Titel: Vergleich der Parallelstromheizung mit der Gegenstromheizung.
Autor: F. H. Haase
Fundstelle: Band 293, Jahrgang 1894, S. 154
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Vergleich der Parallelstromheizung mit der Gegenstromheizung. Von F. H. Haase, gepr. Ingenieur, Patentanwalt in Berlin. (Schluss des Berichtes S. 1 d. Bd.) Mit Abbildungen. Vergleich der Parallelstromheizung mit der Gegenstromheizung. Es wird gewiss manchem unserer Leser aufgefallen sein, dass ich bei meinen bisherigen Betrachtungen von der Annahme ausging, dass die Heizkörper an allen Stellen ihrer Oberfläche bei Gegenstromheizung genau dieselben Temperaturen haben wie bei Parallelstromheizung, und man ist vielleicht auch geneigt einzuwenden, dass eine solche Voraussetzung nicht zulässig sei, weil die höhere Temperatur des zu erhitzenden Mediums an der heissesten Flächenstelle bei Gegenstromheizung, sowie an der wenigst heissen Stelle bei Parallelstromheizung auch eine höhere Heizflächentemperatur bedinge, als wenn mit beiden Stellen wenigst vorgewärmtes Medium in Berührung kommt. Gewiss ist diese Ansicht gerechtfertigt, und es ist auch plausibel, dass die Temperaturerhöhung der heissesten Flächenstelle bei Gegenstromheizung diese Heizungsart begünstigen muss und dass andererseits eine Temperaturerhöhung der wenigst heissen Flächenstelle bei Parallelstromheizung für diese Heizungsart als ungünstig erachtet werden muss. Danach dürfte man wohl auch einwenden können, dass, wenn eine namhafte Beeinflussung der Heizflächentemperatur von dem zu heizenden Medium erwartet werden muss, die Parallelstromheizung doch wohl nicht immer ökonomisch vortheilhafter sei als die Gegenstromheizung. Einem solchen Einwand könnte ich entgegen halten, dass die in Folge der verschiedenartigen Strömung eintretende Temperaturverschiedenheit jener Heizflächenstellen nicht besonders in Betracht gezogen zu werden braucht, weil sie sich als directe Folge verminderter Wärmeabgabe dieser Heizflächenstellen ergibt und nicht vorliegen würde, wenn daselbst nicht die bei den vorhergehenden Untersuchungen constatirte Wärmeverminderung vorläge. Ausserdem könnte ich auch darauf hinweisen, dass innerhalb gewisser Grenzen die Gesammtwärmeabgabe im Gegenstrom nach den vorhergehenden Betrachtungen um so geringer ausfällt, je grösser die Temperaturdifferenz zwischen der heissesten und der wenigst heissen Stelle der Heizfläche ist u.a.m. Der praktische Werth derartiger allgemeiner Erwägungen ohne beweisende Beläge ist jedoch ein viel zu zweifelhafter, als dass ich mich selbst damit begnügen könnte; ich war deshalb genöthigt, die Untersuchungen beider Heizungsarten auch auf die Wärmeabgabe des heizenden Mediums direct zu beziehen. Der Weg, welcher hierzu einzuschlagen war, ist folgender: Die Wärmeabgabe des heizenden Mediums an die innere Wandfläche des Heizkörpers ist allgemein für die Stunde und das Quadratmeter Wandfläche ausdrückbar durch: w=124,72\,.\,k_i'\,.\,[(1,0077)^{t_g}-(1,0077)^{t_w}]+0,552\,.\,k_i''\,.\,(t_g-t_w) . . . (4) wenn ki' und ki'' die den inneren Wandflächenverhältnissen entsprechenden Coefficienten der strahlenden und der bei Berührung leitend übertragenen Wärme bezeichnen und wenn tw die Temperatur der inneren Wandfläche an derjenigen Stelle ist, an welcher das Heizmedium die Temperatur tg besitzt. Da nun allgemein die Wärmeabgabe des heizenden Mediums durch Ueberleitung an der Berührungsstelle als Bruchtheil ε der Wärmeabgabe durch Strahlung ausdrückbar ist, so lässt sich die Formel 4 auch vereinfachen zu der Form: w=124,72\,.