Titel: Die Dampfmaschinen der Weltausstellung in Chicago 1893.
Autor: Fr. Freytag
Fundstelle: Band 290, Jahrgang 1893, S. 145
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Die Dampfmaschinen der Weltausstellung in Chicago 1893. Von Fr. Freytag, Lehrer der Maschinenbaukunde an der königl. höheren Gewerbschule zu Chemnitz i. S. (Fortsetzung des Berichtes S. 121 d. Bd.) Mit Abbildungen. Die Dampfmaschinen der Weltausstellung in Chicago 1893. Die Ball and Wood Company in New York hat drei Tandem-Verbundmaschinen von je 150 , eine 200 pferdige Verbundmaschine mit neben einander liegenden Cylindern, sowie zwei Eincylindermaschinen von je 150 ausgestellt. Textabbildung Bd. 290, S. 145Fig. 20.Tandem-Verbundmaschine der Ball and Wood Company. Die äussere Ansicht einer Tandem-Verbundmaschine mit 230 minutlichen Umdrehungen und Cylindern von 330 bezieh. 508 mm Durchmesser für 406 mm Kolbenhub veranschaulicht Fig. 20. Der Maschinenrahmen ruht auf einer durchlaufenden Sohlplatte und ist mit dem frei schwebenden Niederdruckcylinder verschraubt; an den letzteren ist centrisch ein beiderseits durchbrochenes, mittels eines elliptischen Ständers abgestütztes Zwischenstück und an dieses andererseits der ebenfalls frei schwebende Hochdruckcylinder befestigt. Von den zu beiden Seiten der Maschine liegenden Schwungrädern enthält das eine den Antrieb für die Steuerung des Niederdruckcylinders, das andere den Regulator und den Antrieb für die Steuerung des Hochdruckcylinders; letztere erfolgt unter Zwischenschaltung eines Schwinghebels durch einen entlasteten Flachschieber, der aus zwei teleskopartig in einander gesteckten Theilen besteht, deren äussere viereckig gestaltete Ansätze sich auf die bezüglichen Gleitflächen des Schieberkastens legen, welche hier quer zur Cylinderachse und wagerecht angeordnet sind. Der frische Dampf strömt in den Innenraum des Schiebers und durch seitliche Kanäle in den Cylinder, nach vollbrachter Arbeit in diesem durch den Schieberkasten in das nach dem Niederdruckcylinder führende Ausströmrohr. Textabbildung Bd. 290, S. 145Fig. 21.Dampfmaschinensteuerung. Zur Steuerung des Niederdruckcylinders dient ein Drehschieber (Fig. 21), der sich in einem unter dem Cylinder liegenden cylindrischen Gehäuse bewegt und aus zwei Kanalschiebern, die unabhängig von einander und frei beweglich auf der entsprechend geformten Schieberspindel sitzen und durch den Dampfdruck auf ihre Gleitflächen gepresst werden, zusammensetzt. Das Gehäuse ist, um die Abmessungen der Dampfkanäle bezieh. die schädlichen Räume möglichst gering zu erhalten, von bedeutendem Durchmesser, was in Verbindung mit dem zwischen Hoch- und Niederdruckcylinder liegenden Ständer nicht besonders schön aussieht. Der Dampf tritt, wie dies die in Fig. 21 ersichtlichen kleinen Pfeile andeuten, sowohl direct als auch indirect durch den Schieberkanal in den Cylinder bezieh. aus demselben in die Atmosphäre oder einen Condensator; die auf der Abbildung ersichtlichen grösseren Pfeile geben den Bewegungssinn des Kolbens bezieh. die Drehrichtung des Schiebers an. Zum Tragen der beiden Schieber dient ein Cylindersegment, welches mit der am hinteren Ende nicht geführten Schieberstange verschraubt ist; letztere erhält durch einen auf ihrem äussersten Ende aufgekeilten Hebel und angreifende Schubstange von einem excentrischen Zapfen des betreffenden Schwungrades aus ihre hin und her schwingende Bewegung. Der Regulator besteht aus dem mit der Nabe des zugehörigen Schwungrades verschraubten Excenter A (Fig. 22), welches einen Bügel B trägt, der, aus zwei Hälften bestehend, einerseits durch einen Vorsprung, andererseits durch die Scheibe C auf dem Excenter gehalten wird. Die Gewichtshebel sind durch Stangen D, sowie seitlich in den Bügel B eingeschraubte Bolzen mit dem letzteren verbunden, so dass sich derselbe sammt der Platte C bei der Radialbewegung der Gewichte leicht auf dem Excenter dreht; die Platte C trägt einen Kurbelzapfen E, an welchen die zur Mitnahme des