Titel: Neuerungen im Metallhüttenwesen.
Fundstelle: Band 296, Jahrgang 1895, S. 112
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Neuerungen im Metallhüttenwesen. (Fortsetzung des Berichtes S. 84 d. Bd.) Mit Abbildungen. Neuerungen im Metallhüttenwesen. Mangan. Nach einer Mittheilung von R. Lorenz und F. Heusler in der Zeitschrift für anorganische Chemie, 1893 S. 226, bildet Mangan mit Kohlenoxyd keine flüchtigen Verbindungen (wie Eisen und Nickel); es ist aber bei einer nur wenig über seinem Schmelzpunkt liegenden Temperatur als Metall flüchtig, wodurch sich das Auftreten von Mangan in Bessemergasen u.s.w. erklärt. Um ein von Eisen und Kohlenstoff freies metallisches Mangan herzustellen, bedienen sich William Huston Greene und William Henry Wahl in Philadelphia folgenden Verfahrens: Das Ausgangsmaterial ist ein das Mangan als Dioxyd enthaltendes, durch mehr oder weniger Eisen verunreinigtes Manganerz. Dasselbe wird fein gemahlen und zur Entfernung des Eisens mit Schwefelsäure vom spec. Gew. 1,84, die durch das zwei- bis dreifache Volumen Wasser verdünnt ist, behandelt. Die Säure in dieser Verdünnung löst das in Form von Oxyd (Fe2O3) vorhandene Eisen schnell und dabei sehr vollständig auf, während die Manganoxyde durch dieselbe nur sehr wenig angegriffen werden. Eine concentrirtere Säure würde auch das Mangan sehr energisch auflösen, eine verdünntere aber das Eisen nur unvollständig beseitigen. Nach der völligen Auflösung des Eisens wird die Säure abgezogen, sodann werden durch Auswaschen mit Wasser die letzten Säurereste entfernt. Bei einiger Sorgfalt kann hierdurch das Eisen bis auf wenige 1/10-Proc. beseitigt werden. Die Säurelösung wird mehrfach zur Lösung von Eisen benutzt und schliesslich auf Eisen und Mangan verarbeitet. Das eisenfreie Mangandioxyd wird nun in eine niedrige Sauerstoffverbindung umgewandelt und zwar am zweckmässigsten in Manganoxydul (MnO), da hierdurch bei der schliesslichen Reduction desselben zu Metall naturgemäss weniger an reducirender Substanz erforderlich ist. Hierbei kann die Reduction des Mangandioxyds (MnO2) zu Manganoxyd (Mn2O3) und weiter zu Manganoxyduloxyd (Mn3O4) zweckmässig allein durch starke Erhitzung bewirkt werden, da bekanntlich das Mangandioxyd bei 400 bis 500° C. in Manganoxyd und bei weiterer Temperatursteigerung auf 800 bis 1000° C. in Manganoxyduloxyd umgewandelt wird. Die Reduction des letzteren erfolgt sodann durch gasförmige Reductionsmittel, wie Erdöldampf, Kohlenwasserstoffe, Kohlenoxyd o. dgl. Festen Kohlenstoff hierzu zu benutzen, hat sich als nachtheilig herausgestellt und zwar deshalb, weil dieser, falls er in einem wenn auch nur geringen Ueberschuss vorhanden ist, das Mangan theilweise zu Metall reducirt, und letzteres sich dann mit weiterem Kohlenstoff zu Carbid verbindet, aus welchem der Kohlenstoff nicht wieder entfernt werden kann. Beides wird durch die Benutzung gasförmiger Reductionsmittel vollkommen vermieden, da diese das Mangan nur zu Oxydul, nicht aber zu Metall reduciren können. Die Reduction des so erhaltenen kohlenstoff- und eisenfreien Manganoxyduls zu Metall bewirken Greene und Wahl durch Zusatz eines Metalles, welches in der Hitze eine grössere Verwandtschaft zum Sauerstoff besitzt als das Mangan. Als solche fanden sie sowohl das Aluminium als auch das Magnesium geeignet. Das Manganoxydul wird in ein mit Kalk, Magnesia oder anderem kohlenstoff- und kieselsäurefreiem Material ausgekleidetes Schmelzgefäss gebracht und das Aluminium oder Magnesium in genügender Menge (55 Th. Al oder 72 Th. Mg auf 213 Th. MnO) hinzugefügt. Die Gegenwart eines Flussmittels erleichtert die Reaction und das Sammeln des reducirten Mangans zu einer einheitlichen Masse sehr; als solche empfehlen die Erfinder Flusspath, Kryolith oder eine Mischung beider. Die Reduction geht