\,k_i'\,(1+\varepsilon)\,.\,[(1,0077)^{t_g}-(1,0077)^{t_w}] . . . . . . (4a) Ferner ist die Wärmemenge, welche 1 qm Wand in der Stunde von der inneren Wandfläche an die äussere, d. i. an die vorher in Betracht gezogene Heizfläche, deren Temperatur th ist, leitet, ausdrückbar durch w=k\,.\,\frac{t_w-t_h}{d} . . . . . . . . . . (5) wenn k die specifische Leitungsfähigkeit des Wandmaterials (bezogen auf die Stunde und 1 qm Wandfläche) und d die Wanddicke (als Meterbruchtheil ausgedrückt) bezeichnet. Endlich ist die Wärmeabgabe der Heizfläche an das zu erhitzende Medium, dessen Temperatur t sei, in Analogie zu Formel 4, ausdrückbar durch w=124,72\,.\,k_a'\,.\,[(1,0077)^{t_h}-(1,0077)^t]+0,552\,.\,k_a''\,.\,(t_h-t)^{1,233} . . . (6) oder, da bei massigen Heizflächentemperaturen th (d. i. bei solchen, welche 400° nicht übersteigen) die durch Strahlung übertragene Wärmeabgabe als ein Vielfaches va, der leitenden Wärmeübertragung ausdrückbar ist, so lässt sich die Formel 6 auch vereinfachen zu der Form: w = 0,552 . ka'' . (1 + va) . (th – t)1,233 und da man auch setzen kann (tht)1,233 = βa . (tht) wobei βa ein Factor ist, dessen Werth bei den hier in Betracht kommenden Temperaturdifferenzen (th – t) zwischen 2,5 und 4,0 (in der Regel aber nur zwischen 2,5 und 3,5) schwankt, so kann man den Ausdruck für die Wärmeabgabe der Heizfläche noch weiter vereinfachen in: w = 0,552 . ka'' . (1 + va) . βa .  (tht) . . . . . . . . . . (6a) Weil aber die Wärmemenge, welche das heizende Medium in bestimmter Zeit an die innere Wandfläche abgibt, ebenso gross ist wie diejenige Wärmemenge, welche die Wand selbst in der gleichen Zeit von ihrer inneren Fläche zur äusseren überleitet, und zugleich ebenso gross ist wie die Wärmemenge, welche die äussere Heizfläche an das zu erhitzende Medium abgibt, so hat man die Werthe w der Formeln 4a, 5 und 6a einander gleich zu setzen und gelangt dadurch zu zwei Gleichungen mit den als unbekannt zu betrachtenden Wandflächentemperaturen th und tw. Lässt man zunächst das Vorkommen von tw als Exponent in dem zweiten Klammerausdruck der Formel 4a unbeachtet, so ergeben die besagten beiden Gleichungen für th und tw die Ausdrücke: t_h=226\,.\,\frac{k_i'}{k_a''}\,.\,\frac{1+\varepsilon}{(1+v_a)\,.\,\beta_a}\,.\,[(1,0077)^{t_g}-(1,0077)^{t_w}]+tundt_w=124,72\,.\,k_i'\,.\,(1+\varepsilon)\,.\,\left(\frac{1}{0,552\,.\,k_a''\,.\,(1+v_a)\,.\,\beta_a}+\frac{d}{k}\right)\,.\,[(1,0077)^{t_g}-(1,0077)^{t_w}]+t (7) Textabbildung Bd. 293, S. 154Fig. 9.Textabbildung Bd. 293, S. 154Fig. 10.Textabbildung Bd. 293, S. 154Fig. 11.Textabbildung Bd. 293, S. 154Fig. 12. Um mit Hilfe dieser beiden Ausdrücke die Wandflächentemperaturen berechnen zu können, muss man zunächst für tw eine Annahme machen, um einen ersten Annäherungswerth des Klammerausdrucks (1,0077)^{t_g}-(1,0077)^{t_w} zu erhalten. Führt man sodann die Rechnung hiermit durch, so gelangt man zu einem zweiten Annäherungswerth von tw, den man benutzt, um die erste Annahme zu verbessern, und führt man danach die Rechnung noch einmal durch und verbessert die Annahme für tw nach dem neuen Ergebniss noch einmal u.s.f., so gelangt man bald zu einem Werthe tw, welcher der der letzten Rechnung zu Grunde gelegten Annahme nahezu gleich ist. Mit Hilfe einiger