Schiebers dienende Schubstange angreift. Durch die Radialbewegung der Gewichte wird die Platte C um ihren Mittelpunkt bewegt, der excentrisch zur Schwungradwelle liegt, und demzufolge auch der Kurbelzapfen E auf dem Bogen eines Kreises bewegt, dessen Mittelpunkt mit demjenigen der Platte C zusammenfällt; diese Kreisbewegung des Zapfens bewirkt, dass das Voreilen des Schiebers bei grossen Füllungen nahezu constant bleibt und bei den kleinsten Füllungen = 0 wird. Textabbildung Bd. 290, S. 146Fig. 22.Regulator der Ball and Wood Company. Damit die Maschine im belasteten Zustande schneller läuft als beim Leergange, ist ein Oelbuffer angeordnet, dessen Kolbenstange unter Zwischenschaltung einer Zug- oder Druckfeder mit den in Bewegung kommenden Theilen des Regulators verbunden ist. Der Oelbuffer dient jetzt nicht mehr dazu, den Regulator weniger empfindlich zu machen, sondern da in Folge der nachgiebigen Feder die Empfindlichkeit desselben erhalten bleibt, kann er augenblicklich in seine der Geschwindigkeit der Maschine entsprechende Stellung gelangen. Die Einstellung des Regulators erfolgt durch Verschiebung einer auf dem einen Gewichtshebel festgeklemmten Schelle, welche mit der Feder bezieh. Stange des Oelbuffers gelenkig verbunden ist. Die Befestigung des Schwungrades geschieht in der Weise, dass, wie in Fig. 23 ersichtlich, die auf einer Seite gespaltene Nabe durch einen Schraubenbolzen auf die Welle geklemmt wird. Zwei eingelegte Federn von quadratischem Querschnitt dienen dazu, die Torsion aufzunehmen; dieselben werden durch Druckschrauben in ihrer Lage gehalten. Textabbildung Bd. 290, S. 146Fig. 23.Schwungradnabe. Die 200 pferdige Verbundmaschine der Ball and Wood Company mit neben einander liegenden Cylindern läuft mit 280 Umdrehungen in der Minute; die Cylinder besitzen 356 bezieh. 559 mm Durchmesser für 305 mm Kolbenhub und arbeiten mit einer entlasteten Flachschieber- bezieh. Drehschiebersteuerung, wie vordem beschrieben. Textabbildung Bd. 290, S. 146Steuerung an der Maschine der Stearns Manufacturing Co. Die ausgestellten Eincylindermaschinen mit 230 minutlichen Umdrehungen und 406 mm Cylinderdurchmesser für 406 mm Kolbenhub unterscheiden sich von der erstgenannten Tandem-Verbundmaschine nur dadurch, dass der Niederdruckcylinder mit Drehschiebersteuerung in Wegfall gekommen und der Hochdruckcylinder vollständig frei schwebend am Maschinenrahmen befestigt ist. Von Stearns Manufacturing Co. in Erie, Pa., sind zwei liegende Tandem-Verbundmaschinen gleicher Bauart für Leistungen von 400 bezieh. 600 ausgestellt, welche nach dem Namen ihres Constructeurs, Daniel A. Woodbury in Rochester, N. Y., als „The Woodbury“ bezeichnet sind. Zur Steuerung dieser Maschinen dienen bereits 1892 286 56 kurz erwähnte Flachschieber, welche, wie Fig. 24 und 25 erkennen lassen, durch eine auf ihrem Rücken liegende, mittels Rippen gehörig versteifte Gegenplatte B, die mittels eines gabelförmig gestalteten Keiles C eingestellt wird, entlastet sind. Die Bewegung des Keiles und demzufolge auch die Einstellung der Gegenplatte erfolgt durch zwei Stellschrauben l und l1 (Fig. 26), welche lose durch ein die beiden Keilzinken verbindendes Querstück (Fig. 26 und 27) gehen und in die Gegenplatte B eingeschraubt sind; behufs genauer und feiner Einstellung sind die Köpfe dieser Schrauben mit kleinen Theilscheiben m (Fig. 28) versehen, während am Keil, gegenüber jeder Schraube, eine Marke n angebracht ist. Textabbildung Bd. 290, S. 147 Steuerung an der Maschine der Stearns Manufacturing Co. Da nun die Scheibchen m auf ihrer Peripherie in 100 Theile getheilt sind und die Schrauben ein Gewinde von 10 Gängen auf 1 Zoll engl. besitzen, wird sich bei 1/100 Umdrehung der Schraube de Keil um 1/1000 Zoll engl. der Länge nach, und da er eine Conicität von 1 : 10 besitzt, die Gegenplatte 1/10000 Zoll nach dem Schieber zu- oder von demselben fortbewegen. Hierdurch wird ein leichtes, jedoch vollständig dampfdichtes Aufliegen des Schiebers ermöglicht, so