unter diesen Umständen beim Erhitzen glatt vor sich. Das gewonnene metallische Mangan erwies sich frei von Silicium, Kohlenstoff und Eisen und zeigte sich sehr luftbeständig. (D. R. P. Kl. 40 Nr. 70773 vom 3. Januar 1893.) Nach einem älteren Verfahren (D. R. P. Nr. 57768) von Nicolaus Lébédeff in St. Petersburg sollen Metalle aus ihren Sauerstoffverbindungen dadurch gewonnen werden, dass man letztere in geschmolzenem Zustande der Einwirkung von Kohlenoxyd aussetzt, welches durch die aus Graphit bestehenden Wandungen des die Schmelze enthaltenden Behälters diffundirt, in die Schmelze gelangt und hier unter Bildung von Kohlensäure die Oxyde zerlegt. Dieses Verfahren hatte den Nachtheil, dass es grosse Behälter von Graphit benöthigte, die sehr leicht während des Betriebes beschädigt wurden. Lébédeff hat deshalb diese unhandlichen Graphitbehälter, welche bisher zur Gewinnung des Kohlenoxydgases nöthig waren, durch glockenförmige Gefässe aus Graphit ersetzt, welche auf der Oberfläche des flüssigen Oxyds aufgesetzt werden. Aus den über die Schmelze hinziehenden Ofengasen, welche reich an Kohlenoxyd gehalten werden, diffundirt dieses durch die Graphitglocken hindurch und gelangt so gleichfalls in reichlicher Menge und in reinem Zustande mit dem Metalloxyde in Berührung. Textabbildung Bd. 296, S. 113 Lébédeff's Graphitglocke Die nähere Einrichtung des geänderten Apparates erhellt aus obenstehender Zeichnung (Fig. 1 und 2). Das oxydhaltige Metallbad e befindet sich in dem Ofenherd b, über welchem das Gewölbe c vorgesehen ist. Auf dem Bade, den grössten Theil der Oberfläche desselben bedeckend, ruhen schalen- oder glockenförmige Graphitgefässe d. Der übrige Theil der Oberfläche des Bades muss frei bleiben, um die sich aus demselben entwickelnden Gase (Kohlensäure) entweichen zu lassen. Das Desoxydationsverfahren soll sich nach den Versuchen von Lébédeff sehr gut zur Entfernung des Sauerstoffes aus kohlenstoffarmem Eisen eignen. (D. R. P. Kl. 40 Nr. 66692 vom 21. November 1891.) Weitere Versuche haben nach Angaben von Lébédeff ergeben, dass das vorerwähnte Verfahren sich auch dazu eignet, Schwefel, Phosphor oder Arsen aus Metallen abzuscheiden. Diese Wirkung des Kohlenoxyds erklärt sich Lébédeff in der Weise, dass das Kohlenoxydgas in Gegenwart des geschmolzenen Metalles in Kohle und Kohlensäure zerlegt wird; die Kohle verbindet sich mit dem Metall oder bildet Graphitrückstände, während die Kohlensäure den Schwefel, Phosphor oder Arsen oxydirt. Bei der Ausführung des Verfahrens ist es erforderlich, die Oberfläche des Metalles von Schlacken rein zu halten, da diese sich sonst mit dem Metall wieder von Neuem verbinden. (D. R. P. Kl. 40 Nr. 68725 vom 8. Mai 1892.) Die Eigenschaft des Kohlenoxydgases, Metalloxyde zu Metall zu reduciren, sowie Schwefel, Arsen oder andere Metalloide aus denselben abzuscheiden, hat Lébédeff in noch anderer Weise technisch verwerthet. Das Verfahren basirt auf der Beobachtung, dass gasförmige Reagentien in eine geschmolzene Masse hineindiffundiren, wenn dieselbe unter den Einfluss einer gewissen Luftverdünnung gesetzt wird. Zur Ausführung dieses Verfahrens bedient sich Lébédeff des untenstehenden Apparates (Fig. 3). Textabbildung Bd. 296, S. 114 Fig. 3.Lébédeff's Ofen zum Abscheiden von Verunreinigungen. Es ist a ein gemauerter Ofen, auf dessen Sohle sich das Metallbad d befindet. Zur Erzeugung der Luftverdünnung sind seitlich im Ofen ein oder mehrere senkrechte Kanäle f angeordnet, die bis unter die Oberfläche des Bades sich erstrecken. In diesen wird durch eine geeignete Absaugevorrichtung eine Luftverdünnung erzeugt, durch welche die in dem flüssigen Bade enthaltenen Gase zum Austritt aus demselben durch die Schächte f gezwungen werden. In demselben Maasse, wie ein Theil des Metallbades gasfrei wird, dringen