Tabellen, welche ich ermittelt habe, sind derartige Rechnungen, wenn auch nicht immer rasch, so doch ohne besondere Schwierigkeit durchzuführen. Dabei erhält man gleichzeitig auch die zu tg und tw zugehörigen Heizflächentemperaturen th, deren Einführung in die Formel 6 die Wärmeabgabe des heizenden Mediums selbst ergibt, dessen Temperatur tg der Ermittelung von th zu Grunde gelegt wurde. Es kann demnach für jeden einzelnen Fall die wirkliche Wärmeabgabe des heizenden Mediums selbst berechnet werden. Ermittelt man die einer bestimmten Feuergastemperatur tg entsprechende Wärmeabgabe für verschiedene Temperaturen t des zu heizenden Mediums, trägt sie als Ordinaten und die letzteren Temperaturen als Abscissen eines rechtwinkligen Coordinatensystems auf, so findet man als Curve der Wärmeabgabe eine nahezu gerade verlaufende Linie, für welche man eine Gerade annehmen darf. Unter solchen Verhältnissen braucht man aber für jede Feuergastemperatur zur Bestimmung der ihr zugehörigen Curve der Wärmeabgabe nur je einen einzigen Punkt durch Rechnung zu ermitteln, weil ein zweiter Punkt dieser Curve auf der Abscissenachse liegt, nämlich derjenige, welcher der Temperatur t = tg entspricht. Die Verbindungsgerade des letzteren Punktes mit dem rechnerisch ermittelten Punkte kann als die gesuchte Curve der Wärmeabgabe in Betracht gezogen werden. Auf diese Weise sind die in den Fig. 9 und 10 aufgezeichneten Linien als Curven der Wärmeabgabe von Feuergasen bei 200°, 300°, 400°, 600°, 800° und 1000° C., durch 10 mm dicke eiserne Wände hindurch an Luft, ermittelt worden. Sucht man dazu die Wegcurven nach der zu Fig. 3 gegebenen Erklärung auf, so findet man dafür den in den Fig. 11 und 12 dargestellten Verlauf. Um nun zu untersuchen, wie sich die Wärmeabgabe der Feuergase bei Parallelstromheizung zu derjenigen bei Gegenstromheizung verhält; hat man das gleiche Verfahren einzuschlagen, welches bei Ermittelung der in Fig. 6 zur Anschauung gebrachten Wärmediagramme führte. Nimmt man dabei an, dass die Temperaturabnahme der Feuergase der Wärmeabgabe derselben bei Parallelstromheizung proportional sei, sowie dass die zu erhitzende Luft an der Heizfläche am Ende ihres Weges die Temperatur 120° erlange und ihren Weg mit 0° beginne, so gelangt man zu den in den Fig. 9 und 10 angegebenen Diagrammabstufungen 0 1 2 3 4 und 5 6 7. Ermittelt man die dazu gehörigen Weglängen in den Fig. 11 und 12 und legt diese der Bestimmung eines Wärmediagramms für die Gegenstromheizung zu Grunde, so gelangt man zu der durch Punktirung angedeuteten Abstufung. Um aber für beide Arten der Heizung mit der gleichen Lufttemperatur abzuschliessen, habe ich, von der Ordinate 7'7 der Fig. 10 ausgehend, das Diagramm 4'5'6'7' in dieser Figur und das Diagramm 1'2'3' in Fig. 9 für annähernd gleiche Wärmeabgabe der verschieden heissen Feuergase ermittelt. Man ersieht ohne weiteres, dass auch bei dieser – auf die Wärmeabgabe der Feuergase direct bezogenen Untersuchung die Wärmediagramme für Gegenstromheizung erheblich kleiner sind als die der Parallelstromheizung entsprechenden, und man übersieht auch, dass die durch einfache Schraffirung besonders hervorgehobenen Differenzflächen (abcdef im Vergleich mit ghklm und 0 1 2 3 4 im Vergleich mit 4'5'6'7') um so bedeutendere Grössenverschiedenheit besitzen, je höher die in Betracht kommende höchste Feuergastemperatur tg ist. Die hier vorgeführte Untersuchung