dass nur der zur Ueberwindung der Reibung der Schieberstange in der Stopfbüchse nöthige Widerstand bestehen bleibt. Der Raum k (Fig. 25) im unteren Theile des Schieberkastens füllt sich mit Dampf und sichert gleiche Temperaturen der Führungsleisten ii1. Mit Hilfe der Spindel D (Fig. 24 und 26) lässt sich die Gegenplatte auch von aussen durch Drehung des Handhebels E lüften und zwar geschieht dies dann, wenn die Maschine längere Zeit gestanden hat und möglicher Weise ein zu starkes Klemmen des Schiebers sich dem Anlassen der Maschine entgegensetzt; die Gleitflächen werden dann von einander getrennt und ist hierzu ungefähr eine halbe Drehung des Handhebels E nothwendig, die dadurch begrenzt wird, dass der Quersteg des Keiles C gegen den Kopf einer in die Gegenplatte geschraubten Stellschraube f stösst. Wenn Schieber und Gegenplatte genügend angewärmt sind, wird der Handhebel wieder so weit wie möglich zurückgelegt; der Keil gelangt dann in seine durch die Schrauben ll1 bestimmte Arbeitsstellung. Im Falle durch Wasseranhäufung im Cylinder ein Ueberdruck entsteht, hebt sich der Schieber sammt Entlastungsplatte von seiner Gleitfläche und gestattet dem Wasser, genau wie ein nicht entlasteter Schieber, freien Abzug in den Schieberkasten bezieh. den Ausströmkanal; Schieberkasten und Cylinder sind übrigens auch mit Ablasshähnen ausgerüstet. Eine Längsverschiebung der Gegenplatte wird dadurch verhütet, dass zwei in dieselbe geschraubte Bolzen hh1 sich in Nuthen des Schieberkastenflansches führen. Der Schieber A ist, um eine vierfache Ein- und doppelte Ausströmung des Dampfes zu erzielen, mit Oeffnungen aa1 (Fig. 24) für den einströmenden Dampf versehen, welche durch Kanäle b und b1 (Fig. 25) mit einander verbunden sind. Befindet sich der Kolben in der in Fig. 24 ersichtlichen Stellung, so strömt der Dampf durch den geöffneten Kanal B1 direct, und die Aushöhlung d2 der Gegenplatte, sowie die Oeffnung a1 indirect in den Cylinder; zu derselben Zeit tritt auch frischer Dampf in die am entgegengesetzten Ende des Schiebers liegende Oeffnung a desselben und von hier durch die wagerechten Verbindungskanäle bb1, die Oeffnung a1 und den Einströmkanal H1 in den Cylinder. Zur Verdoppelung der Ausströmung sind Hilfsöffnungen cc1 im Schieber angeordnet; in der in Fig. 24 gezeichneten Stellung des letzteren entweicht der Dampf durch den Kanal H in der gewöhnlichen Weise und ferner durch die Hilfsöffnung c, sowie die centrale Höhlung K des Schiebers in die Ausströmöffnung I des Cylinders, von hier in die Atmosphäre; dies wird durch die auf der Abbildung ersichtlichen Pfeile klar veranschaulicht. Textabbildung Bd. 290, S. 147Fig. 29.Schwungradregulator der Stearns Maschine. Die Schieberstange ist mit dem Schieber fest verschraubt, die Stopfbüchse G dagegen derart mit der Schieberkastenwand verbunden, dass ihre Lage geändert werden kann; zu dem Zwecke sind die Löcher der Befestigungsschrauben in dem auf eine Fläche der Schieberkastenwandung dampfdicht aufgeschabten Flansch der Stopfbüchse reichlich gross gehalten. Der hohle gusseiserne Kolben besitzt eine Breite gleich dem halben Cylinderdurchmesser und trägt zwei schmale, gusseiserne federnde Ringe. Der Regulator (Amerikanische Patente vom 29. März 1887 und 12. August 1890) zeichnet sich durch grosse Einfachheit, sowie eine nur geringe Anzahl von Gelenkverbindungen aus; er besteht, wie aus Fig. 29 und 30 zu entnehmen, aus einem Gewicht A, welches mit dem am Schwungrad bei B drehbaren Excenterarme verschraubt ist, während das einstellbare Gegengewicht A1 auf dem um B1 drehbaren Hebel D festgemacht ist, der durch Stange E mit dem Excenter in Verbindung steht. Bei a und b befinden sich auf der Abbildung nicht ersichtliche Kautschukbuffer zur Begrenzung der Einwärtsbewegung der Gewichte; die Auswärtsbewegung des Gewichtes A1 wird durch den Buffer c begrenzt. Fig. 29 zeigt die Gewichte in ihrer äussersten Innenlage; der Excentermittelpunkt liegt dann bei d, entsprechend einer Füllung von ¾ des Kolbenhubes. Beim Ausschwingen der Gewichte gelangt der Excentermittelpunkt nach e, und das Excenter ertheilt dann dem Schieber die kleinste, der Füllung Null entsprechende Bewegung. Die Feder F ist bei G mittels Schneide mit dem Excenter C verbunden, deren Construction Fig. 30 in grösserem Maasstabe veranschaulicht. Der Kloben h ist in die Feder eingeschmiedet und ein besonderes Druckstück für die Schneide vorgesehen, welches ebenso wie diese aus gehärtetem Werkzeugstahl angefertigt ist; die Schneide selbst liegt in einem Querbolzen i des Excenters. Abnutzung und Reibung sind mit dieser Anordnung beinahe vollständig beseitigt und es liegt auch das Bedürfniss nicht mehr vor, irgend welche Schmierung anzubringen. Das äussere Ende der Feder wirkt ebenfalls auf eine Schneide und ist derartig mit dem Rade verbunden, dass eine seitliche Verschiebung derselben längs des Radreifens möglich ist; hierdurch wird die Feder veranlasst, mit einer von G nach B gezogenen Linie einen mehr oder weniger spitzen Winkel zu bilden. Die Bolzen K und K1 sind in den Radreifen eingeschraubt und gehen durch Oeffnungen des Führungsstückes f, welche die nöthige Bewegung des letzteren mitsammt der Feder gestatten. Es wird durch diese Anordnung bezweckt, den Regulator, der übrigens auch eine Oelbremse hat, mehr oder weniger empfindlich zu machen. Textabbildung Bd. 290, S. 148Fig. 30.Schwungradregulator der Stearns-Maschine. Die Befestigung der als Kurbelscheiben ausgebildeten Gegengewichte mit der Kurbel zeigt Fig. 31 (Amerikanisches Patent vom 15. Februar 1887). Der Kurbelzapfen B ist mit der Stahlwelle A aus einem Stück geschmiedet und die Gegengewichtsscheiben C sind mittels eines schmiedeeisernen Bügels D mit der Kurbelkröpfung verschraubt. Die Kurbel ist behufs genauen Zusammenpassens der zu verbindenden Theile bei aa1 ein kurzes Stück auf jeder Seite, concentrisch zur Welle, eingedreht und die sich gegenlegende Scheibe entsprechend ausgebohrt; in die mittlere Ausbohrung b der Scheibe ist weiches Metall eingegossen. Der Kreuzkopf (Amerikanisches Patent vom 14. August 1877) besteht aus den beiden hohlen Schlitten A (Fig. 32), welche mit dem Zapfen ein einziges Gusstück bilden; die Nabe B ist durch Bolzen C mit diesem Gusstück verschraubt und auf der Hälfte ihrer Länge mit einem Gewinde für die Kolbenstange versehen, ausserdem zwischen den Bolzen C geschlitzt und mittels der Bolzen D auf die genannte Stange aufgeklemmt. Die Schwungradlager auf jeder Seite der Kurbel sind mit dem gabelförmigen Maschinenrahmen aus einem Stück gegossen und die Deckel derselben um 30° gegen die Vertikale gelegt; besondere Lagerschalen sind nicht vorhanden, sondern es ist statt dieser, ebenso wie auch bei der Pleuelstange, ein Weissmetallfutter in den Lagerkörper und Deckel gegossen. Die Phönix Iron Works Company in Meadville, Pa., brachte drei nach Vorschlägen von Dich und Church erbaute Maschinen zur Ausstellung und zwar eine eincylindrige liegende Auspuffmaschine von 250 mit 470 mm Cylinderdurchmesser, 457 mm Kolbenhub und 220 minutlichen Umdrehungen, eine 250 pferdige liegende Tandem-Verbundmaschine mit Cylindern von 343 bezieh. 610 mm Durchmesser, 457 mm Kolbenhub und 200 minutlichen Umdrehungen, sowie eine mit derselben Geschwindigkeit wie die Verbundmaschine laufende viercylindrige Dreifach-Expansionsmaschine von 500 , mit Cylindern von 381, 610 und 2 × 660 mm Durchmesser für ebenfalls 457 mm Kolbenhub. Textabbildung Bd. 290, S. 148Fig. 31.Kurbelscheibe der Stearns-Maschine.Textabbildung Bd. 290, S. 148Fig. 32.Kranzkopf der Stearnsmaschine. Ueber den eigenartigen Zusammenbau der von der Firma gefertigten Verbundmaschinen finden sich 1893 288 * 219 nähere Angaben; es soll deshalb hier nur die Construction der Einzeltheile besprochen werden, welche bei den drei Ausstellungsmaschinen nahezu dieselben Merkmale aufweist. Zur Regelung der Dampfvertheilung dienen in Fig. 33 ersichtliche Kolbenschieber, welche mit einer hohlen Spindel zusammengegossen