nun fortgesetzt von der freien Oberfläche her neue Gase (Kohlenoxyd) ein, diffundiren durch das Bad, hierbei sowohl eine Reduction des im Bade aufgelösten Oxyds, als auch eine Ausscheidung etwa vorhandener Metalloide (Schwefel, Phosphor u.s.w.) bewirkend, und entweichen schliesslich unter dem Einfluss der Luftverdünnung bezieh. Druckverminderung durch den Kanal f. (D. R. P. Kl. 40 Nr. 68732 vom 13. Juli 1892.) Sternberg und Deutsch in Grünau bei Berlin benutzen das Verhalten der Kohle gegen Erdalkali- bezieh. Alkalisauerstoffverbindungen des Chroms, Molybdäns, Mangans, Titans oder Wolframs zur Darstellung dieser Metalle. Diese Verbindungen werden nämlich beim Erhitzen auf 1000 bis 1400° C. unter Entweichen von Kohlenoxyd reducirt, z.B.: CaOCr2O3 + 3C = 2 CaO + 3CO + 2Cr. Bei Anwendung der Sauerstoffverbindungen der Alkalien werden auch diese zu Metall reducirt: Na2OCr2O3 + 4C = 2Na + 4CO + 2Cr. Auf diesen Reactionen begründen Sternberg und Deutsch folgende Verfahren: 1) Gewinnung von Chrom u.s.w. aus den Erdalkalisauerstoffverbindungen. Man mischt diese, fein gemahlen, mit gepulverter Holzkohle und zwar nach folgenden Verhältnissen: 10 Th. Chromoxydkalk mit 1,6 Th. Holzkohle, 10 chromsaurer Kalk 2,5 10 molybdänsaurer Kalk 2,0 10 titansaurer Kalk 2,0 10 mangansaurer Kalk 2,5 10 wolframsaurer Kalk 1,4 Diese Mischungen werden im Tiegel aus feuerfestem Material mit Koksfeuerung in den bekannten Tiegelöfen etwa 6 Stunden erhitzt. Die resultirende Masse wird nach dem Erkalten mit verdünnter Salz- oder Salpetersäure ausgewaschen und hierdurch von dem Kalk befreit. Das Metall der angewendeten Verbindung bleibt als fein vertheiltes Pulver zurück. 2) Gewinnung von Chrom u.s.w. aus den Alkalisauerstoffverbindungen. Diese werden in folgenden Verhältnissen mit Holzkohle gemischt: 10 Th. doppeltchromsaures Natron mit 4,0 Th. Holzkohle 10 molybdänsaures Natron 2,5 10 titansaures Natron 3,0 10 wolframsaures Natron 2,0 Diese Mischungen werden in der gleichen Weise in Tiegeln geglüht. Es entweicht Kohlenoxyd und Alkalimetall, welches an der Luft zu kohlensaurem Natron vorbrennt. Aus ökonomischen Rücksichten empfiehlt es sich, das Alkalimetall als solches aufzufangen. Zum Verstählen von Eisen bestreut man die Oberfläche eines weichen Eisens mit einer der oben angegebenen Mischungen der Alkaliverbindungen und erhitzt dasselbe in einem Muffelofen auf etwa 1000° C, wobei sich unter Verflüchtigung von reducirtem Alkalimetall die Oberfläche des Eisens mit dem Metall der angewendeten Metallsäure legiren soll. Diese legirte Oberfläche soll bezüglich der Härte und Widerstandsfähigkeit gegen Rost u. dgl. dieselben werthvollen Eigenschaften wie die betreffende Stahllegirung haben. In gleicher Weise soll es auch gelingen, Legirungen dieser Metalle herzustellen, von denen besonders das Molybdänkohleeisen und das Molybdänkupfer technischen Werth haben, ersteres für die Stahlfabrikation, letzteres für Bronzelegirungen. 1) Molybdänkohleeisen (Ferromolybdän). Durch Vermischen der Lösungen von molybdänsaurem Natron und Eisensulfat oder -chlorür wird molybdänsaures Eisen gefällt. Dieses wäscht man gut aus, trocknet und vermengt es mit 27 Proc. Kohle und glüht dasselbe bei beginnender Weissglut in Tiegeln. Man erhält so einen geschmolzenen Regulus von Ferromolybdän, etwa 35 Proc. Eisen, 60 Proc. Molybdän und 5 Proc. Kohle enthaltend. 2) Molybdänkupfer. Man vermischt eine Kupfersalzlösung mit molybdän-saurem Natron und wäscht und trocknet das sich ausscheidende molybdänsaure Kupfer, mischt es mit 21 Proc. Kohle und reducirt dasselbe bei Hellrothglut in Tiegeln. Es resultirt ein schwer schmelzbarer Regulus von Molybdänkupfer mit durchschnittlich 50 Proc. Molybdän. (D. R. P. Nr. 69704 vom 23. November 1890 und Nr. 72901 vom 16. December 1892.) (Fortsetzung folgt.)