, welche an dem Vereinigungspunkt der beiden
Nadelkränze D und M
angeordnet sind (Fig.
63). Der Nadelkranz M ist genau so construirt
wie der Nadelkranz D. Auf seiner Peripherie sind
ebenfalls Kämmapparate GHH1H2K vertheilt.
Textabbildung Bd. 289, S. 79Fig. 62.Kämmaschine von Black und Barnett. Beide Nadelkränze D und M sind mit Kreisnuthen versehen, und zwar befindet sich
je zwischen zwei Nadelreihen eine solche Nuth (Fig. 64). In diese
Nuthen greifen Pressplatten L ein, welche an Bolzen R * befestigt sind, die in Ständern R geführt und durch Spiralfedern S beständig nach abwärts gedrückt werden. Die Ständer
R sind den Kämmapparaten gegenüber auf dem
Maschinengestell angebracht. R1 (Fig. 62) sind
Abzugswalzen, durch welche das Zugband die Maschine verlässt.
Die Wirkungsweise dieser Kämmaschine ist nun folgende:
Die durch den Speiseapparat zugeführten Fasern werden durch den Kamm E derart auf den Nadelkranz D gebracht, dass der grössere Theil der kurzen und knotigen Fasern auf die
Nadeln, welche die innere Peripherie des Nadelkranzes bilden, zu liegen kommt,
während die langen Fasern über die äussere Peripherie hinausragen. Bei der Drehung
des Nadelkranzes D kommen diese langen Fasern mit den
Kämmapparaten in Berührung und werden hierbei vollkommen rein gekämmt. Das
Krempelband H1 nimmt
die Kämmlinge mit sich fort und überträgt dieselben auf die Walzen HH, von wo sie dann durch die Putzvorrichtung K entfernt werden.
Während des Kämmprocesses werden die langen Fasern durch die Pressplatten L auf dem Nadelkranz festgehalten. Gelangen die derart
ausgekämmten Faserenden zu dem Punkt, wo sich die beiden Nadelkränze D und M treffen, so werden
sie durch den aus dem schmalen senkrechten Rohr N
austretenden Luftstrom aufwärts geblasen und hierauf durch den aus dem wagerecht
angeordneten Rohr P austretenden Luftstrom in den
zweiten Nadelkranz hineingedrückt.
Textabbildung Bd. 289, S. 79Kämmaschine von Black und Barnett. Bei Trennung der beiden Nadelkränze in Folge deren Drehung werden die
ungekämmten Faserenden durch die Nadeln des Nadelkranzes B hindurchgezogen und gelangen nunmehr auf die äussere Peripherie des
Nadelkranzes M. Bei der weiteren Drehung des
Nadelkranzes M kommen diese Faserenden zu den
Kämmapparaten H1HGK und werden hier in derselben Weise, wie die anderen
Faserenden bei der Drehung des Nadelkranzes D,
vollkommen gekämmt. Pressplatten L halten auch hier die
langen Fasern während des Kämmprocesses in den Nuthen des Nadelkranzes fest. Nachdem
so alle Kämmlinge und Abfälle entfernt worden sind, gelangt der Zug zu den Abzugs
walzen R1 und wird aus
der Maschine entfernt.
Die kurzen Fasern, welche an der inneren Seite des Nadelkranzes zurückbleiben,
nachdem der Kranz M den Bart von D abgenommen hat, werden auf die gewöhnliche Art und
Weise durch schiefe oder winkelige Messer entfernt, welche in der Nähe des
Vereinigungspunktes der beiden Nadelkränze angeordnet werden.
(Schluss folgt.)