sind, die mit der von einem beweglichen Excenter bethätigten Schieberstange verschraubt ist. Der frische Dampf tritt an den äussersten Kanten des Schiebers in den Cylinder und umgibt das Schiebergehäuse vollständig, so dass dieses schon genügend angewärmt ist, ehe die Maschine in Gang kommt; dies ist nicht der Fall, wenn die Innenkanten des Schiebers den Dampfeintritt reguliren, und deshalb im letzteren Falle eher ein Festklemmen des letzteren zu befürchten. Durch Anordnung der beiden durchbrochenen Innenkolben des Schiebers wird die Gefahr einer frühzeitigen Abnutzung desselben vermindert. Der Abdampf tritt in das Gehäuse und von hier durch eine untere Oeffnung des Schieberkastens aus dem Cylinder. Der Schieber liegt unterhalb der Cylindermitte, so dass die behufs Abführung von Condensationswasser geneigt angeordneten Kanäle im tiefsten Punkte des Cylinders tangiren. Am unteren Theile des Schieberkastens befindet sich noch ein Anguss zum Sammeln von Condensationswasser, welches von hier durch ein anschliessen des Entwässerungsrohr abfliesst; derartige Röhrchen mit selbsthätigen Auslassventilen sind auch an der unteren Seite des Cylinders und Schieberkastens angebracht. Der Kolben trägt eingesprengte gusseiserne Dichtungsringe, welche durch dahinter liegende Federn gegen die Cylinderwandung gepresst werden. Textabbildung Bd. 290, S. 149 Fig. 33.Kolbensteuerung der Phönix Maschine. Der Cylinder (bei der Verbund- und Dreifach-Expansionsmaschine der Niederdruckcylinder) ist frei schwebend an dem in seiner ganzen Länge aufliegenden Maschinenrahmen befestigt und dieser mit den Lagern aus einem Stück gefertigt; letztere tragen geneigt liegende Deckel und sind mit Babbitmetall ausgegossen. Damit bei der Eincylindermaschine Cylinder- und Kreuzkopfmitte in dieselbe Horizontalebene zu liegen kommen bezieh. bei der Verbundmaschine die Mittellinien beider Cylinder zusammenfallen, sind in Fig. 33 ersichtliche Centrirschrauben a angeordnet, durch welche der am Rahmen befestigte Cylinder genau eingestellt werden kann. Die aus Schmiedestahl gefertigten Pleuelstangen besitzen Köpfe mit aufgeschraubten Deckeln; der Anzug der Lagerschalen geschieht mittels senkrechter Keile, die behufs Verschiebung oben und unten je eine Stellschraube aufnehmen. Die Kurbelzapfenlager sind mit Babbitmetall ausgegossen; die zum Kreuzkopfzapfen gehörigen Lager bestehen aus Bronze. Der Kreuzkopf, aus Gusseisen mit hohlen Gleitschuhen, besitzt einen Stahlzapfen, dessen auf beiden Seiten viereckige Ansätze in entsprechenden Aussparungen des Gehäuses liegen, so dass ein Drehen des Zapfens unmöglich wird; ausserdem dienen diese Ansätze zur Entlastung eines durch Gleitschuhe und Zapfen gesteckten Schraubenbolzens. Ueber die rechteckigen Kurbelarme greifen, mit entsprechenden Flanschen versehen, mittels Schrauben befestigte, gusseiserne Scheiben, welche in den der Kurbel gegenüberliegenden segmentförmigen Aussparungen mit gusseisernen Gegengewichtsplatten verschraubt sind. Der Regulator liegt bei der Eincylinder- und Verbundmaschine auf der äusseren Seite des einen Schwungrades: bei der Dreifach-Expansionsmaschine ist er doppelt vorhanden und auf jeder Seite eines Schwungrades angeordnet, welches die Wellen der aus zwei einzelnen Tandem-Verbundmaschinen zusammengesetzten Maschine mit einander verbindet. Die durch ein Gewicht A1 (Fig. 34) ausgeglichene Excenterscheibe A ist auf einem kurzen Wellenstück B aufgekeilt, welches, in der Nabe des Schwungrades gelagert, durch den auf seiner anderen Seite aufgekeilten Doppelhebel C, sowie die Stangen D mit den behufs Schmierung hohlen Gewichtshebeln E des Regulators verbunden ist. Die auf den Hebeln E verstellbaren Gewichte drehen um Schneiden FF als Mittelpunkte und werden durch radial zur Schwungrad welle liegende, auf Druck beanspruchte Federn JJ, die zwischen Scheiben N liegen und mittels Muttern H gespannt werden können, im Gleichgewicht gehalten; diese Federn sind ebenfalls der Centrifugalkraft