Titel: | Die Rieselgerbung. |
Fundstelle: | Band 292, Jahrgang 1894, S. 21 |
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Die Rieselgerbung.
Von P. F.
Reinsch.
Die Rieselgerbung.
Die mit „Rieselgerbung“ bezeichnete neue GerbmethodeVerfahren und
Apparat zur Rieselgerbung (D. R. P. Nr. 71014). unterscheidet
sich auf den ersten Blick sehr wesentlich von der gebräuchlichen Gerberei. Bei allen
seitherigen Methoden, sei es die von Alters her gewohnte und grösstentheils immer
noch angewendete Büttengerbung, seien es alle die mit Anwendung complicirter
Vorrichtungen (hydrostatische und Luftpressung) oder selbst mit Einführung neuer
Naturkräfte in die Gerberei (wie Elektricität) gebrachten Neuerungen in diesem
Gewerbe, ist es aber immer ein und dasselbe maassgebende Princip, welches in dem
hauptsächlichen Theile bei der Gerberei, nämlich in der Art der Einwirkung der
Gerbflüssigkeit auf die zu gerbende Thierhaut in Anwendung kommt. Der unter allen
Umständen in Lösung befindliche Gerbstoff umgibt als Lösung die hierin flottirend befindliche Thierhaut. Alle bis zur Neuzeit
erzielten Neuerungen in der Gerberei bezwecken lediglich die zu beschleunigende
Einwirkung der Gerbsubstanz zum Zwecke der Abkürzung der Gerbdauer oder zur
vollständigeren Ausnutzung des Gerbstoffes. Die üblichen alten und auch die
complicirtesten neueren Gerbmethoden stimmen also im Wesentlichen im Principe
überein und sie unterscheiden sich nur durch die Verschiedenartigkeit in den
Vorrichtungen, die Einwirkung des Gerbstoffes zu beschleunigen.
Bei der Rieselgerbung liegt das folgende Princip zu Grunde. Die an einer einfachen
Vorrichtung flach ausgespannte, senkrecht aufgehängte und durch ihr eigenes Gewicht
ausgedehnte Thierhaut wird auf beiden Hautflächen durch zahlreiche constante
Strömchen der Gerbflüssigkeit überrieselt. Die Flüssigkeitsströme treten am oberen
Rande der Haut ein und verbreiten sich von ihrer Eintrittsstelle aus gleichförmig
über beide Hautflächen. Die in ein untergestelltes Gefäss abgetropfte
Gerbflüssigkeit gelangt aufs Neue wieder in Betrieb.
Der Rieselgerbapparat für einen constanten Betrieb construirt sich diesem zu Grunde
liegenden Principe gemäss sehr einfach. Der patentirte ApparatD. R. P. Nr.
71014. besteht aus folgenden wesentlichen Theilen:
A) dem Rieselbottich,
B) der Quersammelrinne,
C) den Trägerrinnen,
D) dem Sammelbottich.
Der Rieselbottich dient zur Aufnahme der Gerbflüssigkeit und steht mittels einer mit
Hahn versehenen Ausflussröhre mit der genau wagerechten Quersammelrinne in
Verbindung. Senkrecht auf der letzteren befinden sich, auf einer besonderen
Construction aufliegend, die Trägerrinnen mit den Thierhäuten in gleichen Abständen.
