Titel: Elektrisch betriebene Boote.
Fundstelle: Band 293, Jahrgang 1894, S. 210
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Elektrisch betriebene Boote.Zeitschr. für Elektr., 1894. Elektrisch betriebene Boote. Nachdem die elektrische Beleuchtung durch ihre grossen Vorzüge an Bord von Schiffen, besonders von Seeschiffen, jede andere Beleuchtungsart in so unbestrittener Weise verdrängt hat, dass bereits kein grösserer Passagierdampfer ohne diese Beleuchtung gedacht werden kann, nachdem ferner die elektrische Kraftübertragung es ermöglicht hat, sämmtliche Hilfsmaschinen, als Ventilatoren, Aufzüge, Eismaschinen, Steuerapparate u.s.w., durch Elektromotoren anzutreiben, ist nunmehr die Verwendung der Elektricität für die Schiffahrt bereits so weit vorgeschritten, dass sie durch Antrieb der Schiffsschraube mittels Elektromotors, wenn auch bisher nur für kleinere Boote, die Bewegung des Fahrzeuges selbst bewirkt. Dies ist möglich geworden durch die elektrischen Accumulatoren. Die in den Accumulatoren aufgespeicherte Elektricität reicht für eine Fahrt von etwa 6 Stunden aus, bei einer Geschwindigkeit von 10 bis 12 km in der Stunde, und zwar bezieht sich diese Angabe auf die eigentliche Fahrdauer; während welcher sich das Boot bewegt. Eine Unterbrechung derselben kann beliebig oft und in beliebiger Ausdehnung stattfinden, ohne dadurch irgend welchen Einfluss auf die eigentliche Fahrdauer auszuüben. In dem vorderen Theile des Fahrzeuges befindet sich der Raum für die Passagiere, welcher so gross ist, dass bequem eine Gesellschaft von 10 Personen Platz finden kann. Das Boot selbst ist aus Eichenholz gebaut mit fichtener Beplankung. Die Sitze sind mit gepolsterten Lederkissen belegt und sowohl der Motor als auch die Accumulatoren so aufgestellt, dass sie den Augen der Passagiere vollkommen entzogen sind. Die Dimensionen des Bootes, dessen Motor etwa 3 leistet, sind folgende: Länge zwischen den Perpendikeln etwa 7,5 m Länge auf Deck, über alles gemessen 8,8 m Breite im Hauptspant 1,9 m Tiefe von Oberkante Deck bis Ober-    kante Kiel 0,95 m Tiefgang 0,60 m Ferner führt das Boot ein abnehmbares Balance-Sonnensegel mit Querstangen und Zugleinen, welches dem Boote ein äusserst gefälliges Aussehen gibt. Hinten im Boote, und zwar von den Passagieren räumlich vollkommen getrennt, befindet sich der Sitz für den Steuermann, welcher von hier aus alle zur Führung des Bootes erforderlichen Apparate leicht erreichen kann. Die Handhabung dieser Apparate selbst ist derartig einfach und sauber, dass jede Dame ohne weiteres diesen Sitz einnehmen könnte, um das Boot zu führen. Durch Bewegung eines kleinen Hebels wird der Motor eingeschaltet und das Boot setzt sich in Bewegung, wobei man je nach der Stellung des Hebels mit zwei Geschwindigkeiten, langsamer oder schneller, sowie vor- oder rückwärts fahren kann, während ein elegantes, leicht zu handhabendes Steuerrad dem Fahrzeug die gewünschte Richtung gibt. Bei Fahrten mit der geringeren Geschwindigkeit verlängert sich die Fahrzeit entsprechend. Zwei weitere kleine Druckknöpfe dienen dazu, um einerseits die Signalglocke auf dem Vorderdeck läuten zu lassen und andererseits die ebendaselbst angebrachten Signallichter zu entzünden, welche letzteren gleichfalls für elektrischen Betrieb durch Glühlampen eingerichtet und mit neusilbernen Reflectoren versehen sind. Kein Rauch, kein Dunst oder Geruch beeinträchtigt dabei den Genuss der Fahrt und weder der Elektromotor selbst, noch die Accumulatorenbatterie beanspruchen während der Fahrt irgend welche Wartung oder Beaufsichtigung, da hierbei insbesondere keine Feuerung mit ihrer] vielen Belästigungen zu unterhalten ist. Lediglich die obengenannten wenigen, bequem eingerichteten Apparate sind zu bedienen, so dass die Führung eines elektrischen Bootes an Sauberkeit und Eleganz unübertroffen dasteht, Ohne Geräusch, fast lautlos fährt das zierliche Fahrzeug dahin, denn alle stossenden Theile der Maschinerie, welche bei Dampf- oder Erdölbetrieb nicht zu vermeiden sind, kommen hier in Wegfall. Alle diese Eigenschaften tragen dazu bei, selbst die Führung eines solchen Fahrzeuges zu einem besonderen Vergnügen zu gestalten, so dass, wenn die Gesellschaft ungenirt sein will und daher ein Mitglied derselben die Bootsführung übernimmt, auch dies sich mit vollem Genuss der Fahrt hingeben kann. Es wird daher mit dem elektrischen Boote dem wassersportfreundlichen Publikum ein nach den neuesten Erfahrungen der Schiffsbaukunst construirtes Luxusfahr zeug geboten, welches an Sicherheit, Eleganz und Sauberkeit eine Vervollkommnung erlangt hat, wie sie bisher auf dem Wasser für unerreichbar gegolten hat. Dies wurde denn auch durch die drei Boote, welche seit Frühjahr 1892 von der Allgemeinen Elektricitätsgesellschaft auf dem Wannsee bei Berlin in Dienst gestellt sind, vollauf bestätigt, da dieselben sich sowohl im Dienste der Gesellschaft als Fährboote, wie auch für Vergnügungsfahrten einzelner Privatgesellschaften einer fortdauernd wachsenden Beliebtheit zu erfreuen haben. Um einen ungefähren Anhalt über die Kosten elektrischer Boote zu geben, bemerken wir, dass sich der Preis eines Bootes der beschriebenen Grösse, mit welchem der Wannsee bei Berlin befahren wird, auf 9000 M. unter der Voraussetzung stellt, dass das Boot im Deutschen Reiche montirt werden kann.