unterworfen, welche indess in einem der Ueberwindung der Centrifugalkraft der Gewichte günstigen Sinne wirkt. Die Schlitze in den Hebeln E an den Stellen, wo die Stangen D angreifen, sind zum Zwecke bequemer Regulirung angeordnet. Zur Schmierung sämmtlicher Theile des Regulators während des Ganges ist auf dem Ende der Schwungradwelle ein mit Zwischenwandungen versehener Behälter R befestigt, von welchem Messingröhrchen T ausgehen, durch welche das Oel zufolge der Centrifugalkraft nach den einzelnen Gelenken hin geführt wird; diese Röhrchen liegen bei W teleskopartig in einander. Die äusserste und innerste Lage der Gewichtshebel (Fig. 34 bei M und L in punktirten Linien angedeutet) wird durch auf die Radarme geschraubte Anschläge begrenzt. Textabbildung Bd. 290, S. 149Fig. 34.Schwungradregulator der Phönix-Maschine. Die ausgestellte Dreifach-Expansionsmaschine der Phönix Iron Works veranschaulicht Fig. 35; sie setzt sich, wie bereits bemerkt, aus zwei Tandem-Verbundmaschinen zusammen, deren gekröpfte Schwungradwellen durch die Nabe eines mittleren, zur Aufnahme des Regulators dienen den Schwungrades mit einander gekuppelt sind. Auf der einen Seite der so vereinigten Maschine liegt der Hochdruck- und der eine Niederdruck-, auf der anderen Seite der Mitteldruck- und zweite Niederdruckcylinder. Die Steuerung ist dieselbe, wie vordem beschrieben; sämmtliche vier Schieber werden von einem Regulator bethätigt, dessen Theile behufs directer Verbindung mit den Schieberstangen doppelt angeordnet sind. Diese Maschine sowohl wie auch die Verbundmaschine entlassen ihren Abdampf in einen selbständig angetriebenen Davidson-Condensator. Die Firma baut auch Zwillings-Tandem-Verbundmaschinen in derselben Anordnung, wie die Dreifach-Expansionsmaschine. Die Abbildungen Fig. 36 und 37 zeigen die neueste Construction einer von den Atlas Engine Works in Indianapolis, Ind., ausgestellten 500 pferdigen Tandem-Verbundmaschine mit Cylindern von 355 bezieh. 610 mm Durchmesser, 762 mm Kolbenhub und 150 minutlichen Umdrehungen. Der geschlossene Maschinenrahmen trägt frei schwebend den Niederdruckcylinder und dieser ist durch ein mit seitlichen Oeffnungen versehenes Zwischenstück mit dem auf dem Fundament gestützten Hochdruckcylinder verbunden; beide Cylinder arbeiten mit Corlisschiebern mit vierfacher Einströmung, welche indess nicht, wie gewöhnlich, von einer Schwingscheibe ihre Bewegung ableiten, sondern durch Curvenbahnen geradlinig geführter Schlitten, in welche an den Schieberhebeln sitzende Rollen eingreifen, zwangläufig bewegt werden; dies erfolgt von einem auf der Schwungradwelle lose beweglichen Excenter aus, welcher durch einen Federregulator, dessen Construction aus Fig. 37 ersichtlich, der Geschwindigkeit der Maschine entsprechend eingestellt wird. Textabbildung Bd. 290, S. 150Fig. 35.Dreifach-Expansionsmaschine der Phönix Iron Works.Textabbildung Bd. 290, S. 150Tandem-Verbundmaschine der Atlas Engine Works. Behufs Oeffnen der Einströmkanäle in den rostartig durchbrochenen Cylindergleitflächen bewegt sich die leicht drehbare und zu dem Zwecke ringsum auf kleinen Walzen laufende Rolle jedes Schieberhebels in dem nach abwärts gekrümmten Theile der betreffenden Curvenbahn, während, wenn sich dieselbe in dem oberen geraden Theile der Bahn führt, die Einströmkanäle geschlossen bleiben; die Bewegung der Ausströmschieber findet in ähnlicher Weise statt. Die Schieberstange des Niederdruckcylinders ist einerseits mit einem in zwei Deckellagern liegenden prismatischen Führungsstück derart verschraubt, dass ihre Länge entsprechend eingestellt werden kann, andererseits mit einem am Schlitten des Niederdruckcylinders befestigten Kloben verbunden, der noch einen Zapfen trägt, über welchen die Schieberstange des Hochdruckcylinders greift; um die Steuerung des letzteren von Hand anlassen zu können, ist eine Auslösvorrichtung angeordnet. Textabbildung Bd. 290, S. 151Diagramme der Atlas-Maschine.Fig. 38 und 39 zeigen zwei am Hoch- bezieh. Niederdruckcylinder