Die Trägerrinnen sind Stäbe, aus Eichen- oder astlosem Fichtenholze gefertigt, von
quadratischem Querschnitte. Eine Seite des Stabes ist mit einer spitz zulaufenden
Längsrinne versehen. In den beiden Seiten des Stabes, welche die Rinne begrenzen,
sind aufwärts gerichtete eiserne Haken zum Befestigen der Häute in gleichen
Abständen angebracht. Die Enden der Trägerrinnen ruhen in zwei genau correspondirend
verzahnten Trägerbalken in gleichen Abständen, welche letztere so beschaffen sind,
dass, wenn der Apparat beschickt ist, die einzelnen aufgehängten Häute noch einen
Abstand von mindestens 1 bis 1,5 cm haben. Der eine Trägerbalken, welcher die der
Querrinne entgegengesetzten Enden der Trägerrinnen trägt, liegt um 4 cm tiefer als
der andere entsprechende Trägerbalken. Die Länge der Trägerrinne beträgt (für die
Kalb-, Ziegen- und Schaf häute) = 116 cm, bei einem quadratischen Querschnitte von
2,4 cm, für Ross- und Rindhäute = 142 cm, Querschnitt = 3,8 cm. Es beträgt also das
Gefälle der in den ersteren Trägerrinnen laufenden Flüssigkeit = 3° 20'. Seitlich
der spitz zulaufenden Längsrinne in den Trägerrinnen sind in gleichen Abständen
Oeffnungen beiderseits angebracht, durch welche die in der Rinne laufende
Flüssigkeit seitlich über die beiden Hautflächen hinwegrieseln kann. In das obere
Ende der Rinne jeder Trägerrinne, d.h. in das gegen den Rieselbottich zugekehrte
Ende mündet je ein mit der Quersammelrinne B
verbundenes offenes Röhrchen, so dass, wenn also die gemeinschaftliche Verbindung
aller Trägerrinnen mit dem Rieselbottich A mittels der
durch Hahn regulirbaren Verbindungsröhre von letzterem mit der Quersammelrinne
hergestellt ist, ein gleichförmiger Flüssigkeitsstrom in alle Trägerrinnen und damit
über die gesammte zu gerbende Hautfläche sich verbreitet.
Soll nun der Rieselgerbapparat beschickt und in Betrieb gesetzt werden, so werden die
Häute (mit dem Kopfende nach unten) an den Haken der Trägerrinnen in der Weise
aufgehängt, dass abwechselnd einer- und andererseits der Rinne ein Haken an der
Trägerrinne zur Befestigung dient. Ist die Verbindung der Trägerrinnen mit dem
Rieselbottich durch Oeffnen des gemeinsamen Hahnes am Rieselbottich hergestellt, so
wird der anfänglich überaus constante Abflusstrom in die Trägerrinnen bei
unveränderter Hahnstellung nur gegen das Ende bei sinkendem Flüssigkeitsniveau im
Rieselbottich etwas verlangsamt und es ist zur Erzielung eines gleichförmigen
Betriebes dafür zu sorgen, dass 1) das Flüssigkeitsniveau im Bottich unverändert
bleibt, oder 2) dass der Ausflusshahn entsprechend regulirt werden muss. Die von den
Häuten abgetropfte Flüssigkeit wird mittels einer Saugpumpe wieder in den
Rieselbottich zurückgebracht. Während des Durchganges der Gerbflüssigkeit durch den
Apparat im ersten Stadium des Gerbens büsst die Flüssigkeit bis zu 20 Proc. des
gelösten Gerbstoffes ein. Es muss also zur Erzielung eines gleichförmigen Betriebes
die Concentration der Gerblösung constant erhalten werden mittels aerometrischer
Prüfung, durch welche der Procentsatz an Gerbstoff direct ermittelt wird.
Bei dem Rieselgerbverfahren wird eine bedeutend raschere Ausgerbung erzielt als
mittels der immer noch gebräuchlichsten Büttengerbung. Bei schweren Ledern (Sohlen- und
Riemenleder) wird die Dauer bis zur Ausgerbung bis zu ⅛, ja bis zu 1/10 der üblichen
Gerbzeit abgekürzt. Dabei erzielt man ein durchaus gleichförmiges Product sowohl in
der ganzen im Betrieb vorliegenden Beschickung, als auch in den einzelnen
Häuten.
Die Producte der Rieselgerbung sind in Qualität denen der Büttengerbung ganz gleich,
für die gleichen Gerbmittel. Bei gleichzeitiger Bearbeitung grösserer Massen von
Häuten dürfte sich ein bedeutend gleichförmigeres Product in Hinsicht der Ausgerbung
herausstellen als bei der Büttengerbung.Die
seitherigen Erfahrungen über die Rieselgerbung sind gewonnen an einem
Apparate, in welchem gleichzeitig je 1 bis 1½ Decher Häute in Arbeit
waren.