betrifft zwar speciell die Wärmeabgabe an Luft, sie kann jedoch ohne Weiteres auch als für Wassererhitzung und Dampferzeugung gültig erachtet werden, weil hierfür nur die Werthe von k' und k'' etwas andere (und zwar in der Regel etwas grössere) sind und diese Werthe auf die Verhältnisse der Ordinatenlängen der Wärmecurven nur sehr geringen Einfluss haben. Man findet somit unter den den Betrachtungen zu Grunde gelegten Verhältnissen auch dann, wenn man die Heizfläche nur als Vermittelungsglied berücksichtigt, von der Annahme gleicher Flächentemperaturen bei beiden Heizungsarten aber absieht, für die Wärmeabgabe bei Parallelstromheizung eine grössere Diagrammfläche als für die Wärmeabgabe bei Gegenstromheizung. Um dem Leser weitere Untersuchungen zu erleichtern, habe ich in Fig. 13 den Verlauf der sich für die Werthe tg – tw, tw – th und tg – th für eiserne Heizkörper von 10 mm Wanddicke als Ordinaten eines rechtwinkligen Coordinatensystems, zu den als Abscissen gewählten Werthen der Feuergastemperatur tg für den Fall t = 0 aufgezeichnet. Interessant ist es, aus dem Verlaufe der erstgenannten Curve zu ersehen, dass die Differenz zwischen der Feuergastemperatur tg und der Temperatur tw der inneren Wandfläche beim Anheizen sehr stark wächst und später bei starker Feuerung wieder abnimmt, und dass auch die Temperatur der entweichenden Rauchgase stets viel höher ist als die Temperatur der sie umschliessenden Wandung, während bei sehr hohen Feuergastemperaturen die Verschiedenheit zwischen diesen und den Temperaturen der sie umschliessenden Wandflächen verhältnissmässig sehr gering ist. Ferner ersieht man aus dem Verlauf der zweiten Curve „(tw – th)“, dass die Verschiedenheit der Temperaturen der beiden Wandflächen bis zu einer Gastemperatur von 300° sehr gering, bei hohen Feuergastemperaturen aber ganz bedeutend ist. Die Ordinaten der dritten Curve „(tg – th)“ von den zugehörigen Werthen der Abscissen tg abgezogen, ergeben die jeweilige Höhe der Temperatur der äusseren Heizfläche. Zeichnet man die Werthe von th als Ordinaten in Bezug auf die Abscissen tg auf, so erhält man für den Verlauf der Heizflächentemperatur eine fast geradlinige Curve, welche lehrt, dass die Heizflächentemperatur der Feuergastemperatur nahezu proportional ist. Textabbildung Bd. 293, S. 155Fig. 13. Bisher wurde stillschweigend vorausgesetzt, dass das zu heizende Medium sich bei Gegenstromheizung ebenso rasch an der Heizfläche entlang bewege als bei Parallelstromheizung, während in Wirklichkeit solche Gleichheit der Bewegungsverhältnisse selten vorkommt. Das Wasser eines Dampfkessels geräth in um so raschere Wallung und Strombewegung nach der heissesten Heizflächenstelle hin, je rascher es hier erhitzt wird, und dasselbe trifft für die Wassercirculation in voll gefüllter Rohrleitung zu; die Erhitzung erfolgt aber, wie die Eingangsbetrachtungen (zu Fig. 5) lehren, bei Parallelstromheizung bedeutend rascher als bei Gegenstromheizung (welche nur eine höhere Endtemperatur des zu heizenden Mediums in Aussicht stellt), und bei Lufterhitzung erfolgt ebenfalls durchgängig die Bewegung des zu heizenden Mediums (der Luft) bei Parallelstromheizung lebhafter als bei Gegenstromheizung – ja bei Anwendung der letzteren Heizungsart herrscht sogar das Bestreben vor, die Luftbewegung möglichst zu verlangsamen, um eine höhere Endtemperatur der Luft zu erzielen. Je langsamer das zu heizende