der Maschine abgenommene Diagramme; der Kesseldruck betrug etwa 7,7 at (110 Pfund auf den Quadratzoll), die mittlere Umdrehungszahl 152 in der Minute. Von derselben Firma ist noch eine 1000 pferdige Zwillings-Tandem-Verbundmaschine ausgestellt, welche sich aus zwei einzelnen Tandem-Verbundmaschinen von derselben Grosse, wie vordem beschrieben, zusammensetzt, die auf eine gemeinschaftliche Schwungradwelle mit zwei um 90° versetzten Kurbeln arbeiten. Textabbildung Bd. 290, S. 151Fig. 40.Steuerung der Maschine von Fraser und Chalmers.Fraser und Chalmers in Chicago sind mit einer 1000 pferdigen liegenden Dreifach-Expansionsmaschine auf der Ausstellung vertreten, welche mit Condensation arbeitet und einen Hochdruckcylinder von 508, sowie einen Mittel- und zwei Niederdruckcylinder von je 864 mm Durchmesser besitzt; der gemeinschaftliche Kolbenhub beträgt 1524 mm und die mittlere Umdrehungszahl 60 in der Minute. Die Maschine treibt direct mittels Riemen eine Westinghouse-Glühlichtdynamo von 10000 Lampen und macht mit ihren zu je zwei hinter einander liegenden Cylindern beider Maschinenseiten, an welche sich Corlissrahmen mit gebohrten Kreuzkopfführungen anschliessen, abgesehen von der Steuerung, durchaus den Eindruck einer hier zu Lande gebauten Maschine. Das auf der Mitte der Kurbelwelle befestigte, gleichzeitig als Riemenscheibe dienende Schwungrad hat 8,540 m Durchmesser bei 1,750 m Breite und wiegt etwa 50 t; die Kurbelwelle ist in der Mitte 457 und in den 710 mm langen Lagern, deren Mitten 5,180 m von einander entfernt liegen, 356 mm stark. Ein hauptsächliches Merkmal der Maschine besteht in der Anordnung, welche getroffen ist, um die für gewöhnlich constante Füllung im Mitteldruckcylinder und den Niederdruckcylindern bei grösseren und plötzlichen Schwankungen der von der Maschine zu bewältigenden Widerstände augenblicklich zu ändern. Um die grösste Leistung einer Maschine zu erzielen, müsste bekanntlich das Volumen des nachfolgenden Cylinders bis zum Eintritt der Expansion dasselbe sein, wie im vorhergehenden Cylinder am Ende des Kolbenhubes. Beträgt z.B. das Volumenverhältniss von Hoch- und Mitteldruckcylinder 1 : 3, so müsste in dem letzteren der Dampf bei ⅓ des Kolbenhubes abschneiden, um bei jedem Hub dieselbe Dampfmenge, welche vom Hochdruckcylinder in den Receiver entlassen wurde, aufnehmen zu können. Textabbildung Bd. 290, S. 151 Fig. 41.Steuerung der Maschine von Fraser und Chalmers. Textabbildung Bd. 290, S. 151 Fig. 42.Maschine der Conover Manufacturing Company. A. Abdampf von der Hauptmaschine. B. Condensator. C. Abdampfrohr von der Luftpumpenmaschine. D. Dampfmaschine. E. Luftpumpe. Schneidet der Schieber die Dampfeinströmung im Mitteldruckcylinder dagegen früher ab, so erreicht der im Receiver zurückbleibende Dampf schliesslich eine solche Spannung, dass das geringere aus dem Receiver entnommene Dampfvolumen dasselbe Gewicht wie die vom Hochdruckcylinder in den letzteren strömende grössere Dampfmenge besitzt, und schneidet der Schieber später ab, so wird eine grössere Dampfmenge aus dem Receiver entnommen als daselbst einströmte und der Druck in diesem unter den absoluten Enddruck der Expansion im Hochdruckcylinder sinken. Es scheint hiernach zweckmässig, Mittel- und Niederdruckcylinder mit fester Expansion arbeiten zu lassen, doch dürfte dann eine Maschine nicht, wie es häufig vorkommen wird, plötzlichen und bedeutenden Kraftschwankungen ausgesetzt sein. Der mit dem Regulator in directer Verbindüng stehende Hochdruckcylinder ist in solchen Fällen nicht mehr im Stande, die Regelmässigkeit der Bewegung der Maschine aufrecht zu erhalten und es erscheint demnach eine gleichzeitige Aenderung der Füllungsgrade von Mittel- und Niederdruckcylinder geboten. Im vorliegenden Falle ist dies dadurch erreicht, dass auf der Welle D (Fig. 40), welche den Ausklinkmechanismus für letztgenannte Cylinder trägt, ein wagerechter Hebel aufgekeilt ist, welcher die zum Regulator gehörige Oelbremse B trägt; der