Da bei dem Rieselgerbverfahren nicht bloss die Haut von atmosphärischer Luft umgeben
ist, sondern auch die Gerbflüssigkeit während des Ueberrieselns der Hautfläche
beständig mit äusserer Luft in Berührung kommt, so kann man die Rieselgerbung in
freier Luft nur mit Gerbstoffen ausführen, welche durch den Sauerstoff nicht
verändert werden. Anwendbar sind mithin die Thonerdeverbindungen, die verschiedenen
Chromverbindungen, die seitherigen Eisenpräparate und das für die Gerberei neue
Eisenoxychlorid.Reinsch, Gerben mit
Eisenoxychlorid-Chlornatrium. D. R. P. Nr. 70226.
Ausgeschlossen sind alle tanninhaltigen Gerblösungen, da das Tannin allmählich durch
Oxydation mit Sauerstoff bekanntlich in gerbend unwirksame Derivate übergeführt
wird. Für tanninhaltige Lösungen wird die Rieselgerbung in einem mit Kohlensäuregas
erfüllten Raume vorgenommen. Ueber dem Sammelbottich befindet sich ein einfacher
Verschluss, welcher die ganze Beschickung an den Seiten und nach unten hermetisch
von der äusseren Luft abschliesst. Dieser Verschluss muss so weit hinaufreichen,
dass die Häute völlig von der Kohlensäureatmosphäre umgeben sind. Es ist nicht
nothwendig, dass dieser mit Kohlensäuregas angefüllte Raum nach oben hin
verschlossen ist, und zwar nur dann, wenn der Rieselgerbapparat sich in einem
Parterreraum befindet, in welchem jeder Luftzug vermieden istIn dem oben
offenen, an der Basis und an den Seitenwänden hermetisch abgeschlossenen
Raume hält sich Kohlensäuregas wochen- und monatelang unverändert und
unvermischt mit Luft, wie in einem kleinen, oben offenen Gefässe, in der
Voraussetzung, dass die Luft in dem Raume nicht bewegt ist..
Kohlensäure ist sehr billig und einfach überall herzustellen, und kann auch, wenn
die Gerberei sich auch des Eisenoxychloridgerbverfahrens bedient, in ziemlicher
Menge als Nebenproduct verwendet werden, da dieser neue Gerbstoff von der Gerberei
selbst sehr einfach in der nöthigen Concentration dargestellt werden kann. Ein
Abgang an Kohlensäure am oberen Rande des Raumes, welcher durch die abwärts
laufenden Flüssigkeitsströme verursacht wird und selbst in luftruhigem Raume
stattfindet, muss constant ersetzt werden. Dieser Abgang beträgt während der ganzen
Gerbdauer etwa 30 Proc. des anfänglichen Volumens. Die Füllung des Gerbraumes mit
Kohlensäuregas geschieht einfach dadurch, dass man, nachdem die Beschickung des
umschlossenen Raumes mit Häuten vorgenommen ist, die Röhrenmündung des
Kohlensäureapparates in den unteren Theil des Raumes bringt und die Kohlensäure
ausströmen lässt. Diese letztere verdrängt allmählich die atmosphärische Luft aus
dem Gerbraume und erfüllt den Raum gleichförmig ohne Beimengung von
säuerstoffhaltiger Luft, nachdem die Kohlensäure an den oberen Rändern des
Gerbraumes angelangt ist, was man sehr einfach mittels eines eingeführten brennenden
Holzspanes prüft.
Eine sehr wesentliche Ersparniss in den Betriebskosten bei der Rieselgerbung liegt in
den beträchtlich geringeren Auslagen für Arbeitslöhne. Es fallen bei der
Rieselgerbung alle die Nebenarbeiten weg, welche bei der Büttengerbung unerlässlich
sind, wie Umrühren, Aufziehen der Häute, wie das Versetzen der Häute bei der
Sohlledergerberei in den Versetzgruben, welche zeitraubenden Arbeiten regelmässig
vorgenommen werden müssen zur Erzielung eines guten und gleichförmigen Productes.
Bei der Rieselgerbung verbleiben die Häute während der ganzen Dauer der Gerbung
ruhig im Rieselgerbapparat, ohne berührt zu werden. Die Einrichtung des Apparates
gestattet in kurzem ohne Betriebsstörung eine sofortige Prüfung jeder einzelnen
Haut, ohne dass es nothwendig ist, die anderen Häute zu derangiren, ein Vortheil,
welcher eine genaue Controle gestattet, was bei der Büttengerbung nicht der Fall
sein kann.
