Titel: | Schaftmaschine mit Doppelhub, Hoch- bezieh. Hoch- und Tieffach und selbsthätigem dreifachem Bindungswechsel. |
Autor: | Glafey |
Fundstelle: | Band 295, Jahrgang 1895, S. 289 |
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Schaftmaschine mit Doppelhub, Hoch- bezieh.
Hoch- und Tieffach und selbsthätigem dreifachem Bindungswechsel.
Mit Abbildungen.
Schaftmaschine mit Doppelhub, Hoch- bezieh. Hoch- und Tieffach
u.s.w.
Bei vorliegender Schaftmaschine von Heinrich Furrer in
Höngg bei Zürich (Schweiz), welche mit Doppelhub, d.h. mit doppelten, durch das eine
oder andere der beiden vorgesehenen Messer gehobenen Hakenplatinen für jeden Schaft
arbeitet, kann nach dem Inhalt der Schweizer Patentschrift Nr. 7575 je nach Bedarf
mit Hochfach allein oder mit Hoch- und Tieffach gewebt werden; dabei können mittels
eines dreifach verstellbaren Nadelkastens drei verschiedene Bindungen erzeugt
werden. Durch die Figuren wird der in Betracht kommende Mechanismus einer
Schaftmaschine vorbezeichneter Art als zweckmässiges Ausführungsbeispiel in einer
Seitenansicht (Fig. 1),
einem senkrechten Schnitt (Fig. 2) und einer Detailansicht der Doppelplatinen in einer der
Arbeitsstellungen (Fig.
3) veranschaulicht.
Textabbildung Bd. 295, S. 289
Schaftmaschine mit Doppelhub, Hoch- bezieh. Hoch- und Tieffach und
selbsthätigem dreifachem Bindungswechsel.
Jeder Schaft vorliegender Maschine hängt mittels Korden a an zwei um Stangen b schwingbaren Schwingen
w, welche ihrerseits wiederum je mittels zweier
Drahtzüge a1 an
gemeinschaftlicher Platine hängen. Jede solche Platine besteht aus einer
Grundplatine p und zwei mit ihr verbundenen
Hakenplatinen h und h1, von welch letzteren jede unabhängig von der
anderen befähigt ist, die Grundplatine p mit den
zugehörigen Schwingen und dem daran hängenden Schafte in die Höhe zu ziehen und
dadurch Hochfach zu bilden. Da jede Grundplatine p
mittels Stifte p1 in
lange Längenschlitze der beiden zugehörigen Hakenplatinen eingehängt ist, so wird
sie, wenn sie von der einen ihrer Hakenplatinen, z.B. h1, aufwärts mitgenommen wird, die andere
Platine h in Ruhe lassen, da ihr Kuppelungsstift p1 in deren
Längenschlitz einfach wirkungslos emporgleiten wird. Zum abwechselnden Heben der
beiden Reihen von Hakenplatinen h bezieh. h1 dienen die beiden
Messer m und m1, welche sich entgegenlaufen. Dadurch, dass beim
wirkungslosen, zur Aufhebung des letzten Faches nothwendigen Niedergange des einen
Messers bereits wieder durch das andere Messer ein neues Fach gebildet wird,
entsteht der Doppelhub. An dieser neuen Fachbildung kann der Schaft, der beim
letzten Schusse Hochfach bildete, wiederum theilnehmen und z.B. Hochfach bilden, da
seine Grundplatine p durch das zweite Messer und die
zweite Hakenplatine sofort wieder mit aufwärts geführt werden kann. Ein solcher
Schaft wird beim Niedergange schon auf halbem Wege durch die zweite Hakenplatine
wieder aufwärts mitgenommen werden, so dass er gar nicht erst in die untere Stellung
gelangt. Darin besteht der Vortheil des Doppelhubes, dass sich bereits wieder
Neufach bildet, während das letzte noch in Auflösung begriffen ist.
Die entgegengesetzte Bewegung der Messer m und m1, welche auf beiden
Enden in senkrechten Schlitzen e des Maschinengestelles
geführt werden, geht von auf beiden Seiten an diesen Enden angreifenden Hebeln f, f1 aus. Das
Hebelpaar f bezieh. f1 zum Antriebe jedes Messers sitzt auf einer Welle
g bezieh. g1, welche an beiden Seiten durch die
Parallelogrammlenker i, i1, i2 mit
einander verbunden sind. Letztere, von denen i und i2 auch auf den Wellen
g bezieh. g1 aufgekeilt sind, bedingen die entgegengesetzte
Bewegung der einander zugekehrten Messerhebel f und f1. Der vordere Lenker
i wird durch einen Arm i3 zu einem Winkelhebel ergänzt, welchen
ein Excenter des nicht dargestellten unteren Stuhles mittels eines senkrechten
Gestänges in Schwingung versetzt, die ihrerseits durch die angegebenen Hebel f, f1 als auf und
nieder gehende Bewegung auf die Messer m, m1 übertragen wird.