Kolben der letzteren steht durch Stange und Hebel mit der vom Regulator direct eingestellten, auf die Ausklinkung des Hochdruckcylinders einwirkenden Welle C in Verbindung. Wäre diese Verbindung eine feste, so würde sich mit jeder Stellungsänderung des Regulators auch der Füllungsgrad der Niederdruckcylinder ändern, da dies jedoch nicht der Fall ist, treibt, wenn die Regulatorkugeln ihre Lage nur um ein Weniges ändern, der Kolben der Oelbremse das in dem Cylinder derselben befindliche Oel durch eine mittels Stiftes E mehr oder weniger verschliessbare Oeffnung vor sich her und in den Kanal D, ohne dass sich die Bremse selbst dabei hebt oder senkt. Bei einer plötzlichen Bewegung der Regulatorkugeln und des Kolbens kann jedoch das Oel nicht schnell genug in den Kanal D übertreten; es wird deshalb die Oelbremse ihre Lage ändern und diese Bewegung auf die mit ihr verbundene Welle D übertragen, wodurch die mit dieser durch Hebel und Stangen verbundenen Klinken der Niederdruckcylinder entsprechend eingestellt werden. Die in Fig. 40 ersichtlichen Spiralfedern dienen dazu, die Oelbremse wieder in ihre normale Stellung zurückzubringen; sobald das Gleichgewicht nach dem allmählichen Ueberlaufen des Oels in den Durchgangskanal D wieder hergestellt ist, werden auch die Klinken der Mittel- und Niederdruckcylinder in ihre normale, durch das Handrädchen A von vornherein bestimmte Lage zurückkehren. Textabbildung Bd. 290, S. 152Fig. 43.Luftpumpe der Conover Company.Um die Energie des Regulators zu vergrössern, ist derselbe mit vier Schwungkugeln versehen. Die Maschine ist behufs plötzlicher Dampfabsperrung mit Luftbuffern ausgerüstet, bei denen die Compression in die Vacuumkammer selbst gelegt ist, indem die Plunger eine durch Ventil einstellbare kleine Oeffnung überschreiten und schliessen. Die mit eingesetztem Futter versehenen Cylinder und deren Deckel sind von Dampfmänteln umgeben; der Dampf geht ohne nochmalige Erwärmung von einem Cylinder zum anderen. Fig. 41 lässt die Construction der Cylinder mit Ein- und Ausströmschiebern, sowie die eigenthümlich geformten Schwingscheiben erkennen. Die Einströmschieber bewegen sich beim Oeffnen der Dampfkanäle nach einwärts und zwingen den ankommenden Dampf, erst um den Schieber herum zu gehen, ehe er in den Cylinder tritt; um demselben hierbei einen mehr directen Weg zu verschaffen, sind die Schieber mit Durchlasskanälen versehen. Die Maschine arbeitet mit getrenntem Einspritzcondensator und getrennter Luftpumpen-Verbundmaschine; die Gesammtanordnung dieser von der Conover Manufacturing Company in New York gelieferten Theile veranschaulicht Fig. 42. Luftpumpe sowohl, wie die mit Condensation und einer Corliss-Steuerung arbeitende Verbunddampfmaschine sind einfachwirkend; letztere besitzt einen Kolben mit plungerartigem Angus (Fig. 43), auf dessen obere Ringfläche der Dampf zunächst drückt, um nach erfolgter Expansion auf die untere Kolbenfläche zu wirken, sodann in den Condensator zu entweichen. Von den am oberen Theile des Cylinders auf der Hochdruckseite liegenden beiden Schiebern dient der eine a zum Einströmen bezieh. Abschneiden des Kesseldampfes, der andere b zur Ausströmung des auf der oberen Ringfläche des Kolbens wirksam gewesenen Dampfes. Der Schieber a lässt sich je nach der gewünschten Füllung von Hand einstellen (Fig. 44), während die Bewegung des Schiebers b, ebenso wie diejenige des am unteren Theile des Cylinders angeordneten Schiebers c eine unveränderliche ist; der letztere steht mit dem Zwischenbehälter bezieh. dem Condensator in Verbindung. Behufs genauer Einstellung der Schieber sind die betreffenden Verbindungsstangen mit Links- und Rechtsgewinde versehen, auch können sich die ersteren bei angesammeltem Wasser im Cylinder von ihren Sitzen erheben. Der in Fig. 44 ersichtliche Regulator arbeitet auf ein Drosselorgan. Textabbildung Bd. 290, S. 152Fig. 44.Luftpumpe der Conover Company. Die Luftpumpe mit Ventilkolben bietet nichts Bemerkenswerthes. (Fortsetzung folgt.)