Ein anderer wichtiger Factor, welcher bei der Rieselgerbung in Betracht kommt, ist
sowohl die völlige Ausnützung des Gerbstoffes, wie die Conservirung des gesammten,
nach der Ausgerbung der vorgelegten Beschickung überschüssigen Gerbstoffes. Jeder
Tropfen der Gerbflüssigkeit, der über die Hautflächen hinweggerieselt ist, wird
aufgefangen und gelangt nach erfolgter Concentration wieder in Betrieb. Bei der
Rieselgerbung findet fast absolut ein Abgang an Gerbstoff, der nicht ausgenützt
werden kann, nicht statt, was weder von der Büttengerberei, noch von den sonstigen
gebräuchlichen Gerbmethoden gesagt werden kann.
Ein anderer wesentlicher Factor, wie bei der Anlage jedes technischen Etablissements,
ist bei der Rieselgerberei die bedeutende Raum- und Grundflächenersparniss und die
geringeren Unkosten bei der Anlage der Einrichtung.
Eine einfache Berechnung wird dieses plausibel machen. Nach dem in Heinzerling's Grundzügen der Lederbereitung, S. 160,
gegebenen Plane einer Gerberei beträgt z.B. für die 28 Versetzgruben die
Gesammtfläche = 155 qm. Bei der Rieselgerbung beträgt die Grundfläche für den
Apparat für dasselbe Quantum Häute nur = 58 qm oder bei senkrechter Anordnung des
Apparates (Verdoppelung) = 29 qm. Die Auslagen für die 28 Versetzgruben à 160 M.
sind = 4480 M. Die Auslagen für den Rieselgerbapparat werden, je nach der
Oertlichkeit, zwischen 2000 und 3000 M. betragen, doch ist die Differenz der
Bodenfläche der Anlage für die beiden Gerbereien für diesen speciellen Fall = 87 qm
bezieh. = 126 qm sehr in Betracht zu ziehen. Nimmt man die volle Beschickung der 28
Versetzgruben zu 600 Stück Häuten an, so verhalten sich also die Flächenräume der
Gerbapparate für die beiden Etablissements:
Büttengerbung
:
Rieselgerbung
1
:
0,374 oder 100 : 37
oder resp. 1
:
0,187 oder 100 : 19
Hinsichtlich der Gerbdauer haben sich für die beiden Verfahren die folgenden Daten
ergeben, wonach sich in Vergleichung mit der Büttengerbung die Unterschiede der
beiden Verfahren hinsichtlich der Zeitdauer der Ausgerbung sehr zu Gunsten des
Rieselgerbverfahrens darstellen:
Tanninbütten-gerbung u.s.w.
Eisen-oxychlorid-büttengerbung
Eisen-oxychlorid-rieselgerbung
Tage
Tage
Tage
Schafhäute, Ziegen- häute, Hundehäute
30–35
6–8
4–5
Kalbhäute, mittlere Rosshäute
54–70
10–16
8–10
Schwere Rindhäute, grosse Rosshäute
112–168
20–35
18–30
Grubengerbung
224–365
40–80
–
Oder im Mittel der Zeitdauer:
Tanninbütten-gerbung
Eisen-oxychlorid-büttengerbung
Eisen-oxychlorid-rieselgerbung
Leichtere Häute
Im Mittel 50oder 1
Im Mittel 11: 22/100 oder ⅕
Im Mittel 7: 14/100 oder 1/7
Schwere Häute
Im Mittel 140oder 1
Im Mittel 28: ⅕
Im Mittel 24: ⅙
Es mögen nun noch die Berechnungen über die Preisverhältnisse an nöthigen
Gerbmaterialien für Tannin-, Chrom- und Eisenoxychloridgerbung folgen.
Nach Anthon (Fortschr. in d.
Techn., Bd. 27 S. 212) bedarf 1 k Rohhaut, um in
Leder übergeführt zu werden:
Eichenrinde (je nach Qualität) = 4 bis 10 k (1,05 M. im
Mittel),
Weidenrinde = 8 bis 10 k,
Sumach = 3 k.
Dasselbe Quantum Rohhaut etwa 150 bis 200 g Chromverbindungen.
Dasselbe etwa 250 g Eisenoxychlorid (in fester Substanz berechnet).