Zur Schaltung der beiden Reihen von Hakenplatinen dienen zwei über einander liegende
Nadelreihen n, n1 und
diesen entsprechend zwei Kartencylinder c und c1. Die obere der
Nadelreihen n1 wird
durch Cylinder c1
beeinflusst und steuert die Reihe der Platinen h1, die untere steht unter dem Einflüsse des
Cylinders c und steuert die Reihe der Platinen h. Die Beeinflussung der Nadeln durch die Cylinder
geschieht durch in die Karten gesteckte Stifte x. In
den Figuren sind nur Cylinder mit vier den Seiten des Cylinders entsprechenden
Karten dargestellt; es kann jedoch eine beliebig lange Kartenreihe als endloses Band
über beide Cylinder geführt werden. Da sich das für ein beliebiges Gewebe
nothwendige Kartenband auf zwei Cylinder vertheilt, wird seine Führung und
Unterbringung erleichtert. Die Cylinder sind auf beiden Enden auf seitlich am
Maschinengestell axial verschiebbaren Stangen o
befestigt, auf welche durch auf einer Welle o1 befestigte Hebelarme o2 die von einem Excenter des unteren
Stuhles dieser Welle mittels eines Gestänges und des auf ihr sitzenden Hebels o3 (Fig. 1) übermittelte
Bewegung als geradlinige Hin- und Herbewegung übertragen wird. Bei dieser letzteren
Bewegung findet die Drehung der Cylinder behufs Wechsels der Karten durch
Schalthaken s statt, deren je einer für jeden Cylinder
angeordnet ist. Zum Rückwärtsschalten der Cylinder dient ein zweites Paar von Haken
q, welche an Winkelhebeln q1 drehbar gelagert sind und dadurch
bethätigt werden, dass die Hebel q1 durch an ihren freien Armen angreifende Schnurzüge
q2 in Schwingung
versetzt werden. Federn q3 ziehen die Hebel stets wieder in die Eingriffsstellung zurück. Beim
Rückwärtsschalten der Cylinder durch die Haken q werden
die Haken s durch Schnurzüge r von den Cylindern abgehoben. Zum Controliren der Schaltbewegung der
Kartencylinder dienen die bekannten axial verschiebbaren Krücken c3 (Fig. 1), welche sich
unter Feder druck gegen die auf beiden Enden jedes Cylinders vorgesehenen sogen.
Laternen c4 legen und
eine genaue Drehung der Cylinder um 90° sichern.
Die untere Stellung der nicht gehobenen Grundplatinen p
bezieh. der Hakenplatinen h, h1 bestimmen zwei wagerechte Platinen träger t bezieh. t1. Auf ersterem t
reiten sämmtliche in der Längenrichtung für den Durchgang dieses Platinenträgers t geschlitzte Grundplatinen p.
Der andere Träger t1 trägt die Hakenplatinen h, h1, indem diese mittels beidseitiger Vorsprünge h2 (Fig. 3) auf kammartig
zwischen die Hakenplatinen jeder Reihe h oder h1 greifenden
seitlichen Fingern t2
dieser Träger t1 ruhen.
Die correspondirenden Enden beider Träger sind durch senkrechte Stege vereinigt, so
dass Träger und Stege einen starren rechteckigen Rahmen bilden. Keiner der Träger
hindert die freie, von ihm unabhängige Bewegung der Platinen zur Bildung des
Hochfaches. Seitlich am unteren Platinenträger t
greifen zwei auf gemeinschaftlicher Welle t3 sitzende Arme t4 an und übermitteln die schwingende Bewegung,
welche dieser Welle t3
von einem Excenter des unteren Stuhles aus mittels eines senkrechten Gestänges und
des auf ihr sitzenden Hebelarmes t5 (Fig. 1) ertheilt wird,
den Platinen trägem t, t1 als auf- und abwärts gehende Bewegung.
Die Wechselbewegung zwischen den Platinenträgern und den Messern m, m1 findet bei diesem
Antriebe so statt, dass einerseits die Platinenträger gesenkt werden und mit den
Schäften der auf ihnen von den Messern liegengelassenen Platinen Tieffach bilden,
wenn die von einem der Messer gehobenen Hakenplatinen mit den aufwärts mitgenommenen
Schäften Hochfach bilden, und dass andererseits die Platinenträger ihre obere
Stellung einnehmen und die Schäfte der von ihnen getragenen Platinen in die
Mittellage gehoben halten, wenn sich die Messer in der mittleren Lage begegnen, d.h.
die Schäfte der von ihnen getragenen Platinen ebenfalls in die Mittellage gelangen.