Medium an einer Heizflächenstelle entlang strömt, desto mehr steigt seine Temperatur und desto geringer ist seine mittlere Wärmeaufnahmefähigkeit, so dass die auf die Zeiteinheit entfallende Wärmeabgabe der Heizfläche demgemäss abnimmt. Es ist deshalb in der Regel auch der Einfluss, den die Bewegungsverhältnisse auf den Nutzeffect der Heizfläche ausüben, für die Gegenstromheizung ungünstiger als für die Parallelstromheizung. Es fragt sich nun, ob man auf Grund der bisherigen Betrachtungen unter allen Umständen der Anwendung der Parallelstromheizung eine grössere Wärmeökonomie zuschreiben muss als der Anwendung der Gegenstromheizung, oder ob auch Fälle vorkommen können, in welchen die letztere Heizungsart in wärmeökonomischer Hinsicht den Vorzug verdient oder als gleichwerthig erachtet werden kann. Zur Beantwortung dieser Frage erinnere ich zunächst daran, dass ein Medium, welches an stark erhitzter Heizflächenstelle eine Temperatur erreicht hat, die derjenigen dieser Heizflächenstelle nahe kommt, an folgenden weniger heissen Heizflächenstellen nicht mehr weiter erhitzt werden kann, sondern sogar Wärme an dieselben abgibt, wenn deren Temperatur niedriger ist als ihre eigene. Man kann also jedenfalls bei Parallelstromheizung nicht erreichen, dass das heizende Medium die Heizstelle mit einer Temperatur verlässt, die niedriger oder auch nur ebenso hoch ist, wie die Temperatur des zu erhitzenden Mediums an der wenigst heissen Heizflächenstelle, woselbst aber bei reiner Parallelstromheizung das zu erhitzende Medium überhaupt seine höchste Temperatur besitzt. Ist es erwünscht, das Heizmedium unter diese Temperatur herab abzukühlen, so kann dies nur in der Weise geschehen, dass man das Heizmedium nach seiner Wechselwirkung mit dem höchst temperirten Theile des zu erhitzenden Mediums noch einer besonderen Abkühlung aussetzt oder dass man es dann noch benutzt, um letzteres vorzuwärmen, wobei man entweder auf ein gemischtes Heizungssystem oder auf reine Gegenstromheizung hingewiesen wird. Dabei fragt es sich aber, ob und um welchen Betrag man, um dieses Ziel zu erreichen, die Heizfläche grösser nehmen muss, um den gleichen stündlichen Betrag der Wärmeabgabe zu erzielen, welchen die reine Parallelstromheizung gewährt; denn aus dem Umstände, dass das heizende Medium weiter abgekühlt wird, folgt noch nicht, dass dasselbe auch in gegebener Zeit eine gleiche oder gar eine grössere Wärmemenge abgebe, es folgt vielmehr daraus nur, dass es von seinem Wärmegehalt einen grösseren Betrag abgibt, und umgekehrt folgt auch noch nicht aus dem Umstände, dass das System der Gegenstromheizung eine weitere Abkühlung des Heizmediums in Aussicht stellt als das System der Parallelstromheizung, dass die Abkühlung wirklich bei dem ersteren Heizungssystem weiter erfolge als bei letzterem. Verbrenne ich in einer Feuerungsanlage bei Anwendung des Princips der Gegenstromheizung stündlich 20 k Steinkohle und erziele dabei, dass die Rauchgase mit einer Temperatur von 100° entweichen, so entweichen sie ganz gewiss nicht mehr mit dieser Temperatur, sondern mit einer sehr viel höheren, wenn ich den stündlichen Brennmaterialconsum auf 40 k erhöhe, und zwar im Allgemeinen, so lange es sich nicht um Erzeugung hoher Temperatur des zu erhitzenden Mediums handelt, mit höherer Temperatur, als wenn ich Parallelstromheizung zur Anwendung bringe, welche nicht so weite Abkühlung von Feuergasen (nicht der Feuergase) in Aussicht stellt, als die Gegenstromheizung. In meinem demnächst erscheinenden Werke über Heizungsanlagen, zweiter Theil, habe ich ausführlich nachgewiesen, dass man bei gemischtem Heizungssystem, bei welchem das zu erhitzende Medium im Gegenstromsystem vorerhitzt wird, um Feuergase auf die gleiche Temperatur abzukühlen, welche bei reiner Gegenstromheizung erzielbar ist, genau die gleiche Heizfläche nöthig hat, wie bei der letzteren, wenn man die gleiche stündliche Wärmeabgabe haben will, dass also die Ausnutzung der Feuergase bei Gegenstromheizung auch nicht im Geringsten besser möglich ist, als bei gemischtem Heizungssystem. (Selbstverständlich würde es bei Verhüttungsprocessen, welche Temperaturhöhen des zu erhitzenden Materials benöthigen, die nur wenig niedriger sind als die höchst erreichbare Temperatur der Feuergase selbst, zwecklos sein, gemischtes Heizungssystem anzuwenden, bei welchem man vielleicht im Gegenstrom bis auf 200° unterhalb der höchsten Temperatur vorerhitzen müsste, um die letzten 200° noch im Parallelstrom erzeugen zu können; aber wenn das zu erhitzende Medium keine höhere Temperatur als 140 bis 200° erhalten soll, dann liegt kein Grund vor, der reinen Gegenstromheizung einen Vorzug vor dem sachgemäss bestimmten gemischten Heizungssystem einzuräumen.) Wenn man die Praxis nicht so nimmt, wie sie sich wirklich darbietet, sondern so, wie sie von theoretischem Gesichtspunkte aus als erwünscht erscheint, so sind auch Fälle denkbar, in welchen bei Erzeugung wenig hoher Temperatur des zu heizenden Mediums die Heizfläche bei Gegenstromheizung einen grösseren Erfolg verspricht als bei Parallelstromheizung, trotzdem das Wärmediagramm für die letztere grösser ausfällt als für die erstere. Zu solcher Entdeckung kann man dann gelangen, wenn man bei Betrachtung der Erzeugung einer bestimmten Temperatur des zu erhitzenden Mediums untersucht, wie gross die Heizfläche unter der Bedingung sein muss, dass das Heizmedium (die Verbrennungsgase) bis auf eine niedrig gewählte Temperatur abgekühlt werde, z.B. wenn man den Fall ins Auge fasst, dass Verbrennungsgase bei Erzeugung einer Temperatur des zu erhitzenden Mediums in Höhe von 80° bis auf 100° abgekühlt werden sollen, oder bei Erzeugung einer Temperatur von 160° des zu erhitzenden Mediums auf 200° abgekühlt werden sollen. Bestimmt man für einen derartigen Fall die Wärmediagramme und dividirt die sich dafür graphisch ergebende Gesammtweglänge der Feuergase in die ihnen zugehörigen Diagrammflächen, so findet man, dass auf die Heizflächeneinheit bei reiner Parallelstromheizung weniger Wärmeabgabe entfällt, als bei reiner Gegenstromheizung. Der Grund dafür ergibt sich schon aus den ersten Betrachtungen über Wegcurvenzüge (zu Fig. 5), wonach dann, wenn die Temperatur des zu heizenden Mediums der Temperatur einer wenig hohen Heizflächenstelle in gewissem Betrage nahe gekommen ist, eine weitere Erhitzung an dieser Flächenstelle sehr langsam vor sich geht, so dass für eine geringe Temperaturzunahme eine verhältnissmässig bedeutende Weglänge erforderlich ist. Analoges gilt natürlich auch für die Beziehung zwischen der Feuergastemperatur und der Temperatur des zu erhitzenden Mediums. In Wirklichkeit besagt die Entdeckung, welche man bei derartigem Vergleich macht, nichts anderes als: Man darf bei Parallelstromheizung nicht verlangen, dass sich die Feuergase – im Falle eine bestimmte Temperatur des zu erhitzenden Mediums verlangt wird – so weit abkühlen sollen, als ihre Abkühlung bei Gegenstromheizung denkbar ist, oder auch: „man darf bei Parallelstromheizung das zu erhitzende Medium nicht auf so hohe Temperatur bringen, wie sie bei Gegenstromheizung erreichbar ist, wenn man den Vortheil der Parallelstromheizung ausnutzen will.