Die Erfahrung hat gezeigt, dass bei der Eisenoxychloridgerbung (für beide Verfahren)
für dasselbe Quantum Rohhaut bei den verschiedenen Thierhäuten nicht gleiche Mengen
an Gerbsubstanz aufgesaugt werden, mithin zur Ausgerbung der verschiedenen
Thierhäute verschiedene Mengen an Gerbsubstanz erforderlich sind.
Aufsaugung von Eisenoxychlorid (feste Substanz) für 1 k
Rohhaut.
Schweres Sohlleder, starkes Riemenleder
450 g
Leichtes Sohlleder und Riemenleder
250–300 g
Kalbhäute, mittlere Rosshäute, Raupen
150–200 g
Schaf-, Ziegen- und Hundehäute
120–150 g
Demgemäss stellen sich die Ausgaben an Gerbmaterialien für die drei Gerbmethoden
folgendermaassen dar:
Für 1 k Rohhaut = etwa 1 M.
Lohgerbung
Kosten
Chromgerbung
Kosten
Eisen-oxychlorid-gerbung
Kosten
4–10 k Lohe
ImMittel1,05 M.
Etwa 150 bis200 g Chrom-verbindungen
Netto15 Pfg.
Im Mittel250 g Eisen-oxychlorid
Netto5
Pfg.incl.Chlor-na-trium
Die Arbeitslöhne berechnen sich für Tannin- und Chromgerbung, verglichen mit
Eisenoxychloridrieselgerbung, wie folgt:
Arbeitslöhne für 100 k Rohhaut.
Lohgerbung
Chromgerbung
Eisenoxychlorid-rieselgerbung
M.21–19
M.20
M.8die Zurichtung be-trägt etwas mehr
alsfür Lohgerbung,daher etwa12
Nach diesen in der Praxis ermittelten Daten berechnen sich demgemäss die
Gesammtkosten für als Einheit genommene je 100 k Rohhaut für die drei Gerbmethoden
wie folgt:
Gesammtkosten der Gerbung für 100 k Rohhaut. (Gerbmaterialien,
Arbeitslöhne.)
LohgerbungTanningerbung,Büttengerbung)
Chromgerbung(Büttengerbung)
Eisenoxychlorid-rieselgerbung
M.124–126
M.35
M.13bezieh.17
In dieser Calculation sind aber nicht mit eingeschlossen die Neben ausgaben, wie
Verzinsungen, die für Grundfläche, Apparat und Zeitdauer des Betriebskapitals in
Betracht kommen; es resultiren demgemäss noch einige Reductionen für die Auslagen
für Eisenoxychloridrieselgerbung.
Was die Qualität der Producte der Rieselgerbung und speciell der
Eisenoxychloridgerbung anbetrifft, so sind, wie schon bemerkt, die Producte denen
der Tannin- und Chrombüttengerbung ganz gleich in Qualität, übertreffen die
letzteren aber bedeutend an Narbenbeständigkeit und auch an Zähigkeit der Faser.
Bekanntlich sind die chromgaren schweren Leder von weitaus geringerer Qualität als
die mittels der Tanningerbung hergestellten gleichen Leder. Die eisenoxychloridgaren
schweren Leder sind in Qualität den besten der tanningaren Leder gleich. Sie haben
noch den Vorzug vor den letzteren, dass sie weniger narbenbrüchig und im Allgemeinen
haltbarer sind. Die neuen eisengaren Leder weichen jedoch nicht so rasch im Wasser
auf wie die tanningaren. Im erweichten Zustande lassen sie sich sehr gut hämmern und
walzen.
Die Haupteigenschaften der eisenoxychloridgaren Leder sind: Grosse
Narbenbeständigkeit, bei völlig bruchloser, bei wiederholter Nässung und Trocknung,
bei wiederholter Biegung und Dehnung beständiger Narbe, feinfaseriger, bis zum Kerne
durchgreifender Ausgerbung. Hinsichtlich der Verarbeitung. Ganz nahe an den Rändern
von mit einander verbundenen Lederstücken angebrachte Verbindungsnähte erweisen sich
als sehr haltbar.So wurden je
zwei Riemenstücke gewöhnlichen guten Riemenkernleders für Transmissionen und
zwei gleich starke Riemenstreifen von eisengarem Leder einem Versuch
unterworfen. Die zwei gleich starken Riemenstücke wurden durch Nähte mit
Einstichen in Entfernung von 1,5 mm vom Rande entfernt an einander
befestigt. Die Riemenstreifen der beiden Arten von Leder wurden nun einer
gleichen grösstmöglichen Dehnung unterworfen. Die Nähte des tanningaren
Riemenleders zeigten sich schadhaft, während bei dem eisenoxychloridgaren
Leder die Nähte unversehrt geblieben waren. Dieser beweisende Versuch lässt
sich in Kürze mit der Hand ausführen, wenn man zwei bis drei Maschen in
gleicher Entfernung von den Rändern bei beiden Ledersorten anbringt und auf
ihre Haltbarkeit durch Zug prüft. Die sämmtlichen eisenoxychloridgaren Leder
sind sehr wasserfest und wasserdicht, nach der von KnappHeinzerling, Lederbereitung, S.