In diesem Augenblicke, für welchen also sämmtliche Schäfte gleich und sämmtliche
Kettenfäden in einer Ebene liegen, erfolgt das Anschlagen, so dass der hierzu
nöthige Schlag auf alle Kettenfäden in gleicher Weise vertheilt und eine schädliche
Wirkung des Schlages auf einzelne Fäden vermieden wird.
Fig. 2 stellt die
gleichzeitige Bildung von Hoch- und Tieffach dar: Ein Theil der Hakenplatinen h1 ist durch das Messer
m1 gehoben; die
zugehörigen Schwingen w sind aufwärts geschwungen und
die daran hängenden Schäfte bilden Hochfach. Ein anderer Theil der Hakenplatinen ist
– von den Messern unbeeinflusst geblieben – mit den Platinenträgern t, t1 in die untere
Lage gesenkt; die zugehörigen Schwingen liegen für letztere annähernd wagerecht und
die daran hängenden Schäfte bilden Tieffach.
Fig. 3 zeigt die Platinen
in der Mittelstellung: Die Platinenträger t, t1 sind dabei aus ihrer unteren Stellung, für welche
die von ihnen getragenen Platinen die punktirt angedeutete Lage haben und Tieffach
bilden würden, in die obere Lage gegangen, so dass ihre Platinen mit den von beiden
sich in der Mittelstellung begegnenden Messern m, m1 in die Mittelstellung gebrachten Platinen gleiche
Lage erhalten. Für diese erfolgt, wie erwähnt, das Anschlagen des Schusses. Da bei
einer vollen Schwingung des Antriebshebels i3 (Fig. 1) durch die Messer
m, m1 in Folge des
Doppelhubes zweimal Hochfach gebildet wird, so muss der Antriebshebel t5 (Fig. 1) der
Platinenträger t, t1 in
derselben Zeit zwei volle Schwingungen machen, um entsprechend zweimal Tieffach zu
bilden.
Von Bedeutung für das Tieffach ist eigentlich nur der die Grundplatinen p tragende untere Platinenträger t; der obere t1 ist jedoch nöthig, damit die Hakenplatinen h, h1 nicht vermöge
ihres Schlitzes auf den Grundplatinen abwärts gleiten, vielmehr in der Stellung
erhalten werden, für welche bei ihrem durch die Messer m, m1 erfolgenden Anheben auch ein sofortiges Anheben
der Grundplatinen eintritt. Die Normallage der Hakenplatinen zu den Grundplatinen
muss also auch bei den Bewegungen der letzteren mit dem Platinen träger t aufrecht erhalten bleiben, weshalb beide
Platinenträger starr mit einander verbunden sind.
Soll der Stuhl nur mit Hochfach, nicht mit Tieffach arbeiten, so werden die Platinen
träger in der oberen Stellung aufgehalten. Denn für diese haben die nicht gehobenen,
d.h. auf den Trägern ruhenden Platinen eine Stellung, für welche sich die von ihnen
getragenen Schäfte in der Mittellage befinden und die Kette wagerecht liegt. Die
Doppelmesser m, m1
arbeiten dann allein und erzeugen Hochfach. Die Lage der Platinenträger wäre für
diesen Fall die in Fig.
3 gegebene.
Die Anordnung der beschriebenen Platinenträger gewährt also den Vortheil, die
Doppelhubmaschine beliebig nur mit Hoch- oder zugleich auch mit Tieffach arbeiten
lassen zu können, was für das Weben mancher Stoffe nothwendig ist. Damit die Schäfte
den Platinenträgern stets correct in die Tief läge zur Bildung des Tieffaches
folgen, müssen die Schäfte nach unten mit einem geeigneten Geschirrbocke verbunden
sein, welcher sie unter Federwirkung in die Tief läge hinabzieht, sobald diese durch
die sich senkenden Platinenträger zugelassen wird.
Das Tieffach findet namentlich bei dem dreifachen Bindungswechsel Anwendung, welchen
vorliegende Maschine ermöglicht.