“ Was den letzteren Theil dieser Bestimmung betrifft, so ist zu bemerken, dass in sehr vielen Fällen, insbesondere bei Raumheizung, ein bestimmter Temperaturgrad der Luft nicht nur nicht nöthig, sondern in einer für Parallelstromheizung unzweckmässigen Höhe auch für die Gegenstromheizung unvortheilhaft ist, da sie nur auf Kosten einer Verminderung der auf die Zeiteinheit entfallenden Wärmeabgabe des Heizkörpers erzielt wird, und was den ersteren Theil der vorstehend zum Ausdruck gebrachten Bestimmung betrifft, so hat man sich zu fragen, wie weit denn in Wirklichkeit bei Gegenstromheizung die Feuergase abgekühlt werden, wenn es sich um Erzeugung einer bestimmten Temperaturhöhe des Mediums handelt? Geht man der Sache auf den Grund, so findet man, dass wohl kein einziger Dampfkessel zur Erzeugung von 150° heissem (auf 5 at gespanntem) Dampf in Betrieb ist, aus welchem die Rauchgase während des Beharrungszustandes mit einer Temperatur unter 220° in den Fuchs entweichen, und man findet ferner, dass wohl kein einziger Central-Luftheizungsofen, bei welchem strengste Gegenstromheizung gewahrt ist, Rauchgase unter 180 bis 200° in den Kamin entweichen lässt, wenn die Temperatur der erhitzten Luft in unmittelbarer Nähe der höchst temperirten Heizflächenstelle 100 bis 120° beträgt. In Anbetracht solcher Untersuchungsergebnisse muss man denn doch fragen: „Warum wendet man denn für derartige Heizzwecke Gegenstromheizung an, wenn man dabei keine weitere Abkühlung der Feuergase anstrebt oder erzielt, und warum ist man denn nicht bestrebt, die Feuergase auf 100 oder auf 80° abzukühlen?“ Die Antwort auf den letzteren Theil dieser Frage heisst: Weil dafür die Anlagekosten zu hoch werden würden, und weil man hohe Rauchgastemperatur für den erforderlichen Kaminzug benöthigt! Unter diesen wirklichen Temperaturverhältnissen findet man aber, dass die Parallelstromheizung bei kleinerer Heizfläche eine grössere Wärmemenge und mit der gleichen Heizfläche eine beträchtlich grössere Wärmemenge abgibt. Wenn nun gar, wie es sehr häufig vorkommt, ein Ofen oder Kessel für zeitweiliges Bedürfniss zu klein bemessen ist, so wird in solchem Fall die Feuerung verstärkt und es entweichen demgemäss die Rauchgase mit noch höherer Temperatur als vorbesagt; wenn aber die Feuerung verstärkt wird, so wächst der Vortheil der Parallelstromheizung gegenüber der Gegenstromheizung noch ganz erheblich, und im Falle der Ermässigung der Feuerung kommt bei beiden Heizungsarten die gleiche Heizfläche mit annähernd gleicher Temperatur an allen Stellen in Betracht, für welchen Fall von vornherein dargelegt wurde, dass immer die Wärmeabgabe bei Parallelstromheizung grösser ist als bei Gegenstromheizung. Somit hat für veränderlichen Feuerungsbetrieb die Einrichtung der Gegenstromheizung ganz gewiss auch keinen Zweck, wenn derselbe auf die Wärmeökonomie bezogen wird. Von anderen praktischen Zwecken dürfte wohl ernstlich kein anderer als bei Wassererhitzungsapparaten und Dampfkesseln die Schlammabscheidung geltend gemacht werden; es mögen daher