147. verstandenen Bezeichnung. Gemäss dieser letzteren
Eigenschaften sind eisenoxychloridgare Sohlen dauerhafter und weniger durchweichend
als lohgare Sohlen.Eine
eisenoxychloridgare Sohle hat nach vorliegender Erfahrung fast zwei lohgare
Sohlen von gleicher Stärke ausgehalten. Die eisenoxychloridgaren
Leder saugen viel Fett, sowohl flüssiges (Oel, Thran), wie festes (Talg,
Schweinefett), ein und halten dasselbe sehr fest; sie lassen sich leicht färben und
nehmen auch eine gute dauerhafte Politur an, ebenso sind diese Leder sämmtlich gut
wichsbar. Die Schwärzung der eisenoxychloridgaren Leder wird sehr einfach mittels
einer massig starken Tanninlösung vorgenommen.
Ein sehr wesentlicher und wichtiger Vorzug der eisenoxychloridgaren Riemenleder vor
den lohgaren beruht ferner in der grossen Widerstandsfähigkeit der neuen Riemen
gegen trockene wie nasse Hitze, wobei selbst nach längerer Einwirkung die Riemen
weder spröde, noch brüchig erscheinen, wie das bei den lohgaren leider nur allzu
häufig der Fall ist. Auch sind die Nähte bei den neuen Riemen bedeutend haltbarer
als bei den seitherigen, selbst bei constanter Einwirkung von Wärme.
Die Eisenoxychloridgerbung sowohl wie in Verbindung mit der Rieselgerbung zeigt nach
den vorliegenden Daten sehr beträchtliche Vortheile gegenüber der Lohgerbung, ja
auch gegenüber der Chromgerbung in Hinsicht der geringeren Auslagen für
Gerbmaterialien und der grösseren Zeitersparniss bei einem der Chrom- und
Tanningerbung gleichwerthigen Producte. Speciell für das
Eisenoxychloridrieselgerbverfahren resultirt noch ein bedeutender Vortheil durch die
bedeutend geringere Bodenfläche bei der Anlage des Etablissements, durch die
billigere Herstellung der Gerbapparate, ferner durch die bedeutende Ersparung an
Arbeitslöhnen. Ein fernerer Vortheil gegenüber allen seitherigen Gerbverfahren und
speciell der Büttengerbung resultirt in dem stetigen, ununterbrochenen und leichter
übersehbaren Betrieb, welcher eine stete Controle sowohl von Seiten des Arbeiters,
wie von Seiten des Dirigenten gestattet. Ferner auch in der genaueren
Zusammenhaltung des in den Betrieb gelangenden Gerbstoffes, da ein Abgang durch
Verschüttung und Ablaufen der Gerbflüssigkeiten, die doch bei den anderen Verfahren
unvermeidlich sind, völlig vermieden ist. Speciell für die Chromgerbung liegt auch
noch ein Vortheil darin, dass das lästige und ungesunde Hantiren mit den
verschiedenen, in der Gerberei vorkommenden Chrom Verbindungen, welches doch mit
grossen Nachtheilen für die Gesundheit der Arbeiter verbunden ist, beim
Rieselgerbverfahren fast gänzlich ausgeschlossen ist.
Der Einführung der Eisenoxychloridgerbung, sowie des Rieselgerbverfahrens in die
Praxis steht nichts mehr im Wege, nachdem die lohnende Ausführung der beiden neuen
Gegenstände in der Gerberei sich bereits praktisch erprobt hat.