Zur Herbeiführung dieses dreifachen Dessinwechsels kommen einerseits Musterkarten mit
drei über einander liegenden Stiftreihen in Anwendung und ist andererseits der
Nadelkasten n2 (Fig. 1) dreifach in der
Höhenlage verstellbar gemacht, so dass dadurch die Nadeln den drei Stiftreihen der
Musterkarte gegenüber gebracht werden können und eine dreifache Beeinflussung der
Hakenplatinen durch eine einzige Karte ermöglicht wird. Die Verstellung des
Nadelkastens geht von Daumenketten d mit drei der Höhe
nach verschiedenen Arten von Daumengliedern aus, auf welchen der Nadelkasten n2 mittels an seinen
beiden Enden gelagerter Rollen n3 ruht. Die Daumenkettenräder d1 (Fig. 1) werden mittels
eines auf ihrer gemeinschaftlichen Welle d2 sitzenden Schaltrades d5 (Fig. 2) geschaltet,
sobald der am Messer m1
schwingbar aufgehängte Schalthaken d4 in Eingriff mit dem Schaltrade d5 gebracht wird und
das Messer m1
aufsteigt. Durch diese Schaltbewegung gelangt ein neuer Daumen auf jeder Seite unter
den Nadelkasten n2 und
bestimmt dadurch die Höhenlage desselben. Die Einrückung des Schalthakens d4, welcher in der
gleichen Weise wie die Hakenplatinen h, h1 mit einer Nadel versehen ist, geschieht von der
Musterkarte aus, sobald diese gegenüber dieser Nadel einen Stift präsentirt. Durch
diesen wird der Schalthaken d4 beim Vorrücken des Cylinders c1 in eine Stellung gebracht, für welche er beim
Hochgang des Messers m1
zum Eingriff mit dem Schaltrade kommt und dieses schaltet. Die Musterkarte muss also
in ähnlicher Weise wie zur Beeinflussung der Platinennadeln auch zur Beeinflussung
der Schalthakennadeln mit Stiften versehen sein. Die Schaltbewegung des Schaltrades
wird durch ein neben ihm auf der Welle d2 sitzendes Sternrad d6 (Fig. 2) und eine sich
unter Feder Wirkung gegen letzteres stemmende Krücke d7 controlirt.
Statt der mit Stiften versehenen Musterkarten können auch solche mit Löchern in
Anwendung kommen, in welchem Falle das volle Material der Karte das Zurückdrängen
der Platinennadeln und damit die Beeinflussung der Platinen bewirken würde.
Vorliegender Stuhl ist noch dadurch ausgezeichnet, dass sich die sämmtlichen Schäfte
vermöge ihrer Aufhängung an zwei gleichartig bewegten Schwingen c stets parallel zu sich selbst bewegen müssen, so dass
das Fach auf beiden Seiten der Kette genau gleich gross ist. Dadurch werden Ueber-
und Unterschüsse, wie solche bei ungleichförmig gehobenen Schäften, d.h. bei
ungleichförmiger Lage der Fäden zur Lade, häufig vorkommen und falsche Bindungen
ergeben, vermieden. Ausserdem wird die Reibung, welche die Schütze auf der Kette
erfährt, und dadurch die Anstrengung der letzteren selbst auf das kleinste Maass
zurückgeführt.
Die Aufhängung an den Schwingen ergibt aber ferner noch den Vortheil, dass die
hinteren, vom Kamme der Lade entfernten Schäfte stufenweise höher gehoben werden
können als die vorderen und dadurch ein vollkommen reines Fach erzielt werden kann.
Muss nämlich ein Schaft höher gehoben werden, so werden einfach die Angriffspunkte
der von den Grundplatinen p kommenden Drahtzüge a1 an den Schwingen w näher nach deren Drehpunkten b hin und die Angriffspunkte der die Schäfte tragenden Korden a mehr nach den freien Enden der Schwingen hin verlegt,
wodurch hubvergrössernde Hebelübersetzung erreicht wird. Für die dem Kamm der Lade
am nächsten befindlichen Schäfte wird man umgekehrt die Korden a nahe den Drehpunkten b,
die Drahtzüge a1
entfernt von diesen Drehpunkten an den Schwingen c
angreifen lassen, um kleineren Hub des Schaftes zu erzeugen; kurz in Bezug auf
sämmtliche Schwingen werden die Angriffspunkte der Korden a, wenn man vom vordersten Schafte ausgeht und die auf einander folgenden
Schäfte der Reihe nach bis zum vom Kamme der Lade entferntesten betrachtet,
allmählich von innen nach aussen, die Angriffspunkte der Drahtzüge a1 von aussen nach
innen rücken. Die Angriffspunkte der Drahtzüge a1, sowie diejenigen der Korden a an den Schwingen einer der Stangen b werden mit anderen Worten in zwei geraden Linien
liegen, welche sich unter einem Winkel kreuzen. In Fig. 1 ist der
verschiedene Hub der Schwingen des vordersten und hintersten Schaftes zum Ausdruck
gebracht. Die Schwingen der dazwischen liegenden Schäfte sind der Deutlichkeit
halber weggelassen worden. Die geschilderte Aufhängung ergibt weiter den Vortheil,
dass überall Draht zu den Zugorganen verwendet werden kann, d.h. Schnüre, welche
sich unter dem Einflüsse von Feuchtigkeit in ihrer Länge ungleichmässig ändern und
durch Reibungen, denen sie ausgesetzt sind, bald unbrauchbar werden, gänzlich
vermieden werden können.
Glafey.