auch darüber noch einige Worte hier Platz finden. Man sagt sich, dass erdige Beimischungen und gelöster Kalk sich aus Wasser um so leichter ausscheiden, je weniger dasselbe bewegt wird, und dass es deshalb zweckmässig sei, das Speisewasser mit dem wenigst erhitzten oder der Erhitzung am wenigsten ausgesetzten Wasservorrath des Erhitzungsapparates zu mischen. Diese Anschauung hat zweifellos eine gewisse Berechtigung; beachtet man aber, dass die Temperatur der Heizfläche an dem wenigst erhitzten Theile noch immer recht ansehnlich zu sein pflegt, und dass die durch Ruhe erzielbare Schlammabscheidung auch in einem abgesonderten Speisewasserbehälter bewirkt werden kann (insbesondere, wenn das Wasser in einem solchen zugleich in rationeller Weise vorgewärmt wird), und beachtet man ausserdem, dass ein grosser Theil der kesselsteinbildenden Beimischungen doch erst in höherer Temperatur aus diesem ausscheidet, so kann der die Wärmeökonomie betreffende Nachtheil der Gegenstromheizung mit dem Hinweis auf die Schlammbildung jedenfalls nicht stichhaltig begründet werden. Zum Schluss sei noch auf einen theoretischen Missgriff aufmerksam gemacht, dem man hin und wieder in Druckschriften begegnet und der vielfach ohne Prüfung auch auf treuen Glauben als der Thatsache entsprechend angenommen wird; derselbe betrifft die relative Geschwindigkeit zwischen dem Heizmedium und dem wärmeaufnehmenden Medium. Diese hat auf das Heizungssystem ebenso wenig Einfluss, als die Relativgeschwindigkeit der durch irgend eine Raum wand in Wärmeaustausch begriffenen Medien auf diesen Wärmeaustausch Einfluss besitzt. Eine bestimmte Menge wärmeabgebenden Mediums gibt unter sonst gleichen Umständen an eine weniger heisse Wandstelle um so mehr Wärme ab, je länger sie daran verweilt, wobei die auf die Zeiteinheit entfallende Wärmeabgabe geringer ist, als wenn diese Menge des Mediums in kürzerer Zeit durch nachfolgende Theile ersetzt wird, und eine bestimmte Menge des wärmeaufnehmenden Mediums nimmt an einer Heizflächenstelle von bestimmter Temperatur um so mehr Wärme auf, je länger sie daran verweilt; aber die auf die Zeiteinheit entfallende Wärmeabgabe der Heizflächenstelle ist dann geringer, als wenn diese Menge des Mediums in kürzerer Zeit durch nachfolgende weniger erhitzte oder noch nicht erhitzte Theile ersetzt wird; deshalb hat wohl die absolute Bewegung eines jeden der beiden Medien (oder deren Relativbewegung in Hinsicht auf die sie trennende ruhende Wand) einen Einfluss auf die Wärmeabgabe, aber wenn an einer bestimmten Stelle eines Ofens die Feuergase innen und die sie aussen berührende Luft bestimmte Temperaturen haben, so ist der Wärmeaustausch zwischen diesen beiden Medien ein ganz bestimmter (nur von der Temperaturdifferenz abhängender) und völlig unabhängig davon, ob die beiden Medien in einer und derselben Richtung oder in entgegengesetzten Richtungen strömen. Werden der Untersuchung, wie in meiner vorstehenden Abhandlung, bestimmte Temperaturen des wärmeabgebenden Mediums an bestimmten Stellen zu Grunde gelegt, so braucht man die absolute Bewegung dieses Mediums nicht mehr in Betracht zu ziehen, weil diese Bewegung unter sonst gleichen Umständen auch die Temperatur des Mediums beeinflusst; bei dem äusseren Medium dagegen ist die absolute Bewegung in Betracht zu ziehen, weil die Temperatur desselben auf die zu ihrer Erreichung nöthige Weglänge bezogen worden ist.