Titel: Untersuchungen über den Wirkungsgrad von Motoren und Dynamomaschinen ohne Anwendung von Bremszaun und Dynamometer.
Fundstelle: Band 293, Jahrgang 1894, S. 162
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Untersuchungen über den Wirkungsgrad von Motoren und Dynamomaschinen ohne Anwendung von Bremszaun und DynamometerZeitschrift für Elektrotechnik, 1894, Ingenieur C. Lenz.. Mit Abbildung. Untersuchungen über den Wirkungsgrad von Motoren und Dynamomaschinen. Es wurden bereits in den Jahren 1886 bis 1888 verschiedene Methoden in Vorschlag gebracht und auch angewendet, welche die möglichste Vermeidung von mechanischen Messungen der Arbeit bei Bestimmung des Wirkungsgrades von elektrischen Maschinen zum Zwecke hatten. Eine der ersten dieser Methoden ist die von Hopkinson, bei welcher nur eine einzige dynamometrische Messung vorgenommen wird. Bei allen übrigen Messungen ist die Dynamometermessung nicht mehr nothwendig, sondern es genügen rein elektrische Messungen, um den Wirkungsgrad der zu untersuchenden Maschine bei verschiedenen Belastungen zu bestimmen. Man bedarf zur Durchführung dieser Messungen zweier Maschinen von ähnlicher Bauart und Leistung, ausserdem eines Vorgeleges und eines Dynamometers: Bedingungen, die nicht leicht zu erfüllen sind oder doch längerer Vorbereitung bedürfen; auch ist die unrichtige Annahme, dass der Wirkungsgrad einer Maschine derselbe sei, wenn sie als Motor oder als Dynamomaschine arbeitet, zu Grunde gelegt. Es wird die eine Maschine mit der andern so verbunden, dass sie mit dem Strom der ersten als Motor läuft; die Arbeit dieses Motors wird durch Riemen auf ein Vorgelege geleitet, welches die erste Maschine (Generator) antreibt. Das Vorgelege wird unter Einschaltung eines Dynamometers angetrieben und die Arbeit ermittelt, welche hinreicht zum Betriebe dieser Maschinencombination bei einer bestimmten Tourenzahl. Von diesem Systeme wird vom Generator eine Arbeit geleistet. Bezeichnet man die Grösse dieser Arbeit mit α1 Watt, rechnet man ferner die durch das Dynamometer gemessene mechanische Arbeit in elektrische um und bezeichnet sie mit α2 Watt, so stellt α1 + α2 = α3 die im System disponible Arbeit vor. Im System tritt nur die Arbeit α1 auf; α2 wird verbraucht zur Ueberwindung der passiven Widerstände, der Hysteresisverluste und zur Erzeugung der Strom wärme. Folglich ist der gesammte Wirkungsgrad die Kraftübertragung \frac{\alpha_1}{\alpha_1+\alpha_2}=\eta_0 und mit Rücksicht auf obige Annahme bezüglich des gleichen Wirkungsgrades der beiden Maschinen muss der Wirkungsgrad einer Maschine \eta=\sqrt{\frac{\alpha_1}{\alpha_1+\alpha_2}} sein. Die Formel, bezieh. die hineingeleisteten Arbeiten um die Verluste, welche aus der Riemenübertragung resultiren, müssen corrigirt werden. Wenn beide Maschinen durch ihre Achsen verkuppelt werden, wie dies auch von Hopkinson ausgeführt wurde, werden diese Correcturen bedeutend verkleinert. Diese Methode ist hauptsächlich bei Untersuchungen anzuwenden, wo die Kraftmaschinen nicht ausreichen, die Untersuchungsmaschine anzutreiben. Hummel benutzt zur Untersuchung einen Motor, welcher durch Bremsversuche bei den verschiedensten Zuständen bezüglich Tourenzahl, Spannung und Stromstärke auf seine Arbeitsleistung geprüft wird; diese Resultate werden graphisch festgelegt. Die zu untersuchende Maschine wird durch diesen genau untersuchten Motor angetrieben. An Hand der Kurven kann die mechanische Arbeit, welche vom Motor abgegeben wird, aus den zugeführten Watt sofort entnommen werden. Misst man noch die Leistung der Untersuchungsmaschine, so ist die aufgewendete und abgegebene Arbeit, also auch der Wirkungsgrad bekannt. Diese Art der Untersuchung hat den Nachtheil, dass mit dem Motor jene Untersuchungen vorgenommen werden müssen, nämlich Messungen mechanischer Arbeit, welche eben vermieden werden sollen. Steht der Motor in einer Fabrik, wo er speciell als Untersuchungsmaschine verwendet wird, so kann eine derartige Untersuchung mit Vortheil angewendet werden, da die Untersuchungen des Motors nur ein einziges Mal durchgeführt werden müssen. Weicht die untersuchte Maschine sehr stark in ihrer Leistung vom Motor ab, so wird diese Messung ungenau wegen Veränderlichkeit der mechanischen Verluste des Motors, die bei geringer Belastung einen hohen Procentsatz der abgegebenen Arbeit betragen. Cardew hat ein Messverfahren in Anwendung gebracht, bei welchem drei Dynamomaschinen elektrisch und mechanisch gekuppelt werden können. Aus dem Gesammtwirkungsgrad der drei Maschinen berechnet Cardew den einzelnen Wirkungsgrad der einzelnen Maschinen. Trotter hat das Cardew'sche Verfahren etwas vereinfacht. Auch diese Methoden beruhen auf der unrichtigen Voraussetzung, dass der Wirkungsgrad der Maschinen derselbe sei bei Verwendung als Generator wie als Motor. Der Wirkungsgrad eines Motors oder einer Dynamomaschine kann aus rein elektrischen Messungen in einfacher Weise bestimmt werden, ohne an den früher erwähnten, unrichtigen Voraussetzungen festzuhalten, welche den anderen Verfahren anhaften. Nimmt man an, es sei M ein Motor, dessen Wirkungsgrad zu untersuchen sei. Man verkuppelt M mit einer Dynamomaschine D, am besten mit einer Nebenschlussmaschine; die Kuppelung soll lösbar und wenn möglich beweglich sein (Oldham-Kuppelung). Die erste Messung nimmt man bei gelöster Kuppelung vor und misst die zu Leerlauf des Motors nothwendige elektrische Energie für jene Tourenzahl, mit welcher der Motor laufen soll; die Maasszahl jener Arbeit sei bezeichnet mit Lm. Nun wird M mit D verkuppelt; D wird mit Fremdstrom erregt. Den Erregerstrom braucht man nicht zu messen, sondern nur constant zu halten. Bei der folgenden Messung ermittelt man auch die im Motor verbrauchte Arbeit, zieht von dieser Arbeit Lm ab, so repräsentirt der Rest, dessen Maasszahl mit LD bezeichnet sein möge, jene Arbeit, welche im Motor verbraucht wird, zur Ueberwindung der passiven Widerstände und der Hysteresisverluste in der Dynamomaschine. Genannte Verluste können bei gleicher Tourenzahl und gleicher Erregung als constant angesehen werden. Auch ist Lm = Constante. Als dritte Messung folgt eine Messung bei belasteter Dynamomaschine. Der Mehraufwand im Motor gegen die zweite Belastung sei Lz Watt, die in D erzeugte Arbeit einschliesslich des Ankerverlustes (J2W) sei Le Watt. Man bildet den Quotienten \frac{L_e}{L_z}=E für verschiedene Belastungen, von maximaler Belastung bis zur Stromunterbrechung von D, trägt in einem Coordinatensystern auf der Abscissenachse Lm + LD + Lz auf und auf der zugehörigen Ordinate \frac{L_e}{L_z}, so erhält man eine Curve, welche von einer zur Abscissenachse parallelen Geraden, besonders für geringere Belastungen, sehr wenig abweicht. Bezeichnet man mit E' jenen Werth, welcher unserer kleinsten Belastung entspricht, und setzt man mit Rücksicht auf die geringe Aenderung von E, E' = E0 für Le = 0, d.h. gleich dem Verhältniss von \frac{L_e}{L_z} für den Leerlauf der Dynamomaschine, so kann man das elektrische Aequivalent jener mechanischen Arbeit kennen lernen, die man bei der zweiten Messung (Leerlauf der erregten Dynamo) durch den Motor leiten liess. Es muss nämlich LD.E0 = Lx bestehen, wenn obige Behauptung, dass \frac{L_e}{L_z}=\frac{L'_e}{L'_z} für zwei nicht sehr verschieden grosse Belastungen richtig ist. Die Bestätigung dieser Behauptung ist durch die Curve \frac{L_e}{L_z} gegeben. Aus diesen Messungen kann man den Wirkungsgrad des Motors sofort für jede Belastung ermitteln, denn es ist die im Motor aufgewendete und die vom Motor abgegebene Energie bekannt. Erstere ist gleich Lm + LD + Lz, letztere LD.E0 + Le, daher der Wirkungsgrad \eta=\frac{L_D\,.\,E_0+L_e}{L_m+L_D+L_z}=\frac{C_1+L_e}{C_2+L_z} wenn LD.E0 = C1 und Lm + LD = C2 gesetzt wird. Textabbildung Bd. 293, S. 163 Ist eine Dynamomaschine zu untersuchen, so wird diese durch einen Motor angetrieben, und für letzteren die Curve \frac{L_e}{L_z}, wie eben gezeigt wurde, festgelegt. Die Dynamomaschine wird angetrieben, jedoch mit Selbsterregung. Es ist nicht nothwendig, den Ankerverlust zu bestimmen, wenn man nach dem Wirkungsgrad fragt. Aus der Curve \frac{L_e}{L_z} lässt sich für jede Belastung die vom Motor abgegebene Arbeit bestimmen, die von der Dynamomaschine wird auch durch rein elektrische Messungen bestimmt, somit ist η von der Dynamomaschine berechenbar. Bei Maschinen geringer Leistung, wie sie für Ventilationszwecke vielfach verwendet werden, eignet sich die Untersuchung ganz besonders, weil die Messung im mechanischen Wege (Bremszaun oder Dynamometer) sehr unangenehm wird. Verkuppelt man z.B. einen Motor von 0,1 mit einer Dynamomaschine von 100 bis 200 Watt Leistung, so kann die Leerlaufsarbeit und die abgegebene Arbeit aus elektrischen Messungen sehr genau bestimmt werden. Es ist noch zu bemerken, dass bei Ermittelung der Tourenzahl grösste Vorsicht anzuwenden ist, denn es kann durch das Andrücken von Tachometern die Leerlaufsarbeit kleiner Maschinen leicht um 15 Proc. und mehr verändert werden. Anzunehmen ist, dass die angeführte Art der Wirkungsgraduntersuchung namentlich für die Praxis, wo man nicht immer verlässliche geaichte Dynamometer zur Verfügung hat, mit Vortheil anzuwenden ist. Zum Schlusse sei ein Schema der Eintragung der verschiedenen Werthe in ein Coordinatensystem beigefügt.